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Spiele: Frisch auf den Tisch, Folge 46 – Neue Stichspiele

26. März 2024, 14:00

Stichspiele gehören zu den tradierten Formen des Kartenspiels. Neben den Klassikern wie Doppelkopf oder Skat gibt es immer wieder neue Variationen, die bisweilen erstaunliche Zugriffe beinhalten. Wer Neues oder Überraschendes in diesem Genre sucht, hat aktuell eine große Auswahl.


STICH FÜR STICH: Stichspiel mit Krimifall

Verlag: Zoch
Autor: Markus W. Leon
Illustration: Felix Wermke
Zielgruppe: Stichspieler und Krimifreunde
Anzahl/Alter: 3-4 Spieler ab 10 Jahren
Art: Stichspiel mit deduktiver Komponente

Die Kartenbilder zeigen Verdächtige. Natürlich ist der Gärtner dabei, aber auch ein Frisör oder die Influencerin. An Tatwaffen, immerhin ist ein Mord geschehen, gibt es vom Spaten bis zum Gift gleich mehrere, insgesamt sieben. Drei Phantome tummeln sich ebenfalls noch im Kartenpack. Einer war’s mit einer bestimmten Mordwaffe. Wer kann den Täter früh überführen?

Ein Spieler wird zum Mitwisser. Er legt per Zufall geheim mit kleinen Kärtchen den Mörder und seine Waffe fest. Die anderen, aber auch er, bekommen Spielkarten für das Stichspiel. Der Mitwisser in Summe sogar drei mehr. Jeder darf eine beliebige Handkarte in den Stich legen. Es gibt keinen Farbzwang oder gar eine Trumpfvorgabe. Danach bestimmt der Mitwisser, wer den Stich erhält. Dabei orientiert er sich an dem nur ihm bekannten Täter, der Tatwaffe oder beidem. Die Karte, die diesbezüglich die besten Voraussetzungen aufweist, gewinnt den Stich. Aus dieser Information filtern die anderen Hinweise und informieren, jetzt ihrerseits mit kleinen Kärtchen, den Mitwisser über ihre Vermutung. Wer frühzeitig Täter und Waffe benennen kann, erhält ordentlich Ermittlungspunkte und Punkte für eroberte Stiche gibt es sowieso.

Dieses Stichspiel ist skurril, weil die beiden Elemente, Stichspiel und Deduktion, nur wenig harmonieren. Das merkt man daran, weil das flotte Kartenlegen beim Sticheln mit den bedächtigen Überlegungen bei der deduktiven Täterüberführung nicht so recht zusammenpassen. Zunächst hat auch keiner Anhaltspunkte. Das gibt sich aber nach zwei, drei Stichen. Der Mitspieler muss höllisch aufpassen, keine Fehler bei seiner Information zu machen. Dann hat er Einfluss durch die höhere Anzahl an Handkarten. Diesen Vorteil taktisch zu nutzen, will gelernt sein. Schließlich sorgen noch die Phantome für Irritation. Das alles ist fehleranfällig. „Stich für Stich“ ist ungewöhnlich und kurios. Man muss dafür ein Faible haben, um das Spiel zu mögen.

pen


AWIMBAWÉ: Panther gegen Tiger

Verlag: Game Factory
Autor: Mathieu Roussel
Illustration: Aubane Rittano
Zielgruppe: Stichspieler und Tierfreunde
Anzahl/Alter: 2 Spieler ab 10 Jahren
Art: Stichspiel für zwei

Die Kartenbilder zeigen Tiere der Savanne. Elefant, Nashorn, Hyäne und mehr. Sie rangeln in Duellen um die Vorherrschaft durch Stärke. Jedes Tier hat noch eine Sonderfähigkeit, die überraschende Wendungen ermöglicht, wenn beispielsweise die Schlange eine generische Tierkarte hypnotisiert und punktuell aus dem Spiel nimmt. Und dann kreisen Adler über der Arena, die mächtig und entscheidend zuschlagen können.

Dieses Stichspiel ist ein Duell. Bemerkenswert für diese Art von Spiel fighten nur zwei gegeneinander. Ungewöhnlich ist auch die Kartenverteilung. Jeder bekommt sechs Handkarten. Dazu wird eine Reihe von vier verdeckten Karten vor jeden ausgelegt und auf diese kommen noch vier sichtbare Karten. Jedem stehen die offenen Tischkarten und die Spielerhand zur Verfügung. Abwechselnd wird jeweils ein Tier in den Stich gelegt. Es herrscht Farbzwang. Wer nicht bedienen kann, muss mit einem der Adler trumpfen, so er das kann. Die Kartenwerte bestimmen das höhere Tier. Kronen auf den Karten ergeben die Siegpunkte. Die Sonderfunktionen mischen das Gerangel gehörig durcheinander. Wer einen schnellen Durchgang gewinnt, dreht seine Stammkarte, Tiger oder Panther, von der Silberseite auf Gold. Wenn dann Gold erfolgreich ist, ist man Gesamtsieger.

Der erste Kniff bei diesem Duell sind die offenliegenden Karten. Der zweite Clou sind die Kartenfunktionen der einzelnen Tiere. So kann man zum Teil antizipieren, was der Gegner für Möglichkeiten hat und darauf mit den Tierfähigkeiten reagieren. Beispielsweise kann das Nashorn eine offene Karte beim Gegner unter eine andere seiner Auslage verschieben. So wird punktuell Bedrohung aus dem Geschehen genommen. Die vielen Bedingungen sind zwar schnell gelernt, sie aber erfolgreich ins Kartenlegen umzusetzen, bedarf einiger Erfahrungsrunden. Das Spiel wird zunehmend raffinierter und steigert so den Spielspaß. Auch wenn Stichspiele üblicherweise bei drei oder vier Personen gut funktionieren, so können hier zwei Spieler spannend ihre Kräfte messen. Ergänzende Regeln erlauben ein Spiel mit mehreren, aber „Awimbawé“ ist als Duell konzipiert und da funktioniert es gut.

pen


THE ACADEMY: Flexibilität wird gefordert

Verlag: Amigo
Autor: Manny Dominguez
Illustration: Dennis Lohausen
Zielgruppe: Stichspieler und Absolventen einer Akademie
Anzahl/Alter: 3-4 Spieler ab 10 Jahren
Art: Stichspiel mit Rollentausch

Vier Kartenbilder zeigen Rollenzuweisungen. Captain, Mastermind, Teamplayer oder auch Rebel (Englisch wie auch die anderen Rollen!) sind dabei. Sie haben unterschiedliche Aufgaben im Stichspiel zu erfüllen, um eine Auszeichnung am Rundenende zu erlangen. Gespielt wird mit Stichkarten in vier Farben, die unterschiedliche Disziplinen einer magischen Akademie widerspiegeln wie beispielsweise der „Silly Walk“ bei den kultigen Künsten.

Beim Vorspiel werden zwei Bedingungen festgesetzt. Aus vier Karten bestimmt der Mastermind eine von zwei. Er kann nach Sichtung der eigenen Karten den Trumpf festlegen oder eine Sonderregel wie beispielsweise das verdeckte Spielen eigener Handkarten bestimmen. Es gibt etliche Möglichkeiten zur Auswahl, die fast alle den Mastermind bevorteilen. Das ist auch bitter nötig, denn er hat es im folgenden Stichspiel besonders schwer. Die zweite Vorgabe, also die, die nicht vom Mastermind festgelegt wurde, bestimmt der Teamplayer. Danach beginnt ein Stichspiel mit den üblichen Regeln des Vorspielens, Bedienens, Trumpfens, etc. Stiche werden gesammelt und am Ende deren Anzahl gezählt. Captain und Teamplayer gewinnen jeweils eine Auszeichnung, wenn sie gemeinsam mehr Stiche als Mastermind gesammelt haben. Vice versa bekommt Mastermind seine Auszeichnung. Und das vierte Rad am Wagen, der Rebell, erhält eine Auszeichnung, wenn er drei verschiedene Farben in seinen Stichen hat. In jeder neuen Runde wechselt die Rolle. Wer drei Auszeichnungen gesammelt hat, gewinnt das Gesamtspiel, wenn der zusätzlich noch das „Ass aus dem Ärmel“, das ist die violette 7, zieht, d.h. in einem eigenen Stich erobern konnte.

Während das normale Stichspiel seinen gewohnten und bekannten Verlauf nimmt, ist das Vorspiel hier das Salz in der Suppe. Der Mastermind hat den ersten Zugriff auf die Vorgabenkarten und kann da schon einmal gehörig in seinem eigenen Sinne gestalten. Aber auch das ist kartenabhängig, welche der vier Karten gut oder überhaupt zu den eigenen Handkarten passt. Vom Spielgefühl ist „The Academy“ vergleichbar mit Skat, bei dem derjenige, der das Reizen gewonnen hat, allein gegen die anderen spielt. Oder wie beim Doppelkopf, wenn einer ein Solo reklamiert. Zweifelsohne liegt hier ein Stichspiel für anspruchsvolle Spieler vor. Diese werden auf intelligente Weise gefordert. Thematisch ist alles in einem Harry Potter ähnlichen Sujet eingebettet. Ob das passt, ist Geschmackssache.

pen


MEISTER COUP: Spione auf Bündnissuche

Verlag: Funnyfox
Vertrieb: Asmodee
Autor: Alexandre Droit & David Paput
Illustration: Ulric
Zielgruppe: Stichspieler und Agententrupps
Anzahl/Alter: 3-6 Spieler ab 8 Jahren
Art: Stichspiel mit Koop-Partnern

Die vier Arten der Spielkarten zeigen etwas nebulös Agenten verschiedener Couleur. Da sind die Mantelkragen hochgeklappt, die Schlapphüte ins Gesicht gezogen oder der Gegner wird aus dem Augenwinkel beobachtet. Ein Stelldichein der Spione mit ungewissem Ausgang, das aber jeder zu manipulieren versucht.

Karten werden für acht Stiche verteilt mit der Konsequenz, dass bei weniger als sechs Mitspielern etliche Karten nicht im Spiel sind. Allerdings zeigen die Karten von den Rückseiten ihre Farbe. Das kann nützlich sein. Eine Farbe wird vorgespielt und es muss nicht bedient werden. Auch gibt es keinen Trumpf. Vielmehr versucht man, in einer Farbe eine Wert-Mehrheit zu arrangieren und mit seiner gelegten Karte dabei zu sein. Diejenigen, die daran beteiligt sind, erhalten eine Belohnung. Derjenige mit der höchsten Karte, darf sich eine beliebige aus dem gerade gespielten Stich herausfischen. Der Spieler mit dem zweithöchsten Wert bekommt die beiden niedrigsten Werte des Stichs. Die Karten werden offen gesammelt und zählen am Rundenende jeweils einen Punkt, plus die Diamanten, die auf den Bildern zu sehen sind. Diese sind spärlich verteilt, mal einer, mal zwei, mal drei. Das Besondere ist der (titelgebende) Meistercoup. Vier Karten in den vier Farben gelten als Coup, der notiert wird. Wer bis zum Spielende, nach drei Runden, dreimal den Meistercoup errungen hat, gewinnt sofort und vorzeitig. Da es möglich ist, während einer Partie auch mehr als einmal zu „coupen“, kann das frühzeitig geschehen. Ansonsten wird am Ende gezählt und es gewinnt die höchste Summe an Karten und Diamanten.

Es macht Sinn, dass der Gewinner nur eine Karte erhält, weil er diese aussuchen darf. Dabei wird auf Farbe und Diamanten geachtet. Der Zweitbeste muss bestimmte niedrigwertige Karten nehmen. Die sind meistens nicht unbedingt brauchbar, aber allemal besser als nichts. Das Arrangieren der Farbmehrheit ist der Clou. Da sind die erkennbaren Rückseiten der Handkarten der Mitspieler nützlich. Als Vorhand kann man da auf Gleichgesinnte hoffen oder gar provozieren, aber nur vage, denn es zählt nicht die Anzahl der Farbkarten, sondern deren Werte. Wer beim Kartenlegen hinten sitzt, hat viel Gestaltungsspielraum, um sich beim Kartengewinn zu beteiligen oder auch, wenn das nicht möglich ist, mit Luschen einen Gewinn für andere zu minimieren. Das gelingt um so besser, je mehr Karten man noch auf der Hand hält. Das Stichspiel ist wegen seiner Beliebigkeit beim Kartenlegen etwas ungewöhnlich und letztendlich wenig kalkulierbar. Dazu trägt auch bei, dass in kleiner Runde längst nicht alle Karten im Spiel sind. Das führt noch einmal zur Ungewissheit. Ein Blick auf die Gewinnkarten der Mitspieler hilft, um gegen diese zu spielen und deren weitere Gewinne zu minimieren. Das gelingt aber nicht immer. Mit hohen Kartenwerten ist jeder im Vorteil. Am besten wird „Meistercoup“ in großer Runde zu fünft oder sechst gespielt.

-pen