Verbraucherschützer kritisieren Amazon Dash Button deutlich
Amazon führt nun seinen Dash Button auch auf dem deutschen Markt ein. Der Minisender aktiviert den Nachschub für Convenience-Produkte oder Verbrauchsmaterialien. Die Verbraucherzentrale NRW sieht das Angebot aus vielen Gründen kritisch und nennt die bedenklichen Punkte in einer Mitteilung im Namen aller Verbraucherzentralen der Bundesländer.
Bereiche und Marken
Der Handelsriese Amazon führt in Deutschland seinen so genannten „Dash Button“ ein. Mit den Geräten von der Größe eines Schlüsselanhängers sollen Kunden per Knopfdruck Produkte des täglichen Bedarfs wie zum Beispiel Büro-, Haushalts- und Drogerieartikel oder Waschmittel nachordern können: Dann genügt ein Druck auf den Knopf und per WLAN-Funkverbindung wird eine Bestellung bei Amazon abgesetzt.
Der Online-Handelsriese empfiehlt, den Button direkt an die wichtigen Stellen im Haushalt zu hängen oder zu kleben. Das Unternehmen nennt zum Start Marken und Unternehmen wie zum Beispiel Ariel, Avery Zweckform, Brabantia, Derwent, GBC, Gillette, Herma, Kleenex, Nerfr, Nobo, Pedigree, Persil, Play-do, Rexel, Sagrotan, Whiskas und Wilkinson als Partner. Die Produkte aus den bisher sechs Bereichen Haushalt & Büro, Lebensmittel & Getränke, Drogerie & Körperpflege, Beauty, Haustiere und Kinder (Rubriken-Reihenfolge des Anbieters von links nach rechts) sind auf den Buttons voreingestellt und werden mit einem Druck auf den Knopf geordert. Dabei kann der Button jeweils nur ein Produkt der Marke bestellen. Wer Taschentücher statt Klopapier will, muss den Button neu einstellen.
„Die Verbraucherzentralen halten“ nach Angaben der VZ NRW „Dash Buttons aus verschiedenen Gründen für bedenklich“:
- Im Online-Handel müssen Kauf-Buttons eindeutig bezeichnet sein
- Transparenz der Preise
- Starke Bindung an Produkte und Amazon
- Prime-Mitgliedschaft ist Pflicht, auch die Buttons kosten
- Amazon verknüpft auch intelligente Geräte mit dem Programm
- Amazon-App ist sehr datenhungrig
- Amazon empfiehlt, das Wlan-Passwort auf seinen Servern zu speichern
- Amazon kann genauere Daten übers Kaufverhalten sammeln
Zu diesen Punkten äußern sich die Verbraucherschützer wie folgt:
Kauf-Button ungesetzlich?
Im Internet werden Verträge nur dann wirksam abgeschlossen, wenn der Nutzer einen Button mit der Beschriftung „zahlungspflichtig bestellen“ oder einem vergleichbaren, aber eindeutigen Wortlaut angeklickt hat. Die Regelung, die wir in einem Beitrag ausführlich erklären, gilt unabhängig davon, welches Gerät Sie für die Bestellung nutzen, ob PC, Laptop, Tablet oder Smartphone.
Ein Sprecher von Amazon hat uns bestätigt, dass allein ein Druck auf den Dash Button bereits eine Bestellung auslöst. So findet es sich auch in den Nutzungsbedingungen zu den Geräten.
Die Funktion beschreibt Amazon so: Sie drücken auf den Dash Button und bekommen dann eine Push-Nachricht durch die verknüpfte App, können Preis, Lieferdatum und das genaue Produkt dort sehen – und nachträglich ändern oder zurücknehmen. Das ist möglicherweise zu wenig und entspricht nicht den gesetzlichen Regelungen, die Verbraucher vor unbewussten Vertragsschlüssen im Internet schützen sollen. Auch weitere Angaben wie der Gesamtpreis und Informationen zum Widerrufsrecht werden Kunden auf dem Dash Button nicht angezeigt.
Ein wichtiger Punkt ist hier zusätzlich: Einen Dash Button, der zum Beispiel an eine Waschmaschine geklebt ist, kann im Haushalt auch ein Kind oder ein Gast drücken. Wer steht dann für den Kauf gerade? Ein Dash Button kann laut Amazon immer dann einen neuen Kauf auslösen, sobald der letzte zugestellt worden ist. Bei Amazons Prime-Programm ist es allerdings üblich, dass die Waren schon am nächsten Tag zu Hause ankommen – für Änderungen gibt es also wenig Zeit.
Transparenz der Preise
Die Dash Buttons werden laut Amazon per Wlan mit einer App verknüpft, die Kunden auf ihrem Smartphone oder Tablet installieren müssen. Dort lässt sich dann je Button ein verknüpftes Produkt programmieren. Preise und Lieferzeiten finden Kunden nur in der App. Wer also auf den Button drückt, sieht nicht, ob sich der Preis mittlerweile verändert hat. Bei Kaufverträgen ist aber der Preis ein zentrales Element – und er wird bei vielen Online-Händlern teils im Stundentakt verändert.
Außerdem kann ein Kunde nicht ohne weiteres erkennen, ob das Produkt bei Amazon zum Beispiel über unabhängige Marketplace-Verkäufer günstiger zu bekommen ist.
Wer mehrere Dash Buttons einsetzt und verschiedene Produkte in seinem Haushalt damit einkauft, läuft Gefahr, die Übersicht zu verlieren und mehr Geld auszugeben als er eigentlich möchte.
Starke Bindung an Produkte und Amazon
Wer sich Dash Buttons anschafft, soll damit stark gebunden werden: Diese Produkte werden vom einmal ins Programm gelockten Kunden künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit nur noch bei Amazon und nur noch bei dessen Partnern des Dash-Button-Programms gekauft. Damit ist die Produktpalette stark eingeschränkt. Und das kann für Verbraucher teurer werden als regelmäßig Preise und Anbieter zu vergleichen.
Prime-Mitgliedschaft ist Pflicht und kostet
Dash Buttons gibt es nur für Kunden von Amazons Prime-Programm. Das kostet in den meisten Fällen 49 Euro pro Jahr. Ein einzelner Dash Button kostet 4,99 Euro. Amazon verrechnet den Preis nach eigener Angabe mit der ersten Bestellung, dann sei der Button „praktisch kostenlos“. Das baut zusätzlichen Druck auf, mit dem Dash Button Geld auszugeben für Amazon-Produkte aus der eingeschränkten Palette.
Intelligente Geräte verknüpft mit Programm
Unter dem Namen „Dash Replenishment Service“ können jetzt geeignete Waschmaschinen, Geschirrspüler, Drucker und Co. auch selbst eine Bestellung auslösen. Die Geräte müssen laut Amazon netzwerkfähig sein. Schnittstellen bietet der Händler zu Geräten unter anderem von Bauknecht, Brother, Bosch und Siemens Hausgeräte, Grundig, Kyocera und Samsung. Geht dem Drucker der Toner aus oder der Waschmaschine das Waschmittel, soll der Kunde sich gar nicht mehr selbst darum kümmern, Ersatz zu bestellen – die Maschine übernimmt‘s.
Auch hier sollte unserer Meinung nach ein eindeutiger Kauf-Button Pflicht sein, mit dem der Verbraucher einen Vertrag schließt.
Amazon-App ist sehr datenhungrig
Der Dienst funktioniert nur in Kombination mit Wlan, einem Smartphone oder Tablet und der entsprechenden App. Dabei muss das Gerät mit der App bei der Einrichtung des Buttons mit dem Netzwerk verbunden sein, um sein Signal empfangen zu können.
Die App Amazon Shopping haben wir uns Anfang September 2016 auf einem Android-Gerät angeschaut. Sie möchte auf dem Smartphone weitreichenden Zugriff haben, unter anderem auf die Kamera, Mikrofon, abgespeicherte Kontakte und den aktuellen Standort.
Bei einigen neueren Versionen von Betriebssystemen können Sie diese Berechtigungen verweigern, bei vielen älteren Geräten geht das nicht. Amazon kann hier sehr viele Daten über Sie sammeln.
Wenn der Dash Button einmal fertig eingerichtet ist, hat uns der Amazon-Sprecher gesagt, kommuniziert er unmittelbar mit Amazon. Das Smartphone oder Tablet mit der App muss weder in der Nähe noch überhaupt eingeschaltet sein, so der Amazon-Sprecher. Das Kauf-Signal geht vom Dash Button direkt zu Amazon.
WLAN-Passwort auf Amazon-Servern
Wer viele Dash Buttons einrichten möchte, muss jedes Mal per Hand das Passwort zu seinem Wlan eingeben. Amazon bietet an, es auf seinen Servern zu speichern. „Wenn Sie ein neues kompatibles Gerät einrichten, wird Ihr WLAN-Passwort automatisch während der Einrichtung verwendet, sodass Sie es nicht erneut eingeben müssen.“
Die Verbraucherzentralen raten dringend davon ab, sensible Informationen wie Passwörter auf diese Weise zu speichern. Machen Sie sich bewusst, dass Sie alle Daten, die einmal übertragen worden sind, nicht mehr zurückholen können. Sie können nicht steuern, was damit passiert, sie nicht löschen und bleiben relativ schutzlos.
Fatales Datensammeln zu Kaufverhalten
Gerade Produkte des täglichen Bedarfs werden viele Kunden noch nicht komplett bei Amazon kaufen. Ist das Waschmittel alle, gehen viele zum Supermarkt um die Ecke. Per Dash Button kann Amazon nicht nur mehr Geld durch mehr Verkäufe verdienen – es erhält auch vollständigere Daten über das Kaufverhalten von vielen Kunden.
Kaufzyklen, Packungsgrößen, Loyalität zu einer Marke: Das lässt sich für zielgerichtete Werbung nutzen und für so genanntes dynamisches Preismanagement. Zu bestimmten Tageszeiten können Produkte dann teurer sein – oder sogar für bestimmte Kundengruppen, von denen der Online-Händler weiß, dass sie nicht so sehr vergleichen und auf den Preis schauen, bestimmte Preise gelten.