Anzeige

Zurück zum Fachhandel: Entwicklung ist ein Prozess

21. September 2023, 14:44

Trotz vieler auch anhaltender Krisen gelingt es dem Handel, sich diesen mit Engagement und Innovationen entgegenzustellen. Mit Erfolg, die Verbraucher kommen zurück in den Fachhandel, weiß Volker Jungeblut, Geschäftsführer des Verbands der PBS-Markenindustrie.

Herr Jungeblut, wir schlittern seit fast vier Jahren von einer Krise in die nächste, aber immerhin scheint das Thema Home-Schooling erst einmal passé zu sein. Wie hat sich die Rückkehr der Schülerinnen und Schüler in den normalen Schulalltag vor allem auf das Segment „Back to School“ ausgewirkt?
Die uns vorliegenden Zahlen zeigen, dass die Umsätze durchaus befriedigend sind und eine Art Normalität zu verzeichnen ist. Allerdings zeigt sich auch, dass der Trend zu Handelsmarken auch im Schulgeschäft größeren Einfluss gewonnen hat. Beruhigend für das Markengeschäft ist jedoch, dass die Verbraucher wieder mehr im Fachhandelsbereich direkt einkaufen. Damit ergibt sich die Chance der Beratung vor Ort – für Marken essentiell.

2022 sind die Umsätze in der PBS-Branche wieder gestiegen, was unter anderem auf höhere Verbraucherpreise zurückzuführen ist. Abgesehen davon steht PBS aber auch unter dem Druck der Inflation, der steigenden (Einkaufs-)Preise und der Kaufzurückhaltung der Kunden. Welche Segmente haben es besonders schwer und welche kommen bisher gut durch? Und wie können sowohl Hersteller als auch Händler den allgemeinen Herausforderungen begegnen, um auf Kurs zu bleiben?
Bei einer Inflation von über sieben Prozent und konsolidierten Umsatzsteigerungen im PBS-Markenindustriebereich von 1,3 Prozent ist klar, dass hier keine echten Umsatzsteigerungen zu verzeichnen sind. Die weiterhin hohen Rohstoff-, Energie- und Logistikkosten sowie die überdurchschnittlich gestiegenen Lohnkosten lassen kurz- und mittelfristig keine sichtbare Veränderung erwarten. Volumenrückgänge in Verbindung mit erhöhten Investitionen in die Entwicklung innovativer, neuer Produktbereiche üben einen spürbaren Margendruck auf die Hersteller aus. Die permanente Digitalisierung im Office-Umfeld setzt insbesondere die B2B-spezifischen Sortimente unter Druck, dem sich die Markenhersteller mit einem hohen Maß an Engagement und Innovationen erfolgreich entgegenstellen. Die Multichannel-Strategie ist nicht nur für den Markenhersteller sondern auch für den Händler ein essenzieller Ansatz. Auch der Handel benötigt zum Beispiel eigene Onlineshops, um bestehen zu können. Die Markenunternehmen des Verbandes präsentieren sich trotz aller Herausforderungen robust, resilient und zuverlässig. Wir sind davon überzeugt, dass Marke auch in Zukunft für Vertrauen und Verantwortung steht.
 
Vor allem während der Corona-Zeit haben sich lizenzierte Artikel, zum Beispiel mit den Konterfeis von Peppa Pig und der Paw Patrol für den Handel ausgezahlt. Wie ordnen Sie den Lizenz-Hype für die PBS-Branche ein – geht da noch mehr oder befinden wir uns bereits auf dem absteigenden Ast?
Ich kann hier nur für unsere Mitglieder sprechen, die im Lizenz-Geschäft aus guten Gründen eher zurückhaltend sind, da das Risiko im Vergleich zu den Gewinnchancen hier sehr hoch ist. Natürlich gibt es auch Lizenz-Geschäfte, deren Erfolg sich unter anderem durch eine langjährige vertrauensvolle Verbindung auszeichnet. Populär und erfolgreich mit steigender Tendenz ist allerdings die Mitarbeit von Influencern auch in der relativ konservativen PBS Branche.

„Wir sind davon überzeugt, dass Marke auch in Zukunft für Vertrauen und Verantwortung steht.“

Stichwort „Nachhaltigkeit“: Welche Bestrebungen gibt es innerhalb der Branche, PBS-Produkte umweltfreundlicher zu gestalten? Gehen diese Schritte Ihrer Meinung nach weit genug? Falls nicht, wo ist noch Luft nach oben? Und: In welchem Bereich wurden schon gute Fortschritte gemacht?
Die Markenhersteller unseres Verbands beschäftigen sich alle intensiv mit diesem Thema und arbeiten daran, direkte und indirekte Emissionen zu reduzieren. Die Spanne geht von Strom- und Wärmeerzeugung aus eigener Produktion beziehungsweise durch den Einsatz von Solar über Elektrofahrzeuge für den Fuhrpark bis hin zum Mobil-Working für Mitarbeiter. Nicht zu vergessen die intensive Verfolgung entlang der Lieferkette.
 
Bei wem liegt Ihrer Meinung nach die Hauptverantwortung dafür, dass die PBS-Branche nachhaltig(er) wird – bei der Politik, der Industrie, den Verbraucherinnen und Verbrauchern oder dem Handel? Reicht es nicht, wenn wir eigenverantwortlich agieren oder muss die Gesetzgebung Vorgaben machen? Warum, glauben Sie, ist das so?
Nachhaltigkeit dringt immer mehr in das Bewusstsein jedes Einzelnen, und jeder Einzelne trägt die Verantwortung aktiv zur Verbesserung beizutragen. Der strategische Wunsch, nachhaltiger zu produzieren, ist in der DNA unserer Mitgliedsunternehmen verankert. Und dies nicht nur als Statement, sondern durch konkrete Maßnahmen in allen Unternehmensbereichen. Gewisse Vorgaben durch die Gesetzgebung können als Motivation sehr hilfreich sein.

„Der strategische Wunsch, nachhaltiger zu produzieren, ist in der DNA unserer Mitgliedsunternehmen“

Stichwort „Messe“: Welchen Stellenwert haben Messen und Vor-Ort-Events für die Branche nach all den Erfahrungen, die wir in den vergangen drei bis vier Jahren gesammelt haben? Was hat sich verändert und was müsste sich Ihrer Meinung noch verändern?
Die Jahre 2020 und 2021 waren bedingt durch die Corona-Beschränkungen auch für die Messen und ihre Zulieferer eine harte Zeit. Viele Messen haben diese Zeit genutzt, sich neu aufzustellen und ihre zum Teil länger bestehenden Konzepte zu überarbeiten. Neue Hallenstrukturen sowie digitale Angebote sind nur einige Maßnahmen, die Messen als Ort der persönlichen Begegnung und Interaktion attraktiver machen sollen. Dass der persönliche Austausch auch nach Corona einen hohen Stellenwert genießt, zeigt sich an den weltweit steigenden Besucher- und Ausstellerzahlen. Dies spiegelt sich auch im PBS-Bereich wider. Sowohl die Insights-X in Nürnberg als auch die Internationalen Konsumgütermessen (Ambiente, Creative- und Christmasworld) in Frankfurt können sich über steigende Zahlen im Aussteller- und Publikumsbereich freuen.
 
Viele Messen verzeichneten auch schon vor Corona sinkende Besucherzahlen vor allem von Seiten der Händlerinnen und Händler. Können Sie diese Tendenz auch in der PBS-Branche bestätigen? Wie lässt sich das aus Ihrer Sicht begründen?
Für viele Händler ist ein Messebesuch hinsichtlich des personellen und finanziellen Aufwands mit einer zu hohen Belastung verbunden. Durch die Inflation sind die Kosten für Transfer und Übernachtung nochmals gestiegen. Auch für die Ausstellerseite spielt der Kostenfaktor Messe eine nicht zu unterschätzende Rolle. Einige Hersteller arbeiten bereits seit Jahren erfolgreich mit eigenen Showrooms als Alternative zur Messeteilnahme.
 
Zum Schluss noch ein Blick in die Glaskugel: Wohin wird sich die PBS-Branche tendenziell in diesem und in den kommenden ein bis zwei Jahren entwickeln?
Entwicklung ist ein Prozess, dem sich die PBS-Branche weiterhin widmet. Der Weg zum ‚papierlosen Büro‘ ist nach wie vor zu gehen. Die jüngere Generation trägt in großem Maße dazu bei. Für sie sind digitale Produkte selbstverständlich. Schleichend wird sich dieser Trend fortsetzen. Die PBS-Branche wird durch ihre Offenheit, Flexibilität und Kreativität auch in den kommenden Jahren gute Ergebnisse erzielen. Die in der Corona-Zeit geborenen Strategien und Innovationen tragen schon jetzt zur Erholung und positiven Entwicklung bei.