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Trends – Eltern definieren sich über Produkte

14. Juni 2019, 10:27

Trends im Babyausstattungsbereich zu definieren oder gar vorauszusagen ist schwierig. Zu unterschiedlich sind die Warengruppen aber auch die Absatzkanäle. In einem Gespräch mit dem GfK-Babycare Trendexperten Klaus Neefischer haben wir dennoch versucht herauszufinden, warum Eltern trotz weniger Nachwuchs mehr Geld ausgeben und wo sich die Märkte ausdehnen.

Klaus Neefischer ist seit 20 Jahren beim größten deutschen Marktforschungsinstitut tätig, der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) mit Sitz in Nürnberg. Der Manager Market Insights für Client Solutions Central Europe ist Experte für den Bereich Handelspanel (Point of Sales Tracking). Seit einigen Jahren beobachtet Neefischer den Bereich Elektrokleingeräte und Babycare. Auf der Fachmesse Kind + Jugend referiert der Handelsexperte regelmäßig über die Trends auf dem Markt für Babys und Kleinkinder. gfk.com

Um valide Daten zu einzelnen Segmenten der Kinderausstattung zu erhalten, setzt Klaus Neefischer, Manager Market Insights für Elektrokleingeräte und Babycare, auf Handelspanels. Die Verkaufsdaten der Panel-Teilnehmer werden auf
einzelne Kanäle, wie etwa Verbrauchermärkte, hochgerechnet. Das sei sehr detailliert und reiche bis auf die Einzelartikel-Ebene, erläutert der Experte. „Wir zeigen etwa den Markt für Kinderwagen: Ist er gestiegen, gefallen, welche Preisklassen, Features, Marken und Einzelprodukte haben den Markt bewegt. Handel und Hersteller erfahren, wie sie im Markt stehen und können entsprechende Marketing-entscheidungen treffen.“
Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ist, was langlebige Gebrauchsgüter angeht, weltweit einer der wichtigsten Player mit mehreren hundert erhobenen Warengruppen in über 100 Ländern. Im Baby-Bereich werden in Deutschland seit rund einem Jahrzehnt zehn Warengruppen beobachtet – neben den umsatzmäßig wichtigsten Segmenten Kinderwagen und Autokindersitzen auch Babyfone und Produktgruppen aus dem Bereich „Feeding“, zum Beispiel Flaschen mit Saugern, Schnuller, Esslerngeschirr und Stillprodukte. Bei diesen Warengruppen spielen vor allem Drogerien, aber auch Verbrauchermärkte eine wichtige Rolle, während Kinderwagen und Autokindersitze überwiegend im Fachhandel und über das Internet verkauft werden.

 

Keine allgemeinen Trends

Die Baby-Panels seien extrem unterschiedlich, erklärt Klaus Neefischer. Daher gebe es hier, anders als in anderen Bereichen, auch kaum allgemeingültige internationale Trends wie etwa „Convenience“ – das Bedürfnis nach Einfachheit der Bedienung und Zeitersparnis. Was man bei Babycare jedoch beobachten könne sind Materialtrends. So nehme die Bedeutung von Latexschnullern seit Jahren ab. Auch Glas gehe bei den Babyflaschen zugunsten von Kunststoff weiter zurück. Die Umweltdiskussion um den Kunststoff spiegelte sich in den Zahlen dieser Warengruppe nicht wider. „Das ist ein Konsumententhema.“
Gut zu beobachten sei laut Handelsexperte Neefischer allerdings, wenn sich Märkte ausdehnen und zusätzliche Nachfrage schaffen wie beispielsweise im Bereich Trinkbecher: „Mit den 360 Grad-Cups ist neben den bisherigen Schnabel-, Strohhalm- und Sportflaschen beziehungsweise -bechern ein komplett neues Produktsegment entstanden, das stark wächst. Bei anderen Warengruppen wie den Schnullern sieht man die Veränderungen im Detail: Nachtschnuller, die im Dunkeln leuchten, werden stark nachgefragt, weil sie ein bestimmtes Bedürfnis befriedigen.“ Auch Schnuller mit weichem Schild oder großen Öffnungen seien beliebt, weil sie zu geringeren Hautirritationen führten. Klaus Neefischer erklärt: „Der Markt wird immer facettenreicher, da die Hersteller versuchen, immer mehr Bedürfnisse zu befriedigen.“

Wertigkeit ist gefragt

Die meisten Märkte, die sich positiv entwickeln, tun das über den Wert der Produkte, weniger über die Menge. Es steigt also nicht die Nachfrage, sondern die Produkte werden besser und dadurch oft auch teurer. In vielen Segmenten werden verstärkt höherwertige und höherpreisige Artikel nachgefragt. Wird das einzelne Kind bei sinkender Geburtenrate also wertvoller? „Definitiv. Aber nicht nur. Eltern definieren sich auch über Produkte. Im Babybereich ist der Kinderwagen heute für viele ein Statussymbol. Das war vor einigen Jahren noch nicht der Fall. Ein Kinderwagen über 1.000 Euro ist heute keine Seltenheit mehr.“

Kindersicherheit ist Trend

In anderen Bereichen haben sich die (Sicherheits-)Standards verbessert. „Kindersicherheit ist ein Trend, das kann man definitiv sagen. Besonders bei den Autokindersitzen. Heute gibt es Modelle, die etwa einen eingebauten Airbag aufweisen. Um sein Kind noch besser zu schützen, ist der Verbraucher bereit, mehr zu bezahlen.“ Das Thema iSize, eine neue Norm, die auch neue Sicherheitsaspekte beinhaltet, spiele ebenfalls eine immer wichtigere Rolle. Der Anteil der Sitze, die mit Isofix fixiert sind, steige. Auch zu Baby-Monitoren mit Video-Kanal griffen Eltern häufiger. Klaus Neefischer: „Man braucht die Kamera-Funktion nicht unbedingt, aber sie ist ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor. Die Kameramodelle ziehen deutlich an.“
Testurteile der Stiftung Warentest wirken sich je nach Warengruppe im Übrigen unterschiedlich auf das Kaufverhalten aus. Am eindeutigsten sei der Zusammenhang bei Bewertungen von Produkten, die sehr sicherheitsorientiert sind. „Im Kindersitzbereich sind Testurteile sehr wichtig. Diese nimmt der Verbraucher mit unmittelbarer Wirkung relativ zeitnah wahr; besonders die Testsieger, gute Bewertungen oder die Abwertungen. Die Leute sind gut informiert. Sie schauen auch nach den Testurteilen der Vergangenheit. Auch ein Testsieger von vor zwei Jahren kann sich immer noch ganz gut verkaufen.“ Weniger eindeutig dagegen seien die Auswirkungen bei Kinderwagen-Tests. Öko-Test-Urteile nehme der Verbraucher nicht so deutlich wahr. „Außer sie sind sehr negativ.“
Lioba Hebauer