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++ Coronavirus ++ Branchenverband hadert mit Möglichkeit der Kurzarbeit

20. März 2020, 0:00

Kurzarbeit ist laut Handelsverband Wohnen und Büro (HWB) nur schwer zu vereinbaren: In vielen Branchen sei Kurzarbeit ein geübtes Mittel, um Auftragsflauten zu überstehen, ohne Mitarbeiter entlassen zu müssen. Jedoch sei dieses Instrument für den Handel nicht ausreichend,um von der Schließung betroffene Unternehmen vor finanziellem Schaden oder Entlassungen zu bewahren.

Die Bundesregierung hat angekündigt, dass sie in der Viruskrise mit rund 2,35 Millionen Beschäftigten rechnet, die aus konjunkturellen oder saisonalen Gründen Kurzarbeitergeld beziehen werden. „Die Möglichkeit und die Regelung von Kurzarbeit (Kug) könnten in Arbeits- oder Tarifverträgen stehen, was im Handel nur sehr selten der Fall ist“, heißt es beim HWB. Gleichwohl lohne sich die Prüfung, denn einige Musterverträge von Handelsverbänden umfassten auch diese Kug-Klausel. Kurzarbeit könne aber auch tariflich festgelegt sein, so die Kölner Verbandsgeschäftsstelle.

Anwendbarkeit von Tarifvertrag

Demnach kommt es hierbei auf die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags an, denn allgemeinverbindlich sind sie im Handel nicht. In einigen Tarifgebieten des Groß-und Außenhandels gibt es solche vertraglichen Klauseln. Auch dies gilt es laut HWB im betrieblichen Einzelfall zu prüfen. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Betriebsvereinbarung, da diese von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen ist. Diese setzt zumindest einen Betriebsrat voraus, den viele Unternehmen nicht haben.

So bleibt nach Verbandsangaben nur die individuelle Vereinbarung mit allen betreffenden Mitarbeitern, die deren Bereitschaft zur Kurzarbeit voraussetzt. Denn immerhin müssen diese Menschen mit Lohn-und Gehaltseinbußen von bis zu 40 Prozent rechnen. Die Ultima Ratio wäre eine Änderungskündigung durch den Arbeitgeber, für die aber die üblichen Voraussetzungen nach dem KSchG (Kündigungsschutzgesetz) gelten. Erst wenn die sachliche und rechtliche Voraussetzung für Kurzarbeit besteht, greift das Kurzarbeitergeld, bei dem im Sinne einer schnellen Hilfe die Voraussetzungen herabgesetzt wurden und das rückwirkend zum 1. März beantragt werden kann.

Diese Maßnahme hatte sich bereits im Jahr 2008 als Teil des Konjunkturpaktes I bewährt, als allerdings die Industrie weit stärker als der Handel bedroht war. Erschwerend kommt jetzt hinzu, dass die Agentur für Arbeit und die Jobcenter in den einzelnen Bundesländern überlastet oder aufgrund des Infektionsrisikos teilweise geschlossen, nur telefonisch oder  digital zu erreichen sind.

Puffer der Bundesarbeitsagentur

Das Geld sei da, zitiert  der HWB die Bundesarbeitsagentur, die über einen Puffer von 26 Milliarden Euro verfügt. „Die Gewerkschaft Verdi, der Handelsverband Deutschland seitens der Arbeitgeber und das Arbeitsministerium sind hier gefordert, praktikable tarifliche Lösungen zu finden und haben das Thema bereits angeschoben“, äußert sich Christian Haeser, Geschäftsführer des Handelsverbandes Wohnen und Büro. „Die Gespräche auf Bundesebene müssen zu Ergebnissen führen, wie über tarifvertragliche Lösungen eine finanzielle Aufstockung ausgestaltet werden kann. Die Betriebe müssen schnellstens Kurzarbeit anordnen können, um die Zwangsschließung ihrer Unternehmen finanziell und ohne Kündigungen zu überstehen.“

Der Handelsverband Wohnen und Büro (HWB) hat die wichtigsten Informationsquellen und meistgefragten Punkten zu den Themen Kurzarbeit/Kurzarbeitergeld, Notfallfonds und Maßnahmen zur Verringerung des Infektionsrisikos in einer Informationsübersicht zusammengefasst. Diese steht unter dem angebenen Internetlink zum Herunterladen bereit. Mitglieder der Handelsverbände wenden sich am besten an ihren Regional zuständigen Verband. Hier hilft die Postleitzahl-Suche unter diesem Link des Handelsverbands Deutschland.

Über den Verband

Der Handelsverband Wohnen und Büro ist die Dachorganisation des Handelsverbandes Möbel und Küchen (BVDM), des Handelsverbandes Büro und Schreibkultur (HBS), des Handelsverbandes Koch-und Tischkultur (GPK) und des Handelsverbandes Farben und Tapeten (BFT). Er ist die berufspolitische und fachliche Interessenvertretung des Fachhandels der entsprechenden Branchen in Deutschland. Der Verband vertritt die Interessen von rund 15.000 Unternehmen.

Der HWB gehört der Handelsorganisation an, an deren Spitze der Handelsverband Deutschland (HDE) mit seinen Büros in Berlin und Brüssel steht. Die Mitglieder der Fachverbände sind die Landesverbände der Handelsorganisation und damit die dort organisierten Fachhändler sowie Großhändler.