Spiele: Neuheitenflut in Essen
Messen sind immer ein Gradmesser für die Branche, sie spiegeln, wie es ihr geht. Wenn man die Fülle der vorangekündigten Spiele sieht, muss sich um die Brett- und Kartenspielszene allerdings wohl niemand Sorgen machen.
Bei moses. wird weiter auf die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Krimiautor Sebastian Fitzek gesetzt. In Underground gilt es, doppelt zu punkten. Zunächst muss ein Tür-Code ermittelt werden, danach die Flucht durch den Ausgang gelingen. Eine „tickende“ Sanduhr sorgt für Zeitdruck. Flucht ist auch das Thema von Forbidden Jungle bei Schmidt. In einem ungastlichen Setting machen Spinnenwesen den Abenteurern das Entkommen schwer. Diese müssen kooperieren und ihre individuellen Fähigkeiten nutzen, um aus dem verbotenen Wald zu fliehen. Media Aetas heißt Mittelalter und ist bei Board Game Box erschienen. In einem sehr eleganten Mechanismus bastelt jeder an seinem Lehen mit einer erfolgversprechenden Mischung unterschiedlicher Liegenschaften. Das Material unterstützt den Lege-Mechanismus gut durchdacht. Intarsia von Pegasus spricht Ästheten an. Mit Holzelementen werden gefällige Muster gepuzzelt. Dabei kommt es auf ein geschicktes Kartenmanagement an, weil gelegte Werte teilweise auch wieder „zurückfließen“. Beides in Kombination macht dieses außergewöhnliche Spiel aus. Besonders ist auch Monkey Palace, entstanden aus einer Kooperation von Asmodee und Lego. Selbstverständlich wird auf das Bausystem mit den Lego Steinen wert gelegt. In jedem Spiel entsteht so ein anderer Palast, der zwar von den Spielern gemeinsam errichtet wird, aber so, dass sie untereinander im Wettbewerb stehen. Leichtere Kost bietet Umbrella bei Huch!. In einem farbenfrohen Legespiel werden aufgespannte Regenschirme in einem bunten Reigen kombiniert. Dabei wird nicht trivial aneinandergelegt, sondern gezielt und geordnet auf Punkte gespielt. Bei Moving Day von Piatnik ist nicht nur das ungewöhnliche Thema Umzug bemerkenswert, sondern auch, wie das geschieht. Tollpatschige Helfer, kraftlose Freunde, große wie kleine Umzugswagen legen dem Vorhaben Steine in den Weg. Das ist auch etwas zum Schmunzeln.
Gerade hat Kosmos mit Sky Team den „Spiel des Jahres“-Titel errungen, schon gibt es zwei neue Titel, die einiges versprechen. The Gang ist Pokern auf kooperative Art. Die Spieler versuchen gemeinsam Kombinationen wie „Pärchen“ oder „Full House“ zu arrangieren, um einen Highscore zu erzielen. Faraway ist so ungewöhnlich wie neuartig. Jeder Spieler plant seine Kartenstrecke, die er anschließend abschreitet, allerdings gegenläufig. Dabei müssen die Bedingungen zuvor ausgelegt sein. Dieser Kniff erfordert eine Lernphase, ist aber wegen seiner Einfachheit faszinierend. Auch eher etwas für Kartenspielfreunde ist 3 Chapters von Amigo. Hier werden drei gänzlich andere Kapitel nacheinander gespielt, die allerdings alle miteinander verwoben sind. Es beginnt mit einer Drafting-Runde, dann folgt das Stichspiel und schließlich werden die eigenen, ausgesuchten Märchencharaktere noch einmal untereinander in Bezug gesetzt. Es bedarf einer oder zwei Partien, um die Spielweise zu optimieren. Von 2F kommt mit Fischen ebenfalls ein Stichspiel. Auch hier sind einzelne Runden miteinander verquickt, denn die gewonnenen Karten werden für die nächste Kartenrunde erneut benötigt. Thematisch dreht sich das Ganze um Fische fischen. Kabaal von Corax ist Stichspiel und mehr. Gewonnene Stiche werden nicht einfach für die Endwertung zur Seite gelegt, sondern auf ein modulares Spielbrett einer mystischen Dämonenwelt übertragen, um dort eigene Figuren in Stellung zu bringen. Boreal von Game Factory ist ein Wettstreit für zwei Kontrahenten. Aus einem gemeinsamen Pool werden Landstriche erkundet und in die eigene Auslage gelegt. Jede Karte besitzt individuelle Vorteile aber nur im gut zusammenpassenden Verbund wird der Sieg errungen. Der Herr der Ringe – Duell um Mittelerde von Repos, Vertrieb Asmodee, fordert ebenfalls zwei Kontrahenten. Hierbei handelt es sich um eine Adaption und thematische Weiterentwicklung von 7 Wonders – Duel, das in Spielerkreisen als eines der besten Zweierspiele überhaupt gilt, weil raffinierte Mechanismen gut verzahnt ineinandergreifen und für überraschende Wendungen sorgen. Thematisch etwas angestaubt kommt Tauschrausch von Feuerland daher, denn es dreht sich um Briefmarkensammlungen. Der Mechanismus ist allerdings sehr modern. Der aktive Spieler teilt sein Angebot in zwei Teile, von denen er nur einen behalten wird. Das Geschick liegt in der Zusammenstellung der Offerten. Ebenfalls nicht ganz frisch wirkt das Märchenthema Bremer Stadtmusikanten von franjos. Inhaltlich geht es dabei um Set-Collection, was seinen ganz eigenen Reiz hat. Bei farblich gemischten Hintergründen müssen Esel, Hund, Katze und Hahn zusammengebracht werden.
Und schließlich gibt es auch neue Partyspiele. Bei Krakel Orakel vom frechverlag ist das Herzstück eine Chaos-Tafel mit einem Linienmuster, das keine Ordnung kennt. Auf dieser Grundlage müssen Begriffe eingezeichnet und erraten werden. Es geht darum, im Wirrwarr Struktur zu erkennen. Green Glass Door von moses. ist schlicht aber effektiv. Ein Spieler kennt eine Regel, die anderen legen Begriffe und der aktive Spieler informiert, ob sie passen oder nicht. Hier werden Thesen aufgestellt, die verifiziert oder falsifiziert werden müssen. Das induktive Vorgehen ist ungewöhnlich für ein Spiel. Bei Mieze Katze von Spielwiese, Vertrieb Huch!, wird es laut beim ständigen „Mietze Katze“-Ruf. Es gilt, im Team Aufgabenkarten abzuarbeiten, wobei immer nur die aktuelle sichtbar ist. An vorangegangene muss man sich erinnern. Miau.
(pen)