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Coverstory Märklin: Superhelden auf Schiene

8. April 2022, 16:00

Mit Volldampf in die Zukunft, das beschreibt die derzeitige Performance von Märklin. Getrieben von starkem ­Innovationswillen, gespeist von angesagten Lizenz­themen und geführt von Menschen, die Herzblut ­vergießen – das ist Märklin heute. Von dieser Positionierung des Marktführers profitiert das gesamte Segment.

Starke Lizenzthemen bietet Märklin gleich in zwei verschiedenen Sortimenten für Kinder: Batman ­erscheint daher auf dem ICE der Linie Märklin my world für Kinder ab drei ­Jahren (Bild oben) und ebenso auf Loks und Wagen der Einstiegs-Modellbahnlinie Märklin Start-up für Kinder ab sechs Jahren. So ist Superhelden-Spaß garantiert …

Unternehmen Zukunft – der Slogan der krisengebeutelten Deutschen Bahn war Aufreger und Lachnummer der Nation. Und während man darauf wartet, dass dieses Blatt sich endlich wenden möge, machte Märklin „en miniature“ vor, wie’s geht. Der krisenerprobte Marktführer ist heute Treiber des detailverliebten Mikrokosmos im Makrokosmos. Ein Unternehmen Zukunft par excellence.

Das war nicht immer so. Aber Totgesagte leben bekanntlich länger. Vor nicht allzu langer Zeit noch müde belächelt, zeigt das Segment heute, was es kann. Und das ist nicht wenig. Die Faszination der Technik, die Innovationskraft bei der detailreichen Umsetzung neuer Modelle, die generationenübergreifende Begeisterung für zeitgemäßen Anlagenbau, die Kommunikation auf Augenhöhe und allen Kanälen mit jungen Zielgruppen, all das macht die Modelleisenbahn wieder zu einem der beliebtesten Familienhobbys. Mag Corona diese positive Entwicklung befeuert haben – ist der Funke einmal übergesprungen, bleibt die oft lebenslange Liebe zu einer Passion, die fast als deutsches Kulturgut bezeichnet werden kann.
Hat sie sich früher in dunklen Keller- oder spießigen Hobbyräumen versteckt, so tritt die Modellbahn heute selbstbewusst auf. Das Ergebnis: „Mann“ kann sich mit ihr überall sehen lassen – Frau übrigens auch. Seit die Geschlechterstereotypen öffentlich in Frage gestellt werden, bekennen sich immer mehr Mädchen zu technischen Hobbys. Durften früher Frauen allenfalls Blümchen und Bäumchen auf den Anlagen platzieren und das Vorgärtchen rechen, so setzen Mädels heute die Signale. Auch das ist Märklin zu verdanken. Das Unternehmen positioniert sich im Kontext gesellschaftlicher Strömungen, des Zeitgeistes, der Kunst und Kultur. Es bezieht Stellung und generiert neue Akzeptanz in der Öffentlichkeit und bei den Zielgruppen. Der Zulauf, den Märklin in den letzten Jahren erfuhr, ist diesem neuen „Kurs“ geschuldet und einem Management, das frischen Wind in die ehrwürdigen Göppinger Hallen gepustet hat. Das im vergangenen Jahr eröffnete Märklineum ist Zeuge dieser (R)Evolution und alles andere als ein „Museum“. Es macht das Hobby Modelleisenbahn und seine faszinierende Geschichte begreifbar und lebendig. Wer in den Mythos Märklin eintauchen, wer die Zeitreise durch 160 Jahre faszinierende Firmenentwicklung antreten möchte, ist in bester Gesellschaft: Immer mehr Menschen „wie Du und ich“ sowie bekannte Köpfe aus Politik, Kultur und den Medien bekennen sich zu diesem Hobby, das Spannung und Entspannung wunderbar vereint und Menschen jeden Alters zusammenbringt. Hatte die Modelleisenbahn früher nur unter dem Weihnachtsbaum ihren großen Auftritt, so heißt es heute: Raus aus den Vitrinen, rein ins durchgestylte Wohnzimmer. Zwischen Designermöbeln setzt sie coole Akzente. Und für den Handel ist sie ein lukratives Ganzjahresgeschäft. Der Einsatz: Etwas Aktionsfläche, eine spannende Inszenierung und Marketing. Den Rest erledigt die Modelleisenbahn selbst.

maerklin.de


Die Jugend ist am Zug

Florian Sieber hat als Märklin-Geschäftsführer positive Signale gesetzt und wichtige Weichenstellungen vorgenommen. Er hat aus seinem Blickwinkel heraus auch verstanden, welche Impulse die Modelleisenbahn braucht.

Herr Sieber, vor neun Jahren haben Sie mit Ihrem Vater Michael Sieber Märklin erworben. Damals waren Sie als Geschäftsführer „nur“ für Märklin zuständig. Heute sind Sie zugleich CEO der Simba Dickie Group. Ist das zu schaffen?
Mein Vater hat mir im April 2021 die Verantwortung für die Simba Dickie Group übertragen. Das war für die Zukunft schon lange so geplant, aber als er mich im Januar 2021 damit erstmalig konfrontierte, kam es doch ein wenig überraschend für mich. Mein Vater hatte sich über den Jahreswechsel 2020/2021 dazu Gedanken gemacht und mich dann gebeten, das Ruder zu übernehmen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich bereits vom Märklin-Tagesgeschäft losgelöst, um mich mehr der Simba Dickie Group zu widmen.

Warum kam das so überraschend?
Genauso wie viele andere Menschen in dieser Zeit hat mein Vater sich Gedanken um seine Zukunft und um die Zukunft des Unternehmens gemacht. Er hat gesehen, dass viele Dinge mit Corona anders laufen mussten. Insbesondere die Kommunikation intern wie extern. Für ihn war es sehr gewöhnungsbedürftig per Video-Call zu kommunizieren, seine Geschäfte auf Distanz zu machen. Für mich ist es zwar auch schöner, wenn ich den Menschen, mit denen ich arbeite, in die Augen sehen kann, aber ich bin eine Generation, die mit dieser Technik groß geworden ist. Insofern tue ich mich etwas leichter damit, sie anzuwenden.

Hätten Sie gerne mehr Zeit gehabt, sich vorzubereiten?
Sagen wir mal so. Vorbereitet, irgendwann zu übernehmen, war ich. Ich war als Co-CEO in alle Abläufe und Entscheidungen involviert. Auch nach außen war die Kommunikation absolut klar und problemlos. Nur intern hätte ich gerne etwas mehr Zeit gehabt, den Stabwechsel gründlicher vorzubereiten.

Und jetzt? Müssen Sie täglich einen Spagat hinlegen?
Natürlich habe ich mich vor meiner Aufgabe in Fürth zu hundert Prozent auf Märklin konzentrieren können. Und das war auch gut so. Von 2013 bis 2019 habe ich zusammen mit Wolfrad Bächle und unseren Mitarbeitern viel geschafft, um das Unternehmen wieder auf feste Beine zu stellen. Jetzt haben wir ein gutes Team vor Ort und ich kann in vielen Bereichen loslassen. Bis auf ein paar wenige Projekte bin ich eigentlich nur noch in die strategischen Diskussionen bei Märklin eingebunden. Ein Projekt, das ich ins Leben gerufen habe und nach wie vor persönlich begleite, sind die Message Wagons. Die Kontakte zu den Künstlern, die Produktgestaltung, das Marketing. Es war und ist ein Zeitfresser, aber es macht unglaublich Spaß und stellt Märklin in einen völlig neuen Kontext.
Stichwort Kontext: Märklin ist unter Ihrer Führung jünger geworden, lebendiger, emotionaler …
Ja, wir haben die Marke neu aufgeladen. Und ich glaube, wir haben damit auch das Gesamtbild der Modellbahn positiv geprägt. Einige Insolvenzen innerhalb der Branche haben das Image des Hobbys beschädigt. Auch die Medien haben viel heruntergeredet und die Modellbahn totgeschrieben. Ich sehe es ein Stück weit als Aufgabe des Marktführers an, immer wieder notwendige Weichenstellungen vorzunehmen und dem gesamten Segment eine Zukunftsperspektive zu geben.

Wie sind Sie da dran gegangen?
Wir sind unserem Claim gefolgt „Märklin verbindet Generationen“. Der Bau einer Modellbahnanlage ist ein nie endendes Projekt. Der Weg ist das Ziel, bei dem Jung und Alt gemeinsam wertvolle Zeit miteinander verbringen. Jeder bekommt eine Aufgabe. Es ist ein kreativer Prozess, ein faszinierendes Hobby und es sind tolle technische Tools. Es ist aus meiner Sicht für uns auch nicht notwendig „cool“ zu sein, wir sind authentisch und sympathisch.

Das haben Sie auch in Ihrem Weihnachtsfilm 2021 gespiegelt …
Ja, das stimmt. Die renommierte Agentur BBDO, die wir mit dem Film beauftragt haben, hat einen tollen Job gemacht. Es gibt im Übrigen jedes Jahr einen Weihnachtsfilm, BBDO wird auch in diesem Jahr für uns arbeiten. Der Film, soviel kann ich heute schon verraten, wird noch emotionaler, die Story wird mehr Gewicht bekommen.
Den ersten Märklin-Film gab es übrigens 2017. „Gleis 1“ war ein Pilotprojekt mit Studenten der Filmakademie Stuttgart. Die haben ein beeindruckendes Video gemacht und den Startschuss für unsere Weihnachtsvideos gegeben. Der Film ist immer noch auf YouTube zu finden. Unbedingt anschauen!

Neben der emotionalen Seite der Modelleisenbahn gibt es auch das Tagesgeschäft, das Ihnen im Moment aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wenig Freude bereiten dürfte. Was macht Ihnen am meisten Probleme?
Das ist aktuell ganz klar die Personalsituation. Wir tun uns insbesondere in Ungarn, aber auch in Deutschland extrem schwer, geeignete Fachkräfte zu finden. Wir könnten und würden deutlich mehr Leute einstellen, finden aber keine. In Györ macht uns konkret die Automobilindustrie das Leben schwer, wirbt uns gute Leute ab. Wir können die hohen Auftragsbestände, die wir haben, daher leider nur langsam bedienen.

„Wir haben die Marke Märklin und die Modelleisenbahn neu aufgeladen“

Wo fehlt es denn vor allem?
In der Logistik und der Produktion suchen wir auch bei den Firmen der Simba Dickie Group händeringend Personal. Deutsch sprechende Mitarbeiter aus diesen Bereichen finden wir mittlerweile nur noch selten. Daher sind wir zwar sehr froh über die Unterstützung aus dem Ausland, brauchen dann aber oft zweisprachige Vorarbeiter, die übersetzen und vermitteln können. In unserem Werk in Ungarn tun wir uns zudem schwer, das Lohnniveau der Automobilindustrie zu schlagen. Wir bieten zwar einen sicheren Arbeitsplatz mit guten sozialen Leistungen, aber angesichts der ständig steigenden Lebenshaltungskosten entscheiden die Menschen sich oftmals für die besser dotierten Angebote.

Welche Herausforderungen sehen Sie in nächster Zeit noch auf sich zukommen?
Auch das Thema Energiepreisentwicklung beschäftigt uns intensiv. Hier gab und gibt es eklatante Preissteigerungen. Die Transformation zur Nachhaltigkeit sorgt für steigende Energiepreise. Der Standort Deutschland wird immer herausfordernder für energieintensive Produktionsunternehmen. Wenn das so weitergeht, sind wir international irgendwann nicht mehr wettbewerbsfähig. Schon heute sind unsere Stromkosten in Deutschland doppelt so hoch wie in Frankreich. Aufgrund des Personalmangels haben wir in Deutschland mittlerweile viele Prozesse automatisiert. Die hohen Energiepreise fressen hier einen relevanten Teil der Rationalisierungseffekte wieder auf.

Und dann noch die Situation auf den Rohstoffmärkten …
Die Preisentwicklung von Rohmaterialien wie Kunststoff, Metall, Holz oder Papier trifft aktuell alle Unternehmen, ist getrieben von einer nach wie vor hohen Nachfrage, und ein durch angeschlagene Wertschöpfungsketten limitiertes Angebot. Die notwendigen Preiserhöhungen konnten nur versetzt, oft nicht in vollem Umfang an den Handel weitergegeben werden. Bei Märklin spielt der Preis der Rohmaterialien durch die vielen händischen Arbeitsschritte relativ gesehen eine kleinere Rolle, bei anderen Firmen wie BIG oder Smoby machen die Rohmaterialien bei einer automatisierten Produktion nicht selten mehr als 60 Prozent der Herstellungskosten aus.

Aber zumindest haben Sie bei vielen Marken der Simba Dickie Group ja keine Seefrachten, die erheblich angezogen und sich um das mehrfache verteuert haben …
Das ist grundsätzlich richtig und ich bin sehr froh, dass wir hier weltweit diversifiziert aufgestellt sind. Leider sind aber auch die Frachtkosten innerhalb Europas massiv angestiegen. Den Speditionen fehlen Fahrer. Die Kosten für Benzin und Diesel steigen fast täglich. Dadurch haben auch hier die Preise um 20 bis 25 Prozent angezogen.

Kommen wir zurück zu Märklin. Als Sie 2013 die Marke übernommen haben, sah die Welt ja noch anders aus. War sie heiler?
Die Welt ja, die Märklinwelt eher nicht. Umsatzseitig ging es für uns nach der Übernahme erst mal bergab, das hat mich schon beunruhigt. Es gab einfach zu viele hausgemachte Probleme. Wir hatten eine große Rückverlagerung aus Fernost zu stemmen, einige Qualitätsprobleme, mussten auf rabattgetriebene Umsätze verzichten, der Handel war sauer und hatte viel Vertrauen verloren, das Marketing war angestaubt und der Service ausgelagert. Insgesamt kein schöner Start mit vielen Baustellen. Also haben sich Wolfrad Bächle und unser Management für jedes Jahr bestimmte Bereiche vorgenommen, die wir beackert und neu aufgestellt haben. So haben wir nach und nach alle Rädchen neu ausgerichtet und die Basis für den heutigen Erfolg gelegt.

Können Sie uns einen Überblick über die größten Herausforderungen geben, die Sie gemeistert haben?
Die Produktions-Rückverlagerung von LGB, Spur Z und Minitrix war wohl die größte Herausforderung. Wir haben hierfür viel in Maschinen und Automation investiert. In Györ haben wir eine neue Werkshalle gebaut, den Neuheitenprozess beschleunigt und letztendlich auch die Produktpolitik auf den Prüfstand gestellt.

Inwiefern?
Als wir Märklin übernommen haben, war ein Teil der Modellbahngemeinde sehr unzufrieden. Die Modelle waren zu klobig, hatten zu wenig Details. Wir haben neue Maschinen angeschafft, neue Werkzeuge und Formen gemacht und die Modelle überholt. Der Prozess ist natürlich rollierend und wird von Jahr zu Jahr sichtbarer. Mittlerweile werden diese Anstrengungen von der gesamten Modellbahngemeinde honoriert. Insbesondere im Zweileiter-Markt, in dem wir mit der Marke Trix tätig sind, kommen die neuen Modelle extrem gut an. Aber auch der Märklinist, der uns durch viele schwierige Jahre treu geblieben ist, freut sich über die vielen Details und Besonderheiten.

Ist die Märklin-Modellbahn auch innovativer geworden und in welchen Bereichen?
Bei der Modellbahn teilt sich die Gemeinde in Zweileiter- und Dreileiter-Gleissysteme. Es gibt sicher Ausnahmen, aber die Zweileiter-Fans legen einen größeren Wert auf Vorbildtreue und Filigranität. Wobei auch die unterschiedlichen Maßstäbe andere Anforderungen mit sich bringen. Nachdem wir eigene Decoder entwickelt haben, wurde auch die Elektronik viel näher ans Vorbild gebracht. Speziell den Sound und das Fahrverhalten konnten wir so wirklichkeitsgetreuer nachbilden. Der Beschleunigungs- und Bremsprozess muss zudem nahe an der Wirklichkeit sein, aber auch der Dampfausstoß oder das Quietschen beim Bremsen.

Sie haben sich also mehr nach den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden ausgerichtet?
Ja. Hinsichtlich der Modellauswahl haben wir darauf geachtet, was gewünscht und gesucht wird. Auch bei der Stückzahlenplanung haben wir völlig neu kalkuliert. Wir haben Modelle trotz fehlender Nachfrage nicht einfach weiterproduziert. Es ist absolut fatal, wenn ein Sammlermodell, weil die Nachfrage fehlt, mit Rabatten verkauft werden muss. Bis wir das alles im Griff hatten, hat es eine Zeit lang gedauert.

Wie hat sich der Handel verhalten?
In den Jahren vor der Übernahme ist ein großer Vertrauensverlust entstanden. Viel zu hohe Konditionen für einzelne Händler haben dafür gesorgt, dass sich einige Handelspartner von Märklin abgewandt haben.
Also haben wir auch den Vertrieb neu ausgerichtet und kleinere Händler ebenso fair behandelt wie die großen Player. Bis solche Veränderungen greifen, dauert es schon eine Weile. Das war eine echte Durststrecke.
Es gab ja auch viele Reklamationen damals ….
Ja, die Anzahl an Reklamationen war um ein Vielfaches höher als heute. Und damals haben auch die Durchlaufzeiten für Reparaturen noch ewig gedauert. Teilweise drei Monate. Heute reparieren wir im Schnitt in zwei bis drei Wochen. Wir haben die Service-Hotline ins eigene Haus zurückgeholt und personell verstärkt. Wir müssen auf die Situation reagieren, dass es immer weniger Händler gibt und sich die Kunden immer mehr direkt an uns wenden. Heute kommunizieren wir auf allen Kanälen mit unseren Fans und Kunden. Wir haben tolle Erklärvideos eingestellt. Gerade während der Pandemie hatten wir da einen enormen Zuspruch. Man kann sich auf YouTube in 15 Sequenzen anschauen, wie man eine H0-Anlage neu baut. 2021 haben wir das auch für eine LGB-Anlage entwickelt, denn die Gartenbahn hat in der Pandemie unglaublich viele Fans (zurück)gewonnen.

Hat Corona der Modellbahn generell einen Boom beschert?
Wir hatten schon vor Corona einen positiven Trend. Die Anzahl der Clubmitglieder hat sich erhöht, der Altersdurchschnitt hat sich verjüngt. Wir liegen heute im Schnitt bei um die 51 Jahre. In der Pandemie ist das Hobby vor allem in den Familien gut angekommen. Und ich bin optimistisch, dass diese Entwicklung anhält. Denn die Modellbahn ist ja kein Hobby, was man schnell beginnt und schnell wieder ad acta legt. Meistens bleiben die Fans diesem Hobby treu. Diesen Rückenwind wollen wir mitnehmen und investieren weiter kräftig.

Was tut Märklin, um den Einstieg ins Hobby für Neukunden einfach zu machen?
Wie schon erwähnt, kommunizieren wir über Social Media, stellen Erklärvideos ein, aber wir versuchen natürlich auch, mit intuitiver Technik den Einstieg leichter zu machen. Mit unseren Steuergeräten, zum Beispiel der Central Station, muss man im Prinzip die Lok nur noch aufs Gleis stellen und sie meldet sich inklusive Namen, Bild und allen Funktionen automatisch an.

Werden die Preiserhöhungen, die Sie ansetzen müssen, diese positive Entwicklung kolportieren, was meinen Sie?
Das kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Aber ich habe schon Sorge, dass die Nachfrage leiden könnte. Zumindest im höherpreisigen Bereich. Daher versuchen wir, die Erhöhungen, soweit es geht, zu minimieren und an anderer Stelle wettzumachen. Ganz wird es uns aber nicht gelingen.

Wie kalkulieren Sie denn derzeit?
Wir haben immer um den April/Mai herum die Preise angepasst, in den letzten Jahren zwischen null und zwei Prozent. In diesem Jahr werden wir aufgrund der Rahmenbedingungen leider um vier bis fünf Prozent erhöhen müssen.

Bei den Kindern wird ja zuletzt gespart, sagt man …
Ja, das stimmt zu einem gewissen Grad. Im Kindersegment hatten wir mit Märklin my world letztes Jahr aber leider andere Probleme. Nachdem wir Ende 2020 unseren Produktionspartner gewechselt hatten, taten wir uns in 2021 extrem schwer, mit dem neuen Lieferanten in die Gänge zu kommen. Engpässe beim Rohmaterial, Chipmangel und Reiseeinschränkungen haben dazu geführt, dass wir kaum neue Ware erhalten haben. Daher sind die Umsätze im letzten Jahr auch deutlich gesunken. Wir sind aktuell dran, die letzten Probleme in den Griff zu bekommen, um hoffentlich bald wieder lieferfähig zu sein.
Märklin Start Up produzieren wir selbst, weil es aufgebaut ist wie das Profi-System. Hier hatten wir auch im letzten Jahr eine positive Entwicklung und konnten es als Einstiegssortiment in die Modellbahn weiter festigen.


Andreas Stransky, Key Account Manager bei Märklin

Die Modelleisenbahn hat immer „Zug“-Kraft …
… vor allem, aber nicht nur, zur Weihnachtszeit. Wer auch unterjährig die Bahn in seinem Geschäft „inszeniert“, wird über deren „Zug“Kraft staunen …

Schluss mit dem Regalmeter-Denken …
… um den Platz balgen sich doch schon die großen Spielwarenmarken. Wer Kunden auf sich aufmerksam machen will, sollte sich ihnen in den Weg stellen. Die Modelleisenbahn gehört auf Aktionsflächen!

Der PoS ist ein riesiger Spielplatz …
… den die emotionalen Märklin Endkundenkampagnen beleben.
Auch Spielwarenhändler, die bisher nichts mit Modellbahnen
zu tun haben wollten, können partizipieren, denn Märklin bestückt kompakte Verkaufsdisplays mit verschiedenen Spielzeugeisenbahnen für Kinder ab drei und ab sechs Jahren.

Raum ist in der kleinsten Vitrine …
… seit Märklin vor 50 Jahren mit der Spur Z die kleinste funktions-fähige Modelleisenbahn ins Leben gerufen hat. Eine Lokomotive im Maßstab 1:220 ist circa fünf Zentimeter lang und findet in einer Glühbirne Platz. Wagen haben die Größe einer 2-Euro Münze.

Andreas Stransky, Key Account Manager bei Märklin


Ulf Bovensmann, Zielgruppenmanager Märklin Kindermarken

Wir haben in den letzten Jahren die Marke Märklin mit unseren Kindermarken Märklin my world und Märklin Start up verjüngt und als Familienhobby etabliert. In diesem Kontext müssen wir unsere Kampagnen zielgenau platzieren. Das geht nur mit guter Vorbereitung. Wir setzen Marktforschung ein und Instrumentarien wie Social Media, Facebook, Instagram, TikTok, aber auch Blogger. Wir bewegen uns im Kids-Markt und dem Bereich junger Familien in einem hochdynamischen Umfeld mit unterschiedlichen Kaufentscheidern, Eltern, Schenkenden und Kindern. Mit Märklin my world adressieren wir kleine Kinder und ihre Eltern, bei Start up treffen die Kids Kaufentscheidungen bereits allein oder wissen genau, was sie möchten. Wir definieren, welche Käufergruppe wir anvisieren und welche Kanäle diese nutzt. Um hier treffsicher zu sein, müssen wir uns das Umfeld anschauen, denn kein Kind ist wie das andere. Wir müssen Vorlieben kennen und die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen definieren, dabei hilft uns Marktforschung. Nach Berücksichtigung aller Kriterien gilt es, das Budget effizient einzusetzen. Bei uns wachsen die Bäume nicht in den Himmel, wir müssen gut planen, um kein Geld zu verschwenden. Ich halte einen guten Marketing-Mix innerhalb einer 360-Grad-Kampagne für geeignet. Kein Gießkannenprinzip, das nur Zufallstreffer generiert. Wir agieren in einem komplexen Wettbewerbsumfeld, auch mit anderen Branchen, also muss genau hingeschaut werden, wo und womit wir uns abheben können, um der Marke Märklin gerecht zu werden.

Ulf Bovensmann, Zielgruppenmanager Märklin Kindermarken


3 Fragen an …

Jörg Iske, Leitung Marketing Märklin

Herr Iske, eine Traditionsmarke wie Märklin immer wieder neu aufzuladen ist nicht einfach. Wo setzen Sie an?
Märklin hat viele Gesichter, spricht verschiedene Zielgruppen an. Wir sind Spielware, Anbieter von Systemspielzeug und Modellbahnspezialist. Natürlich ist der Dialog mit unseren Zielgruppen dementsprechend unterschiedlich. Wir nutzen seit 2017 den Slogan „Märklin verbindet Generationen“. Erwachsene haben schöne Kindheitserinnerungen und freuen sich, wenn sie dieses Hobby mit eigenen Kindern teilen können. Kinder genießen es, wenn Eltern und Großeltern Zeit mit ihnen verbringen.

Jörg Iske, Leitung Marketing Märklin

„Märklin Produkte sind keine Ex-und- hopp-Artikel“

Können Sie kurz umreißen, wie die Positionierung und die Zielansprache bei den einzelnen Bereichen ausgerichtet sind?
Mit Märklin my world sind wir ganz klar beim Spielzeug. Durch die Kompatibilität zu Majorette erhöhen wir den Spielspaß. Beworben wird im TV, die Eltern erreichen wir auch in sozialen Kanälen wie Facebook, Instagram oder punktuell auch TikTok.
Mit Märklin Start up sind wir noch näher an der Wirklichkeit. Ein ICE sieht aus wie ein ICE. Um diese Zielgruppe zu erreichen, sind wir in Social Media unterwegs. Beide Kinderlinien laden wir mit zugkräftigen Lizenzthemen auf. Bei Märklin Start up haben wir vor eineinhalb Jahren einen kompletten Relaunch der Verpackungen und des Katalogauftrittes vollzogen. Wir sind von einem eher cleanen Design auf ein emotionaleres gewechselt, in dem unsere Hausfarbe Rot dominiert. Icons erklären die Inhalte, das Konzept ist vom Look her auf die Zielgruppe ausgerichtet und über Marktforschung mit dieser abgestimmt.
Die Profi-Bahn ist digital und gespeist von der Märklin eigenen Innovationskraft. Der Glanz der einstigen „Must-have Brand“ ist deutlich zu spüren, obschon wir uns heute in einem deutlich schwierigeren Umfeld bewegen. Wir müssen uns differenzierter positionieren und arbeiten eng mit der Märklin Händler Initiative (MHI) zusammen. Große Weihnachts-Werbekampagnen helfen uns, Neukunden zu generieren.

Gelegentlich wird Märklin als „teuer“ bezeichnet. Ist das ein K.o.-Kriterium bei einer solch starken Marke?
In einigen unreflektierten Kommentaren in den sozialen Medien werden unsere Produkte pauschal als teuer bezeichnet. Das muss man differenziert betrachten. Bei unseren Einsteigerlinien wie my world und Start up besetzen wir auch untere Preispunkte. My world-Startpackungen starten bei 69 Euro, die von Start up bei 129 Euro.
Und selbst der Einstieg in die digitale Modellbahnwelt mit einer Startpackung mit Gleiskreis, Lok, mehreren Wagen und einem digitalen Steuergerät ist im Rahmen unserer Weihnachtskampagnen mit einem Preis von 199 Euro möglich.
Betrachtet man die Qualität, den Spielwert und die Tatsache, dass es sich um ein erweiterbares und „mitwachsendes“ Systemspielzeug handelt, sind diese Preispunkte angemessen. Im Übrigen: Nachhaltiger kann ein Spielzeug kaum sein. Wir sprechen nicht von Ex-und-hopp-Artikeln, sondern von einem Produkt, das weitervererbt wird.
Im Profi-Bereich haben wir natürlich andere Größenordnungen. Da liegen wir schon einmal bei 300 bis 500 Euro für ein detailreiches Modell. Das sind Wertgegenstände, die in der Vitrine und auf dem Gleis eine gute Figur machen. Produkte, die ein Sammlerherz höher schlagen lassen und die in vielen Bereichen noch in Handarbeit gefertigt wurden. Unsere Devise ist, dass das Hobby für jeden Geldbeutel etwas bietet und dass es für alle leistbar ist und bleibt. Das Thema Preis ist von vielen Seiten zu betrachten.


Gunther Schneider, Leiter Vertrieb Deutschland und
After Sales Service Märklin

Die Modellbahn erlebt eine echte Renaissance. Märklin unterstützt als Marktführer den Handel sowohl bei der Neukundenwerbung als auch mit attraktiven Kundenbindungsprogrammen. Als Marke, die Generationen verbindet, führen wir drei Sortimente in der Baugröße H0 im Maßstab 1:87, die nahezu alle Altersgruppen adressieren: my world richtet sich an Drei- bis Sechsjährige, Start up an Sechs- bis Zwölfjährige und das Vollsortiment an ambitionierte Modellbahner. Händler können wählen, wie „tief“ sie in das Thema Modellbahn einsteigen möchten. Gut beraten durch unsere Vertriebsbeauftragten. Für die Platzierung auf der Großfläche bietet Märklin SB-fähige Verpackungskonzepte an. Die mehrdimensionale Verkaufsunterstützung für den Handel integriert sowohl On- und als auch Offline-Maßnahmen.
Bei den von uns angebotenen Informationstagen berät ein Mär­klin-Mitarbeiter beim Händler vor Ort. Der Händler kann Kunden einladen und positioniert sich als Modellbahn-Spezialist. Wer digital-affin ist, kann die Märklin B2B-Plattform nutzen, ein Händler-Auftrags-Portal zur Bestellplatzierung, unter anderem für die Rückstands- sowie Rechnungsabfrage. Wer Sonderleistungen generieren möchte, sollte sich der MHI (Märklin Händler Initiative) anschließen. Wir haben circa 700 Mitglieder und statten diese mit umfangreichen Werbekampagnen, einer eigenen Produktwelt und einem speziellen Rückvergütungssystem aus. Die MHI ist organisiert wie ein Verband, die Mitglieder haben ein eigenes Werbekostenbudget, geben Verbandsartikel in Auftrag und erhalten aktive Unterstützung. Auf Wunsch stellen wir für diese Händler eine eigene, komplett gestaltete Homepage zur Verfügung.
Für Verkaufsförderungsmaßnahmen wird von unserer Marketingabteilung regelmäßig Content zugespielt. Unsere Neukundenkampagnen an Weihnachten führen dem Handel zur abverkaufsstarken Jahreszeit Kunden zu. Das Kundenbindungsinstrument par excellence ist sicherlich unser Märklin Insider-Club mit seinem umfangreichen Angebot und eigenen, limitierten Produkten. Die Abwicklung und damit Wertschöpfung erfolgt über und für den Handelspartner. Wir arbeiten im Übrigen mit allen wichtigen Verbänden wie idee+spiel, Vedes und duo schreib & spiel zusammen. Über diese Verbände besteht eine Abrechnungsmöglichkeit.

Gunther Schneider, Leiter Vertrieb Deutschland und After Sales Service Märklin


Themenwelt Hafenlogistik my world
Startpackung ICE von my world

3 Fragen an …

Nadine Sindlinger-Neufer, Produktmanagement

Frau Sindlinger-Neufer, wie begeistern Sie mit den Märklin Kindermarken die Kinder?
Zunächst ist es wichtig, Kinder so früh wie möglich für die Modelleisenbahn, respektive für die Marke Märklin zu begeistern. Das geschieht zunächst spielerisch, aber auch da versuchen wir, nahe am Original zu sein. Um dem „Märklin-Charakter“ bei my world treu zu bleiben, nutzen wir beispielsweise originalgetreue Sounds, oder wir haben zum Beispiel einen Dampfzerstäuber eingebaut, der realitätsnah den Dampf der Lok erscheinen lässt. Dazu sind die my world Produkte haptisch und optisch kindgerecht, weil rund und „verspielt“ in der Anmutung.

Nadine Sindlinger-Neufer, Produktmanagement

„Märklin schlägt spielerisch die Brücke zur Modelleisenbahn“

Bei Start up schlagen wir die Brücke zur „richtigen Modellbahn“. Das System ist voll kompatibel mit der Märklin Profi-Bahn. Alle Lokomotiven haben bereits einen Digitaldecoder verbaut, ein originalgetreuer Sound und die Stromaufnahme über das Gleis begeistert Kinder ab sechs Jahren, die schon deutlich technikaffiner sind.

Themenwelt Landwirtschaft von my world
Themenwelt Hafenlogistik von Start up
Startpackung Jim Knopf von Start up

Wie sprechen Sie Kinder in der jeweiligen Altersgruppe an?
Bei my world ist der Spielwert das A und O, nicht die Maßstabstreue. Wir sind hier im Preschool-Bereich, setzen auf Themen, die Kinder aus ihrem Alltag kennen und lieben, wie Baustelle oder Bauernhof. Wir wählen Lizenzthemen, die Kinder abholen und begeistern, dies können auch Themen sein, in denen beispielsweise Eisenbahnen eine Rolle spielen. Vor allem im Kleinkindbereich gibt es da vieles. Aber wir setzen auch auf viele unterschiedliche Spielfunktionen, die alterstypisch gefragt sind. Die Spielfunktionen sind überwiegend mechanischer Natur. Wir nehmen Rücksicht auf die kindliche Motorik und verbauen wenig Kleinteile. Die Bahn wird aufs Gleis gesetzt und los geht’s. Wichtig sind die Haptik, aber auch Light & Sound-Module. Kindern gefällt es, wenn es blinkt und tutet. Bei Start up spielen Helden des Alltags, aber auch Superhelden wie Batman die Hauptrolle. Der hohe Spielwert kommt bei Start up deutlich zum Tragen, aber auch die in diesem Alter wichtigen Rollenspiele.

Welche Skills fassen Sie ins Auge, um weiter erfolgreich zu sein?
Wir haben mit der Eisenbahn ein „traditionelles Produkt“, einen Klassiker im Kinderzimmer, den wir in die jeweilige Zeit „übersetzen“ müssen. Früher war es ausreichend, wenn die Bahn im Kreis fuhr, heute steht die Modelleisenbahn bei Kindern im Wettbewerb zu anderen, augenscheinlich cooleren Produkten, aber auch zu den digitalen Medien. Da müssen wir mithalten. Wir müssen unsere technische Erfahrung und unser Know-how ausspielen und mindestens ebenso innovativ sein wie bei der Profi-Bahn. Wir arbeiten an vielen Ideen, wollen die Eisenbahn für mehrere Kinder bespielbar machen, wollen den Wettbewerbsgedanken aufnehmen wie bei der Autorennbahn und wir denken darüber nach, Aufgaben in das Spiel mit der Modellbahn zu integrieren, wie beispielsweise bei Gesellschaftsspielen. Wenn uns das gelingt, können wir die Lücke, die entsteht, wenn Kinder aus dem Hobby aussteigen, verkleinern. Meist ist dies mit Eintritt der Pubertät der Fall. Und die Erwachsenen, die jungen Väter oder auch Großväter steigen eher wieder ein, weil sie in der Familie das Mehrgenerationenhobby pflegen wollen oder sich gerne an die eigene Kindheit und das Spiel mit der Modellbahn erinnern.