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Messen – Markenspagat

13. Mai 2019, 15:41

Was prägt die Generation Z und wie wirkt sich das auf deren Kaufverhalten aus? Wie müssen Unternehmen und Marken mit dieser jungen Kundengeneration umgehen, um wahrgenommen zu werden? Mit diesen Fragen und mehr beschäftigte sich auch in diesem Jahr der Kongress Kids. Teens & Marke in Köln. TOYS-Redakteurin Astrid Specht war dabei.

Kinder und Jugendliche sind die Kaufkraft von morgen. Sie sollen und müssen langfristig unser Wirtschafts- und Handelssystem in Schwung halten. Im Unterschied zur vordigitalen Zeit müssen sich Unternehmen heute aber anders positionieren – aufwendiger, lauter, vor allem aber relevant –, um die Aufmerksamkeit dieser Generation zu gewinnen und sie nachhaltig an sich zu binden. Diese Erkenntnisse sind nicht neu, aber sie müssen weiter von Industrie und Handel verinnerlicht werden, so Charles Bahr in seiner Präsentation. Er ist 17 Jahre alt, erfolgreicher YouTuber, Youngfluencer und gehört seit der Gründung seiner Firma tubeconnect media zu den jüngsten Unternehmern Deutschlands. Unternehmen müssten verstehen, wie heiß umworben dieser neue, potenzielle Kundenstamm ist, wie gut es den meisten von ihnen geht und wie gleichzeitig die Globalisierung und der damit einhergehende Wandel und die Verunsicherung auf sie einwirken, sagt er. Hersteller und Händler müssten heute viel mehr investieren – Zeit, Geld und Personal – um ihre jungen Kunden nicht nur abzuholen, sondern auch, um einen festen Platz in deren randvoll gefüllten Alltagsleben eingeräumt zu bekommen.

Kaufen bedeutet inzwischen eben viel mehr als sich im Laden oder auf der Webseite nach dem gewünschten Produkt umzusehen und es an der Kasse zu bezahlen. Es soll ein Erlebnis sein – individuell und auf Augenhöhe. Überhaupt will die Generation Z ernstgenommen werden in ihren Wünschen, erläuterte Dr. Stefan Schiel, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts marketmind in Wien. Händler müssten davon ausgehen, dass viele der jungen Kunden vor dem Kauf lange recherchiert und Preise, Modelle und Angebote verglichen haben. Da funktioniert ein schablonenhaftes Verkaufsgespräch nicht. Vielmehr müssen Verkäufer zuhören und nachfragen, um diese Kunden zu verstehen und gegebenenfalls mit weiteren passenden Angeboten darauf zu reagieren.
Auch die anderen vortragenden Firmen, darunter Playmobil, Schleich, ergobag und die Astrid Lindgren Company aus Schweden zeigten, sie haben verstanden, dass sich ihr eigenes Markenverständnis an die Bedürnisse der Generation Z anpassen muss, um als Brand relevant zu bleiben.
Nicht einfach, insbesondere für etablierte Unternehmen, bedeutet dies doch Strukturen und Prozesse aufzubrechen, die bis vor wenigen Jahren noch für hohe Umsatzzahlen sorgten. Jetzt gilt es einen Drahtseilakt zu meistern, der, wenn er gelingt, eine massive Erweiterung der Zielgruppe bedeutet. Gabriel Ladwein, Product und Licensing Manager, und Lars Wagner, Vorstand Brand und Product Manager von Playmobil nannten dies in ihrer Präsentation die „Playmbolisierung“ der Marke. Für das Unternehmen aus Zirndorf gehört dazu der Erwerb von starken Lizenzthemen, wie zum Beispiel Dragons, Spirit oder Ghosbusters, der erste Playmobil-Kinofilm, der im August 2019 erscheint sowie die neue Markenpartnerschaft mit dem FC Bayern München.
Ähnliches berichtete auch Charlotte Busch, Produkt Manager bei Schleich. War die Marke bis 2016 für ihre naturgetreuen Tier-Miniaturen und eine eher nüchterne Kundenkommunikation bekannt, die sich hauptsächlich an den Handel richtete, so prästentiert sie sich heute emotional, online und an den Endverbraucher gerichtet. Junge Schleich-Fans könnten angefangen bei der Bettwäsche über Tassen, Stifte bis hin zu Magazinen und natürlich den Figuren selbst einen ganzen Tag mit den Produkten des schwäbisches Unternehmen ausfüllen. Auch Olle Nymann, Enkel von Astrid Lindgren und CEO der Astrid Lindgren Company (ALC) kennt den Markenspagat zwischen Vergangenheit und Zukunft. In seinem Talk präsentierte er, wie sich seine Firma dafür einsetzt, das kulturelle Erbe der schwedischen Autorin zu erhalten. Aber auch das gelänge nur, so Nymann, wenn man die heutige Zielgruppe nicht aus den Augen verlöre. Retro läge zwar einerseits im Trend – und daraus schöpft das Unternehmen zweifellos – andererseits müsse sich eine unaufhörlich in die Zukunft drängende Fan-Gemeinschaft auch darin wiederfinden. Der Vorteil der Inhalte, die die ALC schützt: Es sind zeitlose Geschichten, die sich mit dem Leben, mit Freundschaft und Familie, also mit dem Mensch-Sein an sich beschäftigen, was hoffentlich niemals an Wichtigkeit verlieren wird. Dennoch müssen dafür neue Medien und Plattformen gefunden werden. Und genau daran arbeitet das Unternehmen. Nymann beschrieb, wie beliebte Klassiker, zum Beispiel Ronja Räubertochter, zusammen mit dem erfolgreichen japanischen Animationshaus Studio Gibli für Netflix umgesetzt worden sind und dort sehr erfolgreich laufen. Zudem sind Bücher und Filme von Astrid Lindgren inzwischen fast alle digital beziehungsweise online erhältlich.
Weitere Schwerpunkten der Veranstaltung waren unter anderem die Themen Marke und Lizenz, Kinder-Medien sowie die Mediennutzung der Generation Z. Sie wurden unter anderem vorgetragen von YouTubern und Influencern sowie Vertretern von Brandora, Lizenzwerft, Sony Music und der WDR mediagroup.