Anzeige

Offener Brief eines Spielzeughändlers an TOYS

28. Juli 2021, 0:00

Immer wieder erreichen die TOYS Redaktion offene Briefe von Schaffenden aus der Spielzeugbranche. So auch diese Woche von Friedrich Demmler aus Mainz. Für ihn als Händler ist es wichtig, schnell und einfach Zugang zu den in der Fachpresse vorgestellten Produkten zu finden. Warum das nicht ganz so einfach ist, erläutert Chefredakteurin Sibylle Dorndorf in ihrer Antwort.


Sehr geehrte Macher der Spielzeugfachpresse,

 
ich freue mich immer wieder über die informativen Produktseiten (beim einen Verlag mehr, beim anderen weniger – im Volumen und Qualität….).
 
Natürlich soll dieser Bereich keine „Gratiswerbung“ sein (gleichwohl ein kritischer Beobachter hier anderes erkennen könnte), aber was nutzt es mir als Fachhändler, wenn ich das alles lese und meine Mühe habe, die Dinge zu finden.
Jetzt habe ich erfreulicherweise Zugang zu NTG und VEDES Datenbank und entsprechende B2B via DUO/IDEN – also ein gutes Infopooling einschließlich des „großen Weltkataloges“.

Aber – Vertrieb ist nun mal Vertrieb – und da suche ich mich immer wieder „wund“.
 
Sie lieben die Pressefreiheit – ich liebe sie gleichermaßen – aber auch die Zugänglichkeit zu Produkten.
In den letzten Jahren hatte ich einen heftigen Disput mit der Jury von „Spiel des Jahres“ indem ich jenen unterstellte, sie würden (getrieben von welchen möglichen Partikularinteressen) mittlerweile Spieleverlage in die Nominierung hineinnehmen, deren Zugang sich am Handel insgesamt vorbei orientiert – sprich: Ausschließlich im Direktvertrieb erhältlich.
Das ist gleich zu setzen, wie die Zugänglichkeit zur Pressefreiheit. (na ja, etwas herbei gezogen, aber was soll’s – für eine Kolumne allemal zu gebrauchen)
 
Also – es muss ja nicht die GTIN sein, aber der Hinweis, wo der Vertrieb liegt, das wäre bei Produktvorstellungen schon angenehm.
Und – jetzt zurück zur Pressefreiheit:
Wer sein Spiel nur im Direktvertrieb anbietet, der sollte in Ihren Fachmagazinen nicht das Recht erhalten aufzuschlagen!
 
Ich weiß, so ein Kommentar schmeckt Ihnen gar nicht und den erhalten Sie mal wieder nur von mir – aber ich bin das gewohnt – als alter Spielwarenhase kann man Haken schlagen und um die Ecke denken.
 
PS: Übrigens sind die Verlagsprodukte der Spielwarenbranche in Google nur sehr unterschiedlich bis gar nicht zu finden – nun, ich weiß wer und wo Sie sind …

mit besten Grüßen aus Mainz

Friedrich Demmler
Reich-Ranicki der Spielwarenbranche 
und
CEEO – Senior-Geschäftsleitung
von
A & E  WiRTH „Der Kinderladen“ GmbH & Co.KG
Schillerstraße 48
55116 Mainz

 

Antwort von Sibylle Dorndorf:

Geschätzter Herr Demmler (Sie wissen, dass ich das wörtlich meine!),

Ihr Kommentar schmeckt mir sehr wohl, weil eben dieses Spannungsfeld, das Sie benennen, mich/uns sehr beschäftigt. 

Aber das Feld, lieber Reich-Ranicki der Spielwarenbranche, ist viel weiter als Sie denken, (um es mit Fontane zu sagen :-). 

Ihre spitzen Pfeile treffen, da will ich nicht ausweichen, aber ich muss ebenfalls etwas weiter ausholen und beim kleinen Einmaleins anfangen: Wir werden, und das mag teilweise an uns selbst liegen, von vielen Unternehmen als PR-Medium angesehen. Oft sogar mit Agenturen verwechselt. Diese Unternehmen bleiben mit ihrer Einschätzung zwangsläufig in der Zusammenarbeit mit uns weit unter den Möglichkeiten, die sie hätten und die wir bieten. Denn wir sind, man mag es nicht glauben, Journalisten. Wir haben diesen Beruf erlernt und üben ihn auch aus, wenn man uns lässt. Der Profit für unser Gegenüber: Zusätzlich zum reinen journalistischen Handwerkszeug haben wir uns vertiefte Branchenkenntnisse angeeignet. Im Rahmen der Möglichkeiten, die unser Gesprächspartner uns lässt, wenden wir dieses Wissen auch gerne an. Und wenn wir das tun, dann entstehen tolle, spannende und komplexe Geschichten, die zu lesen es sich lohnt.

Die Geschichten „hinter dem Produkt“, die Unternehmensportraits, die strategischen Interviews … 
Unsere Achillesferse: Wir finanzieren uns nicht über den Vertrieb, sondern über werbliche Beteiligungen. Das ist die Crux – und, lieber Herr Demmler, ein ständiger Hochseilakt ohne Netz und doppelten Boden. 
Sie ahnen nicht, wie oft wir hier in die Diskussion gehen müssen, wie oft aber leider der Versuch der Überzeugungsarbeit verpufft, weil man lediglich erreichen möchte, dass ein vorgefertigter PR-Text abgedruckt werden soll. 
Die Hintergrundgeschichten, die wir lieben, weil wir dann zeigen können, was wir drauf haben, werden oft abgeschmettert. Die Entscheidung hierüber dringt selten über die Marketingabteilung hinaus. Wenn dort Menschen mit journalistischen Background oder Sachverstand sitzen, dann entsteht ein meist inspirierender Dialog, wenn nicht, dann bleibt es bei Version 08/15. 

Aber nun zum eigentlichen Anliegen Ihres Schreibens: Wir haben vor geraumer Zeit per Mail allen in unserem Verteiler befindlichen Unternehmen angeboten, GTIN- oder QR-Codes den Product Placements beizustellen. der Rücklauf war mehr als mager. Ganze zwei Unternehmen stellten uns die entsprechenden Informationen zur Verfügung. Mit diesem Rücklauf kann ich einen solchen zusätzlichen Leserservice nicht aufnehmen. Auch habe ich nicht die Möglichkeit, diese Informationen aktiv telefonisch oder per Einzelkontakt abfragen und nachrecherchieren zu lassen. Wenn Sie in unser Impressum schauen, dann wissen Sie, warum. Mir fehlt schlicht die Man/Womanpower. 

Vielleicht ist ja unser Briefwechsel ein erneuter Anstoß? Wir sind gerne bereit, die gewünschten Informationen zu veröffentlichen, wenn sie uns zugespielt werden! 

Und was die vertriebliche Ausrichtung der Unternehmen, die bei uns werben oder PP’s platzieren, angeht: Diese zu kontrollieren und dann gegebenenfalls bei Direktvertrieb etc. Unternehmen von einer Berichterstattung auszuschließen, ist im Rahmen einer Berichterstattung, die auf den Prinzipien der Pressefreiheit und Gleichbehandlung beruht, nicht möglich. 
Unser eigener Vertriebsradius geht zudem weit über den reinen Fachhandel hinaus, dem müssen wir gerecht werden. 
(Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass der Direktvertrieb oder der Vertrieb rein über die Fläche oder den Discount irgendwann immer wieder im warmen und komfortablen Schoß des engagierten Fachhandels landet. Wer will sich schon ständig Konditionen diktieren und erpressen lassen und seine Marke dann wer weiß, in welcher Schütte und wo wiederfinden?) 

Und last but not least: Die Tatsache, dass wir in Google nicht oder nur schwer zu finden sind, ist uns bekannt. Wir arbeiten dran, aber auch hier ist es leider so: Gut Ding will Weile haben … 

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre offenen Worte! Und das meine ich ehrlich. Ich wünschte, wir bekämen öfter Rückmeldungen, gern auch kritische. Daraus lernen wir. 

Bleiben Sie uns gewogen!

Ihre

Sibylle Dorndorf