Messen: Welcome to NEW YORK!
Greg Ahearn ist seit dem 1. Juni 2024 der neue CEO und Präsident der in New York ansässigen Toy Association. Im Interview mit Astrid Specht beschreibt er, welche Themen ihm und dem Verband wichtig sind, welche Rolle Online-Plattformen wie Temu für Produktsicherheit in den USA spielen und weshalb sich eine Teilnahme an der New York Toy Fair 2025 auf jeden Fall lohnen wird.
Greg, Sie sind seit dem 1. Juni der neue CEO von TA. Wie war Ihr Einstieg?
Großartig! Für jemanden wie mich, der schon lange in der Branche tätig ist, sowohl in der Produktion als auch im Einzelhandel, ist es aufregend, denn in dieser Rolle habe ich die Möglichkeit, mit einer Vielzahl toller Unternehmen in Kontakt zu treten – von bekannten Großunternehmen bis hin zu aufstrebenden Firmen, sowie Lizenzgebern, Lieferanten und Einzelhändlern. Sie alle sind Teil des Verbandes. Eines der ersten Dinge, die ich tat, war, speziell die aufstrebenden Unternehmen anzusprechen, um zu verstehen, was wir besser machen können, und um einen besseren Einblick in die Bedürfnisse unserer Branche als Ganzes zu bekommen. Vieles, was ich gehört habe, wird sich direkt auf die künftige Ausrichtung und die Initiativen des Verbandes auswirken.
Wie geht es der US-Spielwarenindustrie aktuell?
Ich glaube, man könnte den Zustand als konservativ optimistisch bezeichnen. Unsere Mitglieder haben große Hoffnungen für die bevorstehende Weihnachtssaison, da wir die letzten Auswirkungen von Covid auf die Verbrauchernachfrage und die Lieferkette hinter uns gelassen haben. Die Branche erlebte in dieser Zeit einen großen Aufschwung, da die Menschen zu Hause blieben, was zu einigen herausfordernden Umsatzvergleichen führte, während wir uns nach vorne bewegen. Insgesamt deuten die jüngsten Umsatzdaten unseres Partners Circana darauf hin, dass die zusammengesetzte Wachstumsrate in den letzten vier Jahren für die Branche sehr gesund war und dass wir zu Beginn des vierten Quartals zu einem normaleren Umsatzzyklus zurückkehren. Ich denke, die Unternehmen sind vorbereitet und bereit, den Aufwärtstrend fortzusetzen, sind aber aufgrund der bevorstehenden Wahlen im November etwas vorsichtig, da dies das Verbraucherverhalten in der Weihnachtszeit vermutlich beeinflussen wird.
In Deutschland erleben wir gerade, wie einige KMUs, darunter bekannte und etablierte Unternehmen, aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage schließen, Insolvenz anmelden oder Mitarbeiter entlassen. Ist das ähnlich in den USA?
Meiner Meinung nach hat es in der Spielwarenbranche schon immer Konsolidierungen gegeben, entweder durch Übernahmen oder als Ergebnis von Verkaufstrends. Viele Unternehmen haben sich neu positioniert und bereiten sich jetzt auf die diesjährige Weihnachtssaison vor. Ich denke, dass wir auf einer sehr soliden Basis stehen, aber da es sich um eine sehr saisonabhängige Branche handelt, müssen sie weiterhin flexibel bleiben und bereit sein, schnell zu reagieren, wenn sich das Verkaufsumfeld ändert.
Abgesehen von diesen kurzfristigen Aspekten, schauen viele auch auf die mittel- bis langfristigen Entwicklungen. Eine, die für die Spielwarenbranche in den kommenden Jahren problematisch werden könnte, sind die sinkenden Geburtenraten weltweit. Wie schätzen Sie diesen Einfluss auf den Einzelhandel in den USA ein?
Jeder in der Branche sollte sich der makroökonomischen Faktoren und der demografischen Trends bewusst sein. Aber was wir im ersten Quartal hier in den USA gesehen haben, war, dass es das erste Quartal überhaupt war, in dem die Erwachsenen die größte Käufergruppe für Spielzeug waren. Dies ist ein sehr positiver Trend für unsere Branche, die damit ein ergänzendes Verbrauchersegment zu den traditionellen Kindersegmenten aufbaut..
Sie sprechen vom „Kidult“-Trend, richtig?
Genau! Dieser Trend ist sehr positiv für unsere Branche, denn er zeigt, dass klassische Marken und lizenziertes Spielzeug eine viel größere Anziehungskraft haben als ursprünglich angenommen. Grundsätzlich gilt: Je größer die Attraktivität der Marken, desto besser für unsere Branche. Ich glaube jedoch nicht, dass dies jemals die Geschenkesaison für Kinder ersetzen wird. Und wie wir schon immer gesehen haben, werden Eltern immer einen Weg finden, um Geschenke für ihre Kinder zu kaufen.
Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach Online-Plattformen wie Temu und Shein in diesem Zusammenhang?
Als Verband für den US-Markt setzen wir uns zu voll und ganz für die Sicherheit von Spielzeug ein. Die Online-Plattformen können durchaus Spielzeug verkaufen, das absolut sicher ist. Aber es gibt auch Drittanbieter auf diesen Plattformen, die möglicherweise nicht dieselben Standards erfüllen und die Sicherheitstests bestehen, die für den US-Markt vorgeschrieben sind. Ich denke, die Verbraucher müssen sich dessen bewusst sein.
Aber wie groß ist dieses Bewusstsein bei den US-Verbrauchern dafür, insbesondere bei den Eltern?
Ich glaube, viele sind sich dessen sehr wohl bewusst, aber es kann noch mehr getan werden, auf mehreren Ebenen. Die erste Ebene ist die Gesetzgebung.Wir arbeiten derzeit an der Verabschiedung des „Safe Shop Act“, der der speziell auf Fälschungen und Drittanbieter abzielt, die keine Prüfverfahren durchlaufen und keine sicheren Produkte verkaufen. Die zweite Ebene ist die Aufklärung der Verbraucher, insbesondere in der Shopping-Hochsaison. Die Toy Association klärt die Verbraucher darüber auf, worauf sie bei Spielzeug achten müssen, um sicherzustellen, dass es für den US-Markt zugelassen ist. Auf diese Weise wollen wir sie davor schützen, fälschlicherweise unsicheres Spielzeug von Drittanbietern auf diesen Plattformen zu kaufen.
Einige Eltern, die bei Temu einkaufen, scheinen das Problem zu unterschätzen. Sie sagen, sie hätten bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht und die Produkte wären so günstig, dass sie alles kaufen möchten, was sie und ihr Kind wollen. Es scheint ganz so, als ob der Preis wichtiger ist als Sicherheitsbedenken …
Das kann schwierig sein, denn es gibt einige Anbieter, die gefälschte Produkte herstellen, die von den Originalen kaum zu unterscheiden sind. Diese „ Look-alike“-Spielzeuge sind jedoch nicht den erforderlichen Tests und Zertifizierungen unterzogen worden. Und wir wissen aus eigener Erfahrung, dass im Falle eines Problems mit einem solchen gefälschten Spielzeug die gesamte Branche verantwortlich gemacht wird, nicht nur der Lieferant. Deshalb müssen wir als Vertreter der Branche entschlossen bleiben und alles in unserer Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass jedes Spielzeug auf dem US-Markt sicher ist, getestet wurde und alle Vorschriften erfüllt. Diejenigen, die das nicht tun, sollten nicht auf dem Markt sein, egal über welchen Vertriebsweg. Wir müssen aggressiv und entschlossen handeln, um die Zahl der Unfälle mit gefälschtem Spielzeug zu minimieren. Denn einer ist bereits einer zu viel.
Der DVSI, das Pendant zu TA in Deutschland, und TIE, der europäische Spielzeugverband, arbeiten an ähnlichen Konzepten wie Sie. Wie eng werden Sie mit beiden zusammenarbeiten?
Wir arbeiten in enger Partnerschaft mit DVSI, TIE und den anderen Verbänden und arbeiten in dieser und anderen internationalen Fragen intensiv mit ihnen zusammen. Ich denke, es ist sehr wichtig, gute Beziehungen zu allen Märkten weltweit zu unterhalten, um unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen.
Sprechen wir über die Toy Fair New York, die vom 1. bis 4. März 2025 stattfinden wird. Im letzten Jahr gab es etwas Aufregung um das Event. Können Sie bestätigen, dass die New York Toy Fair weiterhin in New York stattfinden wird, oder gibt es noch Pläne, sie an einen anderen Ort zu verlegen?
Die Toy Fair New York wird auch weiterhin in New York stattfinden. Es ist ein wichtiger Termin, zu dem unsere Branche zusammenkommt, und sie ist nach wie vor eine der führenden nordamerikanischen Fachmessen für Networking und Austausch innerhalb der Spielwarenbranche. Mit Herstellern, Einzelhändlern, Lizenzgebern und Zulieferern, die die Gelegenheit nutzen, sich in New York zu treffen, und mit der Finanz- und Medienbranche, die ebenfalls in New York ansässig ist, wird die Toy Fair der Ort bleiben, an dem sich die gesamte Branche in kurzer Zeit trifft, um zu kaufen, zu verkaufen, zu netzwerken und unsere Produkte und natürlich auch die Menschen der Branche zu feiern. Und 2025 wird ein großes Event werden! Nächstes Jahr findet sie vom 1. bis 4. März statt, und in den Folgejahren wollen wir sie schrittweise auf ihren traditionellen Termin Mitte Februar zurückverlegen.
Es gab Feedback nach den letzten beiden Messen wonach viele Teilnehmer den Eindruck hatten, die TFNY wäre zu einer hauptsächlich inländischen Angelegenheit geworden. Welche Bedeutung hat die Messe für Europa und insbesondere für die DACH-Region?
Die Toy Fair New York ist seit jeher ein wichtiger Anlaufpunkt für die internationale Spielwarenbranche und wir erwarten auch im Jahr 2025 eine starke internationale Beteiligung. Die US-Aussteller bilden das Herzstück der Messe, aber es gibt Hersteller, Einzelhändler, Zulieferer und Lizenzgeber aus der ganzen Welt, die die TFNY nutzen, um ihre neuen Produkte und Ideen vorzustellen. Ich denke, die TFNY bietet den Menschen in der gesamten Branche die Möglichkeit, neue Unternehmen und Lizenzen zu entdecken. Die Nähe zu Europa und die Möglichkeit, in kurzer Zeit viele Kunden und Partner zu treffen, machen die TFNY zu einem „Muss“. Aber die Teilnahme an der TFNY geht weit über den Kauf und Verkauf von Produkten hinaus – es geht auch darum, die aktuellen Spielzeugtrends zu verstehen, die man nur sehen kann, wenn viele Hersteller an einem Ort zusammenkommen.
Wie planen Sie, sich von der Nürnberger Spielwarenmesse abzugrenzen – immerhin ist für die meisten Aussteller und Besucher Nürnberg die wichtigste Veranstaltung im Jahr? Warum sollten sie einen Monat später auch noch die NYTF besuchen?
Ich denke, es ist die Vielfalt der Aussteller in New York. Der Spielwarenverband hat über 850 Mitglieder, und ein großer Teil davon sind Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 20 Millionen Dollar. Genau hier findet Innovation statt, und es ist diese Sammlung frischer Ideen und Produkte, die die Leute Jahr für Jahr zur TFNY zurückkehren lässt. Die einzige Möglichkeit, diese Unternehmen zu entdecken, besteht darin, an der Toy Fair New York teilzunehmen. Wenn Sie nicht kommen, werden Sie diese Juwelen nicht finden – jemand anderes wird es tun.
Vielen Dank für das Gespräch, Greg!