Unternehmen – Bruder hat das Beste aus der Krise gemacht

25. Januar 2021, 14:42

Bei Bruder Spielwaren blickt man auf ein schwieriges und dennoch ertragreiches Jahr 2020 zurück. Derzeit bereiten sich Belegschaft und Paul Heinz Bruder als geschäftsführender Gesellschafter „auf den Sonderfall eines beginnenden Jahres ohne Spielwarenmesse vor“. Wie sich das Jahr 2021 entwickele, sei „natürlich völlig offen“, sagt der Firmenchef. Trotzdem hoffe er, werde sich das Leben bis Herbst wieder einigermaßen normalisieren.

Bruder Geschäftsführer Paul Heinz Bruder

Bei einem Interview mit TOYS im Dezember 2020 hielt sich Paul Heinz Bruder noch bedeckt, was genaue Zahlen zum Geschäftsjahr 2020 betraf. Ein vielsagendes „Ja, auch unser Unternehmen schließt 2020 mit gutem Ergebnis ab“, mehr war aus ihm nicht herauszubekommen. Mitte Januar nun veröffentlichte das Fürther Unternehmen seine Zahlen, und die können sich trotz Corona sehen lassen: Der Bruder-Umsatz stieg von 79,2 auf 85 Millionen Euro! Die Mitarbeiterzahl von knapp 500 konnte, aufgrund der widrigen Umstände sowie einiger Ruhestandsregelungen, nicht ganz beibehalten werden, sie liegt heute bei rund 480.

Während in einigen Ländern – Bruder ist in 60 Ländern weltweit aktiv – der Umsatz stagnierte (etwa in Frankreich oder den USA), entwickelten sich andere Absatzmärkte, „zum Beispiel Österreich, Deutschland selbst oder auch die osteuropäischen Staaten gut“, so Paul Heinz Bruder. Der Umsatzanteil mit dem Auslandsgeschäft liegt aktuell bei knapp unter 70 Prozent.

Dennoch schaut man bei der Bruder Spielwaren GmbH + Co. KG auf ein schwieriges Jahr zurück. Derzeit bereiten sich Belegschaft und Paul Heinz Bruder als geschäftsführender Gesellschafter „auf den Sonderfall eines beginnenden Jahres ohne Spielwarenmesse vor“. Die 72. Spielwarenmesse musste wegen der Pandemie verschoben werden. Die Werbung für die neuen Produkte wurde in die virtuelle Welt transferiert, teils auch die persönlichen Kontakte. Wie sich das Jahr 2021 entwickele, sei „natürlich völlig offen“, winkt der Firmenchef alle Spekulationen ab. Corona macht vorsichtig, das zeigte der Start in das Jahr 2020. Zweifel, Erschrecken, Erkenntnis als uns Corona kurz nach Ende der Spielwarenmesse voll erwischte. Und dann die Ärmel hochgekrempelt: Der dramatische Verlauf des Jahres 2020 schüttelte nicht nur bei Bruder in Fürth viele Gewohnheiten durcheinander. Sie ließ alle Prognosen spätestens ab März Makulatur werden. Es folgten unter anderem angepasste Strategien, eine neue Homepage seit Mai, andere Verkaufszahlen, eine international veränderte, teils unplanbare Absatzsituation, und dann noch die Hygienekonzepte, die neue Arbeitsabläufe vor Ort auslösten. Das, und viel mehr waren die letzten zwölf Monate. „Niemand wird je behaupten, wir alle hätten solch ein Jahr in weiser Voraussicht vorbereiten können“, sagt Paul Heinz Bruder. Er bilanziert dennoch zufrieden: „2020 war in Vielem unsicher, aber, auch das ist ein Fazit, für unsere Firma nicht grundsätzlich schlechter.“

 

Ein besonderer Sommer #wirbleibenzuhause
Der Sommer, in dem die Corona-Zahlen abflachten, war für Bruder eine besondere Jahreszeit: Sie bewies, dass der Verkauf der hauseigenen Spielwaren (alle im Maßstab 1:16) sehr gut funktionierte, und dass die Neuheiten ankamen. Es herrschte „ein großer Nachholbedarf, der bis in den Herbst anhielt“, freut sich Bruder rückblickend, „viele, die nicht in den Urlaub fahren konnten, steckten ihr Geld offenbar auch in Spielwaren. Kinder sind halt immer wichtig“. Trotz aller Sorgen, „vor allem im März, als wir die Produktion eine Zeitlang runterfuhren und an Ostern sogar einen zweiwöchigen Betriebsurlaub einlegten, entwickelte sich das Jahr im weiteren Verlauf für uns letztlich erstaunlich gut“, freut sich der Geschäftsführer. Ab Ende Juni stieg die Verkaufsrate der Bruder-Spielwaren allgemein wieder steil nach oben, erinnert er sich, „wir haben einfach Glück gehabt durch diesen Sondertrend“. Nach dem Umsatztiefpunkt im Mai (nur noch die Hälfte des Gewohnten) konnte das Unternehmen „durchatmen“; gleich in zehn neue Maschinen wurde investiert.

Agiles Management zahlt sich aus
Bruder hat die Corona-Krise proaktiv genutzt, brachte intern Verbesserungsvorschläge und optimierte Abläufe auf den Weg. „Wir haben die Situation einfach angenommen und überlegt, was wir noch besser machen können“, sagt Paul Heinz Bruder, und er fügt hinzu: „Allerdings waren auch die Zulieferketten teils arg strapaziert. Derzeit Liefertermine zu halten, ist auch jetzt noch, hier und da, zuweilen schwierig. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als mit dem Verständnis unserer Kunden zu rechnen und alles daran zu setzen gemeinsam durch diese Krise zu kommen“.

Auf die Frage, was sich bei Bruder online tut, antwortet Paul Heinz Bruder: „Unser Online-Shop bleibt ein Nebengeschäft“, obwohl eine der Veränderungen 2020 der ausgebaute eigene Online-Auftritt der Fürther ist. Früher konnten dort vor allem Ersatzteile bestellt werden; mittlerweile findet sich im Webshop die komplette Produktrange. Die Umsätze, die mit dem Internet-Verkauf getätigt werden, haben sich seitdem zwar verdoppelt. „Gleichwohl ist das nur ein sehr geringer Anteil am Umsatz; wir verstehen unseren Webshop weiterhin eher als Service am Konsumenten, und das soll auch so bleiben“, so Bruder. Zudem: Die Verkaufszahlen im Netz seien „sicherlich der besonderen Corona-Situation zu verdanken, sprich den geschlossenen Läden, dem mangelnden Einkaufserlebnis“. Paul Heinz Bruder sieht den eigenen Online-Auftritt daher weiter nur als Vertriebsergänzung; zumal die dortigen Verkaufspreise, im Vergleich zu denen im Einzelhandel, höher sind und die Versandkosten noch hinzukommen.

Allgemein angesprochen auf die Online-Aktivitäten der Branche, kommt der Unternehmer nicht umhin, die noch größere Bedeutung des Digitalen und der Videowelten zu bestätigen: „Besonders dieses Krisenjahr 2020 wird allen Händlern bewiesen haben, dass, wer jetzt noch keinen eigenen Webauftritt (click and collect) pflegt, Grundlegendes versäumt. Auch click and collect funktioniert ohne Web-Repräsentanz nicht. Die Kunden, vor allem jüngere, erwarten das. Wir bei Bruder „wissen natürlich um die persönliche Beratungsansprache der Endkunden, die ist und bleibt das Wichtigste. Doch ums Internet kommt man heute einfach nicht mehr herum“. Corona habe diese Tendenzen dramatisch verstärkt.

 

Spielwarenjahr einmal anders
Im Hinblick nun auf das laufende 2021 wären, so Paul Heinz Bruder weiter, „selbstverständlich alle Vorausplanungen Kaffeesatzleserei“. Seines Wissens sei die heimische Spielwarenmesse noch nie ausgefallen. „Uns fehlt die Messe natürlich“, bestätigt Firmenleiter, und er fügt hinzu: „Die weiteren Veranstaltungen leider auch. Die Messegesellschaften weltweit haben 2021 im Prinzip vorsorglich abgeschrieben, mit Ausnahme der Spielwarenmesse eG, die eine Summer Edition anbietet. Wir gehen davon aus, dass erst ab kommendem Jahr das Meiste wieder „normal“ läuft, eigentlich erst in zwei bis drei Jahren“. Zwar hätten sich die Ordertätigkeiten längst um die Hauptspielwarenmesse herum verteilt, doch es fehlten „natürlich die persönlichen Kontakte, die Möglichkeit, unsere Neuheiten schlicht in die Hand zu nehmen, und es fehlt auch die Ausstrahlung für unser Image,“ bedauert er. Abgesehen davon, dass sich alle Interessenten und die Presse die Produkte durchaus auch im „Offenen Bruder-Showroom“ in Fürth ansehen können (mit Voranmeldung und unter Einhaltung aller Hygienevorschriften), habe sich die Produktpräsentation alternativ eben ins Internet verlagert: „Wir werden daher ab dem 22. Januar all unsere Neuheiten online zeigen“. Der Firmenchef selbst präsentiere in einem Film die hochwertigen Produkte. Um etwas Messefeeling zu generieren, hat die Spielwarenmesse eG auf ihrer Homepage den Bereich „BrandNew“ eingerichtet.

 

Produktneuheiten machen Lust auf Sommer und Spiel
Die Fürther haben sich bei den Neuerungen nicht eingeschränkt, wie viele andere Unternehmen der Branche. Wer erwarten würde, dass angesichts eines Krisenmodus 2020 die Innovations- und Investitionsfreude von Bruder gelitten hätten, sieht sich positiv überrascht. Insgesamt 16 Neuheiten legen die Fürther für 2021 auf. Diese reichen von kleineren Detailverbesserungen und weiteren 1:16-Spielfiguren bis hin zu Modellfahrzeugen wie etwa dem, bis dato größten Bruder-Stapler „Linde HT160“; einer aufwändigen Gruppe von gleich drei „MB Sprinter-Fahrzeugen“ (für die DHL-Auslieferung, als 8-Figuren-Kleinbus und auch als Campingbus mit Campingtisch); dem Stapler „JCB Teletruk mit Palette“ inklusive imaginärem E-Motor-Antrieb, und außerdem einem schmucken „Cat Schaufelbagger“ mit Echtgliederketten (wie alle anderen kompatibel zu sämtlichen Spielfiguren). Überhaupt muten viele Neuheiten in diesem Jahr „sommerlich“ an, der Sehnsuchtsbereich Freizeit wurde deutlich ausgebaut: Es gibt jetzt einen weiteren Anlaufpunkt für Sportbegeisterte, nämlich den neuen „Fahrradshop mit Werkstatt“ oder, als trendiges Sportgerät, ein schwimmfähiges „bworld Kajak“ samt Paddel und Fahrerin.

Darüber hinaus entstand das umfangreiche Themenset „Life Guard“, das die unbeschwert-spannende Atmosphäre eines Malibu-Strandes nachstellt. Zu diesem Set gehören – im Rahmen der mittlerweile renommierten „bworld“- Figuren – Rettungsschwimmer, eine „Strandhütte“ sowie eine „bword Life Guard Station“, zu welcher sich wiederum ein neuer Quad sowie ein stylischer gelbroter „Jetski“ (Personal Water Craft) gesellen. Ein großer Pick Up „RAM 2500 Power Wagon“ samt Stand-Up-Paddleboard und, wie immer seit nunmehr zehn Jahren, passenden Figuren, runden das Strand-Geschehen authentisch ab. Paul Heinz Bruder strahlt bei diesen Entwicklungen: „Das Urlauben kommt bald wieder, ganz bestimmt.“ Darüber hinaus, die seit drei Jahren bestehenden, so genannten „Themensets“ (Raumszenarien mit flexiblen Wänden) wurden durch weitere Ideenwelten ergänzt: Es gibt jetzt einen „UPS Paketshop“, eine detailverliebte „bworld Polizeistation mit Motorrad“ für den koordinierten Einsatz sowie, nicht zuletzt, eine top ausgestattete Shop-„Tankstelle mit Waschplatz“ (welche mit einer richtigen Druckpumpe Wasser durch einen Schlauch spritzen kann).

Und eine besondere „Kleinigkeit“ hebt der Firmenchef als etwas Großes hervor. Licht aus, Spot an: Im Bereich Zubehör entstand eine neuartige „Rundumleuchte“, die sich – per Adapter und Klebestreifen – auf nahezu alle Bruder-Fahrzeuge und Themensets montieren lässt. Diese Leuchte strahlt tatsächlich 360 Grad mit umlaufenden Blinklicht im Kreis, was, im Rahmen ihrer Miniaturisierung, als technisch selten Ausgefeiltes gelten dürfe. Diese Leuchte in den Farben Orange, Blau und Rot soll, das wünscht sich Paul Heinz Bruder, auch irgendwie für das Jahr 2021 gelten: „Wir möchten diese Neuheiten als Mut machendes Symbol sehen. Wir wappnen uns so gut es geht für das Kommende, und wir sind zuversichtlich, dass unsere Aktivitäten in die richtige Richtung ausstrahlen.“

Ab Herbst, hofft er, werde sich das Leben wieder einigermaßen normalisieren. Paul Heinz Bruder hat seinen Optimismus nicht verloren: „Wir machen das Beste aus dem, was noch kommen mag“.

Viele Bruder Neuheiten muten in diesem Jahr „sommerlich“ an; der Sehnsuchtsbereich Freizeit wurde deutlich ausgebaut