Anzeige

Smarte Entscheidung – Smart-Toys und Co.

28. Januar 2019, 14:47

Digital oder klassisch, eine Gewissensfrage, die sich viele Eltern bei der Auswahl des Spielzeugs ihrer Kinder stellen. Fällt die Wahl schließlich auf Smart-Toys und Co. ist der verantwortungsbewusste Umgang damit entscheidend. Digital Detox heißt das Zauberwort.

„Viele Eltern assoziieren digitales Spielzeug mit Plastik und lauten Geräuschen“ Zur Autorin: Ingetraud Palm-Walter ist Erzieherin, Fachwirtin für Sozialwesen, Vorstand beim spiel gut Arbeitsausschuss Kinder-spiel+Spielzeug e.V. und seit über 30 Jahren aktiv in der Spielzeugerprobung

Teddybären, die Geschichten vorlesen können, Eisenbahnen, die entsprechend ausgelegter Schienen stoppen oder in die Waschstraße fahren, eine Digitalkamera mit der man außer fotografieren auch noch Spiele machen kann bis hin zu smartem Spielzeug, das direkt mit dem Internet verbunden werden kann. Das Spielzeugangebot wird immer vielfältiger: technisch, elektronisch, digital, smart. Doch alles zu seiner Zeit meinen die Eltern und greifen doch (wieder) gerne zu klassischem Spielzeug. Viele, auch Technikbegeisterte und kritiklos Wunscherfüllende wurden durch smarte, internetfähige Spielzeuge wie die Puppe Cayla („Spielzeug, das funkfähig und zur heimlichen Bild- und Tonaufnahme geeignet ist, ist in Deutschland verboten“) aufgeschreckt. Über den Kanal, über den diese Spielzeuge Zugriff auf Informationen nach außen haben, über diesen können sich Unbefugte auch Zutritt nach innen, sprich in die Privatsphäre eines Haushaltes und zu den Kindern direkt verschaffen. Aufgeschreckt werden, heißt nachdenken und die eigene Einstellung und den Informationsstand überprüfen.

Da merken schon viele, auch digitalaffine Eltern, dass digitales Spielzeug ein Mehraufwand an Vorbereitung, sogar Einarbeitung und Auseinandersetzung mit den Funktionen bedeutet. Wenn ein Kind den richtigen, sicheren und auch eigenverantwortlichen Umgang damit lernen soll, braucht es das Vorbild und die Hilfestellung der Eltern. Was zunächst wie eine Entlastung daherkommt, weil Kinder sich alleine mit dem Spielzeug beschäftigen wollen und können, ist bei genauer Betrachtung doch keine, weil Eltern sich mit dessen Funktionen und möglichen Risiken auseinandersetzen müssen.
Dies ist aber nicht der einzige Grund, der Eltern dafür gerne zu klassischem Spielmaterial greifen lässt. Laut einer Umfrage assoziieren viele Eltern digitales Spielzeug mit Plastik und lauten Geräuschen. Diese „voreingestellten“ Funktionen, Geräusche und Töne empfinden sie als zu spieleinengend und laut. Sie befürchten eine Reizüberflutung und stellen fest, dass die Kinder nach der Beschäftigung damit oft aufgedreht und unausgeglichen sind. Vielen stellt sich die Frage, ob Kinder mit digitalem Spielzeug noch ihre Selbstwirksamkeit erfahren können. Da digitales Spielmaterial einen hohen Anreiz auf Kinder ausübt und die Befürchtung besteht, die Kinder könnten so zu Außenseitern werden, wenn sie von digitalem Spielzeug fern gehalten werden, stimmen auch skeptische Eltern einem Kauf zu. Denn die Angst, ihre Kinder könnten den Anschluss verpassen, ist groß.
Bei qualitativ gutem digitalen Spielzeug erhoffen sich Eltern hauptsächlich einen Lerneffekt: Zahlen, Mengen, Rechnen, Buchstaben sowie Sachwissen über Tiere und vieles mehr sind Themen, die Eltern gerne spielerisch vermittelt sehen wollen. Zudem sollen die Kinder zum einen den Umgang mit digitalen Medien, zum anderen deren Konsum aber auch selbst einschränken lernen. Allerdings erst im Grundschulalter.
Auch das Thema Nachhaltigkeit kann zu einer Abwehrhaltung gegenüber digitalem Spielzeug beitragen, denn gerade unter elektronisch aufgepeppten oder digitalen Produkten findet sich vieles, das nur kurzzeitig interessant ist und daher bald wieder auf dem Müll landet.
Natürlich kann die digitale Welt, und das wissen die meisten Eltern, das Spielen im Garten und das Treffen mit Freunden nicht ersetzen und so versuchen sie, die Anschaffung von digitalen, elektronischen und Smart-Toys hinauszuziehen. Wenn sie dann aber glauben, es nicht mehr verhindern zu können, greifen sie zu qualitativ hochwertigen Produkten mit logischem Lernaufbau.
Im Spiel mit klassischem Spielzeug sehen Eltern eine Grundlage für soziales Lernen und die Entwicklung von Kreativität. Denn nach dem berühmten Satz „begreifen kommt von greifen“ machen Kinder vielfältigere Sinneserfahrungen. Und auch der Erwerb von Kernkompetenzen wie differenzierte Wahrnehmung, Konzentration, Neugier, Ausdauer, das Zuordnen von Unbekanntem zu schon Bekanntem (kategorisieren), das Erlernen exekutiver Funktionen, Spannungen aushalten und vieles mehr werden eher analogem Spielzeug zugeschrieben. Und Kinder brauchen das selbstbestimmte Spielen zum psychischen Ausgleich, um Erlebnisse verarbeiten zu können und ein Gefühl der Verbundenheit mit anderen Menschen zu entwickeln. Sich im Spiel vergessen können, hat entspannenden Charakter, denn das Kind gibt Tempo und Richtung vor und nicht das Spielzeug. Gemeinsames Spielen bietet ein anderes Spielerlebnis als gemeinsam am Tablet zu sitzen. Mit klassischem Spielzeug wird mehr und anders kommuniziert und interagiert. Vor allem deshalb legen Eltern laut Umfrage großen Wert auf klassisches Spielzeug. Nicht die Lerneffekte sind das Wichtigste, sondern dass Kinder spielerisch die eigenen Interessen finden, dass Spannung und Entspannung sich im Gleichgewicht halten und dass sie mit Hilfe des Spiels immer wieder zu einer inneren Ausgeglichenheit finden.