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Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 40

30. August 2023, 12:23

Zweier-Spiele

Die Gruppe der Pärchen-Spieler wird immer größer. Deshalb werden für diese Zielgruppe spezielle Spiele konzipiert und angeboten. Häufig sind das thematische Titel, die eine Geschichte erzählen. Aber auch in der Tradition von Mühle und Dame gibt es abstrakte Auseinandersetzungen, die neue Ideen aufweisen.


DISTRICT NOIR: Gerangel um die besten Bandenmitglieder

Chicago. Zeit der Prohibition. Zwei Kontrahenten werben um Clanmitglieder. Es gibt treue Verbündete, gefährliche Verräter oder Banden-Brüder, die nur als Mehrheit Erfolg garantieren. In einem tückischen Anwerbungsverfahren will jeder seinen Vorteil ausspielen. Oder einer besetzt en passant die drei Hauptgebäude: Rathaus, Polizeihauptquartier und Hafenhangar. Schon beherrscht man die Stadt und benötigt keine neuen Rekruten.

Verlag: Game Factory
Autoren: Nao Shimamura & Nobutake Dogen
Illustrationen: Vincent Roché
Zielgruppe: Gangsterbosse und die es werden wollen
Anzahl/Alter: 2 Spieler ab 10 Jahren
Art: trickreiches Bluff- und Sammelspiel

Das reine Kartenduell verläuft über vier Runden. In jeder hält jeder Spieler fünf Handkarten. Pro Zug wird lediglich eine der Handkarten in die Tischmitte gelegt und ergänzt dort die ausliegende Reihe. Mit der Zeit vergrößert sich das Angebot an Gangstern der unterschiedlichen Couleur. Zu einem beliebigen Zeitpunkt muss jeder einmal keine Handkarte spielen und dafür die letzten fünf ausliegenden Karten in sein Portfolio offen vor sich auslegen. Diese werden am Ende gezählt. Verbündete, die gut sind, und Verräter, die keiner haben will, zählen den aufgedruckten Wert positiv oder negativ. Die Punkte der Clans bekommt nur der, der eine Mehrheit dieser Farbgruppe gewonnen hat. Und dann gibt es noch die drei Gebäudekarten. Wer sie alle erobert, gewinnt sofort.

Spielidee ist, dass die eigenen Handkarten erst den Umweg über die Tischauslage gehen müssen, bevor sie für die eigene Endabrechnung gewertet werden. Es ist keineswegs sicher, dass gute Handkarten auch selbst gewonnen werden können. Darin liegt der Reiz. Durch geschicktes Ausspielen wird der Gegner verführt, seine fünf Karten zu nehmen. Da das jeder pro Runde nur einmal darf, hat der andere danach freie Hand. Aber der Gegenüber denkt genauso. Dadurch wird mit fast jedem Zug Spannung aufgebaut. Die Gewinnalternative mit den drei Gebäuden tut ihr Übriges. Das Spielgeschehen ist, ganz dem Thema angepasst, knisternd. Hinzu kommen eine sich am Sujet orientierende Grafik mit deutlicher Farbgebung und eine sehr kurze Regel. Das Spiel ist mein Favorit unter den Kartenspielen in diesem Jahr!

-pen


MINDBUG: Unter der Kontrolle von Aliens

Gut gegen Böse gibt es hier nicht. Gemein gegen Gefährlich entspricht schon eher der Wahrheit. Wilde Fantasy-Kreaturen werden befehligt und ins Kampfduell geschickt. Stärkewert und Fähigkeit machen jeden auch noch so exotischen Kombattanten einzigartig. Kein Kämpfer, auch der stärkste, ist immer der beste. Jeder zeigt Schwächen. Hinzu kommen die Mindbugs, von denen jeder der beiden Kontrahenten zwei hält. Wer einen einsetzt, übernimmt die Befehlsgewalt über den gerade vom Gegner ausgespielten Kämpfer. Das ist fies und gemein und steht jedem im kurzen Kampf zweimal zur Verfügung.

Verlag: Nerdlab
Autoren: C. Kudahl, M. Hegen, R. Garfield & S. Elias
Illustrationen: Denis Martynets
Zielgruppe: Fantasy-Fighter
Anzahl/Alter: 2 Spieler ab 8 Jahren
Art: klassischer Kartenkampf mit besonderem Twist
Sonderheit: empfohlen zum Kennerspiel des Jahres

Von den 48 Karten werden zehn an jeden Duellanten verteilt. Mit diesem schmalen Deck muss der Fight bestanden werden. Fünf Handkarten und ebenso viele im eigenen Nachziehdeck sind die Startvoraussetzungen. Entweder wird eine Charakterkarte ausgespielt oder in den Angriff geschickt. Die Spieler versuchen eine kampferprobte und gewinnversprechende Kampfreihe auszulegen. Zweimal im Spiel hat ein Spieler die Mindbug-Option. Dann wird ein gerade ins Spiel gebrachter Fighter des Gegners einfach übernommen und in die eigene Phalanx eingeordnet. Gerungen wird, bis die Lebenskraft erschöpft ist.

Der Spielrhythmus ist eher einfach. Die Stärkewerte der Karten ist eindeutig. Ein paar wenige Schlagworte erklären die Sonderfähigkeiten. Viel muss nicht gelernt werden. Allerdings ist der Twist mit den Mindbugs die große Unwägbarkeit im Spiel. Wann setze ich meine Vorteilskarten ein und wann wird es der Gegner tun? Diese stets im Raum schwebenden Fragen sorgen für Spannung und manch überraschende Wendung. Was will man mehr in einem guten Spiel? Die Illustrationen und Namen der Geschöpfe sind sehr fantasy-lastig. Mir gefällt’s.

-pen


PACIFICA: Die Stadt am Meeresgrund

Friedlicher Wettstreit. Obwohl in der Stadt unter Wasser in acht Kategorien gerangelt wird, gibt es keine Soldateska. Kampf und Vertreibung sind nicht auf der Tagesordnung. Vielmehr sind in Bereichen wie Bevölkerung, Architektur oder Wissen Mehrheiten zu erringen. Wer aktiv in einen Bereich investiert und eine gewisse Anzahl an Symbolen besitzt, erhält das Idol dieser Kategorie. Aber Idole können den Besitzer wechseln und sind erst bei einem hohen Wert an Symbolen ganz sicher. Ihre Anzahl bestimmt den Sieger.

Verlag: Kosmos
Autor: Matthias Prinz & Martin Kallenborn
Illustrationen: Amber Scharf
Zielgruppe: Unterwasserfreunde
Anzahl/Alter: 2 Spieler ab 10 Jahren
Art: Kartenlegen um Mehrheiten/Meerheiten 😉

Für alle Kategorien gibt es Spielkarten. Diese ziehen die Spieler nach eigener Wahl von den verschiedenen Stapeln und legen sie später offen auf der eigenen Spielhälftenseite an diese Kategorie an. So werden Mehrheiten aufgebaut. Aber nichts funktioniert gradlinig. Zur Aktivierung einzelner Karten müssen häufig Bedingungen erfüllt sein, d.h. auf anderen Karten anderer Kategorien müssen Symbole sichtbar sein. Solche Interdependenzen sind aber nie willkürlich, sondern eher themenlogisch. So wird beispielsweise für die Kategorie Architektur Vorbedingung im Bereich der Ressourcen erwartet. So ergeben sich viele Zusammenhänge, die gezielt und damit strategisch angegangen werden sollten.

Die Verquickungen der vielen Karten und das gleich in acht Kategorien macht den Reiz und auch die durchaus gegebene Komplexität des Kartenlegens aus. Da neue Karten stets verdeckt nachgezogen werden, muss bei allem strategischen Plan bisweilen auch taktisch reagiert werden. Informationen neuer Karten erfordern Flexibilität bei eigenem Vorhaben. Das macht den gesamten Spielablauf auch durch die Fülle der Möglichkeiten mannigfaltig. So wird Wiederspielreiz erhöht. Die Illustrationen romantisieren etwas das Leben unter Wasser zu einem schillernden Alltag. Gerade die Kategorie Stadtfeste mit bunt-schwebenden Luftballons und scheppernden Büchsen-Wurfbuden wollen so gar nicht zu einer Metropole tief unter der Wasseroberfläche des Pazifiks passen. Mich stört’s allerdings recht wenig.

-pen


QAWALE: 4 gewinnt

Autor: Romin Froger & Didier Lenain-Bragard
Illustrationen: France Design
Zielgruppe: Mühle- und Damespieler
Anzahl/Alter: 2 Spieler ab 8 Jahren
Art: „4 in einer Reihe“ neu interpretiert

Ganz klassisch: Schwarz gegen Weiß. Nein, doch nicht so klassisch, es existiert noch eine dritte, neutrale Farbe: Beige. Aufgabe ist es, in der eigenen Farbe vier Steine in eine Reihe zu bringen, beziehungsweise eigene Steine oben auf Stapeln zu haben, so dass die 4er-Linie sichtbar gebildet wird. Eingesetzt und gezogen wird auf einem engen 4×4-Felder-Quadrat.

Clou ist zunächst einmal, dass beim Einsetzen eines eigenen Steins nicht auf ein leeres Spielfeld eingespielt werden darf. Deshalb stehen zu Beginn in den Ecken Zweier-Türme der neutralen Farbe. Nach dem Einsetzen eines Steins wandert der so erhöhte Turm waagerecht und/oder senkrecht weiter und hinterlässt auf jedem Feld einen Stein, bis er ganz abgebaut ist. Da jeder nur acht Spielsteine besitzt, ist spätestens nach 16 Zügen Schluss. Wer zuvor die Siegbedingung erfüllt, gewinnt sofort.

Von Anfang an ist Dynamik im Spiel, da immer wenigstens zwei, meistens mehr Steine über die enge Fläche verteilt werden. Die beiden Kontrahenten müssen höllisch aufpassen, wie sie ihre Steine setzen und bewegen. Wer zuerst etwas übersieht, also einen Fehler macht und dem Kontrahenten eine Vorlage verschafft, verliert im Regelfall. Das macht aber nichts, denn durch die Spielkürze wird garantiert vom Verlierer eine Revanche-Partie gefordert, der sich keiner verweigern wird. Das Steine-Schieben ist ein typisches Spiel aus der Kategorie „Leicht zu spielen aber schwer zu meistern“. Sehr schön ist das Spielmaterial. Die Holzsteine erinnern an flache Flusskiesel, die in der Hand schmeicheln und sich trotzdem problemfrei stapeln lassen.

-pen