Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 57: Intrigen und Ränkespiele
Es gibt bitterböse Spielmomente. Immer dann, wenn Mitspieler getäuscht, betrogen, abgezockt werden, ist das nicht schön, aber ungemein spannend. Schicksalsgemeinschaften ändern sich wie das Fähnchen im Wind. Das müssen die Spieler aushalten. Es bedeutet immer auch Interaktion in hoher Taktzahl. Ganz wichtig: Jeder muss hier Spiel von Realität unterscheiden und darf nicht nachtragend sein.
FÜR DIE KRONE: listig den Thron besteigen


Verlag: Repos
Vertrieb: Asmodee
Autor: Maxime Rambourg
Illustration: Paul Mafayon
Zielgruppe: Thron-Eroberer
Anzahl/Alter: 3-5 Spieler ab 8 Jahren
Art: Gefolgsleute geschickt einsetzen
Rubine horten. Konkurrierende Königreiche sind wieder vereint. Wer darf die Krone tragen? Nur einer kann Herrscher werden. Die verschiedenen Untertanen am Königshof werden als Gefolgsleute gewonnen. Jeder hat seine Spezialität. Ein Charakter spült notwendiges Geld in die Kasse. Ein anderer Gehilfeverschiebt sehr intrigant die Gemälde in der Galerie. So werden eigene Vorteile erspielt und dem Gegner Nachsehen verpasst. Der Nächste zwingt die Konkurrenz, Rubine zu verschleudern. Und gerade die sind wichtig, da sie am Ende über den Sieg, also die Krone entscheiden.
Die Spieler erwerben pro Runde aus einer Auslage, dem königlichen Hof, einen neuen Adjutanten. Diese Karte wird mit dem eigenen Wappen markiert und auf einen Stapel gelegt. Dort versammeln sich die Helfer aller Spieler und ein paar wenige Ereigniskarten. Der Kartenstapel wird gemischt. Dann wird einzeln aufgedeckt und abgehandelt. Jetzt kommen die Fähigkeiten ins Spiel. So nimmt jeder Einfluss auf das Geschehen. Eine gute Mischung aus eigenem Vorteil und Benachteiligung der Konkurrenten ist der richtige Weg. Wer anderen Übel will, kommt selbst wenig voran und zieht die Unbill der Konkurrenz allzu sehr auf sich. So gewinnt keiner den Thron. Die Mischung macht’s, wobei immer auch eine Portion Ränke im Spiel sein muss. Schon nach vier Runden werden die Schatztruhen geöffnet und die Rubine gezählt.
Es gibt viele kleine Zwänge. Wertvolle Gehilfen sind teuer, also benötigt man Gold. Wer Reichtum anhäuft, wird von den anderen beäugt und bekommt unliebsame Diebe auf den Hals geschickt. Das Ranking in der Erbengalerie darf nicht vernachlässigt werden. Kommt ein Skandal als Ereignis zur Unzeit ins Spiel, bedeutet das empfindliche Einbuße. Alles muss im Blick bleiben und ausgewogen gemanagt werden. Allerdings ist Glück, zum richtigen Zeitpunkt entscheiden zu dürfen, nicht unwichtig. So hat das Geschehen beides, eine Portion Zufall aber auch taktisches Geschick. Das alles geschieht bei einer überschaubaren Spielzeit. Spielmaterial und Illustrationen sind vortrefflich und erhöhen den Spielspaß. Das Gerangel um die Krone kann beginnen.
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KEINE EHRE UNTER DIEBEN: Verlass ist auf niemanden
Verlag: Game Factory
Autoren: Christine Alcouffe & Ludovic Maublanc
Illustration: Christine Alcouffe
Zielgruppe: Nachträuber ohne Skrupel
Anzahl/Alter: 2-4 Spieler ab 10 Jahren
Art: gemeines „push your luck“-Spiel
Paris bei Nacht. In manchen Gassen aber vor allem auf den Dächern ist es stockdunkel. Die beste Voraussetzung für erfolgreiche Beutezüge. Die Diebe versuchen, Schmuck, Geld, Kunstwerke und manches mehr zu ergattern. Aber, die Polizei ist ebenfalls unterwegs. Wer sich nicht erwischen lässt, trägt die Beute ins Quartier. Dort bekommen die anderen etwas vom wertvollen Diebesgut mit. Allerdings, manches Schmuckstück entpuppt sich als Pfläumchen, wenn es mit einem Razzia-Symbol markiert ist. Denn dann wächst die Gefahr, dass plötzlich die Gendarmerie auftaucht und sämtliche Beute beschlagnahmt.
Mit dem beliebten „push your luck“-Mechanismus werden einzeln Karten aufgedeckt, die die Beutestücke zeigen. Jeder versucht, in den fünf verschiedenen Farben Mehrheiten zu erlangen. Durch das Kartenaufdecken wird bisweilen auch der Polizist bewegt, der dem Dieb auf Beutezug entgegenläuft. Rechtzeitiges Aufhören ist erfolgversprechender, als zu risikohaft zu spielen und vom Gesetzeshüter erwischt zu werden. Der aktive Dieb hat dann den Erstzugriff auf die aufgedeckte Beute. Die anderen Mitspieler bekommen, so es denn noch etwas zu verteilen gibt, auch etwas von der Beute. Manchmal liegen dann nur noch die Karten mit Razzia-Symbol im Pool. Diese will keiner gerne haben. Ganovenehre wird also kleingeschrieben. Beim Beuteverteilen steckt eine gehörige Portion Gemeinheit im Geschehen.
Der doppelte Effekt macht den Reiz des Spiels aus. Wer sich beim Beutemachen verzockt, geht leer aus. Das sollte nicht allzu häufig geschehen. Bei der taktischen Wahl der Beute muss mit Wahrscheinlichkeiten kalkuliert werden. Der dicke Stapel an Beutekarten sorgt dafür, dass mancher in die Razzia-Falle tappt. Das ist nicht immer leicht zu verhindern. Trotzdem ist der Raubzug kein reines Glücksspiel. Auch erfolgreiche Diebe sind ihres Glückes Schmied. Die kurze Regel und ein pfiffiger und ineinander verwobener Mechanismus sind deutliche Pluspunkte.
-pen
OBSCURIANS: Intrigen und Täuschungen
Verlag: Funtails
Vertrieb: Huch!
Autoren: Rocky Bogdanski & Kai Wetzel
Illustration: Hendrik Noack
Zielgruppe: Schattenhändler mit Pokerface
Anzahl/Alter: 4-6 Spieler ab 12 Jahren
Art: Tauschspiel mit geheimer Trickserei
Obscurians sind Schattenhändler. In einer dystopischen Zukunft agieren sie vielfältig. Sie müssen ihre obskuren (vgl. Titel!) Missionen erfüllen. Der eine Händler will möglichst viele eigene Waren behalten, ein zweiter erstrebt genau das Gegenteil, stets verschiedene Waren zu ergattern und ein weiterer Händler hat den kuriosen Auftrag, möglichst erfolglos im Tauschgeschäft zu sein. Da das geheime Aufträge sind, muss man die Mitspieler an ihren Aktionen entlarven, sie ihres Auftrags verdächtigen und so gute Siegpunkte erobern. Weitere Zähler wird jeder bekommen, wenn er seinen Auftrag gut erfüllt.
Es ist diese doppelte Ebene, die durch konkrete Verdächtigungen und gleichzeitig nicht allzu offenkundige eigene Handlungen gemanagt werden muss. Die Spieler haben nur wenige Runden Zeit. Zunächst steht Bluffen auf dem Plan, keiner will den anderen den eigenen Auftrag frühzeitig verraten. Aber bald müssen auch eigene Ziele verfolgt werden. Ein Wurf mit fünf Würfeln bestimmt, ob eigene Waren verschenkt, gegnerische gestohlen oder auch Waren unter den Mitspielern getauscht werden. Das punktuelle Sichern vor feindlichen Übernahmen ist ebenfalls möglich. Der aktive Spieler muss sich für ein Würfelsymbol entscheiden. Bevor er aber ins Handeln kommt, dürfen Verdächtigungen ausgesprochen werden. Mit Chips wird gekennzeichnet, welche Rollen bei den Mitspielern vermutet werden. Je früher richtig enttarnt wird, um so größer die Punktausbeute.
Das Spiel ist anspruchsvoll und bedient eine Metaebene. Durch das eigene Handeln soll nicht verraten werden, wer man ist. Gleichzeitig muss aber jeder auch eigene Ziele verfolgen, die dann schnell offenbaren, was jeder selbst anstrebt. Hierbei die anderen Spieler möglichst lange im Dunklen zu halten, ist eine große Kunst. Hinzu kommt der Antipode, der gar nicht gewinnen will und deshalb für Verwirrung sorgt. Diesen Charakter zu spielen und zu beherrschen, hat noch einmal gesteigerten Anspruch. Man darf nicht zart besaitet sein, da die anderen Schattenhändler gerne gegen den eigenen Willen und im optimalen Fall für sich selbst tauschen, handeln, schenken oder nehmen. Die Waren sind stets im Fluss. Erst die Endabrechnung zeigt häufig überraschend, wer gewinnt. So wächst die Spannung. Die recht kurze und im Prinzip auch eingängige Regel hilft, um ins Spiel hineinzukommen. Wie allerdings gehandelt werden muss, ist eine immer wieder aufs Neue auszukundschaftende verquickte Aufgabe. Das Spiel ist sophisticated. Die Illustrationen stützen das.
-pen
DER KÖNIG DES WALDES: wildes Gerangel im Forst
Verlag: Steinbock Brettspiele
Autor: Louis Borchert
Illustration: Roland Deaconu
Zielgruppe: Freunde schneller Kartenspiele
Anzahl/Alter: 2-4 Spieler ab 10 Jahren
Art: intrigantes Kartenlegen
Sonderheit: neuer Verlag, neuer Autor, erstes Spiel
Stelldichein der Tiere. Der Bär als Ritter, der Wolf als General und die Füchsin als Prinzessin, die über allen thront. Jeder versucht, an seinem Hof eine schlagkräftige Mannschaft zu versammeln. Beizeiten werden die eigenen Gefolgsleute auch in fremde Gefilde geschickt. Dort intrigieren sie empfindlich. Der Gelehrte, eine Eule, an einen fremden Hof gespielt, bezirzt dort einen schon versammelten Gefolgsmann, vielleicht sogar einen recht wertvollen. Die Kröte als Schatzmeister mit einnehmenden Wesen erobert zufällig jemanden aus dem dort ansässigen Gefolge. Und das lustige Wiesel als Hofnarr stellt bei Zusammenkunft mehrerer dieser Marder alles auf den Kopf. Die Ränkespiele können bitter sein.
Der Spielrhythmus ist einfach. Die Spielkarten werden sämtlich verteilt, so dass je nach Teilnehmerzahl jeder sieben oder acht auf der Hand hält. Es gibt zwei Alternativen. Entweder spiele ich einen Tiercharakter an den eigenen Hof, dann zählt er als Pluspunkt für die Endrechnung. Die Kartenwerte staffeln sich von 0 bis 7. Oder der Tiercharakter wird an einen fremden Hof geschickt. Dann erhält der Konkurrent die Punktzahl, der aktive Spieler aber ist Nutznießer der Intrige. Beispielsweise lässt der starke 6-Punkte General die Handkarten tauschen. Das kann sehr effektiv sein, vor allem, wenn unterschiedliche Kartenanzahlen auf den Spielerhänden stecken. Die 0er-Schlange ist listig und nimmt einen Charakter aus dem Spiel. Das macht u.U. auch am eigenen Hof Sinn, wenn der dritte Narr, der alles zerstört, eliminiert wird.
Jede Spielkarte hat seine eigene Stärke, die allerdings in verschiedenen Spielsituationen unterschiedlich ins Gewicht fällt. Man muss erspüren, wann wer wie wertvoll ist. Das auszukundschaften, ist jedes Mal aufs Neue prickelnd. Zu zweit spielt sich das Gerangel etwas taktischer, zu viert kann es leicht chaotisch werden. Aber immer ist es ein kurzweiliger Legespaß. Nur, in der ersten Runde benötigen die Spieler Lesezeit, um die Kartentexte und ihre Auswirkungen zu verstehen. Das muss zu Beginn eingeräumt werden. Dann hat man aber ein kurzes, schnelles Kartenspiel mit Ärgermomenten und Intrigen, was für fleißig Interaktion sorgt. Gut gemacht für ein Erstlingswerk.
-pen
HOF-VERRAT: Die Königin ruft zum Bankett
Verlag: Huch!
Autor: Romeric Galonnier & Anthony Perone
Illustration: Noemie Chevalier
Zielgruppe: Verräter unter sich
Anzahl/Alter: 2-5 Spieler ab 8 Jahren
Art: Kartenverteilen und Manipulieren
Sie wirken so unschuldig. Der Schmetterlings-Clan, die Kröten-Familie, die Fisch-Freunde und drei weitere Gruppen rangeln um die Gunst der Königin. Sie hat zum Bankett geladen. An der Königstafel thront sie in der Mitte. Die Günstlinge scharen sich im Sonnenlicht auf ihrer Seite oder werden ins Dunkle an den unteren Rand des Tisches verwiesen. Gleichzeitig versammeln sich die unterschiedlichsten Familienmitglieder in den Bezirken und hoffen dort auf starke Bündnisse. Die Gunst an der Königtafel bestimmt über den Wert der Gefolgsleute eines jeden Clans. Außerdem mischen Adelige, Spione, Assassine und Wächter die Zusammenkünfte ordentlich auf.
Ein Spielzug ist einfach. Drei Karten vom Talon müssen verteilt werden. Eine kommt in den eigenen Bezirk, eine zweite zu einem beliebigen Gegner in dessen offene Auslage und die dritte Karte gehört an den Königinnen-Hof in der Tischmitte. Dort gibt es die Möglichkeit, die Karte positiv als Günstling abzulegen oder sie wird negativ, in Ungnade gefallen, hingelegt. So verteilen sich die sechs Familien. Am Ende entscheidet die Mehrzahl im Angesicht der Königin, welcher Clan mit Pluspunkten rechnen darf und welcher im Minusbereich gelandet ist. Modifikatoren wie der Adel, der gleich doppelt zählt, sorgen für Tricks und Finesse beim Legespiel.
Bei den Zuordnungen versucht jeder, im eigenen Bezirk Clan-Mitglieder mit günstiger Gesinnung zu arrangieren, sowohl bei sich als auch bei Hofe. Das gelingt meistens nur, wenn sich Spieler verbünden und gemeinsam für einen guten Flow sorgen. Dazu müssen immer auch passende Karten gezogen werden. Wer allein gegen andere agiert, wird hoffnungslos zurückfallen. Es gilt, geschickt Allianzen zu schmieden, ohne diese offen auszusprechen. Jeder mauschelt und meuchelt im eigenen Sinne. Das Ränkespiel ist von Beginn an in vollem Gange. Den anderen mehr zu schaden als die eigenen Gefolgsleute in Ungnade fallen zu lassen, ist hohe Diplomatie, die nicht ohne Intrigen auskommt. Die unschuldigen Illustrationen und die schöne Banketttafel überdecken den wahren Kern.
-pen