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Shoppen Mädchen anders? – Ein Kommentar von Dr. Gunnar Mau

31. Mai 2016, 14:34

Unabhängig vom Geschlecht sehen Kinder die Welt mit eigenen Augen – und häufig ganz anders als Erwachsene das tun. Der Grund liegt in den sich noch entwickelnden Gehirnen und ist in den Kompetenzen begründet, die Kinder erst noch erwerben müssen. Dr. Gunnar Mau zeigt auf, was in den Köpfen der Kids passiert und welche äußeren Faktoren tragende Rollen beim Einkaufsprozess spielen.

Wenn Kinder einkaufen, dann unterschätzen sie häufig nicht nur die Risiken, die mit einem Kauf verbunden sind, sondern sie treffen auch Kaufentscheidungen, die Erwachsene nicht immer ganz leicht nachvollziehen können. Aber kaufen alle Kinder auf die gleiche Art und Weise? Oder sind Mädchen eine ganz spezielle Zielgruppe?
Unsere Forschungsgruppe an der Universität Siegen untersucht genau solche Fragen. Wir möchten wissen, wie Kinder ihre Entscheidungen treffen und wie sie sich zu kompetenten Kunden entwickeln. Aktuell haben wir dafür in einer Studie über 400 Kinder zu ihrem Verhalten und ihren Gewohnheiten beim Einkaufen befragt und zusätzlich haben wir sie in Beobachtungstudien beim Einkaufen begleitet. Zusammen mit Ergebnissen weiterer Studien können wir auf diese Weise einen detaillierten Blick in das Einkaufsverhalten der Kinder werfen – und auch eine besondere Zielgruppe beleuchten: Mädchen.
Egal welches Geschlecht sie haben, wirken Kinder bereits ab dem Alter von etwa einem Jahr auf Kaufentscheidungen ihrer Eltern ein: Sie artikulieren Wünsche und beeinflussen Erwachsene in deren Käufen. Allerdings beginnen sie in der Regel erst zwischen dem sechsten und achten Lebensjahr damit, eigene Kaufentscheidungen aktiv zu treffen – wobei hier bereits erste Geschlechterunterschiede zu erkennen sind, denn Mädchen beginnen damit etwas früher als Jungen. Dabei steht ihnen oftmals ein beachtliches Budget zur Verfügung: Beispielsweise bekamen fast alle Kinder in unserer Stichprobe Taschengeld, das von über 80 Prozent der Kinder auch als ausreichend beschrieben wird. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Eltern im Bedarfsfalle auch Sonderwünsche mit ihrem Geld erfüllen. Die Kids Verbraucheranalyse 2012 beziffert die jährlichen Einnahmen der Sechs- bis Dreizehnjährigen durch Taschengeld oder kleine Zuverdienste auf insgesamt 1,85 Milliarden Euro, das entspricht etwa 27 Euro im Monat pro Kind. Was mit diesem Geld geschieht und welche Produkte die Kinder davon kaufen, ist wiederum auch vom Geschlecht abhängig.
Tatsächlich interessieren sich Mädchen und Jungen nicht nur für unterschiedliche Dinge, sondern sie kaufen auch anders ein. Das beginnt bereits damit, dass Mädchen in der Regel Materielles weniger wichtig ist als Jungs: Während Marken, Statussymbole und Spielsachen, die Macht oder Wettbewerb ausdrücken, vor allem Jungen interessieren, zählt für Mädchen eher die Verbindung zu anderen und das Zusammengehörigkeitsgefühl. Dies drückt sich in vielen Aspekten des Einkaufens aus: Mädchen gehen häufiger gemeinsam mit Freundinnen oder der Mutter einkaufen, sie besprechen dabei ihre Kaufentscheidungen und zeigen auch eher als Jungs durch Geschenke und Mitbringsel, dass sie an die Freundinnen oder Geschwister gedacht haben. Für Mädchen haben soziale Netzwerke auch während des Einkaufens eine größere Bedeutung als für Jungen. Durch Fotos und Nachrichten, die zum Beispiel über Apps in Mobiltelefonen geteilt werden, holen sich Mädchen während des Einkaufs den Rat auch von Freundinnen, die sie gerade nicht beim Shoppingtrip begleiten. Daneben spielen für Mädchen vor allem Spielzeuge eine Rolle, mit denen sie ihr eigenes Bild von sich selbst unterstreichen wollen: Das machen sie somit nicht nur vor allem mit Kleidung und Kosmetik, sondern auch mit dem Plüschtier und der Anziehpuppe.
Ein weiterer Aspekt ist bei Mädchen früher ausgeprägt als bei Jungen: Sie nutzen Produkte – und vor allem Spielzeug, um sich mit bestimmten Rollen zu identifizieren und von anderen Altersstufen abzugrenzen. Dieses Verhalten wird im heterogenen Kaufwunsch nach Kleidung/Kosmetik und Plüschtier deutlich: So zeigen Studien, dass sich Mädchen im Übergang zur Adoleszenz bewusst von ihren Anziehpuppen aus der Kindheit abgrenzen, diese teilweise sogar zerstörten oder verunstalteten. Stattdessen wenden sie sich Produkten oder Marken zu, die sie mit dem Erwachsenwerden verbinden oder ihnen als Rollenvorbild dienen.
Tatsächlich sind Mädchen also eine spezielle Zielgruppe, die andere Erwartungen an Spielzeug und an das Geschäft hat als Jungen. Die es aber auch zu schätzen wissen, wenn ihre Bedürfnisse aufgegriffen werden und das mit Loyalität zu Marken und Stores belohnen.