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Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 63: Kunst im Spiel

20. November 2025, 15:31

Ob Galeristen, Maler, Bildhauer, Bohemians, Mäzene, alle tummeln sich zur Zeit im Brettspiel. Das auf verschiedene Art und Weise. Aber stets stehen Kunst und Künstler im Mittelpunkt. Das ist recht facettenreich.


DAS GELBE HAUS: Diskussion zwischen Künstlern

DAS GELBE HAUS von mandoo games
(Vetrieb: Nice Game)

Verlag: mandoo games
Vetrieb: Nice Game
Autor: Geonil
Illustration: Edu Valls
Zielgruppe: streitbare Post-Impressionisten
Anzahl/Alter: 2 Spieler ab 8 Jahren
Art: interessantes Kartenlegen

Vincent Van Gogh und Paul Gaugin treffen sich im gelben Haus, der Heimstatt von Van Gogh, der sein Wohngebäude sonnenblumengelb angestrichen hat. Dort kommt es zum gedanklichen Wettstreit, ob nun Talent, Inspiration, Leidenschaft oder gar Geld die besseren Tugenden für den Erfolg eines Künstlers sind. Wem die Argumente ausgehen, der hat das Nachsehen im ewig währenden Disput der beiden Protagonisten.

Gespielt wird lediglich mit 28 Karten in vier Farben, jeweils sieben Mal. Das sind die Argumente der verschiedenen Eigenarten. Zwölf bekommt jeder auf die Hand und vier bleiben übrig. Im Wechsel werden Karten ausgespielt. Dabei darf jede Farbe nur einmal ausgespielt werden und die neue Farbe besser als die zuvor gelegte sein. Die Qualität einer Farbe kann man an einer kleinen Tabelle erkennen. Dort liegen Steine, die mit den Kartenfarben korrespondieren. Die neu gelegte Farbkarte muss in dieser Tabelle über der zuletzt gelegten Farbe stehen. Tut sie das nicht, was häufig der Fall ist, muss diese Farbe zuvor angefüttert werden. Dazu werden gleichfarbige Karten zusätzlich ausgelegt. Eine Beistandskarte als frei zu nehmender Joker kann jeder dabei nutzen. Schnell sind einem Spieler die Argumente/Karten ausgegangen, weil er nicht mehr legen kann. Dann beginnt der andere den nächsten Schlagabtausch mit einer beliebigen Karte. Das ist ein brauchbarer Vorteil, da sich der Spieler mit dem ersten Legen nicht an der Farbhierarchie orientieren muss. Wer nach mehreren Hin und Her keine Karten mehr hält, gewinnt eine erste Runde. Zwei oder drei Rundengewinne machen den Spielsieger aus.

Das Kartenlegen ist recht ungewöhnlich. Es gilt, die Möglichkeiten seiner Kartenhand gut abzuschätzen. Das braucht Erfahrung. Es ist nie schlecht, ein Gerangel zu gewinnen, weil der Spieler dann ohne Einschränkung vorspielen darf. Es ist auch gut, bisweilen eine Farbe ordentlich nach oben zu pushen, weil so viele Handkarten eingesetzt werden und es ist das Ziel, seine Hand leer zu spielen. Ein Königsweg zum Sieg ist nicht zu erkennen. Dass es sich bei dem Kartenlegen um eine Diskussion zwischen zwei Künstlern handeln soll, die Themen wie Inspiration oder Talent gegeneinander abwägen, ist natürlich kurios und thematisch eher abwegig. Trotzdem gefällt das Gesamtpaket. Spielgeschichte und Spielmechanismus sind recht neuartig.

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INK: mit Tinte spielen

INK von Final Score (Vetrieb: Asmodee)

Verlag: Final Score
Vetrieb: Asmodee
Autor: Kasper Lapp
Illustration: Chris Quilliams
Zielgruppe: malende Künstler
Anzahl/Alter: 1-4 Spieler ab 8 Jahren
Art: pfiffiges Kärtchenpuzzeln

Jeder „malt“ ein Gemälde aus zerfließender Tinte in verschiedenen Farben. Fünf stehen den Künstlern zur Verfügung. Es entstehen kleine und große Farbbereiche, die sich sehr unterschiedlich zueinander verhalten. Die Tintenkleckse zerfließen ineinander. Das sieht bisweilen etwas bizarr aus.

Es wird gepuzzelt. In der Tischmitte liegen sechs quadratische Kärtchen, bei denen sich jeder Spieler mit einem einfachen Nimm-Rhythmus bedienen darf. Die Plättchen zeigen drei bis vier Farbbereiche. Sie werden in eine eigene Auslage gelegt, so dass wenigstens einer der Farben fortgesetzt wird. Sollten mehrere Farbfelder passen, ist das von Vorteil. Je größer die Flächen anwachsen, desto punktträchtiger ist die Ausbeute. Es ist erlaubt, schon einen 3er-Bereich zu werten, gut sind aber größere Farbflächen. Wer punktet, setzt kleine Tintenfässchen auf die Fläche. Spieler, die ihre Auslage geschickt arrangieren, können eine Farbfläche später ein weiteres Mal werten, wenn wieder eine nötig große Farbfläche entstanden ist. Für größere Flächen gibt es Boni. Der Pool der eigenen 25 Tintenfässer muss aufgebraucht werden, um zu gewinnen. Dummerweise ist die Hälfte dieser Setzsteine an Farbvorgaben gebunden. Diese Einschränkung gilt es zu berücksichtigen.

Die Freiheiten sind groß. Da wird dann schonmal leicht übersehen, wie die eigene Auslage optimal gestaltet werden könnte. Das Jonglieren mit den Boni kann spielentscheidend sein, wenn beispielsweise außer der Reihe weitere Plättchen gezogen werden dürfen. Da es ein Wettlauf ist, wer zuerst alle seine Fässchen einsetzen konnte, ist es unabdingbar, die Konkurrenz im Blick zu behalten. Ihr können nützliche Legeplättchen aus der Tischmitte weggeschnappt werden. Das sollte jeder berücksichtigen. Die über 100 kleinen Tintenfässer sind natürlich eine Augenweide, mit der gerne gespielt wird. Das sanfte Zerfließen verschiedenfarbiger Tintenflächen, wie es das Cover suggeriert, wird beim Legespiel selbst durch ein eher strenges quadratisches Muster mit harten Farbübergängen ersetzt. Das ist zwar von der Spielmechanik nicht anders möglich, nimmt dem Ganzen aber die zumindest optisch spielerische Leichtigkeit.

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BOHEMIANS: auf der Suche nach Inspiration

BOHEMIANS von Portal Games (Vertrieb: Pegasus)

Verlag: Portal Games
Vertrieb: Pegasus
Autor: Jasper de Lange
Illustration: Hanna Kuik, u.a.
Zielgruppe: mittellose Maler, Musiker, Schreiberlinge
Anzahl/Alter: 1-4 Spieler ab 10 Jahren
Art: Karten-Puzzle und Deck-Building

Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Junge Frauen und Männer suchen Erfüllung und Lebensunterhalt in der Kunst. Sie geben sich dem Alltagsrhythmus hin, hoffen auf Inspiration, suchen Unterstützung bei Musen, merken aber auch, dass sie von brotloser Kunst nicht satt werden. Das kann depressiv machen. Trotzdem, jeder hofft auf Erfolge, wenn die eigenen Kunstwerke einen Käufer gefunden haben sollten.

Mit einem schmalen Startdeck beginnt jeder. Aus fünf Handkarten müssen vier in eine Reihe gepuzzelt werden, um so den Tag zu planen. Neben aussagekräftigen Texten sind Icons auf den Karten wichtig, die gut zusammengefügt werden müssen, um Inspirationspunkte zu erhalten. Mit diesen lassen sich weitere Karten, die bisweilen besser in die Tagesplanung passen, erwerben. Auch können Musen gewonnen oder gar die spielentscheidenden Erfolgskärtchen gekauft werden. Durch neue Karten wird das eigene Deck verbessert und die Inspirationsausbeute wächst sukzessive. Dummerweise ist das süße In-den-Tag-Hineinleben nicht ohne Folgen. Den Erhalt schwarzer Leidenskarten muss jeder akzeptieren, es sei denn, es werden im Tagesverlauf ein paar Stündchen für den Job als Straßenmusiker oder Barfrau eingeschoben. Dann hat man etwas Geld für das Lebensnotwendige, aber es bleibt weniger Zeit, Inspirationen zu sammeln. Ein Dilemma.

Eigentlich ist das Spiel von Runde zu Runde ein Sammeln neuer Inspirationspunkte und deren Tausch gegen neue, bessere Karten. Geschickt vorgegangen, wächst der eigene Erfolg. Richtig gelungen wird das Spielgeschehen durch aussagekräftige Kartengrafiken und deren Texte. Da entdecken sich die Künstler selbst neu, feiern das Leben und die Freiheit, kümmern sich dann auch mal um ihre Liebesangelegenheiten, suchen bei unterstützenden Musen oder einer Flasche Absinth Freiraum, den jeder Kreative immer benötigt. Manchmal bricht die revolutionäre Ader durch und man rebelliert gegen Autoritäten. Dann treten allerdings Süchte, Verschuldung und andere Existenzkrisen wie ein Albtraum aus dem Unbewussten hervor. Das schmälert ordentlich Selbstvertrauen. Dem kann entgegengewirkt werden. Das Leben als Bohemian ist ein Balanceakt. Das spielerisch und vor allem thematisch gute Gesamtkonzept hat allerdings einen bitteren Beigeschmack. Manche Begriffe der Regel sind bisweilen nicht eindeutig. Eine Spielkarte (Der Mond als Muse) ist völlig unverständlich und am gravierendsten: Es gibt keine Regelung, wenn die Leidenskarten aufgebraucht sind, was vorkommt. Hier müssen die Spieler selbst eine Lösung finden. Das darf nicht sein. Ich würde das Spiel richtig loben wollen, die handwerklichen Fehler verbieten das aber.

-pen


AVANT CARDE: auf Mäzene kommt es an

 
AVANT CARDE von resonym (Vetrieb: Huch!)

Verlag: resonym
Vetrieb: Huch!
Autoren: Mary Flanagan & Max Seidman
Illustration: Ishita Banerjee
Zielgruppe: Kunstsammler
Anzahl/Alter: 1-5 Spieler ab 8 Jahren
Art: Set-Collection und Deck-Building

Galeristen stellen Kunstwerke für eine Ausstellung zusammen. Je größer und wertvoller, desto bessere Anerkennungen stehen in Aussicht. Und, je umfassender die Prämie ist, desto höher ist das Preisgeld. Gerne besuchen Mäzene die Galerien und ermöglichen durch ihre Anwesenheit ordentlich Vorteil. Die will jeder nutzen. Mit gewonnenem Geld werden weitere Kunstwerke erworben, die sich bei zukünftigen Ausstellungen synergetisch in neue Bildergalerien einfügen könnten.

Mit einem schmalen Kartendeck, bestehend aus zehn Bildern, beginnt jeder. Sieben werden gezogen und damit eine erste Ausstellung organisiert. Die Karten müssen so in eine Reihe gelegt werden, dass sich gleiche Farben oder gleiche Zahlenwerte aneinanderfügen. Für jede ausgespielte Karte wird ein Kaufwert von 1 berechnet. Je höher die Summe, um so besser. Dafür dürfen vom Galerie-Markt neue Bilder erworben werden. Es ist die Kunst, sein Kartendeck so zu ergänzen, dass zukünftig lange Ausstellungsreihen arrangiert werden können. Die geschickte Nutzung der Kunstliebhaber erlaubt es z.B., Reihen zu verlängern und wertvoller zu machen. So schließt sich Runde an Runde, Ausstellung an Ausstellung und Auszeichnung an Auszeichnung. Wenn alle Trophäen vergeben sind, gewinnt der mit den meisten.

Das A und O des Spiels sind die kleinen Feinheiten, die jeder erkennen und für sich nutzen muss. Mal darf beim Markt eine Karte unter den Stapel geschoben werden, in der Hoffnung, dass eine farbgleiche zum eigenen Blatt oben erscheint. Mal sind es die Förderer-Karten, die im richtigen Zeitpunkt ordentlich Vorteil bringen. Die Mäzene korrespondieren mit den Kartenwerten der Galerie-Bilder. Da sollte jeder seine Möglichkeiten einer aktuellen Ausstellung kennen und klug nutzen. Das alles muss optimal gespielt werden. Für Abwechslung sorgen verschiedene Wohltäter, die in Folgepartien verwandt werden können und das Spiel anspruchsvoller gestalten. Unglücklicherweise ist die Spielregel nicht gut verfasst und bei einem Kartentext (Die Arrogante im zweiten Teil) gänzlich unverständlich. Das ist handwerklich ein grober Schnitzer. Als einfaches Deck-Building-Spiel mit schönem, passenden Thema ist das Spiel aber dann doch etwas Besonderes.

-pen


GALLERISTA: eine Eigenart Kunstwerken anpassen

GALLERISTA von arsEdition

Verlag: arsEdition
Autoren: Steffen Bogen & Bernd Stiegler
Illustration: Claus Stephan
Zielgruppe: Kunst-Galeristen mit Spürsinn
Anzahl/Alter: 3-7 Spieler ab 10 Jahren
Art: Match- und Ratespiel

Den Kunstsammlern stehen verschiedene Objekte zur Verfügung. Vor allem Bilder, aber auch Skulpturen, Fayencen und anderes. Die Darstellungen sind so verschieden wie nur denkbar und auch die Epochen und Stile kennen kaum Grenzen. Kurioserweise soll jeder eine ihm zugeloste Eigenart durch eines seiner Kunstwerke verdeutlichen. Die anderen müssen diesen Zusammenhang, also das Match, erkennen. Außerdem versucht jeder bei den anderen Galeristen passende Kombis zu identifizieren.

100 Abbildungen in Postkartengröße sind das Herzstück des Spiels. Jeder bekommt sieben zugeteilt. Dann gibt es noch Eigenschaftskärtchen, von denen jeder eines erhält. Dieses ist beidseitig bedruckt. Gleichzeitig spielen alle. Sie entscheiden sich für eine der Eigenarten auf ihrer Karte und ordnen dieser eines der eigenen Kunstwerke zu. Das passiert im Geheimen. Alles wird in einem Pool veröffentlicht. Eine zufällig gezogene Fake-Karte eines Hochstaplers, der nicht am Spiel teilnimmt, kommt noch dazu. Sie sorgt etwas für Verwirrung. Mittels Symbolkarten wird von jedem zugeordnet, welches Kunstwerk wohl zu welcher Eigenschaft passt. Übereinstimmungen werden mit Punkten belohnt.

Das Spielsystem ist nun wahrlich nicht neu. Das geheime Zuordnen zweier eher verschiedener Voraussetzungen, zumeist Bild- und Wortimpulse, und das Erkennen durch die anderen, wobei immer auch zur Verwirrung Fakes dazugehören, ist schon vielfach umgesetzt worden. Ganz aktuell hat „Krakel Orakel“ noch für Aufmerksamkeit beim „Spiel des Jahres“ gesorgt. Deshalb muss bei einem Neu-Versuch die Hardware stimmen. Die Karten mit den Kunstwerken sind ein Alleinstellungsmerkmal. Auch wenn nicht die ganz bekannten Künstler verewigt werden und die Drucke bisweilen etwas dunkel wirken, so ist der Zugriff auf nennenswerte Museen der Welt eine gute Grundlage. Die Eigenschaftskarten changieren von eher unverbindlich bis konkret witzig. Wie was zusammenpasst, ist dann die spielerische Aufgabe in diesem Galerie-Spiel. Spielerisch nichts Neues, das allerdings gut verpackt.

-pen