Spielen ist ein Wert an sich
Die Unternehmen der Spielwarenbranche und ihre vielfältigen Produkte sind nicht erst durch Corona ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Spiele, klassische Spielwaren, Kreativprodukte, technisches Spielzeug sind nicht nur „Entertainment“ für Kinder – freies Spielen sorgt für ihre gesunde Entwicklung. Was Spielzeug alles „kann“, weiß Susanne Braun, Senior Consultant im DVSI und zuständig für das Projekt „Das Element Spielen“.
Frau Braun, Spielen ist elementar wichtig, ist diese Botschaft in der Bevölkerung angekommen?
Nicht in der Breite, die wir uns wünschen. Es gibt Familien, die diesen Wert unterschätzen und ihren Kindern zu wenig Zeit für bewusst freies Spielen ermöglichen. Dort ist freies Spielen geradezu negativ behaftet, obwohl das Recht auf Spiel in der UN-Kinderrechtskonvention verankert ist. Dort heißt es in Artikel 31: „Kinder haben das Recht auf Ruhe und Freizeit, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.“ Wir fordern daher aktiv von der Familien- und Bildungspolitik, dass dieses emotionale Thema nicht vernachlässigt wird. Die Politik muss den Rahmen schaffen und so ihren Teil dazu beitragen, den Wert des Spielens in das Familienleben zu transportieren.
Sprechen wir da eher von finanziell gut gestellten Eltern?
Ich spreche von Eltern, die ihre Kinder nach Terminkalender erziehen. Als Beispiel: Nach der Schule oder KiTa zum Musikunterricht, dann zur Nachhilfe, dann ins Kinderballett und und und … Die Kinder sind vom Ehrgeiz der Eltern getrieben. Die Freizeitgestaltung der Kinder stellt eine Art Statussymbol dar. Ich bin selbst Mutter von zwei kleinen Kindern und beobachte verwundert, wie Eltern ihre Kinder vom freien Spielen abhalten. Lässt man Kinder durch Spielen ihre Welt entdecken, schafft man das beste Fundament für eine gesunde Kindheit.
Es wird also als weniger wertvoll erachtet, wenn ein Kind in sich versunken undefinierbare Kreationen schafft oder einfach seine Puppe bespielt, ein Auto hin und her schiebt?
Zumindest von dem Typ Eltern, der die Meinung vertritt, Kinder sollen sich „sinnvoll“ beschäftigen. „Spielzeit“ soll etwas bringen. Und genau diesen Typ Eltern wollen wir (neben Politik und Wirtschaft) ansprechen.
Wie Sie schon sagen, hat die Corona-Pandemie dazu geführt, dass das Eintauchen in Spielwelten wieder an jedem Tag stattfinden konnte. Ich denke, wenn der Wert des Spielens in den Köpfen aller Mamas und Papas präsent ist, dann kann der Baustein „Spielzeit“ auch bei wieder steigenden Freizeitangeboten nach der Pandemie ein fester Bestandteil im Alltag jedes Kindes bleiben. Genau hierfür hat der DVSI das Projekt „Das Element Spielen“ ins Leben gerufen. Wir wollen damit aufzeigen, was Spielen oder auch Spielzeug alles bewirken kann. Dieses Projekt ist eines der Instrumente, mit dem wir vom DVSI der Spielwarenbranche mehr Gehör, mehr Standing, mehr Akzeptanz und mehr Lobby auch auf politischer Ebene verschaffen.
Auf politischer Bühne haben Sie ja bereits einige Botschafter*innen des Spielens gewonnen …
Unsere Außenministerin Annalena Baerbock ist seit August 2020 Botschafterin des Spielens. Und wir hoffen natürlich, dass in der neuen Ampelregierung unsere Arbeit und unser Ansinnen auf offene, interessierte Ohren und letztendlich auf viel Unterstützung trifft.
Auf politischer Bühne haben Sie ja bereits einige Botschafter*innen des Spielens gewonnen …
Unsere Außenministerin Annalena Baerbock ist seit August 2020 Botschafterin des Spielens. Und wir hoffen natürlich, dass in der neuen Ampelregierung unsere Arbeit und unser Ansinnen auf offene, interessierte Ohren und letztendlich auf viel Unterstützung trifft.
Wie viele Botschafterinnen gibt es denn?
Das Amt der Botschafterinnen des Spielens gibt es seit 2014. Wir haben bis jetzt über hundert Botschafterinnen und Botschafter gewinnen können. Darüber hinaus gibt es den Weltspieltag, der ist am 28. Mai.
Was passiert denn so am Weltspieltag?
Der Weltspieltag ist ein internationaler Aktionstag und in Deutschland eine Initiative des Deutschen Kinderhilfswerkes e.V. Er soll an das Recht auf Spielen erinnern, die Bedeutung des Spiels für Kinder ins Bewusstsein rufen und mehr Akzeptanz für spielende Kinder fordern. Ich wünsche mir, dass dieser Tag bald wieder zum Beispiel um große Familienveranstaltungen erweitert wird, die idealerweise von Städten und Kommunen organisiert werden, um das Recht auf Spielen auch im städtischen Alltag erlebbar zu machen. Dort, wo der Raum für Spiel ohnehin etwas knapp geworden ist. Aber auch Herstellerinnen und engagierte Händlerinnen können und werden hier als wichtige Multiplikatoren auftreten.
Was sind Ihre Nahziele?
Das Element spielen benötigt den unabhängigen Sachverstand der Wissenschaft. Wir sind aktuell dabei, einen wissenschaftlichen Beirat, den DVSI Beirat Spielen zu formen, der beratende Funktion mit gewichtiger Stimme haben und eine zentrale Bedeutung für die Arbeit des DVSI besitzen wird. Dieses neue Gremium hat die Aufgabe, dem DVSI die neuesten Erkenntnisse dieses positiv besetzten Fachgebietes zu erschließen sowie neue Trends und Themen für unsere Programmarbeit zu identifizieren. So ist gewährleistet, dass diese in unserer Branche Berücksichtigung finden.