Thorsten Koss: Werte und Visionen
Über 20 Jahre war Thorsten Koss in der Spielwarenbranche tätig und hat dort einiges bewegt – zunächst bei Revell, dann bei Herpa und zuletzt bei goki. Was ihm in besonders guter Erinnerung geblieben ist, weshalb er bis zuletzt auf das Thema Nachhaltigkeit gesetzt hat und wie spannend es jetzt für ihn weitergeht erfuhr Astrid Specht im Interview mit ihm.
Herr Koss, Sie haben über zwei Jahrzehnte in der Branche gearbeitet. 2003 haben Sie bei Revell angefangen, waren danach kurz bei Herpa und dann ab 2019 bei goki. Zuvor waren Sie lange Jahre in der Tabakbranche tätig. Wenn Sie auf Ihre Anfänge in der Spielwarenbranche 2003 zurückblicken, was hat Sie daran gereizt?
Es gab eigentlich zwei Dinge, die mich immer interessiert haben, wenn ich irgendwo war. Zum einen Zeitschriften oder Buchläden – da bin ich immer gerne reingegangen. Und zum anderen, bevor die Kinder kamen, war es auch ein Spielwarenladen. Ich selbst habe als Student viel gespielt, insbesondere Pen-and-Paper-Spiele wie „Das schwarze Auge“. Modellbau war für mich auch immer spannend, obwohl ich gestehen muss, dass ich die Modelle nie wirklich zusammengebaut oder bemalt habe. Aber diese Faszination war schon da. Vor meinem Einstieg bei Revell war ich bei Reemtsma (Zigaretten) in Hamburg tätig und als dann mein Sohn kam, stellte sich die Frage, ob ich mich noch einmal verändern wollte. So fand ich meinen Weg in die Spielwarenbranche.
Sie haben bei Revell unter anderem die Star Wars-Lizenz ins Portfolio geholt. Welche Erinnerungen oder Herausforderungen sind Ihnen aus dieser Zeit besonders in Erinnerung geblieben?
Tatsächlich war es mein Vorschlag, die Star Wars-Lizenz ins Revell-Portfolio zu holen. Es war nicht ganz einfach, das durchzusetzen (lacht), doch es war ein wichtiger Schritt für Revell. Zu der Zeit passte das auch sehr gut, weil Star Wars mit den Kinofilmen „Episode I-III“ damals eine neue Generation von Fans angesprochen hat. Star Wars ist dann im Lauf der Zeit für Revell immer wichtiger geworden und gehört ja auch heute noch zum Portfolio. Allerdings muss ich sagen, war die Arbeit in der Lizenzbranche damals noch eine ganz andere, als Lucasfilm noch nicht von Disney übernommen worden war. Die Wege waren kürzer, und die Zusammenarbeit viel unkomplizierter. Woran ich mich immer sehr gerne erinnere, ist mein Besuch der Skywalker Ranch in Kalifornien. Das war ein unvergesslicher Moment. Dort saßen wir im Kino und haben uns Szenen auf einem Blue Screen angeschaut, um zu entscheiden, wie die ersten Modelle für Star Wars aussehen sollten. Das war für mich einer der schönsten Geschäftstermine.
Nach Ihrer Zeit bei Revell und Herpa sind Sie 2019 zu goki gewechselt. Was hat Sie an dieser Aufgabe besonders gereizt?
Bei goki war es zum einen das Thema Spielwaren, das mich immer fasziniert hat. Wenn man einmal in der Spielwarenbranche tätig war, bleibt man dort. Zum anderen war für mich auch der Umzug nach Norddeutschland ein wichtiger Faktor. Ich wollte wieder zurück nach Hamburg, und goki passte einfach zu mir. Zudem war es bei goki besonders die Philosophie des Unternehmens, die mich angesprochen hat. goki setzt stark auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz, was mir sehr am Herzen liegt. Das hat sich bei mir besonders durch meine Tochter entwickelt, die ein starkes Interesse an Natur und Umweltschutz hatte.
Der Übergang von einem Modellbauunternehmen zu goki, das sich auf Holzspielzeug spezialisiert hat, war sicherlich eine Herausforderung. Wie haben Sie diesen Wechsel erlebt?
Marketing war bei goki kein Problem, aber das Produkt an sich war natürlich eine Herausforderung. Bei Revell ging es um den realistischen Modellbau, während goki mit Holz arbeitet, was ganz andere Anforderungen an die Produktentwicklung stellt. Holz lässt sich nicht so flexibel wie Kunststoff bearbeiten, und man muss einen anderen Umgang mit dem Material finden. Das war anfangs eine Umstellung, aber das Team bei goki arbeitet sehr selbstständig und innovativ, was den Übergang für mich erleichterte.
Bei goki setzen Sie auch auf Corporate Social Responsibility, etwa mit der Initiative zur Waldpflanzung und dem Schulbau in Afrika. Wie hat diese Philosophie Ihr tägliches Arbeiten beeinflusst?
Die CSR-Initiativen waren ein wichtiger Teil der Unternehmensphilosophie und flossen in alles ein, was wir tun. Die Bäume in Schleswig-Holstein zu pflanzen und Schulbauprojekte in Ghana zu unterstützen, waren nicht nur Geschäftspraktiken, sondern Ausdruck unserer Überzeugung. Diese Philosophie war im Arbeitsalltag präsent und beeinflusste auch die Entscheidungen, die wir trafen – etwa bei der Materialwahl oder den Produktentwicklungen.
Gab es bei goki ein Projekt oder Produkt, das Ihnen besonders am Herzen lag?
Besonders am Herzen lag mir das Projekt goki Evolution, das die Philosophie der Waldorfpädagogik widerspiegelte. Es war immer etwas Besonderes, an einem Projekt von Anfang an dabei zu sein. Aber auch die Ausweitung unserer Waldpflanzaktion hat mich sehr bewegt. Wir mussten den Umgang mit den Bäumen aufgrund der extremen Trockenheit und der Stürme anpassen und die Wälder klimaresistenter machen. Es war faszinierend zu sehen, wie sich dieses Projekt über die Jahre weiterentwickelt hat.
Was würden Sie der nächsten Generation in der Spielwarenbranche gerne mit auf den Weg geben?
Ich würde mir wünschen, dass die Spielwarenbranche ihren Werten treu bleibt und nicht jeder Veränderung folgt, die von außen herangetragen wird. Gerade jetzt, in Zeiten, in denen die Märkte und Werte sich verändern, sollte die Branche an den grundlegenden Prinzipien festhalten, die sie so erfolgreich gemacht haben – das Miteinander und das Spiel als wertvolle pädagogische Erfahrung. Diese Werte sind nach wie vor entscheidend für den Erfolg der Branche.
Und wie geht es jetzt bei Ihnen weiter?
Ich habe Ende April meinen ersten Roman mit dem Titel „Fragmente eines Kokons“ veröffentlicht. Dabei handelt es sich um eine Dystopie, die aber auch ein Coming-of-Age-Geschichte ist und die irgendwann philosophischer wird und dann eben in einer Dystopie endet. Darin eingebettet ist die Geschichte einer großen Liebe in einer sich verändernden Welt – nicht durch Viren oder Umweltkatastrophen, sondern … Ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten. Das müssen Sie lesen!
Was hat Sie zu diesem Thema inspiriert?
Gleich vorneweg: Es ist definitiv keine autobiografische Geschichte! Die Inspiration kam von einem Erlebnis auf einem Parkplatz, als ich die Grillen hörte und die trockene Hitze spürte. Das war der Anfang der ersten Szene, die auch im Buch vorkommt. Ich habe das für mich niedergeschrieben und über die Jahre weiter daran gearbeitet. Als ich dann ein Sabbatical hatte, konnte ich mich endlich ganz darauf konzentrieren und die Geschichte weiterschreiben.
Können Sie uns zum Abschluss noch etwas mehr über Ihren Schreibprozess erzählen? Wie hat sich Ihre Leidenschaft fürs Schreiben im Laufe Ihrer Karriere entwickelt?
Das Schreiben war immer schon ein Teil von mir, auch wenn es nicht immer im Vordergrund stand. Bei Revell war ich eher im Productmanagement tätig und habe viel mit Slogans und kurzen Texten gearbeitet, aber ich habe nie selbst lange Texte geschrieben. Als ich bei goki war, habe ich jedoch viel mehr Verantwortung für die Texte übernommen – von Pressemeldungen bis hin zu längeren Artikeln. Ich würde nicht sagen, dass ich ein professioneller Schriftsteller bin, aber ich habe diese kreative Seite immer in meinen Job eingebracht. Besonders bei goki konnte ich viel selbst schreiben und war von Anfang an in den kreativen Prozessen involviert. Es war spannend, vor allem weil es nicht nur um Produkttexte ging, sondern auch um Themen wie Umwelt und Natur, die mich persönlich sehr berühren.
Vielen Dank für diese Einblicke, Herr Koss und alles Gute für die Zukunft!