Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 52: Aktuelle Neuheiten im Spiele-Bereich
Die Herbst-Messe SPIEL in Essen ist mittlerweile die große Neuheiten-Schau des Jahres. Etablierte Verlage und Kleinanbieter aus aller Welt zeigen stolz ihre neuen Entwicklungen. Eine richtige Innovation hat LEGO mit einem strategisch ausgerichteten Brettspiel, bei dem natürlich Bausteine zusammengesteckt werden müssen. Aber auch andere Neuerscheinungen werden ihr Publikum finden.
TANGRAM CITY: Harmonie bei asiatischer Stadtentwicklung
Verlag: Korea Board Games
Vertrieb: Huch!
Autor: Uwe Rosenberg
Illustration: Makoto Takami
Zielgruppe: Puzzler und Architekten
Anzahl/Alter: 1-5 Spieler ab 8 Jahren
Art: Tangram-Legespiel mit interessantem Twist
Ein Wettbewerb unter Stadtentwicklern. Jeder entwirft sein Gebiet. Dabei ist es oberstes Ziel, die Harmonie zu bewahren. Grünflächen für die Parks sind genauso wichtig wie die Bauflächen für Häuser und Paläste. Für Bauabschnitte gibt es Extralob, wenn platzsparend, das heißt rechteckig die Fläche angelegt wird und der Stadtaufriss nicht in Einzelstücke zersplittert wird.
Jeder Spieler hat 23 Tangram-Legeplättchen, die er sukzessive in sein Raster einbaut. Immer bedienen sich alle mit dem gleichen Element. Eine Spielkarte gibt vor, welches genommen werden muss. Dieses wird in einen 7 x 7 Kästchengrundriss passend eingefügt. Sind die quadratischen Legeteile bei der Ablage noch recht überschaubar, so sind diagonal zugeschnittene Plättchen bisweilen unübersichtlicher und deshalb schwerer zu verplanen. Noch hinzu kommt, dass die eine Seite dieser Legeplättchen stadtgrau, die andere sattgrün coloriert ist. Wie gelegt wird, das ist der Twist, entscheidet jeder der Architekten selbst. Die Rückseite ist häufig spiegelverkehrt und passt sich bisweilen nicht gefällig ins Ganze. Außerdem bleibt der Blick für die Harmonie, denn Grau-Braun und Parkgrün müssen im Gleichgewicht verbaut werden, um hohe Zusatzpunkte zu erzielen. In sechs Runden wird gewerkelt. Nach jeder gibt es Zwischenpunkte für das größte Rechteck der eigenen Auslage.
Dieses anspruchsvolle Puzzlespiel lebt von guter Planung. Jeder sieht, welche Legeteile noch verbaut werden müssen und erahnt, wo bei der eigenen Ablagefläche problematische Ecken zu füllen sind. Gute Entscheidungen für den Augenblick aber auch Weitblick sind essentiell. Interaktion zwischen den Spielern findet keine statt, Dafür werkelt jeder alleine vor sich hin. Das ist eines der zurzeit sehr angesagten Wohlfühl-Spiele. Keiner kommt einem anderen in die Quere. Die Tangram-Legeteile sind sehr funktional. Der Punktemarker und die Harmonie-Anzeiger sind allerdings winzig klein und für Grobmotoriker kaum zu handhaben. Das ist schon eine Einschränkung. Hingegen sind die fernöstliche Einkleidung und die überraschend kurze Regel perfekt für ein schönes, rundes Puzzlespiel für Jedermann.
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MEDIA AETAS: Mittelalterliches Lehen entwickeln
Verlag: Board Game Box
Autor: Marc André
Illustration: Claire Conan
Zielgruppe: clevere Landschaftsentwickler
Anzahl/Alter: 2-5 Spieler ab 10 Jahren
Art: Aufbauspiel
Geschickte Lehnsherren agieren vielfältig. Die Optionen sind groß. Soll in Bauernhöfe oder Marktplätze investiert werden? Sind Kirchen oder gar Paläste der Weg zum Erfolg? Vielleicht ist die Vorbereitung auf militärische Auseinandersetzung der Königsweg? Sowohl offensive Angriffskräfte als auch verteidigende Wehrtürme sind erfolgversprechend. Es gibt viel zu entscheiden und das jeweils zum rechten Zeitpunkt. Am besten allerdings ist es, nichts zu vernachlässigen.
Pro Runde erwirbt jeder eine neue Liegenschaft. Die wird an die eigene Lehnstafel angelegt. Dadurch werden Vorteile und Einkommen freigeschaltet. Dabei sind Synergieeffekte wirksam. Wer beispielsweise seine Felder vergrößert, erhält um so mehr Einkommen, je mehr Bauern im eigenen Lehen angesiedelt sind. So gibt es mehrere Zusammenhänge, die bedeutsam sind. Auch ist Interaktion gegeben. Wer seine Kaserne ausbaut, schickt die Soldateska in die Nachbarschaften. Dort sollten Turmmauern errichtet worden sein, um Angriffe abzuwehren. Neue Liegenschaften werden durch einen einfachen Nimm-Rhythmus erworben, wobei so auch die Reihenfolge für den Folgezug geregelt wird. Wer fett absahnt, kommt danach erst zuletzt zum Zug und muss dann nehmen, was übrigbleibt. Es ist nicht einfach, alles im Lot zu halten.
Das Nehmen einer neuen Liegenschaft ist elegant geregelt. Es ist einerseits wichtig, die Vorteile eines neuen Plättchens im Auge zu behalten, dann den nächsten Zug mitzudenken und schließlich auf lange Sicht, die acht verschiedenen Landschaftskärtchen zu bekommen. Wer sein Lehen nach 16 Zügen nicht komplettiert hat, bekommt empfindliche Punktabzüge. Die Auswahl an Kärtchen ist immer begrenzt. Da gilt es klug abzuwägen, welche Liegenschaft ins eigene Reich aktuell angebaut werden soll, welchen Gewinn man momentan und auf Dauer generiert. Das ist ein forderndes Spielmoment. Der Verlauf wird durch ideales Material ergänzt. Die Liegenschaftskärtchen verzahnen sich geschickt ineinander, so dass alles recht rutschfest zusammenfügt. Große Holzfiguren bestimmen die Zugreihenfolge. Alles steckt in einer eher kleinen, kompakten Schachtel. Das Thema, mittelalterlicher Landschaftstaus- und -aufbau, ist allerdings nicht sonderlich originell.
-pen
FARAWAY: Geheimnisvolles Alula entdecken
Verlag: Kosmos
Autor: Johannes Goupy & Corentin Lebrat
Illustration: Maxime Morin
Zielgruppe: flexible Umdenker
Anzahl/Alter: 2-6 Spieler ab 10 Jahren
Art: Reisespiel mit ungewohnter Wertung
Alula, ein geheimnisvoller Kontinent, lockt vielfältige Abenteurer. Die machen Bekanntschaft mit seltsamen Pflanzen, wie der Taukrone, entdecken majestätische Schimären, wie den Okiko und finden beeindruckende Mineralien wie Uddu. Diese und verschiedene Landschaften sowie Heiligtümer versprechen ordentliche Erkenntnis und Gewinn, wenn, gut vorbereitet, sich am Ende alles zusammenfügt.
In der Tischmitte liegen Regionen-Karten, um die mit Karten von der Hand gerangelt wird. Gleichzeitig wird eine von drei Handkarten gelegt. Das ist der Ort, den jeder für sich auf Alula erkundet. Die Zahl auf dieser Karte gibt an, wer bei der Wahl einer neuen Regionen-Karte aus der Auslage zuerst am Zuge ist. Der kleinste Zahlenwert beginnt. So geht es weiter. Sollte eine Karte höher im Wert sein als die zuvor gelegte, erhält der Spieler ein Heiligtum. Das sind Kärtchen mit wertvollen Zusatzboni. Auf diese Weise bereist jeder Ankömmling acht Gegenden auf diesem so fremden Kontinent. Danach beginnt die Rückreise und das Einsammeln von Erfahrungen. Eine Karte, die betreten wird, verspricht Punktgewinn, wenn rechts davon oder auf den Heiligtümern bestimmte Symbole, zumeist sind es Taukrone, Okiko oder Uddu zu sehen sind. So wird Region für Region überprüft und gewertet
Da die Wertung in umgekehrter Reihenfolge wie das Ausspielen geschieht, sind die Voraussetzungen bei den ersten abzuschreitenden Regionen häufig nur schwer zu erfüllen. Es können noch kaum Karten mit entsprechenden Symbolen genutzt werden. Sukzessive wird es leichter. Die Spieler wissen, was sie erfüllen müssen und können darauf bei ihren Auslagen eingehen. Das verlangt ein Umdenken im Kopf, das ein paar Lernspiele bedarf. Weil aber eine Strecke nur aus acht Schritten besteht, ist die Spieldauer kurz und eine Anschlusspartie gern und schnell abgewickelt. Dieser ungewohnte Mechanismus steckt voller Faszination und Herausforderung. Trotzdem verläuft jeder Gang durch die Landschaft anders, da eine Fülle von Karten zu immer neuen Konstellationen führt. Ein Erfolgsgeheimnis dürften viele Heiligtümer sein. Garantiert ist das aber nicht. Auf in unbekannte Welten!
-pen
SCHWARZE WITWEN: Heirat, Mord und Erbschaft
Verlag: Corax Games
Autor: Sarah Shipp
Illustration: Mercedes Palacios
Zielgruppe: skrupellose Heiratsschwindlerinnen
Anzahl/Alter: 2-6 Spieler ab 14 Jahren
Art: Karten-Drafting und -Management
Mehrere Damen der feinen englischen Gesellschaft buhlen um den heiratswilligen Randolph, Duke of Lonsdale. Der ist aber nicht ganz anspruchslos. Er will zwar nicht unbedingt eine Gattin aus einem Adelshaus, dafür sollte sie aber eine ordentliche Mitgift in die Ehe bringen. Auch darf ihr Ansehen nicht allzu verrucht sein. Und natürlich muss die Dame unverheiratet sein. Auch bei einer Witwe hat der Duke nichts einzuwenden. Wenn er wüsste, welch raffinierte und skrupellose Damenwelt sich da auf dem Heiratsmarkt tummelt.
Jeder Spieler beginnt mit einer Dame und einem verheirateten Gatten niederen Standes. Durch das Draften von Spielkarten versuchen die Spieler, ein Deck zusammenzustellen, das den Wohlstand in der Ehe erhöht. Bauernhof, Mühle oder auch Vermietungen sind gern gesehen. Die Karten werden ausgelegt und erbringen gutes Geld, wenn der Ehemann verstirbt. Dafür sorgen beizeiten die Gattinnen selbst, wenn sie zu Gift, Schürhaken oder Pistole greifen. Der Mann ist mausetot, aber das Getuschel beginnt und der Ruf leidet. Alles beginnt von vorne. Ein neuer Mann muss her und eine höhere Apanage wird in Aussicht gestellt. Es sollte jede dafür sorgen, dass durch Wohltätigkeitskarten der eigene Leumund wieder aufpoliert wird. Denn am Ende einer langen Heirats-Kette will der Duke zufriedengestellt werden.
Wer geschickt bei seiner Kartenwahl wie dem anschließenden Ausspielen agiert, wird zuerst den Ansprüchen des Adels genügen und zur Duchess aufsteigen. Das Thema ist schwarzhumorig und ziemlich gelungen umgesetzt. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, das Geschehen zu manipulieren. Das Streuen von Gerüchten, das Ausleben einer Affäre oder auch das Durchbrennen mit einem potenziellen Ehemann, alles fügt sich kongenial in Spielfluss und Thema. Das macht „Schwarze Witwen“ zu einem besonderen Spiel. Die Regeln sind nicht kompliziert, allerdings müssen sich die Spieler viele Kartentexte anlesen und für den Spielfluss verstehen. Diese Hürde ist aber nicht allzu hoch.
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MONKEY PALACE: Stein auf Stein, hoch hinaus
Verlag: Dotted Games/LEGO-Brettspiel
Vertrieb: Asmodee
Autor: David Gordon & TAM
Illustration: Ameet & Matthieu Martin
Zielgruppe: LEGO- und Brettspiel-Freunde
Anzahl/Alter: 2-6 Spieler ab 10 Jahren
Art: strategisches Bau-Spiel
Im Dschungel steht eine prächtige Palast-Ruine. Freche Affen werkelten am Gebälk und brachten das Bauwerk zum Einsturz. Jetzt ist es an der Zeit, den Palast wieder zu errichten. Stein auf Stein wird gesetzt, Bögen werden konstruiert und so Treppen gebildet. Diese müssen stets nach oben führen.
Bestandteil des Spiels sind LEGO-Steine, Einzelstücke, Säulen und Bögen. Mit wenig Material beginnt jeder. Wer am Zug ist, beginnt auf der Bodenplatte. Dort gibt es Startnoppen in drei Farben. Gebaut wird in LEGO-Manier, wobei es hier Ziel ist, die Bögen zu Treppen zu formen. Dazu benötigt jeder Stützmaterial. Das sind die Einzelsteine, Säulen oder das schon existierende Palastgebäude. Zwischenziel ist es, bei jedem Zug möglichst lange Treppen zu errichten. Dafür gibt es Gewinnkarten. Diese schütten neue Bauelemente und, was wichtiger ist, Bananen aus. Die Anzahl der Bananen entscheidet über den Sieger. Zusatzeffekte gibt es, wenn am Ende einer gebauten Treppe eine Dekoration platziert wird, die mit der Farbe des Startnoppens korrespondiert und alle anderen überragt. Kommt so der Affe ins Spiel, blockiert er. Bonus-Bananen gibt es, wenn filigran mit hohen Säulen gewerkelt wird. Das muss im Blick bleiben und verspricht häufig die entscheidenden Siegpunkte. Wenn die 176 Steinchen verbaut sind, steht der Palast.
Das gemeinsame Bauen am Palast ist kein Selbstzweck. Runde für Runde ist geschickter Einsatz gefordert. Dabei ist die Wahl der Bauelemente, d.h. immer genügend Bögen im Portfolio zu haben und Säulen erst im Verlauf des Spiels zu nehmen, der Grundtenor. Noch wichtiger aber sind die Bananen. Sie entscheiden den Gewinner. Es ist erstaunlich viel zu berücksichtigen. So ist das Bauen mit den Steinchen zwar, wie üblich bei LEGO, kreativ und sehr frei, durch geschickt ineinander verwobene Regeln aber auch ein echtes Konkurrenzspiel. Und der entstandene Palast erstrahlt in bekannter LEGO-Manier.
(Asmodee D hat ein kostenfreies Muster zur Verfügung gestellt.)
-pen