++ Coronavirus ++ Kind + Jugend 2020: Interview mit Jörg Schmale, Koelnmesse
Während der aktuellen Coronakrise steht das Messegeschäft voraussichtlich noch bis Ende August dieses Jahres still. Wie es danach weitergeht, ist ungewiss. Die Koelnmesse setzt sich – zusammen mit anderen Messegesellschaften aus Deutschland und international – dafür ein, dass die Kind + Jugend 2020 und andere geschäftliche Veranstaltungen unter besonderen Hygiene- und Sicherheitsvorkehrungen stattfinden können.
1st Steps sprach mit Messedirektor Jörg Schmale über die aktuelle Situation:
Herr Schmale, es ist ein Balanceakt: Das Land öffnet sich langsam wieder, gleichzeitig hat die Coronakrise Industrie und Handel weiter im Griff. Wie wirkt sich das auf die Planung und Hallenaufteilung der Kind + Jugend im September aus – auch mit Blick auf internationale Aussteller und Besucher sowie das Rahmenprogramm? Worauf müssen sich die Messeteilnehmer einstellen?
Wie in allen Branchen haben wir es mit einer völlig neuen und noch nie dagewesenen Situation zu tun. Die Herausforderungen sind groß. Viele Aussteller halten an der Kind + Jugend fest. 70 Prozent der geplanten Fläche ist derzeit belegt. Nach wie vor spüren wir ein großes Vertrauen in unser Messeformat und den Messeplatz Köln. Deswegen denken und planen wir intensiv die Veranstaltung im September – mit der Zuversicht, sie durchzuführen.
Durch eine ohnehin geplante neue Hallenaufteilung – wir nehmen die Hallen 3 und 2 dazu, dafür geben wir die Hallen 4.1 und 11.3 auf – ist uns eine großzügige Planung aller Hallenbereiche möglich. So kann vermieden werden, dass die Menschen die Distanzregeln verletzen. Wir haben einen umfassenden Maßnahmenkatalog entwickelt, den wir nun detailliert auf die Gegebenheiten der Kind+Jugend ausrichten. Auch die Planung für das Trendforum mit Preisverleihungen und Vorträgen geht weiter. Hier werden wir allerdings stärker digitale Formate einsetzen, die auch über die Website und über Social-Media abrufbar sind und damit noch weit größere Kreise erreichen können.
Bei den Sonderschauen laufen derzeit die Bewerbungsfristen für den Innovation Award und den Kids Design Award. Auch hier planen wir mit einer großzügigen Flächenlösung. Alle anderen Sonderschauen werden in diesem Jahr aus Gründen der schlechteren Vorbereitungsmöglichkeit wohl entfallen.
Was die internationale Teilnehmer angeht, hatte die Kind + Jugend bis jetzt Aussteller und Besucher aus der ganzen Welt. Das ergab in den letzten Jahren immer ein sehr dynamisches Messegeschehen. Klar ist allerdings auch, dass der größte Teil unserer Aussteller und vor allem der Besucher eher aus den europäischen Kernländern kommt. Darauf werden wir uns in den nächsten Monaten konzentrieren. Man muss ja realistisch sein: Facheinkäufer aus Asien oder Nordamerika können zur Zeit kaum Auslandsreisen planen. Innerhalb Europas aber sollte das berufliche Reisen doch so langsam wieder anlaufen.
Wie zufrieden sind Sie mit den Anmeldungen zur Kind + Jugend bisher?
Wie schon erwähnt, sieht die Buchungslage den Umständen entsprechend gut aus. Man sollte nicht vergessen, dass die Kind + Jugend ja nach einer langen Phase von wirtschaftlichem Stillstand und Verlagerung des Businessaktivitäten ins Virtuelle die erste „reale“ Begegnungs- und Informationsplattform für die Branche ist. Mit einem Messestand auf der Kind + Jugend kann ich mit einem Schlag eine Vielzahl von Kontakten bedienen. Gleiches gilt für Facheinkäufer. Das Interesse an der Messe teilzunehmen, ist bei vielen Händlern vorhanden.
Setzt sich die Koelnmesse auf politischer Ebene dafür ein, dass die Kind + Jugend dieses Jahr stattfindet? Wie wichtig ist es jenseits von finanziellen und versicherungstechnischen Fragen, dass die Politik Ihr Bestreben unterstützt?
Sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene setzen sich die Messe-Fachverbände – für Deutschland ist dies die AUMA – dafür ein, dass Fachmessen wie die Kind + Jugend stattfinden können. Fachmessen sind ja nicht mit Veranstaltungen wie dem Oktoberfest gleichzusetzen. Wir müssen hier genauso wie unsere Aussteller und Besucher Planungssicherheit haben.
Perspektivisch arbeiten ist jetzt der Königsweg … Müssen Sie langfristig betrachtet das Konzept der Kind + Jugend modifizieren? Wie wird sich Corona langfristig auf die Planung von Messen allgemein auswirken? Sind Messen in der bisherigen Darstellungsform überhaupt noch machbar?
Gerade in und nach Krisenzeiten zeigte sich, wie wichtig die Plattform Messe war und ist. Sie bietet Herstellern und Handel die Gelegenheit, ihre Wirtschaftsbeziehungen wieder zu beleben, neue Produkte erfolgreich zu platzieren, Trends mit zu gestalten, neue Kontakte zu knüpfen. Kein Marketinginstrument ist erfolgreicher. Die jetzige Situation beschleunigt allerdings die virtuelle Entwicklung, d. h. Messen – und damit meine ich auch die Kind + Jugend – werden durch virtuelle und digitale Tools zunehmend, aber stets sinnvoll und effektiv ergänzt werden. Nur so können wir zukünftig Besucher erreichen, die nicht reisen können oder wollen. Diese Darstellungsformen werden Messen allerdings keineswegs ersetzen. Davon sind nicht nur wir als Messeveranstalter überzeugt, sondern auch unsere Kunden und Partner.
Dieses Jahr feiert die Kind + Jugend ihren 60. Geburtstag. Wie planen Sie dieses Jubiläum unter den gegebenen Umständen zu feiern?
Wir werden das Jubiläum aufgrund der aktuellen Situation nicht wie geplant feiern. Es wird aber eine kleine Aufarbeitung der Geschichte geben, die wir auch ins Netz stellen. Das nächste Jubiläum kommt bestimmt.
Bis wann werden Sie voraussichtlich entscheiden, ob die Messe definitiv stattfindet oder nicht?
Es ist unser festes Ziel, die Messe durchzuführen, aber natürlich bleiben Unwägbarkeiten. Wir werden in jedem Fall vermeiden, den Ausstellern und Besuchern Kosten für Planungen und Fracht aufzubürden, die vermeidbar wären. Ohnehin erhalten Aussteller ihre Standgebühren zurück, wenn die Messe wegen des Corona-Virus abgesagt oder verschoben werden muss.
Haben Sie bereits Ideen im Kopf, wie die Kind + Jugend ablaufen könnte, sollte es nicht möglich sein, die Messe wie geplant abhalten zu können?
Oh ja, sehr viele Ideen. Wir prüfen derzeit verschiedene virtuelle Formate und Szenarien, die Ausstellern wie Besuchern die Möglichkeit geben, Kontakt zu einander aufzunehmen, sich über Produkte und Trends zu informieren und grundsätzlich über die Branche auf dem Laufenden zu bleiben. Alle Kommunikationskanäle werden hier eine Rolle spielen, von unserer Website über die Matchmaking-Community bis hin zu Social Media und natürlich die Fachpresse.
Herr Schmale, wir bedanken uns für das Gespräch!