Interview Greg Ahearn, US-Toy Association: „Immer proaktiv bleiben“

28. März 2025, 12:15

Greg Ahearn, seit 2024 CEO und Präsident der US-Toy Association hat sich bei der Spielwarenmesse in Nürnberg mit Astrid Specht getroffen, um über die Lage der Branche weltweit und speziell in den USA zu sprechen. Dabei kamen auch die – zu dem Zeitpunkt von der Trump-Regierung nur angekündigten – Zollerhöhungen zur Sprache …

Greg, wie fühlt es sich an, hier auf der Spielwarenmesse zu sein?
Es ist großartig! Wenn man hier auf der Messe ist, spürt man sofort die Energie, Leidenschaft und Kreativität der Spielwarenbranche – das ist etwas, das man in vielen anderen Industrien nicht findet. Ähnlich ist es auch auf der Toy Fair in New York. Was man sofort bemerkt, ist die positive Stimmung, die diese Branche prägt. Das sieht man in jedem Ausstellungsraum. Es ist schon auch interessant, die Messe aus einer anderen Perspektive zu erleben. Früher, als ich noch für verschiedene Hersteller gearbeitet habe, hatte man kaum die Gelegenheit, die Hallen auf einer Messe wirklich zu erkunden. Man ist mit den eigenen Ausstellungsräumen beschäftigt und hat nicht immer die Möglichkeit, sich einen Überblick über die gesamte Branche zu verschaffen. In meiner jetzigen Rolle sehe ich die Entwicklungen der ganzen Branche viel besser. Ich bekomme einen breiteren Blick auf das, was Unternehmen gerade interessiert, auf neue Produktlinien und die Trends, die aufkommen. Es ist eine unglaubliche Erfahrung und bestätigt einmal mehr, wie besonders diese Branche wirklich ist.

Wie sehen Sie die Zukunft der Spielzeugindustrie? Es gab gestern auf der Messe einige negative Zahlen und Bedenken über deren Genauigkeit, da bestimmte Vertriebskanäle in Deutschland anscheinend nicht berücksichtigt wurden?
Ich kenne mich im europäischen Markt nicht ganz so gut aus, aber hier in Nürnberg liegt der Fokus natürlich auf der DACH-Region. In den USA war der Markt leicht rückläufig oder flach. Insgesamt würde ich sagen, dass die meisten Unternehmen derzeit vorsichtig agieren. Ein positiver Bereich ist jedoch das Thema Lizenzierung und Unterhaltung. Diese Bereiche sehen für das kommende Jahr vielversprechend aus, was ermutigend ist. Ein großer Trend, über den derzeit alle sprechen, ist das Wachstum der sogenannten „Kidult“-Konsumenten. Wir erwarten, dass sich dieser Trend im ersten Quartal fortsetzt.
Ich persönlich habe keine Favoriten, aber ich habe mir zu Weihnachten ein Lego-Set gekauft – das „Jaws“-Set, mit Boot und Hai. Ich bin mit diesem Film aufgewachsen, also war das ein toller Nostalgie-Trip! Solche sammlergetriebenen Trends, bei denen sich Erwachsene selbst Geschenke machen, werden wohl weiter anhalten. Auch Komfortprodukte wie Plüschtiere bleiben beliebt – was auch Sinn macht, denn manchmal braucht man einfach etwas Weiches und Kuscheliges, um den Tag ein bisschen besser zu machen. Insgesamt würde ich sagen, dass die Stimmung für das kommende Jahr eher vorsichtig optimistisch ist.

In Deutschland war die Weihnachtszeit aus Spielwarensicht nicht überragend – es gab Last-Minute-Shopping am 23. Dezember, aber die Wochen davor waren eher ruhig. Wie war die Situation in den USA?
In den USA war es etwas anders. Ich würde sagen, die Saison war solide – gut, aber nicht überragend. Einzelhändler und Hersteller gingen vorsichtig vor und hielten ihre Zahlen zurück, um Überbestände zu vermeiden. In den vergangenen Jahren haben Unternehmen vielleicht aggressiver auf Last-Minute-Lieferungen gesetzt, um den Umsatz zu maximieren. In diesem Jahr konzentrierte man sich darauf, die Ziele zu erreichen, ohne zu viel Lagerware zu haben.
Bisher habe ich keine großen Sorgen über überschüssige Bestände gehört. Normalerweise würde man zu diesem Zeitpunkt schon Gerüchte hören, wenn es größere Überbestände gäbe, aber das ist nicht der Fall. Das deutet darauf hin, dass die Einzelhändler in einer guten Position sind, um nachzubestellen, was ein gutes Zeichen für den Jahresbeginn ist. Was ich hier auf der Spielwarenmesse gehört und gesehen habe, lässt auf eine positive Stimmung schließen.

Ich wollte auch das politische Klima ansprechen. Vor der Wahl haben Sie erwähnt, dass es schwierig werden könnte, falls Trump ins Amt zurückkehrt, insbesondere für Hersteller, die in China produzieren. Ich habe gehört, dass einige Hersteller bereits planen, Fabriken in Vietnam zu bauen, um mögliche Zölle zu umgehen. Wie ist die aktuelle Einschätzung dazu in den USA?
Eines ist sicher: Wir leben in einer Ära der Unvorhersehbarkeit. Politische Entscheidungen können sich schnell ändern. Schauen Sie sich an, was mit TikTok passiert ist – es wurde für sechs Stunden verboten und dann wieder freigegeben. Oder der Fall Kolumbien, wo ein 25-prozentiger Zoll angekündigt wurde und nach Verhandlungen wieder aufgehoben wurde.
Für die Toy Association sind Zölle derzeit das wichtigste Thema auf unserer Agenda. Wir haben uns aktiv mit der Regierung, Kongressabgeordneten und Handelspolitikern ausgetauscht. Unsere Position ist klar: Wir sind keine Handelsexperten, aber Spielzeug sollte sicher und erschwinglich für amerikanische Familien bleiben, und wir sind der Meinung, dass auf Spielzeug keine Zölle erhoben werden sollten. Spielzeug ist aus geopolitischer Sicht keine strategische Branche.

Hören Ihnen denn beide politischen Seiten zu?
Ja, absolut. Wir haben einen sehr proaktiven Ansatz gewählt. Wie mir einmal jemand gesagt hat: „Hoffen ist keine Strategie.“ Man kann nicht einfach abwarten und das Beste hoffen – man muss handeln. Wir haben eine klare Kommunikationsstrategie entwickelt, die wichtigsten Akteure identifiziert und frühzeitig Gespräche geführt. Interessanterweise gab es während der Trump-Administration einen ähnlichen Zollplan, der aber schrittweise eingeführt werden sollte. Spielzeug war in der dritten Tranche enthalten, die nie in Kraft trat.

Wenn wir uns für die Spielzeugindustrie einsetzen, betonen wir vier Hauptpunkte:

  • Kinderentwicklung: Spielzeug spielt eine wichtige Rolle für die emotionale, kognitive und körperliche Entwicklung von Kindern. Wir setzen uns dafür ein, dass nichts dem Zugang zu sicheren und hochwertigen Spielzeugen im Weg steht.
  • Wirtschaftliche Auswirkungen: Die Spielwarenindustrie arbeitet mit engen Margen. Zusätzliche Zölle könnten die Preise erhöhen und zur Inflation beitragen – etwas, das keine Regierung möchte.
  • Kleine Unternehmen in Gefahr: 96 Prozent der US-Spielwarenbranche besteht aus kleinen Unternehmen, sei es Hersteller, Fachgeschäfte oder Familienbetriebe. Zölle könnten diese Unternehmen dazu zwingen, Arbeitsplätze abzubauen oder sogar zu schließen.
  • Sicherheit: Ein weiteres großes Anliegen ist die Zunahme von gefälschten und minderwertigen Spielzeugen. Wenn Zölle die Preise für legitime Markenprodukte erhöhen, greifen Eltern möglicherweise auf billigere, unregulierte Alternativen zurück, die häufig die Sicherheitsstandards nicht erfüllen. Das möchte niemand – weder auf der einen noch auf der anderen Seite des politischen Spektrums.

Bisher hat jeder Gesetzgeber, mit dem wir gesprochen haben, anerkannt, dass wir ein starkes, logisches Argument haben. Während wir weiterhin hoffen, dass Spielzeug von neuen Zöllen ausgenommen wird, können wir aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Regierung keine Garantien abgeben. Was wir tun können, ist, weiterhin Lobbyarbeit zu leisten und sicherzustellen, dass unsere Stimme gehört wird.

ToyFair in New York

Ich kann mir vorstellen, dass Ihr Job mit all diesen Entwicklungen noch anspruchsvoller geworden ist.
Absolut! Wir haben mit einem Hafenstreik angefangen, dann kamen die Zölle – es war ein ständiges Hin und Her. Aber das ist es, wofür wir hier sind, und wir werden weiterhin hart für unsere Branche arbeiten.

Danke für das interessante Gespräch, Greg!
Sehr gerne!

toyassociation.org