Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 58: Regenwald als Spielthema

28. Mai 2025, 10:30

Es gibt zwei Ökosysteme auf unserer Erde, die durch Vielfalt, Farbenpracht und Lebensreichtum faszinieren: Korallenriffe und Regenwälder. Beide dienen gerne als thematische Einkleidung für Spiele. Aktuell gibt es überraschend viele Titel mit Bezug zum Regenwald. Vom einfachen Kartenspiel über fluffige Familienspiele bis zum komplexen Kennerspiel ist für jeden Anspruch etwas dabei.


PURA VIDA: Im Einklang mit der Natur

PURA VIDA von Piatnik

Verlag: Piatnik
Autoren: Ralf zur Linde & Carsten Rohlfs
Illustration: Christine Alcouffe
Zielgruppe: Regenwald-Spezialisten
Anzahl/Alter: 2-4 Spieler ab 8 Jahren
Art: Kärtchen sammeln und arrangieren

Der mittelamerikanische Regenwald ist voller Farben, Formen und Geräusche. Gerade in Costa Rica pulsiert das Leben. Verschiedene Tierarten wie Tukane, Schmetterlinge oder die ikonischen Rotaugen-Laubfrösche bevölkern dichte Regenwälder, steinige Vulkane oder durchflutete Mangrovensümpfe. Das gesamte Ökosystem funktioniert optimal in dieser Bio-Diversität.

Jeder Spieler bastelt an einer eigenen Kärtchenauslage. Auf einem Rundkurs stehen zwölf zur Auswahl. Wer am Zug ist, nimmt ein beliebiges dieser quadratischen Plättchen, setzt dort seinen Ranger hin, darf aber in Folgezügen nicht wieder zurück. Wer den Parcours einmal durchlaufen hat, muss warten, bis alle wieder auf dem Start-/Zielfeld versammelt sind. Mit dem genommenen Kärtchen wird an einem eigenen Schutzgebiet gebastelt. Die Tiere werden zu waagerechten und senkrechten Reihen geformt. Dabei gibt es nur Punkte, wenn das gleiche Tier in unterschiedlichen Lebensräumen oder verschiedene Tiere im gleichen Gelände aneinandergelegt werden. Je größer die Reihe wird, die bis zu fünf Kärtchen umfassen kann, desto höher ist der Punktgewinn. Das alles ist eine elegante Puzzleaufgabe. Es kommt ein besonderer Kniff hinzu. Auf den Tierkärtchen befinden sich Pfeile und diese signalisieren, von welcher Seite, beispielsweise von oben, sich das neu gewonnene Tier der eigenen Auslage nähern muss.

Das Nehmen eines neuen Plättchens erfolgt nach recht freien Regeln. Allerdings gilt stets die Überlegung, im Kärtchen-Kreis weit nach vorne zu preschen, um ein günstiges Tierkärtchen zu bekommen oder „hinterherzudackeln“, dann aber wahrscheinlich eins, zwei Kärtchen mehr zu ergattern, was ebenfalls Vorteile bescheren kann. Gänzlich neuartig ist die Verpflichtung, neue Tiere NICHT beliebig im eigenen Pool einzubauen. Es gibt die verpflichtende Seitenannäherung, die ins Kalkül gezogen werden muss und bisweilen für Einschränkung sorgt. Wem es dann noch gelingt, gleichzeitig horizontal wie vertikal zu punkten, hat sicher etwas Glück aber auch den nötigen Durchblick. Das Spiel macht vieles richtig für die angesprochene Zielgruppe. So ganz nebenbei wird auch etwas über den Begriff der Bio-Diversität vermittelt. Allerdings, das Thema ist leidlich aufgesetzt. Der Mechanismus ist abstrakt und würde genauso gut mit Handwerksberufen, Glitzersteinen, Süßspeisen, oder vielem mehr funktionieren.

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HUTAN: Ein Wald voller Leben

HUTAN von Ravensburger

Verlag: Ravensburger
Autoren: Daniel Skjold Pedersen & Asger Harding Granerud
Illustration: Vincent Dutrait
Zielgruppe: Urwaldforscher
Anzahl/Alter: 1-4 Spieler ab 9 Jahren
Art: Erstellen eines eigenen Terrains

Regenwald in Indonesien heißt Hutan. Solche Ökosysteme bilden sich am Wasser. Blumen sprießen. Dann wachsen Bäume. Schließlich siedeln dort Tiere an: Orang-Utans, Wald-Nashörner und im dunklen Busch auch mächtige Tiger. Je schlüssiger ein Biotop entsteht, desto wertvoller wird es angesehen.

Aus vier Regenwald-Tafeln legt jeder sein 2×2-Quadrat. Es ist darauf zu achten, dass alle Spieler denselben Aufriss haben, das heißt, dass Flussläufe eine identische Parzellierung mit zwei, drei oder vier Setzfeldern definieren. In den Parzellen gedeiht nun Regenwald. Zunächst wachsen dort Blumen, möglichst farbrein. Rote Hibisken, blaue Hortensien, gelbe Magnolien. Es ist zunächst recht farbenfroh im Gelände. Wächst eine zweite farbgleiche Blume, entsteht dort ein Baum und mit zunehmender Baumdichte bildet sich ein Wald. Ist das letzte Feld einer Parzelle „zugebaumt“, kommt ein Tier. Beim weißen Jasmin sind es die Sumatra-Nashörner, die dunklen Orchideen locken Nashornvögel, etc. Aus einem Pool von Karten, die bis zu drei Blumen in unterschiedlicher Konstellation zeigen, nehmen die Spieler im schnellen Wechseln Vorgaben und lassen so Blumen und Bäume wachsen. Die Zugreihenfolge für die Folgerunde kann recht wichtig sein, weshalb es um die Startspielerscheibe oft gerangelt wird.

Allerorten gelingt es, die Parzellen mit Leben zu füllen. Je mehr Bäume und je mehr Tiere sich ansiedeln, um so besser. Die Punktausbeute ist bei der Schlusswertung hoch. Empfindliche Abzüge gibt es für vernachlässigte Parzellen. Sind diese mit gemischten Blumen oder gar unvollständig bestückt, werden Punkte abgezogen. Da das Auslegen neuer Blüten nicht beliebig erfolgt, muss das Nehmen und Verteilen bei jeder neuen Karte wohl kalkuliert sein. Es sollten nicht allzu viele Minuszähler aufsummiert werden. Da hilft bisweilen das Nehmen einer einzelnen Blume mehr, als wenn der Spieler sich mit drei neuen Blumen eigene Einschränkungen auferlegt. Das kann gerade zum Ende hin passieren. Der Spielverlauf ist angenehm einfach aber keineswegs simpel. Es gibt viele, kleine taktische Entscheidungen. Variabilität bei weiteren Spielrunden ist durch immer andere Grundrisse der Urwald-Tafeln gegeben. Sonderkarten können hinzugenommen werden und machen den Ablauf leicht anspruchsvoller. Das Material ist gut. Die 64 Papppappeln und 15 großen Holztiere lassen allerorten gefällige Regenwälder entstehen. HUTAN ist ein klassisches Familienspiel, bei dem alles auf die Zielgruppe abgestimmt ist: Thema, Mechanismus, Regelumfang, Spieldauer und Optik.

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PYRAMIDO: Verschollene Schätze

PYRAMIDO von Synapses Games

Verlag: Synapses Games
Vertrieb: Elznir Games
Autoren: Ikhwan Kwon & Carl Brière
Illustration: The Creation Studio
Zielgruppe: Dschungel Entdecker
Anzahl/Alter: 1-4 Spieler ab 8 Jahren
Art: Pyramidenbau mit Dominos

Wer den Dschungel erforscht, entdeckt nicht nur exotische Pflanzen und farbenprächtige Tiere, sondern stößt bisweilen auf alte Kulturen. In verfallenen Ruinen lassen sich Kammern öffnen und mit Glück liegen dort Edelsteine unterschiedlichster Art.

Gespielt wird mit Dominosteinen. Sie zeigen, wie üblich, zwei Hälften. Hier sind es farbige Flächen, die unterschiedliche Kammern symbolisieren. Auf jedem Domino sind immer auch zwei Edelsteine abgedruckt, manchmal in einer Farbkammer, manchmal verteilt auf beide. In einem einfachen Nimm-Rhythmus wählt jeder einen von drei Dominos aus der Auslage. Dazu gibt es stets einen Edelstein. Aus wenigen darf gewählt werden. Mit den Dominos werkelt jeder Spieler an seiner Pyramide, die auf der ersten Stufe aus zehn Steinen besteht, was 20 Kammern entspricht. Das Bilden von zusammenhängenden Farbkammern mit mehreren Edelsteinen ist dabei das Bauziel. Gepunktet wird aber erst dann, wenn die zuvor genommenen Edelsteine jetzt auch farbgleich in diese Kammern gelegt werden können. Nach einer Wertung werden die Klunker wieder abgeräumt und eine zweite, dritte und gar vierte Stufe gespielt. Die Runden werden kürzer. Da die Kammern aber über die verschiedenen Bauebenen verbunden werden dürfen, kann die Ausbeute einzelner Kammern größer werden.

Das Nehmen der Domino-Steine, die Wahl richtiger Edelsteine, das Arrangieren einer brauchbaren Pyramide und das abschließende Bestücken der Kammern mit den richtigen Edelsteinen ist ein filigranes Unterfangen. Dabei ist es immer auch von Vorteil, in die Zukunft zu blicken und das Weiterbauen auf höheren Stufen mitzudenken. Hier greifen mehrere Ebenen ineinander, was den großen Reiz dieses Domino-Puzzelns ausmacht. Mechanisch ist das Spielen abstrakt und bunt. Das Feeling einer Entdeckertour durch eine verschollene und wiederentdeckte Dschungel-Pyramide wird so allerdings wenig eingefangen. Leider lassen sich die hellgrünen und hellblauen Edelsteine nur schwer unterscheiden. Beides gibt Abzüge in der B-Note. Das Spielsystem, also die A-Wertung, ist demgegenüber gut.

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MACH DIE FLATTER: Buntes Herumgeschwirre

MACH DIE FLATTER von Zoch

Verlag: Zoch
Autor: Luís Dinis
Illustration: Dennis Lohausen
Zielgruppe: Freunde von Aras, den Königen der Lüfte im Dschungel
Anzahl/Alter: 2-5 Spieler ab 6 Jahren
Art: Verwirrspiel mit bunten Kartenbildern

Farbenprächtige Papageien schnattern und flattern am Rande des Dschungels im heimischen Vorgarten. Sie fliegen zum Zaun, von dort aufs Dach oder zum Wasserturm, und so weiter. Da soll noch jemand den Überblick behalten, ob da gerade der rote Papagei mit blauem Federkleid oder der pinkfarbige Vogel mit grünem Gefieder oder wer sonst noch seinen Auftritt hat. Ein farbenprächtiger Paradiesvogel sowie der pechschwarze Unglückspapagei wollen auch noch ein Wörtchen mitreden.

In der Mitte liegen fünf Ortskarten im Kreis: Wäscheleine, Windrad, Zaun, etc. Aus dem nahen Dschungel sind fünf Papageien, alle ähnlich aber doch individuell im Gefieder, herangerauscht: Grün-Rot, Pink-Grün, Gelb-Pink, Rot-Blau und Blau-Gelb. Das ist ein recht farbenfrohes Gefolge. Jeder sitzt an einem anderen Ort. Der Spieler am Zug nimmt eine Karte vom Papageienstapel und lässt diesen dann zu einer Ortschaft flattern. Dadurch wird der sich dort aufhaltende Vogel abgedeckt. Außerdem muss der Spieler noch einen anderen Papagei seinen Platz wechseln lassen. So wachsen an den fünf Orten Papageien-Stapel an, deren Farbsortiment sich jeder möglichst exakt merken sollte. So kommen die Spieler zum Zug und sorgen für fleißiges Durcheinander, wo sich denn nun welche Vögel aufhalten. Irgendwann tauchen die Karten mit Papagei im Fernglas auf. Dann darf jeder tippen, an welchem Ort sich möglichst viele dieser Sorte aufhalten. Für richtige Übereinstimmungen gibt es schön bunte Feder-Chips. Am Ende sucht jeder noch einen ihm zugelosten Vogel. In welchem Stapel haben sich die meisten Tiere mit diesem Farbkleid versteckt? Der knallbunte Paradiesvogel gilt bei allen diesen Suchen als Joker und der schwarze sogenannte Param(!)iesvogel bringt Punktabzug.

Hier wird Memorieren bei ständig wechselnder Auslage gefordert. Jeder kann taktisch etwas arrangieren, wenn der Spieler dem ihm zugelosten Vogel etwas besser im Blick behält. Damit wird am Ende noch einmal fleißig gepunktet. Den anderen durch Herumgeflatter deren Planung zu durchmischen, sorgt für Schadenfreude. Aber keiner ist davor gefeit, dass er von solch einem Schicksal verschont bleibt. Nur wer diese Art von Spiel mag, kommt auf seine Kosten. Die bunten Vogelkarten sind schön anzusehen und helfen trotz Farbverwirrung wegen ihrer klaren Struktur etwas, den Überblick zu bewahren. Obwohl das Spiel kurz ist, sollte keiner mehrere Partien hintereinander spielen. Allzu schnell raucht der Kopf. Der Spielverlauf bedingt, dass einige Vorbereitungen zu treffen sind. Die sollten genau erfüllt werden, sonst kommt Unwucht ins Geschehen.

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LIFE OF THE AMAZONIA: Erhaltet den Regenwald

LIFE OF THE AMAZONIA von Strohmann Games

Verlag: Strohmann Games
Autor: Jamie Bloom
Illustration: Sophia Kang
Zielgruppe: Freunde und Beschützer des Amazonas
Anzahl/Alter: 1-4 Spieler ab 12 Jahren
Art: trickreiches Aufbauspiel mit Bag-Building-Mechanismus

Das Amazonasgebiet ist so groß wie kein anderer Regenwald auf dieser Erde. Durch Abholzung wird es sukzessive bedroht. Aufforstung tut Not. Dann kommen auch Großtiere wie Jaguare oder Kaimane und andere wie Tukane, Aras, Äffchen und viele, viele mehr. Gelingt eine geschickte Ansiedlung, ist das Terrain grün von Bäumen und anderen Pflanzen sowie bunt wegen allerlei Getier zu Land, zu Wasser und in der Luft.

Jeder hegt, pflegt und entwickelt einen eigenen Regenwald mit einer Fülle an Pflanzen und Tieren. Alles muss sich im Gleichgewicht befinden. Beliebiges Arrangieren ist nicht zielführend. Der Laubfrosch muss neben einer Seerose angesiedelt sein, ein Jaguar benötigt Beutetiere in seiner Umgebung, der Ara fühlt sich bei dichtem Baumbestand wohl usw. Mit vier unterschiedlichen Ressourcen wird der Fortschritt gemanagt. Aus dem eigenen Säckchen werden Token gezogen, die den eigenen Zug bestimmen. Mit Blättern dürfen neue Dschungel-Teile erworben oder später dann darauf Bäume gepflanzt werden. Wassertropfen sind die Währung für Seerosen oder Investment von Naturkarten. Hauptsächlich mit Früchten werden Tiere angelockt und das schnöde Geld ermöglicht den Ankauf wertvollerer Ressourcen. Das sind nur die Grundelemente des Spielgeschehens. Viele andere Finessen und Mechanismen erweitern die Spielmöglichkeiten enorm. Besonders gefallen die speziellen Tiere, von denen jeder eines bekommt. Da gibt es einen Flussdelfin, ein Gürteltier oder einen Leguan. Einmal in den eigenen Regelwald gelockt, ermöglichen sie sehr individuelle Vorteile.

Die vielen, fast unzähligen Tricks und Kicks, die das Spiel bereithält, heben den Ablauf auf ein Kennerniveau. Dabei sind die umfangreichen Regeln recht leicht zu verinnerlichen. Vieles geschieht themenlogisch. Die Spielregel, obwohl umfangreich, lässt keine Fragen offen und ist didaktisch gut strukturiert. Das Spielmaterial ist eine Wucht. Dschungel-Felder, kleine 3D-Bäume, sehr schön illustriertes Kartenmaterial und die 74 Holztiere sind eine Augenweide und lassen in jeder Partie bei jedem Spieler ein eigenes Stück Amazonas-Regenwald entstehen. Da jeder für sich sein Waldgebiet puzzelt, gibt es keine direkte Konfrontation. Manchmal wird ein begehrtes Spielteil weggeschnappt, aber Alternativen gibt es immer. Das ist ein sehr befriedigendes Spielgefühl. Jeder schafft etwas, noch dazu thematisch positiv besetzt: ein Stück neuen Regenwald. Eine Erstpartie kann mit Regelerklärung durchaus einige Stunden beanspruchen. Wenn aber am Ende keiner das Gefühl hat, lange gespielt zu haben, dann hat das Spiel nicht viel verkehrt gemacht. Wer sich auf Kennerniveau auf ein wunderschönes wie anregendes Spiel einlassen möchte, der ist in den Amazonas eingeladen.

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