Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 4

21. Juni 2020, 14:47

In regelmäßigen Abständen werden wir auf toys-kids.de Brettspiel-Rezensionen von Spieleexperte Peter Neugebauer präsentieren. Immer frisch. Immer aktuell.

„COLOR BRAIN“ IST WISSENS- UND FARBENSPIEL ZUGLEICH

Verlag: Game Factory
Autor: Tristan Williams
Design: Big Potato Games & Game Factory
Zielgruppe: Familien und Erwachsene
Anzahl/Alter: 2-12 Spieler ab 12 Jahren
Art: Quizspiel
Neuheit: Essen 2019
Sonderheit: empfohlen von der Jury „Spiel des Jahres“

Frage- und Antwortspiele sind so alt wie geselliges Spielen. Quiz-Ideen gab es auch schon weit vor dem modernen Klassiker TRIVIAL PIRSUIT. Diese Grundidee wird immer wieder variiert und so dem Geschehen eine neue Facette abgewonnen. Das gilt auch für COLOR BRAIN.

Wie es der Titel schon verrät, dreht sich alles um Fragen, deren Antwort stets eine oder mehrere Farben sind. So wird z.B. nach den Taxis in New York, London und Rom gefragt. Dass die erste Antwort Gelb und die zweite Schwarz ist, dürfte fast allen klar sein. Wer weiß aber, dass in Italiens Hauptstadt weiße Taxis fahren? Die Antwort gibt jeder mittels Farbkarten, von denen man einen Satz mit elf verschiedenen auf der Hand hält. Die Antwort muss immer exakt alle Farben beinhalten. Nur dann ist sie richtig. Teilwissen führt hier nicht zum Ziel. Als kleine Hilfe bekommt man bei der Frage mitangezeigt, wie viele Farbkarten denn verlangt werden. Noch ein Beispiel: Häufigste Farben von Paprika? Vier Farben sind gesucht.

Wer Quizspiele liebt, wird COLOR BRAIN mögen. Die Erfolgsquote ist recht hoch. Punkte erheischt man aber nur, wenn ein anderer mit seiner Antwort falsch lag. Deshalb funktioniert das Spiel besonders gut zu viert. Sind noch mehr Spieler am Tisch, spielt man in Teams. Dann erlebt man eine interessante Kommunikation, wenn die Spieler sich untereinander nonverbal austauschen und auf die Lösungskarten tippen, bevor mit ihnen die Antwort gegeben wird. Die Fragen sind pfiffig und sprechen jede Altersgruppe an, so dass weder Jung noch Alt übervorteilt wird. Ach so, die Paprikafarben sind natürlich Gelb, Orange, Rot und Grün. (pen)

IN „PARKS“ BESUCHT MAN GROSSARTIGE NATIONALPARKS

Verlag: Feuerland
Autor: Henry Audubon
Grafikdesign: Mattox Shuler & J.P. Boneyard
Zielgruppe: Familien und Erwachsene
Anzahl/Alter: 1-5 Spieler ab 10 Jahren
Art: Reisespiel
Neuheit: Nürnberg 2020

Reise- und Wanderspiele haben eine einfache Struktur. Man will von A nach B gelangen. Dabei gibt es vielfältige Fortbewegungsmechanismen. Und es muss nicht unbedingt das Ziel sein, zuerst anzukommen. Manchmal lohnt der Aufenthalt an Zwischenetappen, denn dort kann Interessantes entdeckt werden.

So ist es hier. Jeder schickt zwei Wanderburschen auf den Pfad. Die Vorbewegung ist beliebig lang, man kann aber nie zurück. Das gilt es zu bedenken. Unterwegs werden auf den einzelnen Feldern Marker eingesammelt, die z.B. für eine schöne Aussicht oder Erholung am See stehen. Marker dürfen bei Tierbeobachtungen in Joker getauscht werden. Auch Fotos sollten geschossen werden, um Zusatzpunkte zu erringen. Wer seine Kamera dabei hat, ist im Vorteil. Am Ende des Ziels können die gesammelten Marker in eine Karte eines Nationalparks eingetauscht werden. Das bringt Siegpunkte. Da man aber mehrmals auf die Strecke geschickt wird, könnte man sich gerade zu Beginn auch Ausrüstung erkaufen, die in der Folgezeit Vorteile erbringt.

Die Laufstrecke wird immer anders ausgelegt, so dass man sich den Gegebenheiten anpassen muss. Auch die Jahreszeit spielt eine Rolle, weil diese unterschiedliche Wettermarker ins Geschehen mischt. In großer Runde bekommen die Lagerfeuer, die Rast erlauben, entscheidende Bedeutung. So ist jede Wanderung eine kleine logistische Aufgabe, wie man ein Optimum erzielen kann. Taktische Entscheidungen führen zum Erfolg. Der Mechanismus ist zwar abstrakt, dafür sind die Kartenmotive gelungen in Szene gesetzt. PARKS ist also auch ein schönes Spiel, ein sehr schönes sogar. (pen)

„ROBOTER“ MAL SCHNELL, MAL LANGSAM

Verlag: Nürnberger-Spielkarten-Verlag
Autor: Reinhard Staupe
Grafik: Oliver Freudenreich
Zielgruppe: Kinder und Familien
Anzahl/Alter: 2-6 Spieler ab 5 Jahren
Art: Kartenspiel
Neuheit: Nürnberg 2020
Sonderheit: nominiert für das „Kinderspiel des Jahres“

Karten sind als Spielutensil vielfältig nutzbar. Sie können beispielsweise wie ein kleiner Spielplan ausgelegt werden. Und wenn darauf noch eine Start-Ziel-Strecke abgebildet ist, dann ist die Spielkarte von allseitigem Interesse.

Insgesamt zwölf große Karten mit verschieden geformten und verwinkelten Wegen, dazu jedes Mal mit etlichen Zwischenstopps stehen zur Verfügung. Ein Spieler, der Roboter, bekommt zugelost, welches Etappenziel erreicht werden muss und wie schnell er sich bewegen darf: im Schneckentempo, normal oder raketenschnell. Dann sagt dieser aktive Spieler lediglich „Beep“ und seine Reise beginnt. Beim zweiten „Beep“ ist der Roboter bei seinem Ziel angelangt. Es ist nun die Aufgabe der anderen, zu erraten bzw. zu erahnen. Wo denn nun der Roboter steht. Es wird keine Figur bewegt, alles findet in den Köpfen statt. Für gute Tipps gibt es blaue Bonus-Chips. Gemeinsam will man den Highscore erreichen.

Diese kooperative Spielidee lebt von dem noch sehr unverbrauchten Mechanismus, dass man ein Zeitgefühl entwickelt. Wie tickt der aktive Spieler, ist die stets neu herauszufindende Frage. Da dieser aber ständig wechselt, ist es immer eine neue Herausforderung. Mit der Zeit wird eine Spielrunde besser. Für jüngere Kinder gibt es vereinfachte Regeln und wer mag, kann auch in Konkurrenz spielen. In welcher Spielweise auch immer, ROBOTER funktioniert prächtig. (pen)

„MY CITY“, JEDER BAUT SEINE STADT

Verlag: Kosmos
Autor: Reiner Knizia
Illustration: Michael Menzel
Zielgruppe: Familien und Erwachsene
Anzahl/Alter: 2-4 Spieler ab 10 Jahren
Art: Legacy-Spiel
Neuheit: Nürnberg 2020
Sonderheit: nominiert zum „Spiel des Jahres“

Die Legacy-Idee, das etwas vererbt wird, ist noch recht jung im Spiele-Genre. Der Ansatz ist, dass die Ergebnisse aus einer ersten Partie auf eine zweite und alle weiteren übertragen wird. Da werden dann schon Mal neue Felder auf den Plan geklebt und dadurch andere Bedingungen geschaffen. Auch kommen andere Regeln und Spielelemente hinzu, alte Grundregeln braucht man dann nicht mehr. Das Spiel wächst mit der Zeit.

Jeder erhält seinen persönlichen Spielplan mit Bäumen, Steinen, Wäldern, Gebirge, einem Fluss. Alles ist mit einem Quadratraster überzogen. Hierauf werden Gebäude gesetzt. Das sind Plättchen, wie man sie aus TETRIS kennt. Eine Spielkarte gibt vor, welches Teil alle Mitspieler wählen und anbauen müssen. Das sind identische Voraussetzungen. Da aber jeder seine eigene Auslage legt, unterscheiden sich die einzelnen Städte, die entstehen, schnell. Felsbrocken will jeder überbauen, Bäume erhalten und vor allem möglichst viele Gebäude unterbringen. So kommt es zum Ende hin zu Engpässen, die den Punktunterschied ausmachen. Schon die zweite Partie verläuft anders, weil der Sieger als Malus einen weiteren Fels zugewiesen bekommt und die Verlierer als Boni neue Bäumchen pflanzen dürfen.

Insgesamt werden 24 Spiele durchgespielt, die eine komplette Geschichte von den Anfängen über Industrialisierung bis hin zum Wohlstand erzählen. Das ist ein episches Erleben, das nicht an einem Abend oder Wochenende durchgespielt ist. Die Zufriedenheit aller Beteiligten ist am Ende enorm groß, auch bei denen, die nicht gewonnen haben. Die Herausforderung, sich jedes Mal taktisch und manchmal auch strategisch neu zu sortieren, macht den Spielreiz aus. Wer hier Flexibilität zeigt, wird die beste, schönste, erfolgreichste Stadt gebaut haben. Wer will, kann noch ein Permanent-Spiel auf der Planrückseite ausprobieren, das aber nicht das Feeling der Gesamtkampagne vermittelt. Trotzdem, MY CITY lässt sich mit einem Wort beschreiben: Grandios! (pen)