Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 49: Witzige und skurrile Spielethemen
Moderne Schachtelspiele brauchen ein Thema. Wikinger, Drachen, Ritter, Zauberer oder in neuerer Zeit viele Naturthematiken sind nicht mehr originell. Manche Verlage betreten Neuland und regen beim Thema zum Schmunzeln an. Sei es, wenn Goblins eine Achterbahn in ihrer Höhle bauen, wenn ein Zirkus mit drei Manegen durchs Land zieht oder gar Katzen ins Weltall fliegen, …
GOBLIN COASTER: Achterbahn im Bergstollen
Verlag: Huch!
Autor: Ursula Hermens-Meyberg & Jan Meyberg
Illustration: Antje & Claus Stephan
Zielgruppe: Freunde von Roller Coastern
Anzahl/Alter: 2-6 Spieler ab 8 Jahren
Art: Kooperatives Echtzeitspiel
Die Goblins haben eine grandiose Idee. In ihrer dunklen Höhle wollen sie eine Achterbahn installieren. Clou ist es, dass die wilde Fahrt nicht nur ruckelig von links nach rechts und umgekehrt verläuft, vielmehr müssen auch riesige Spinnennetze, Fledermausschwärme und anderes gekreuzt werden. Da brauchen die Goblins Rüstzeug. Noch dramatischer aber ist es, dass der erste Wagen schon rollt, bevor die Strecke fertiggestellt wurde…
Kooperative Spielidee ist es nun, blitzschnell den Schienenstrang voranzutreiben und zu beenden, bevor der Wagen in die Tiefe stürzt. Mit Schienenteilen, mal gerade, mal gebogen, verlängern die Spieler den Gleiskörper, immer schön der Reihe nach. Währenddessen läuft als Coaster-Wagen eine Sanduhr, die für Zeitdruck sorgt. Kurz bevor sie abgelaufen ist, darf sie gewendet werden, so dass es Zeitverlängerung gibt. Erschwernis und eigentliche Spielaufgabe ist es, den Schienenverlauf so zu arrangieren, dass er wieder zur Startrampe zurückgeführt wird. Dazu benötigen die Spieler Legeplättchen. Diese sind bisweilen sehr kurvig und ein zielführender Streckenbau ist nicht leicht fertigzustellen. Die Spieler klauben aus einem Beutel ihre Legeteile und hoffen auf guten Fortgang. Das Erfühlen benötigter Teile ist wichtig. Erschwerend gilt die Regel, dass nur Holzschienen und Eisenschienen an die gleiche Art angelegt werden dürfen. Gelingt es, einen Rundlauf zu erstellen, gewinnt die Gruppe.
Das ist eigentlich gut zu lösen, wenn auch nicht immer im ersten Versuch. Aber bald wollen die Spieler die Aufgabe steigern. Bis zu 5 Level werden angeboten. Störfunktionen wie Geröllfelder o.ä. kommen hinzu. Diese müssen durch Gegenstandskärtchen beseitigt werden. Auch diese können die Spieler im Säckchen erfühlen. Für Varianz sorgen zwei Sanduhren mit unterschiedlichen Lauflängen oder Checkpunkte, die in die Streckenführung integriert werden müssen, uvm. Das sind genügend Abwechslungen, die kombiniert oder einzeln das Grundspiel ergänzen und erschweren. Durch die neuen Herausforderungen bleibt Spannung und Wiederspielreiz erhalten. Das ist bei Koop-Spielen wichtig. Der Faktor der Echtzeit, die tickende Sanduhr, führt bisweilen zu hektischen Momenten. Das ist nicht jedermanns Sache. Wer aber leicht stressresistent ist, wird die Achterbahnfahrt genießen.
-pen
HELDEN MÜSSEN DRAUSSEN BLEIBEN: Monster verteidigen ihr Verlies
Verlag: Mirakulus
Autor: Luis Brüeh
Illustration: Luis Brüeh
Zielgruppe: Abenteurer mit dunkler Gesinnung
Anzahl/Alter: 1-4 Spieler ab 12 Jahren
Art: Kooperativer Dungeon Crawler
Statt „Monster plätten – Schätze retten“ ist hier das Motto: Verjag die Helden! Wie in einem traditionellen Verlies-Erkundungs-Spiel existieren dunkle Kammern, mutige Helden, kampferprobte Monster, glitzernde Schätze, fiese Fallen, magische Portale, u.a. Nur, es sind die Monsterclans, die sich zusammenrotten und die Helden vertreiben, damit diese nicht die Schatztruhen entwenden und entkommen. Die Monster sind hier die Sympathieträger und die mutigen Helden gelten als böse Eindringlinge und müssen verjagt werden.
Das Szenario wird vorbereitet. Ein Verlies mit unterschiedlichen Räumen wie Kanalisation, Gruft oder auch Schatzkammer entsteht. Clan-Karten bestimmen, welche Monster sich zusammenraufen. Der Rote Drache beispielsweise ist ein mächtiger Einzelkämpfer, demgegenüber wuselt das Rattenvolk zuhauf durchs Gemäuer. Jeder Clan hat seine eigenen Fähigkeiten, die es zu nutzen gilt, so können Geister durch Wände schweben, was Bewegungsvorteile verschafft. Alle Monster agieren gemeinsam, um das Verlies vor den eindringenden Helden zu verteidigen. Durch Gildenkarten treten diese auf den Plan und räubern und marodieren durchs Labyrinth. Durch geschicktes Agieren der Monster miteinander, lässt sich der Wille der Helden brechen und das ist das Ziel. Das Verlies gehört den Unholden.
Neun verschiedene Monsterclans, repräsentiert durch griffige Holzfiguren, stehen im Spiel zur Verfügung. Es sind aber maximal vier im Geschehen. Die stets wechselnde Kombination ist die eigentliche Herausforderung und gleichzeitig der Spaß im Spiel. Jeder Clan hat seine eigenen Fähigkeiten, die für das gemeinsame Ziel genutzt werden müssen. Dann lässt sich der Schwierigkeitsgrad steigern, indem die Anzahl der eindringenden Widersacher gestaffelt werden kann. Nur die abgebrühtesten Monster nehmen es mit einer Invasion von Helden auf. Noch dazu gibt es 20 Szenarien mit stets anderen Kammer-Auslagen und Bedingungen. Kein Spiel gleicht dem anderen. Das macht das Geschehen nicht nur jedes Mal anders, sondern durchaus auch komplex. Wer sich sukzessive darauf einlässt und den doch eher einfachen Regeln des Bewegens und Kämpfens folgt, hat ein Verlies-Abenteuer, das seines Gleichen sucht, vor allem auch wegen der umgekehrten Vorzeichen: Die Helden sind die Bösen und die Monster die Guten.
-pen
MLEM – DIE ASTROKATZEN: Kater im Weltall
Verlag: rebel
Vertrieb: Asmodee
Autor: Reiner Knizia
Illustration: Joanna Rzepecka
Zielgruppe: Astronauten mit Humor für Abstruses
Anzahl/Alter: 2-5 Spieler ab 8 Jahren
Art: Risikobereites Würfelrennen
In nicht allzu ferner Zukunft, in vielleicht 50 Jahren, haben Katzen das Zepter auf der Erde übernommen. Jetzt werden sie überdrüssig und wollen das Weltall erobern. Kühne Astrokatzen wetteifern um die kosmische Vorherrschaft. Das Ziel sind Wollknäuel-Planeten oder Trabenten als riesige Goldfischbowls. Dabei sind Wagemut und Katzenminze von essenzieller Bedeutung. Glückt ein Coup, leckt sich der Kater zufrieden über die Schnauze. „Mlem“ soll das Geräusch sein, was dabei entsteht. Crazy.
Eine Rakete startet auf der Katzenerde. Ein Captain, der nach jeder Runde wechselt, bewegt sie nach Würfelwurf vor. Aber jeder Spieler hat eine eigene Katze im Gefährt sitzen. Das Ergebnis der geworfenen Kuben bestimmt, wie weit die Rakete vordringt. Aber, häufig müssen Würfel aussortiert werden, so dass ein Weiterflug erschwert wird. Denn Würfelergebnisse ohne Erfüllung einer Vorgabe lassen die Rakete abstürzen. Zwar können sich die Katzen retten, allerdings ist nach elf Unfällen das Spiel vorbei. Wer zu den entfernten Planeten ins All fliegt, kann ordentlich Weltraumpunkte kassieren. Aber stets droht die Gefahr, leer auszugehen und das um so wahrscheinlicher, je weiter die Rakete geflogen ist. Deshalb ist es bisweilen von Vorteil, den Raumgleiter rechtzeitig zu verlassen. Die Punkte sind dann zwar gering, allerdings sicher. Weiterfliegende riskieren, keine Punkte zu erzielen.
Zu diesem eher einfachen, irgendwie an “Kniffel“ erinnernden Mechanismus, gesellen sich Feinheiten. Jede Katze, die in der Rakete sitzt, hat ihre Sonderfähigkeit. Z.B. rettet sich der Kater mit Fallschirm auch bei einem verunfallten Würfelwurf auf den nächstgelegenen Mond oder Planeten. Auch gibt es drei Module, die zusätzliche Möglichkeiten bereithalten. Es dürfen beispielsweise Würfel erneut geworfen werden oder ein Ufo nähert sich der Rakete und verspicht dem Captain Zusatzpunkte, falls es zum Kontakt kommt. Überhaupt hat der Raketenkapitän, der für alle würfelt, einen subtilen Einfluss auf den aktuellen Flug. Das ist nicht zu unterschätzen. Die Module sorgen für Abwechslung, machen den Katzenflug aber leicht komplizierter, ohne dadurch gleichermaßen Mehrgewinn zu generieren. Wer geradlinige, risikobehaftete Würfelwettläufe mag, braucht diese zusätzlichen Angebote nicht.
-pen
MIXOSAUROS: Als Paläontologe Dinoknochen freilegen
Verlag: Game Factory
Autor: Charles Chevallier
Illustration: Cyril Bouquet
Zielgruppe: Knochensucher und Dinobauer
Anzahl/Alter: 2-4 Spieler ab 7 Jahren
Art: Sammel- und Geschicklichkeitsspiel
Wo gibt’s denn sowas? Ein Plateau voller Dinoknochen will erkundet werden. Da liegen Tyranno-Köpfe oder Stegosauros-Beine und anderes mehr. Alles schön skelettiert und übereinandergeschichtet. Obenauf befinden sich Felssockel mit gestapelten Steinquadern. Die Paläontologen machen sich frisch ans Werk. Sie klauben Teile aus dem Knochenberg, sammeln diese und setzen sie zu Dino-Skeletten zusammen. Sortenrein bringt mehr Punkte als der häufig zusammengesetzte Mixosaurus.
Die Knochenreste sind dicke Pappkartons. Sie zeigen Schädel, Schwänze oder Beine. Bunt gemischt liegt alles auf dem Schachtelrücken. Obendrauf sind Sockel mit Felssäulen. Mit einer Ausgrabungspinzette zieht der aktive Spieler ein Sammelstück aus dem Berg. Dabei darf kein anderes Teil vom Plateau herunterpurzeln oder gar ein Felsbrocken fallen. Dann geht der Spieler leer aus. Jeder versucht, Teile sortenrein zu finden, denn komplett zusammengefügte reinrassige Dino-Skelette erzielen mehr Punkte. Bisweilen werden Knochenfunde erwischt, die Ereignisse freischalten. Da werden dann Skelettfunde getauscht oder es darf noch einmal ausgegraben werden. Die besten und meisten Dinos garantieren den Sieg.
Geschicklichkeitsspiele sind zumeist Stapelspiele. Irgendetwas muss geschichtet werden, dabei darf das Ganze nicht zusammenbrechen. Hier ist es umgekehrt. Teile müssen aus einem Berg herausgefischt werden, ohne dass es rechts und links zu sehr wackelt und kippelt. Das erinnert entfernt an „Mikado“. Deutlich taktischer ist das Spiel durch gezieltes Aussuchen bestimmter Teile eines Dino-Skeletts und die gelegentlichen Ereignisfunde. Ist die reale Welt glücklich über jeden einzelnen Splitter, der Dinos zugeordnet werden kann, ist es hier ein ganzer Knochenberg, der entdeckt und geborgen wird. Das hat schon Witz, vor allem auch für jüngere Spieler, die gleichzeitig ihre Feinmotorik schulen.
-pen
3 RING CIRCUS: Manegen frei für Akrobaten
Verlag: Kosmos
Autor: Fabio Lopiano & Remo Conzadori
Illustration: Edu Valls
Zielgruppe: Zirkus-Enthusiasten
Anzahl/Alter: 1-4 Spieler ab 12 Jahren
Art: Strategisches Reisespiel in der Zirkuswelt
Ganz fremd in der alten Welt ist der 3-Ringe-Zirkus. In den USA des 19. Jahrhunderts war es aber gang und gäbe, gleich in drei Manegen das Publikum zu begeistern. Diese wurden gleichzeitig bespielt und es sollte in allen Ringmanegen qualitativ Hochwertiges geboten werden und gleichzeitig im Vergleich hübsch abwechslungsreich ablaufen. So eine logistische Aufgabe bedarf strategischer Planung und richtiger Entscheidungen beim Anheuern neuer Künstler. Auch ist die Routenplanung wichtig. Wo gab es schon lange keine Vorstellung mehr? Dort strömt das Publikum ins Zirkuszelt. Alles in Einklang zu bringen, ist keine leichte Aufgabe.
Die Zugalternativen sind einfach. Entweder wird ein neuer Artist eingestellt oder mit dem Zirkuswagen weitergezogen. Schon diese Entscheidung fordert Zwänge, die durch die Mitspieler beeinflusst werden. Es ist z.B. von Vorteil, vor den Mitbewerbern in bestimmten Städten Aufführungen anzubieten. Ein wenig Wettlauf ist also stets im Geschehen. Das Engagieren eines neuen Künstlers folgt vielfältigen Überlegungen. Auf jeden Fall wird er auf dem eigenen Zirkustableau abgelegt. Dort gibt es drei Reihen für die drei Manegen. Hier werden die Karten gemäß ihres Attraktionswertes aufsteigend abgelegt. Bezahlt wird mit anderen Karten, die man hält, also muss auf Preise geachtet werden. Viel wichtiger aber ist es, dass auf dem Tableau immer Mal wieder wertvolle Symbole abgedeckt werden. Durch das Ablegen von Wertungskarten werden diese freigeschaltet. Oder es werden Künstlerfolgen geschaffen, die in den Metropolen besonders gefragt sind und dort ordentlich Popcorn (= Siegpunkte) einspielen.
Die Zugalternativen sind eher einfach, bedingen aber bei beiden Handlungsalternativen Überlegungen, die eine Fülle von Konsequenzen zu berücksichtigen haben. Das Zusammenspiel vieler Faktoren gilt es möglichst optimal zu meistern. Z.B. müssen für ordentlich Erfolg in den Großstädten viele Attraktionen bereitgehalten werden. Das zu managen, ist nicht leicht, lohnt aber. Und das ist nur eine von Vorteils-Linien, von denen möglichst viele erfüllt werden wollen. Das fordert die Zirkusdirektoren, so dass in den ersten Partien kalkulatorische Zeit eingeplant werden muss. Diese Herausforderung wird aber immer besser gemeistert und steigert Spielspaß. Eine einfache Herausforderung ist dieses Spiel nicht. Versüßt wird der Ablauf durch sehr schönes Kartenmaterial. Es spiegelt das bunte Treiben einer Zirkuswelt kongenial wider. Es macht große Freude stets aufs Neue seine Akrobatenschar mit Zauberern, Seiltänzern, Tierdompteuren, uvm. zusammenzufügen. Hoffentlich sieht die Auslage nicht nur quirlig-bunt aus, sondern ist auch für die Endwertung ergiebig. Der Vergleich mit den anderen Zirkusdirektoren wird’s zeigen.
-pen