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Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 28

11. Juli 2022, 9:25

Erlebnisspiele

Im Spiel wird immer wieder Erlebnis und Abenteuer gesucht und gefunden. Dabei sind die Spielgeschichten häufig in exotischen Welten eingebettet, in die normalerweise keiner gelangen kann. Deshalb reizen die Themen, sei es im Orient, in der Südsee, im Himalaya oder ganz banal im Hinterhof wo Waschbären rangeln.


INSELN AUS 1001 NACHT: Fantastischer Orient

Verlag: Ludonaute
Vertrieb: Huch!
Autor: Antoine Bauza & Bruno Cathala
Illustration: Marie Cardouat
Zielgruppe: Familien
Anzahl/Alter: 2-5 Spieler ab 7 Jahren
Art: Puzzlespiel mit Wegschnapp-Momenten

Der Orient ist bunt und exotisch. Auf den Spuren von Sindbad dem Seefahrer sucht jeder nach all den Schätzen aus der Märchenwelt: Wunderlampen, Edelsteine, Elefanten, oder sagenumwobene Vögel mit ihren Rieseneiern. Auch Räuber tauchen auf, eher zum Ärgernis. All das ist auf Inseln zu entdecken und zu gewinnversprechenden Kombinationen zusammenzupuzzeln.

Jeder bastelt an seiner Insel aus einem 3 x 4 Plättchen-Raster. Gemäß der Mitspielerzahl sind Kärtchen im Angebot. Ein Startspieler wählt das erste und darf bestimmen, wer das nächste Plättchen nimmt. Der letzte Spieler einer Nimm-Runde deckt wieder neue Quadrate auf und ist nun als erster am Zug. Bei solcher Vorgehensweise schaut jeder ständig, was oder was nicht er den anderen gönnen möchte. Mit den Kärtchen wird eine Insel gebildet und viele orientalische Dinge, Tiere, Fabelwesen tummeln sich auf den Bildern. Diese müssen nun zu Aufgabenkärtchen passen, von denen jeder vier während des Spiels erhält. Ganz im Sinne der Vorgaben versucht jeder nun, seine Insel zu optimieren.

Die Punktvergabe gefällt hier sehr, weil sie nicht eindimensional ist. Es gibt schöne Feinheiten, wenn plötzlich nicht die Vorderseiten, sondern die Rückseiten mancher Auslagekärtchen zählen. Häufig wächst die Punktausbeute mit der Anzahl der Symbole. Je mehr Elefanten, desto besser. Bisweilen geht es aber auch umgekehrt. Da erzielt eine einzelne Schlange den großen Treffer, mehrere reduzieren die Punktausbeute drastisch. Weil die Aufgabenkärtchen recht verschieden sind, schielt jeder nach den Begehrlichkeiten seiner Mitspieler, um ihnen wertvolle Beute wegzuschnappen, möglichst noch mit eigenem Gewinn. Es geht recht turbulent zu. Was noch besonders gefällt, ist die Identifizierung mit verschiedenen Spielerrollen, überwiegend People of Colour.

-pen


SÜDSEESTAPELEI: Geschickt mit Strandgut balancieren

Verlag: Haba
Autor: Günter Burkhardt
Illustration: Stephanie Böhm
Zielgruppe: Kinder, ältere Geschwister, Eltern
Anzahl/Alter: 2-5 Spieler ab 6 Jahren
Art: Stapel- und Jonglierspiel

Die Südsee, Traumwelt und Inselparadies. Und immer thront mitten auf dem Eiland ein riesiger Vulkan. An der Wasserkannte sammelt sich manches Strandgut. Von Seesternen und Krebsgetier bis zu Ankern oder gar Steuerrädern ist Vielfältiges dabei. Alles wird auf einem Floß gesammelt, zu einer Nachbarinsel transportiert und oben auf dem Bergplateau abgesetzt. Hoffentlich geht nichts verloren. Darüber freut sich die Schwimmkröte Tilda.

Der Spieler am Zug wählt ein Fundstück von der Insel mit dem Floß, legt dieses auf das schmale Boot und balanciert es zu einer anderen Zielinsel. Das Strandgut ist sehr ungleichmäßig geformt, so dass sich mehrere dieser Stücke gar nicht leicht auf dem Floß stapeln oder ineinander verzahnen lassen. Das Floß ist eher überschaubar groß und recht schnell kommt ein wackliger Turm aus verschiedenen Elementen zusammen. Das Gebilde muss dann stets oben auf der Vulkanspitze der Zielinsel abgeliefert werden. Für erfolgreiches Jonglieren gibt es Muschelpunkte und wenn das Floß gar schon überquillt, werden noch Boni versprochen. Wenn etwas herunterpurzelt, freut sich Tilda und der Spieler geht in dieser Runde leer aus.

Stapeln, Jonglieren, Balancieren sind die Kernelemente, die hier verlangt werden. Jüngere Kinder können ihre Feinmotorik schulen und verfeinern. Aber auch taktisches und geschicktes Vorgehen beim Aufeinanderschichten der verschiedenen Elemente ist gefordert. So wird erstes Wissen um Stabilität und Statik gelernt. Auch ältere Kids und Erwachsene werden angesprochen und erleiden bisweilen früher als die Jüngeren Schiffbruch. Die Einbettung in ein Südseeabenteuer gelingt nur bedingt, denn fliegende Flöße von Vulkanzipfel zu Vulkanzipfel sind doch eher im Bereich der Fantasie einzuordnen. Das Spielen mit den z.T. großen griffigen Strandgut-Teilen aus Holz ist dann wiederum das große Plus bei diesem Spiel.

-pen


YAK: Mit Zugtieren auf dem Dach der Welt

Verlag: Pretzel Games
Vertrieb: Asmodee
Autor: Michael Luu
Illustration: Chris Quilliams
Zielgruppe: Kinder und Jugendliche im besten Brettspielalter
Anzahl/Alter: 2-4 Spieler ab 8 Jahren
Art: Tausch- und Bauspiel

Gebirgsdörfer hoch im Himalaya. Unzugängliche Wege können nur von Yak-Gespannen überwunden werden. Immer wieder zieht Nebel auf und Mensch und Tier verlieren die Orientierung. Deshalb gilt es, farbenprächtige Steintürme zu errichten. Diese sind ein sichtbarer Fixpunkt. Das Ziel ist ausgegeben. Durch Handel entsteht Wandel: Hohe Sichtmarken, die Sicherheit und Fortschritt versprechen.

Vier Händler ziehen mit ihren Karren, gezogen von Yaks, von Spieler zu Spieler. Im Angebot sind ein paar Grundnahrungsmittel wie Brot oder Milch. Dazu gibt es wertvolles Baumaterial in bunten Farben. In den Runden entscheidet jeder, ob er am Markt einkauft, vom Händler Lebensmittel erwirbt oder eigene Nahrungsmittel gegen die wertvollen Steine für den Turmbau eintauscht. Beim Einkauf des Baumaterials achtet man auf möglichst einheitliche Farbgebung der Steine. Da es aber insgesamt acht Farben gibt, entsteht ein bunter Farbmix im Signalturm, wobei auf gleiche Farben nebeneinander zu achten ist, denn sonst gewinnt keiner einen Blumentopf. Das Angebot der Händler, die Handelstabus und die Zugreihenfolge, die durch gelegentliche Nebelaktionen aufgewirbelt wird, sind Herausforderungen auf den abgelegenen Hochebenen des Himalayas.

Das Spiel verläuft recht flüssig. Mit nur drei Aktionskarten bleibt die Eingriffsmöglichkeit bei jedem Zug überschaubar. Gutes Gelingen verlangt aber Voraussicht. Welcher Händler besucht die Dörfer, was hat er an Bord, womit kann man bei ihm bezahlen und vor allem, wie sieht das Angebot am folgenden und darauf anschließenden Tag aus? Das gilt es ins Kalkül zu ziehen. Dabei bleibt der Spielverlauf leicht, weil alles harmonisch ineinandergreift. Trotzdem wird der im Vorteil sein, der vorausschaut. Grandios ist das Spielmaterial. Die Yaks, deren Karren, die Handelsware und auch die Dorftableaus sind von selten erlebter Qualität. Wenn bei köstlicher Speise das Auge mitisst, so ist der optische und haptische Anreiz hier ebenso. Er begleitet das Spielerlebnis und fordert geradezu dazu auf.

-pen


RACCOON ROBBERS: Vorsicht, Waschbären-Alarm!

Verlag: Pegasus
Autor: Klaus-Jürgen Wrede
Illustration: Dennis Lohausen
Zielgruppe: Fans von Waschbären und deren dreistem Humor
Anzahl/Alter: 2-4 Spieler ab 8 Jahren
Art: Mensch-ärgere-dich-nicht modern interpretiert

Den Hinterhof flankieren drei Häuser. Die Waschbären tummeln sich an den Fassaden. Im Wettstreit will jeder hoch hinaus, um so seinem Boss Vorteile beim Wettlauf zur goldenen Mülltonne zu verschaffen. Immer wieder kommt es zum Gerangel. Die putzigen Bären sind eigentlich fies drauf und schubsen, wo sie können und zwar immer den Gegner hinunter von hohen Balkonen oder gar dem Dachfirst. Die Bosse stehen dem nicht nach und scheuchen andere zurück, wenn sie dasselbe Feld auf dem Weg zum Ziel erreichen.

Es gibt vier Rennstrecken, die drei Häuserfassaden und den Weg zum Ziel für den Waschbär-Boss. Auf Einzelfeldern ist keiner sicher, nur die wenigen Gemeinschaftsfelder bieten Schutz. Kartenmoderiert geht es voran. Ein paar Felder vor, andere verdrängt und zurückgeschubst oder auch der Sprung aus großer Höhe in den Innenhof. Dann darf der eigene Boss vorziehen, mit Geschick und Glück bis zu fünf Felder weit. Aber die goldene Mülltonne ist weit entfernt und bis dahin gibt es Überholmanöver und viel Gerangel.

Der Mechanismus mit den Karten ist raffiniert. Da es drei Häuser gibt, wetteifert mancher manchmal allein, was zum eigenen Vorteil genutzt werden kann. Aber bitte nicht zu gierig sein, denn plötzlich huscht doch wieder ein gegnerischer Bär vorbei. Das ist dann das Mensch-ärgere-dich-nicht-Feeling, u.U. sogar mit Kettenreaktion. Kartenmanagement muss geplant sein. Egal, wie viele Karten ausgespielt werden, es werden immer nur genau zwei nachgezogen. Und schließlich sind die sicheren Gemeinschaftsfelder anzustrebende Zwischenziele, dann von hier wird nicht verdrängt. Viele Holz-Waschbären tummeln sich auf den schräg stehenden Häuserfronten. Das lässt das Spiel in einer 3D-Kulisse geschehen, auch wenn das Thema etwas abgedreht erscheint.

-pen