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Spiele – Spielerische Schwergewichte

31. Januar 2022, 11:29

Der Konsument, der sich für Spiele interessiert, hat sich verändert. In den vergangenen Jahren entwickelte sich das Brettspielen zu einem ernsthaften Hobby für Erwachsene. Kennerspiele oder gar Expertenspiele sind die Kategorisierungen, mit denen das Publikum gelockt wird. Hier sind Kinder oder auch Jugendliche oft außen vor.

Alle diese Spiele sind aufwändig gestaltet und bieten umfassende Regelwerke und eine Spielzeit, die leicht über zwei Stunden liegen kann. Dafür werden komplexe Erlebniswelten geboten, die bisweilen simulatorisch sind und den Zufall beim Spielgeschehen minimieren. Es wird fast echte Realität verspielt, noch dazu in Bereichen, die die Wirklichkeit nicht ermöglicht. Wer war denn beispielsweise schon einmal ein auf Tierwohl bedachter Zoo-Manager, ein Kathedralenbauer am russischen Zarenhof oder ein mittelalterlicher Barde im Gerangel um Anerkennung in Tavernen?

König aller Barden von Nikola R. Petrov bei Mirakulus,
Vertrieb: Corax, 3 bis 6 Spieler ab zehn Jahren

Musikanten sind in der Stadt. Das fahrende Volk spielt groß auf in den Tavernen. Alle Barden stehen in Konkurrenz. Sie brauchen Fans und eine Handvoll Obolusse. Nur dann wird man als König seiner Zunft gekürt. Mit Liedern, Tricks und besonderen Fähigkeiten versucht jeder sein Publikum zu finden. In Karten-Duellen wird die Konkurrenz aus der Kneipe vertrieben. Geschickte Abstimmung der verschiedenen Modifikatoren macht den Unterschied, so dass die virtuose Lilly auch schon Mal den kräftigen Kiro aussticht.
Witziger Sängerkrieg!

Mille Fiori von Reiner Knizia bei Schmidt,
2 bis 4 Spieler ab zehn Jahren

Im Glanz der Lagune. Buntes Glas wird hergestellt, gehandelt und verschifft. Dementsprechend sind es transparente Kunstglas-Rauten, die auf den Plan in verschiedene Bereiche platziert werden. Jede Sektion hat ihre eigenen Gesetze und Punktmöglichkeiten. Keiner der konkurrierenden Glasbläser kann in jedem Bereich die Nase vorn haben. Kartenmoderiert gilt es, in jedem Zug das Optimum zu erzielen. Entscheidend ist der Gewinn von Extrakarten, die sich zu Kettenzügen ausweiten können.
Mit Kalkül und etwas Glück!
Hinweis: Die Regel der Erstauflage ist fehlerhaft. Eine aktualisierte Version steht im Netz!

Unmatched – Kampf der Legenden von Rob Daviau bei iello,
Vertrieb: Huch!, 2 bis 4 Spieler ab neun Jahren

Die Arena ist eröffnet. Unterschiedliche Kämpen treten im Nah- wie Fernkampf gegeneinander an. Medusa, König Artus, Alice und Sindbad sind die Protagonisten. Alle haben ihre aus der Literatur bekannten Komparsen und besonderen Fähigkeiten. So kann beispielsweise Alice, und nur sie, ihre Größe ändern und für überraschende Effekte sorgen. Der Reiz liegt nicht in einem ausgeklügelten Kampfsystem, sondern in der Verschiedenheit der gegeneinander kämpfenden Legenden.
Völlig unrealistisch, deshalb reizvoll!

Arche Nova von Matthias Wigge bei Feuerland,
1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren

Tiere und viel mehr. Wer glaubt, dass es ausreicht, seinen Zoo mit dem Erwerb von exotischen Tieren zu füllen, der täuscht sich gewaltig. Gehege müssen artengerecht angelegt werden. Verbandsarbeit mit Partnerzoos oder Universitäten hilft dem Renommee. Sponsoren eröffnen Möglichkeiten, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Kein Zoo gleicht dem anderen, in keinem Spiel. Dafür sorgt das üppige Material. Ein eigentlich einfacher Spielrhythmus wird komplex durch die Vielzahl unterschiedlicher Karten.
Bombastisch!

Corrosion von Stefan Bauer bei Deep Print Games,
1 bis 4 Spieler ab zwölf Jahren

Rost nagt am Zahn der Zeit. Es gilt, ein funktionierendes, gewinnbringendes Räderwerk für die eigene produzierende Industrie aufzubauen. Da keiner allein den Markt beliefert und die Konkurrenz nach Reichtum strebt, sollte jeder seine Werkshallen stets optimieren und neue Güter entwickeln. Das macht atemlos. Hinzu kommt der Verfall. Mit der Zeit verrosten die Zahnräder und schon ist Sand im Getriebe. Ingenieure helfen. Deren Einsatz will gut abgestimmt sein, auch um sie den Mitbewerbern abzuwerben.
Schweißtreibend!

Witchstone von Reiner Knizia & Martino Chiacchiera bei Huch!,
2 bis 4 Spieler ab zwölf Jahren

Rituale am Hexenstein. Alljährlich gibt es das Stelldichein von Magierinnen und Zauberern am mystischen Ort, um energetische Kräfte zu sammeln. Die Konkurrenten brauen ihren Sud. Gemäß der gewürzten Zutaten werden mannigfaltige Eingriffe in die magische Welt ermöglicht. So werden beispielsweise das Pentagramm beschworen oder Energiesteine für eigenen Einfluss eingesetzt. A und O des Hexen-Einmaleins ist aber der geschickte Gebrauch von bestimmten Zutaten für den Kesseltrank.
Fortschreitende Bonushandlungen!

Watch von Daniel Newman bei PD Verlag,
1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren

Die dunkle Seite der industriellen Entwicklung. Neben der Produktion von Waren und deren Verkauf wird unter dem Deckmantel eines Uhrenwerkes illegal Munition hergestellt. Das verpflichtet die Spieler zu verschiedenen Rollen. Wegschauen, vertuschen, bespitzeln oder herumschnüffeln sind Optionen, die in dieser Gemengelage unterschiedliche Risiken bergen, aber auch zu individuellen Erfolgen führen. Vor allem geht es um Auslieferungskisten, von denen keiner so richtig weiß, was drinsteckt.
Gehörig konspirativ!

Die Rote Kathedrale von Sheila Santos & Israel Cendrero bei Kosmos,
1 bis 4 Spieler ab zwölf Jahren

Zar Iwan der Schreckliche befiehlt den Kathedralenbau. Um großen Ruhm bemüht sich jeder Baumeister. Dabei ist die Vorgehensweise vielschichtig. Neben den Baumaterialien braucht ein Prachtbau auch wertvolle Verzierungen. Und der Einfluss des Klerus kann nicht schaden. Auf einem neuartigen Würfelrondell erzwingt jeder seine Möglichkeiten. Die doppelte Punktleiste für Bau- und Ruhmespunkte erlaubt taktische Eingriffe in den Spielablauf, die gelernt werden müssen und dann genutzt werden wollen.
Interessant und neuartig!

alle Spiele wurden rezensiert von pen


Nachhaltigkeit bei Brett- und Kartenspielen

„Geiz ist geil!“ wird abgelöst durch Nachhaltigkeit. In allen Lebensbereichen rückt ein schonender Umgang mit Ressourcen immer mehr ins Bewusstsein. Nachhaltiges Konsumieren bestimmt stetig mehr das Käuferverhalten. Auch Hersteller von Brett- und Kartenspielen investieren zunehmend in Nachhaltigkeit.
Statt Kartenpacks oder Spielkartons mit Schrumpffolie zu verschweißen, gibt es Papierbanderolen oder Schutzhüllen aus Pappe, die das Blistern ersetzen. Statt herkömmlicher Kunststofffiguren gibt es zunehmend mehr zusammenfaltbare Figürchen aus Pappe, die im Vergleich zu Holz noch den Vorteil haben, schön illustriert zu sein. Vor allem wird auf Schachteleinsätze, erst recht auf Tiefziehteile aus Kunststoff, zunehmend verzichtet. Diese ersten Eindrücke deuten an, wohin die Reise geht. In zwei, drei Jahren wird sich diese Tendenz mit Macht durchgesetzt haben.
Allerdings sind Spiele mit einem ökologischen Fußabdruck etwas teurer. Das weiß und akzeptiert der Konsument aber. Denn: Portemonnaie schonender Geiz war gestern, Umwelt bewusste Haltung ist heute! (pen)