Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 12

3. März 2021, 10:46

In regelmäßigen Abständen präsentieren wir auf toys-kids.de Brettspiel-Rezensionen von Spieleexperte Peter Neugebauer. Immer frisch. Immer aktuell.

Kartenspiele sind sehr vielfältig. Viele Klassiker können mit den bekannten Spielkarten, also mit Kreuz, Herz, Pik und Karo gespielt werden. Moderne Kartenspiele variieren die bekannten Ideen oder bringen ganz neue Rhythmen in den Ablauf. Darüber hinaus erfreuen bunte Kartenbilder das Geschehen.

VERSCHIEDENE NAGETIERE MACHEN „FETTE BEUTE“

Verlag: Amigo
Autor: Andy Niggles
Illustrationen: Christine Deschamps & Maeva Da Silva
Zielgruppe: Familien mit Freude an turbulenten Abläufen
Anzahl/Alter: 3-6 Spieler ab 8 Jahren
Art: Sammel- und Ärgerspiel

Eichhörnchen machen fette Beute. Sie sammeln Nüsse als Wintervorrat. Aber auch Waschbär, Hamster, Murmeltier und Biber mischen mit. Das gibt ein munteres Treiben um die besten Eicheln, Kerne und Nüsse.

Jeder Spieler ist mit den fünf Nagern ausgestattet. Diese haben unterschiedliche Funktionen bei der Jagd nach Vorräten. Pro Runde spielt jeder zwei seiner Karten aus und deckt sie dann der Reihe nach auf, um den Vorteil zu erheischen. Das Hörnchen nimmt eine Karte vom Stapel, der Waschbär stibitzt bei einem Mitspieler, es sei denn, dass der einen Hamster aufdeckt und sich so vor dem Angriff schützt. Ein Murmeltier wiederholt die zuvor aufgedeckte Karte und der Biber, wenn er denn alleine ist, also kein anderer auch einen Biber gelegt hat, hortet gleich drei Nüsse vom Vorratsstapel. Bei den Nüssen gibt es verschiedene Sorten und wer fünf Karten einer Art gesammelt hat, gewinnt sofort.

Interessant bei diesem kurzen Kartenlegen sind die zwei Phasen. Zunächst ist jeder darauf bedacht, seinen Vorrat zu vergrößern. Das gelingt vor allem mit Eichhörnchen in Kombination mit Murmel und bei etwas Glück mit dem Biber. Ab dem Mittelspiel wird es turbulenter. Da will der eine oder andere auch schon Mal in fremden Gefilden räubern. Gelingt das, hat das zwei Effekte. Der Gegner wird dezimiert und der eigene Vorrat aufgefüllt und das auch noch bei freier Wahl: Ein schnelles, turbulentes Ärgerspiel für die ganze Familie mit stimmigen Kartenbildern. (pen)

„HULA HOO!“: EIN WETTSTREIT MIT DEM HULA-REIF

Verlag: Drei Hasen in der Abendsonne
Autor: Jacques Zeimet
Illustrationen: Melanie Garanin
Zielgruppe: Familien mit Freude an schnellen Legespielen
Anzahl/Alter: 2-6 Spieler ab 8 Jahren
Art: freches Abwurfspiel

Tiere im Wettstreit. Vom Wurm bis zum Elefanten treten sie gegeneinander an. Bei der Hula-Hoop-Meisterschaft dreht jeder seinen Reifen um den Körper. Mal mit ausgestreckten Armen oder Hälsen hoch in der Luft, mal geschickt mit den Füßen unten am Boden. Aber immer muss sich der Reifen drehen, sonst scheidet man aus. Da hat der Winzling die gleichen Chancen wie die hoch aufragende Giraffe.

Die Tiergröße wird durch eine Kartenzahl symbolisiert. Von „1“ bis „13“ staffeln sich die Werte. Die mittlere „7“ gilt als Joker, der gleich doppelt so oft im Spiel vorkommt wie alle anderen Zahlen. Auf einen Abwurfstapel werden die Karten einzeln gelegt. Der aktive Spieler bestimmt, ob der Nachfolgende einen höheren oder niedrigeren Wert legen muss. Wer nicht mehr spielen kann, scheidet aus. Er hat seinen Hula-Reifen verloren. Da ist es natürlich angesagt, bei niedrigen Werten weiter niedrig und bei den hohen Zahlen höhere Werte zu verlangen. In solch brenzligen Situationen retten die Joker, von denen jeder bestimmt einige auf der Hand hält, weil sie so häufig im Spiel stecken. Eine zweite Kontermöglichkeit ist das Doppeln. Dann wird die gleiche Zahl gelegt. Mit dem Legen eines Nachbarwertes wird dieser Rhythmus wieder aufgebrochen. Wer zum Schluss übrig bleibt, also nicht ausgeschieden ist, gewinnt so viele Punkte, wie es Karten im Abwurfstapel gibt.

In größerer Runde ist es Ziel, möglichst schnell die Gegner herauszukicken. Das gelingt, wenn man bei den Extremwerten die Richtung verlangt, die kaum noch erfüllt werden kann. Hier helfen in der Regel nur noch Joker. Eigentlich ist die Anzahl der zugeteilten Joker der Garant für langes Überleben. In kleiner Runde gibt es einen interessanten Effekt. Weil die Anzahl der Karten im Abwurfstapel die spätere Punktzahl bestimmt, versuchen gut aufgestellte Spieler erst einmal den Stock aufzufüllen, indem sie belanglose Kartenwerte mit leicht zu erfüllenden Vorgaben abwerfen. Dann zieht das Spiel plötzlich an. Hoffentlich wird der schnelle Showdown noch überlebt. Wegen dieser Eigendynamik gefällt mir das Spielen in kleiner Runde besser. Sie witzigen Tierillustrationen erhöhen den Spielspaß. (pen)

 

„HAGAKURE“: STICHELN UM BESTE PUNKTE

Verlag: Board Game Box
Autor: Frank Crittin & Grégoire Largey
Illustrationen: Claire Conan
Zielgruppe: Freunde von Stichspielen
Anzahl/Alter: 3-5 Spieler ab 10 Jahren
Art: Stichspiel-Variante mit Tiefgang

Einfache Bewohner wie Samurai treten auf den Plan. Sie Rangeln um die Hoheit. Dabei gibt es Überraschungen. Hagakure, das Buch der Samurai, soll zur Erkenntnis führen. Das gilt auch für den Spielverlauf.

Die kleinen Kartenwerte sind grün und stehen für die Bewohner. Die hohen roten Werte symbolisieren die Samurai. Unter diese haben sich drei alte Schelme mit den Wert „0“ gemischt. Sie können alleine nie einen Stich gewinnen. Eine Karte wird vorgespielt und die anderen ergänzen beliebig. Nur wenn eine rote Karte angespielt wurde, müssen die folgenden Spieler mit Rot nachziehen. Der höchste Wert gewinnt. Da jeder nur vier oder fünf Karten zugeteilt bekommen hat, gibt es entsprechend wenig Stiche. Wer überhaupt keinen Stich erobern konnte, muss sich zwei Minuspunkte notieren. Alle anderen erhalten pro Stich einen Punkt und der kleinste Samurai zählt auch noch einen Punkt. Mit Bonuskärtchen darf vor einer Stichrunde signalisiert werden, dass man sich weiteren Punktgewinn erhofft. Erst am Ende wird deutlich, ob der Vorteil auch ausgeschüttet wird.

Wer Stichspiele mag, wird dieses Spiel lieben. Das liegt am Minimalismus, der zunächst entdeckt, dann aber für sich genutzt werden kann. Die Begrenzung auf wenige Stiche gekoppelt mit den Minuspunkten, wenn man keinen Stich ergattert, fordert scharfes Kalkül. Das Spiel mit den alten Schelmen, bei denen nur der zweite oder dritte in einem Stich zum Zuge kommt, ist eine permanente Bedrohung bei jeglichem Ausspielen. Die reduzierte Punktvergabe hält die Spielrunde dicht beieinander, so dass das Ergebnis immer wieder kippen kann. Es macht richtig Spaß und führt vielleicht wirklich zu neuer Erkenntnis. Die japanisch anmutende Kartengrafik passt zum Gesamtgefüge. (pen)

„COYOTE“ TRICKST DIE SPIELER AUS

Verlag: Heidelbaer
Autor: Spartaco Albertarelli
Illustrationen: Zona Evon Shroyer
Zielgruppe: abgebrühte Zocker
Anzahl/Alter: 3-6 Spieler ab 10 Jahren
Art: schnelles Bluffspiel

Pokerface und richtiges Feeling sind das Salz in diesem Spielgeschehen. Gebote werden formuliert und müssen erhöht werden. Die spielrelevante Zahlengrenze darf dabei nicht überschritten werden. Wer sich verzockt, verliert eine Runde, aber noch nicht das Spiel. Er erhält den Coyoten, der ihm in der Folgerunde hilft und dabei mächtig tricksen kann.

Die Gesamtsumme mehrerer Karten muss erahnt werden. Jeder sieht nur einen Teil der Zahlen und zwar die der Mitspieler und nie die eigene. Dazu liegt eine weitere Karte verdeckt in der Tischmitte. Alle Werte müssen aufaddiert werden. Vertrackt sind die Extreme, die Summen auch schon mal reduzieren. Reihum wird eine immer höher werdende Zahl genannt, bis angezweifelt wird. Nun wird aufgedeckt und kontrolliert. Der Verlierer des Anzweifelns büßt eines von drei Leben ein, erhält dafür aber den Coyoten. Der Gewinner bekommt das Recht, in Zukunft einmal die verdeckte Karte in der Tischmitte anzuschauen. Das ist ein schöner Bonus. Ziel ist es, als Letzter im Spiel zu bleiben und alle anderen herausgekegelt zu haben.

Das Spiel plätschert, wenn die Gebote einfach immer um „1“ erhöht werden. Der Verlauf nimmt Fahrt auf, wenn spekuliert und geblufft wird. Da hilft es vor allem, wenn man Kenntnis der Extremwerte und der verdeckten Karten hat. Der Coyote unterstützt dabei. Es knistert, wenn scheinbar unmögliche Zahlenwerte mit festem Blick und sattelfester Stimme verkündet werden. Solche Momente sind Spannung pur. Gelobt werden muss die Machart von Schachtel und Karten. Sie glitzern im Bronze-Druck und zeigen in der Motivik Bezüge zur nordamerikanischer Eingeborenen-Kultur. Das passt zum Titel und der Sonderkarte Coyote. (pen)