Sprechen Sie Gender?

31. August 2022, 16:01

Diskriminierungsfreie Sprache ist in aller Munde – nur anders, als es sich ihre Pionierinnen dies wünschen. Die Debatte tobt, weil viele noch das Ob beschäftigt und das Wie häufig vertrackt ist. Fakt ist: Unsere Branche muss sich dem Thema stellen, denn wenn jemand Geschlechterparität auch in der Sprache einfordert, dann sind das die jungen Frauen! Im nachfolgenden Beitrag schlägt Ulrica Griffiths, Expertin für Kommunikation mit der Zielgruppe Familie, eine Schneise durch den Sprachdschungel.

Das Verrückte an der Sache ist, dass gleich jemand rufen könnte: „Halt, Thema verfehlt! Spul zurück und fang nochmal an!“ Denn beim Gendern geht es nicht nur um die faire Repräsentation von Frauen, sondern um alle Geschlechter, um Transmenschen, nichtbinäre Personen und so weiter. Auch Männer können in einem Land, in dem jeder Mensch seine geschlechtliche Identität frei wählen darf, Kinder kriegen. Und damit ist das Thema für Babyausstatter noch ein wenig komplexer als vermutet.

Ist das denn so wichtig?

Hier hilft eine aktuelle Studie des Markt- und Medienforschungsinstituts Rheingold, das die für uns relevante Generation der 14- bis 35-Jährigen befragt hat. Sie besagt, dass eine knappe Mehrheit der Teilnehmenden das neue Schreiben und Sprechen ablehnt. Je gebildeter sie sind, desto höher ist jedoch die Akzeptanz. Elf Prozent, besonders Frauen, sind sogar für konsequentes Gendern in allen Lebenslagen. Und genaueres Nachfragen ergab: Wer von etwas genervt ist, macht es durchaus trotzdem – ganz einfach, weil es sinnvoll ist. Wer hadert nicht auch manchmal mit dem Recycling oder einem Tempolimit?

Vor allem im Jobkontext gehöre Gendern mittlerweile „zum guten Ton“, so die Studie. Bei Stellenanzeigen ist es ohnehin qua Gesetz verpflichtend, zusätzlich ist es ein Muss in der Unternehmenskommunikation und im Employer Branding. Wer möchte, kann sich also erst einmal in diesen Bereichen vorwagen. Aber die jungen Leute erwarten, dass dies natürlich und locker passiert. Marken sollten bitte nicht damit werben, dass sie gendern, oder provokant mit Klischees spielen.

Die Autorin Ulrica Griffiths hat sich mit ihrer Social-Media- und PR-Agentur Griffiths Consulting branchenübergreifend auf die Zielgruppe Familie spezialisiert. Ihr Team ist sowohl für nationale als auch für internationale Unternehmen, für Start-ups ebenso wie für etablierte Marken tätig. Mithilfe weltweiter Partner kann Griffiths Consulting auch internationale Kampagnen umsetzen. Als Mittlerin zwischen Marken und Medien folgt die Agentur den gemeinsamen Gender-Richtlinien der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen oder richtet sich nach dem Sprachgebrauch der Auftraggeber.

griffiths-consulting.de

Gängige Varianten geschlechtergerechter Sprache

Die Gerechtigkeit, die wir meinen

Eine grundlegende Entscheidung müssen Unternehmen treffen: Wollen sie Männer und Frauen ansprechen oder alle Geschlechtsidentitäten? Die Antwort beeinflusst, welche sprachlichen Lösungen zur Wahl stehen, denn nicht jede Formulierung schließt Diverse mit ein. Auch der Wunsch, Texte barrierefrei oder besonders leicht verständlich zu machen, beeinflusst die Umsetzung. Deshalb sind geschlechtsneutrale Alternativen für das generische Maskulinum, wie „Feuerwehrleute“ für „Feuerwehrmänner“ oder „alle, die teilgenommen haben“ für „Teilnehmer“, dem Sternchen und Co. vorzuziehen. Leider können sie schnell ungenau, abstrakt und unpersönlich wirken. Viele gute Tipps gibt es dazu auf der Website geschicktgendern.de, sogar ein Lexikon kniffliger Fälle. Aber Vorsicht! Alle können dort Lösungen vorschlagen.

Bilder sagen mehr als tausend Worte

Nicht nur mit Worten sprechen wir. Auch Bilder, Redeanteile, Geschichten und nicht zuletzt die Produkte müssen mit der Botschaft des Textes mithalten und Vielfalt vermitteln: Vermeidet das Unternehmen Rollenklischees, zum Beispiel „Männer und Technik“, „Arzt und Krankenschwester“ oder „schwatzhafte Frauen“? Kommen alle zu Wort? Sind vielfältige Familienformen oder Hautfarben repräsentiert? Welche Fachleute dürfen sich äußern?


Erfolgsfaktoren der Einführung

  • Einen Bezug zu den Unternehmenswerten aufzeigen
  • Einführung als Change-Prozess aufsetzen
  • Anleitung geben, unter anderem auch zu: Wer hilft mir?
    Was mache ich bei Gegenwind?
  • Interne Allianzen schmieden, zum Beispiel zu verschiedenen Abteilungen und Ebenen, Betriebsrat
  • An Schnittstellen denken (IT-Systeme, externe Partner)
  • Die Bedürfnisse bestimmter Aufgabenbereiche berücksichtigen,
    wie beispielsweise PR, Personal, SEO, Kundendienst
  • Kreativität und Sensibilität gehen vor Perfektion!

Fazit

Auch wenn gendersensible Sprache aktuell stark bewegt und polarisiert, ist davon auszugehen, dass sie bald zum guten Ton gehört. Wie der neue Standard aussehen soll, wird gerade ausgehandelt. Der jungen Generation ist jedoch in erster Linie wichtig, dass sich überhaupt etwas bewegt. Deshalb ist der einzige Fehler, den Unternehmen heute machen können, der, gar nichts zu tun. Vorreiter*innen gibt es übrigens in unserer Branche schon, zum Beispiel die Firma Lässig. Die haben einfach ohne viel Aufhebens angefangen – lässig eben.