Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 60: Brandaktuelle Neuheiten
Gerade erst Mitte Juli hat eine Jury die Spiele des Jahres gekürt und damit den aktuellen Jahrgang beendet. Schon gibt es neu und frisch ganz aktuelle Titel als interessantes Spielefutter. Gleich vier, recht unterschiedliche Spiele, gehören nun zum neuen Jahrgang und nehmen am Rennen für das Spiel des Jahres 2026 teil.
MEISTER MAKATSU: Auf der Suche nach dem besten Ninja


Verlag: Amigo
Autor: Reiner Knizia
Illustration: Sonja Müller
Zielgruppe: Freunde fernöstlicher Kampfkunst
Anzahl/Alter: 2-6 Spieler ab 8 Jahren
Art: Kartenlegen in mehreren Runden
Meister Makatsu, der unnachgiebige Lehrmeister, beobachtet die Gilden der Maulwürfe, Frösche und Vögel bei ihrem Training zur Kampfsportkunst. Da stolpert schon mal der eine über seine Trainingsjacke oder ein anderer verheddert sich in der Kette seiner Schlagwaffe. Das ist alles nicht erquicklich und wird vom Ausbilder ganz sicher mit Minuspunkten bedacht.
Beim Kartenspiel besitzt jeder sein eigenes, gleiches Deck: Kartenwerte von 1 bis 8 in drei Farben. Das sind die Gilden. Mit jeweils vier Handkarten wird eine Runde gespielt. Der Reihe nach werden einzeln zwei Karten offen ausgelegt und die restlichen für den nächsten Durchgang an der Seite deponiert. Die offenen Karten werden pro Farbe nach Wertigkeit geprüft. Wer den meisten Schlamassel erzeugt hat, also Karten mit den höchsten Werten gespielt hat, bekommt Minus-Chips. Das differenziert je nach Kartenfarbe. Mit den beiseite gelegten Karten wird ein zweiter und abschließend noch ein dritter Durchlauf gespielt. Allerdings erhöhen sich hierbei die Minuspunkte.
Das Kartenlegen hat interessante Zwänge. Einerseits will jeder Chips mit Minuswerten beim aktiven Auslegen vermeiden. Das gelingt sicherlich nur bedingt und hängt von der momentanen Kartenhand ab. Von Vorteil ist es auch, Nachziehender zu sein. Das sollte man versuchen zu arrangieren. Andererseits wollen sich die Spieler für den zweiten und gar dritten Durchgang gut aufstellen und eher die besseren Kartenwerte bunkern. Das sind immer Entscheidungen, die knifflig sind. So ein Kartenmanagement, das gleich in die nächste und übernächste Runde mitgedacht werden muss, ist eher ungewöhnlich und reizvoll. Die Kartengrafiken sind frisch und thematisch. Warum allerdings die höchsten Werte die schlechtesten sind, hat sich mir gerade beim Thema Kampfsport nicht erschlossen.
-pen
DUELL UM CARDIA: Kampf um Siegelringe
Verlag: Hans im Glück
Vertrieb: Asmodee
Autor: Mathieu Rivero & Faouzi Boughida
Illustrationen: Dominik Mayer, Jonas Schmutzler, Ingram Schell, Oistina Khalidah & Florian Herold
Zielgruppe: Trading Card System für jedermann
Anzahl/Alter: 2 Spieler ab 9 Jahren
Art: Gerangel bei gleichzeitigem Kartenlegen
In der fiktiven Welt von Cardia gibt es vier Fraktionen: die Rebellion, die Akademie, die Gilde und die Dynastie. Diese ringen um die Macht. Immer wieder kommt es zu Duellen zwischen den und innerhalb der verschiedenen Fraktionen. Der Gewinner eines Zweikampfs erhält einen Siegelring. Der Unterlegene kann mächtige Sprüche wirken, die vieles durcheinanderwirbeln und überraschende Effekte auslösen.
Jeder der beiden Duellanten hat einen Kartensatz mit den Werten 1 bis 16 und den gleichen Charakteren mit denselben Fähigkeiten. Aus fünf Handkarten suchen sich die beiden Kontrahenten eine aus. Die Karten werden verdeckt gegenüber gelegt wie zwei Kämpfende in direkter Konfrontation. Dann wird aufgedreht. Der höhere Kartenwert bekommt einen Siegelring, der Unterlegene liest seine Fähigkeit vor und führt sie aus. Wer zuerst fünf der Siegel erobert, gewinnt.
Der Spielablauf ist im Prinzip simpel. Allerdings kommen durch die Fähigkeiten eine Fülle von Interdependenzen ins Geschehen, die unkalkulierbare Wendungen bedingen. Immer mal wieder wechseln die Kräfteverhältnisse zweier Duellanten, auch aus schon abgewickelten Begegnungen. Dann wandert der Siegelring ebenfalls zur anderen Seite und schon ändern sich Kräfteverhältnisse. Das gleichzeitige Legen der beiden Kampfkarten bedingt sehr viel Zufall. Keiner kann antizipieren, was der Gegner auf der Hand hält, geschweige denn, welche dieser Karten er spielen wird. Auch weiß keiner, wie eine eigene Kampfkarte zum Zuge kommt, ob sie ein Siegel gewinnt oder ob deren Fähigkeit genutzt werden muss. Wer das Eine will, bekommt manchmal das Andere. So müssen die Spieler stets auf die momentane Situation reagieren. Nichtsdestotrotz bleibt der Eindruck, dass der Zufall gehörig mitmischt, obwohl der Ansatz des Duells etwas anderes vorgaukelt. Die Kartengrafiken sind sehr stimmig. Die Fähigkeiten vieler Charakterkarten überraschend neuartig. Gerade zu Beginn müssen aber viele Effekte einzelner Karten genau interpretiert und abgestimmt werden. Das nimmt den Duellen Leichtigkeit. Für Freunde von TCS wird hier nur dünne und zu glücksabhängige Kost geboten. Für Neulinge, das befürchte ich, muss zu viel angelesen und richtig interpretiert werden. Eine wünschenswerte Unbeschwertheit für die so definierte Zielgruppe fehlt. Lobend muss hervorgehoben werden, dass durch ein zweites, völlig anderes Kartendeck und Schauplatzkarten gehörig Varianz geboten wird.
-pen
STRANDGUT: Es kreucht und fleucht am Meeressand
Verlag: Edition Spielwiese
Vertrieb: Huch!
Autor: Bryan Burgoyne
Illustration: Fanny Saulnier
Zielgruppe: Strandläufer
Anzahl/Alter: 1-5 Spieler ab 8 Jahren
Art: Scheiben ziehen und geschickt einsetzen
Am Küstenstrand ist viel Bewegung. Krabben tummeln sich im Wasser. Asseln und Muscheln leben im feuchten Strand. Unter Felsen suchen die Krabbler Schutz. Wattvögel picken die Insekten. Wellen umspülen den Küstenstreifen. Alles ist in Bewegung, alles ist im ständigen Fluss.
70 massive Holzscheiben befinden sich in einem Säckchen. Der aktive Spieler zieht eine Strandgut-Scheibe und entscheidet sich für eine der beiden Seiten. Ist es die blaue Seite, wird sie ins Meer, d.h. in die Tischmitte gelegt. Diese Scheiben bilden den allgemeinen Pool, aus dem es Strandgut zu fischen gilt. Nach dem Spielen einer blauen Scheibe ist der Aktive noch einmal am Zug und das durchaus mehrmals, wenn stets Blau in die Mitte gelegt wird. Im Meer sammeln sich so Muscheln, Krebse, usf. Entscheidet sich der aktive Spieler aber für eine weiße Scheibenseite, dann legt er diese auf den eigenen Strand. Dadurch wird ein Effekt ausgelöst, der auf Gewinn der blauen Scheiben aus dem Meer abzielt. Z.B. darf sich der Spieler für Felsformationen Krabben aus dem Meer nehmen, denn diese bieten diesen Krabblern Schutz. Oder Küstenstreifen. Dafür werden Muscheln an Land gespült, um so mehr, je mehr Küstenstreifen der Spieler schon vor sich liegen hat. Sind alle Scheiben abgehandelt, gewinnt derjenige, der das meiste Strandgut sammeln konnte.
Das Spiel bietet ein paar neue Elemente. Zunächst ist da die Entscheidung, ob Blau ins Meer gespült wird und weitergespielt werden darf. Oder ob Weiß an den eigenen Strand gelegt wird und dadurch aus dem Meer gewonnen wird. Es ist immer ein Abwägen, ob der Pool in der Mitte weiter angefüttert wird und so unter Umständen auch für die Mitspieler Vorteile bringt. Dann sind da vier Gewinn-Optionen, die alle recht tricky sind. Beispielsweise nimmt der Strandläufer alle Asseln aus dem Meer, darf aber bei einer zweiten, gleichen Aktion, die gewonnenen Asseln nur dann behalten, wenn es gleichviele wie beim ersten Mal sind. Ansonsten geht der kleinere Stapel verloren. Auch die anderen Strandaktionen haben ihre eigenen, interessanten Regeln. Diese sind nicht ganz eingängig und müssen gelernt werden. Eine Spielübersicht hilft. Aber stets hat der Spieler Entscheidungsfreiheit, die von der aktuellen Spielsituation abhängt. Vorbildlich ist das Spielmaterial. In einem kleinen Seesack stecken sämtliche Scheiben. Das Material ist so robust, dass überall gespielt werden kann, auch am Strand im Sand. Nichts fliegt weg, nichts verschmutzt. Das ist eine gelungene Symbiose zwischen Thema und Idee.
-pen
SPEKTAKULÄR: Baue einen Naturpark
Verlag: Strohmann Games
Autor: Eilif Svensson & Asmund Svensson
Illustration: Gjermund Morkved Bohne
Zielgruppe: Puzzler komplexer Auslagen mit Tierthema
Anzahl/Alter: 1-6 Spieler ab 10 Jahren
Art: ein bisschen Draften, ein bisschen Organisieren
Exotische Tiere wie der Schneeleopard, der Moschusochse oder auch der Andenflamingo suchen ein neues Zuhause. In einem Zoo leben sie in Sicherheit und bewahren so Artenvielfalt. Jeder organsiert einen Tierpark, um möglichst viele Arten den Besuchern zu präsentieren. Damit diese einen guten Überblick bekommen, werden Aussichtsplattformen errichtet, von denen beste Sicht auf die exotische Tierwelt möglich ist. Zuchtprogramme sind wichtig, denn nur mit ihnen wird Tierwohl gefördert.
Vorweg, ohne Zuchterfolge ist kein Blumentopf zu gewinnen. Deshalb müssen diese besonderen mit einem Herz markierten Plättchen in den eigenen Zoo geschickt integriert werden. Pro Zug wählt jeder Spieler sechseckige Tierplättchen und/oder Farbwürfel, die die Fütterung der Tiere symbolisieren. Das geschieht alles gleichzeitig. Ein Teil wird aus dem eigenen, sicheren Bestand gewählt. Das andere Element kommt von einem Nachschubtableau, das gedraftet wird, also nach der Aktion an den Spielnachbarn weitergereicht wird. Mit dem, was sich jeder nimmt, bastelt er auf dem eigenen Parktableau eine Zoolandschaft mit verschiedenen Tieren in passenden Gehegen, manchen Aussichtstürmen und guten Würfelergebnissen, die Nahrungszufuhr sichern. Je höher der Würfelwert ist, werden dementsprechend Punkte ausgeschüttet. Nach acht Zügen gibt es eine erste einfache Zwischenwertung. Danach wird ein zweiter Durchgang gespielt und es gibt eine sehr differenzierte Schlusswertung.
Das Spiel kann man nur vom Ende verstehen und strategisch angehen. Das Wissen, was wie punktet, ist entscheidend für spielerisches Vorgehen. Mit diesem Know-How bastelt jeder an seiner eigenen Auslage und versucht, ein Zusammenspiel von Tierplättchen und hohen Würfelwerten in Einklang zu bringen. Der Rhythmus, was spielmechanisch zu tun ist, ist eher einfach. Und es ist durchaus reizvoll, die zur Verfügung stehenden Ressourcen, deren Auswahl immer knapper wird, optimal für sich zu nutzen. Jeder puzzelt und optimiert seinen Naturpark. Es muss aber sehr deutlich angemerkt werden, dass das Thema aufgesetzt wirkt. Der sehr abstrakte Mechanismus spiegelt in keiner Weise die Vorgehensweise und Zwänge bei der Errichtung eines zoologischen Gartens wider. Das wird durch den Missionsmodus fast noch einmal ad Absurdum geführt, wenn überwiegend Würfelwerte in bestimmter Kombination Zusatzpunkte generieren. Wie interessant und im Prinzip auch recht einfach der Spielrhythmus sein mag, so fehlt durch den fehlenden Themenbezug dem Spiel dann doch die Seele. Vorbildlich hingegen sind die Verpackungsboxen für das Spielmaterial.
-pen