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Menschen & Meinungen – Ich wollte immer entscheiden

2. Dezember 2019, 13:57

Er wechselte als junger Mann vom Marketing in den Vertrieb, weil er dort mehr Entscheidungskompetenz hatte. Diese Entscheidung erwies sich als richtig. Denn Karriere hat Wolfgang Stärk, langjähriger Vertriebsleiter bei Bruder Spielwaren, im Vertrieb gemacht. Ende dieses Jahres verabschiedet er sich aus dem aktiven Berufsleben. Was das bei Wolfgang Stärk bedeuten kann, verriet er Sibylle Dorndorf im Gespräch.

Herr Stärk, Sie stehen unmittelbar vor Ihrem wohlverdienten (Un)Ruhestand. Das ist eine Herausforderung. Vor allem für jemanden, der als Frontmann im Vertrieb weltweit unterwegs war, ist es sicher doppelt schwer runterzuschalten?
Ich würde sagen: Das Runterschalten ist einfach ungewohnt, wenn man ein Berufsleben lang gepowert hat. Aber es hat auch was für sich. Man sieht manche Dinge und Sachverhalte mit Abstand und aus dieser Distanz heraus findet man oft einen ganz neuen Blickwinkel, eine unerwartete Lösung. Wo man sich früher festgebissen hat, fällt einem heute manches „in den Schoß“.

Apropos Schoß: Werden Sie Ende des Jahres die Hände in denselben legen oder wie sieht Ihre Zukunft aus?
Mir wurde gerade in den letzten Jahren klar, dass ich gerne noch ein bisschen was „reißen“, mich neuen Herausforderungen stellen würde. Ich bin nicht der Typ, der alles aufgeschoben hat, um dann im sogenannten Ruhestand plötzlich zu reisen, Golf zu spielen, den Motorradführerschein zu machen oder was weiß ich nachzuholen. Ich habe mein Leben immer ganz gut getaktet. Ein Ausgleich ist mir immer gelungen. Und weil das so ist, habe ich schon noch Lust, ein wenig mitzumischen, wo auch immer.

Wolfgang Stärk folgte mit Entscheidungsfreude und Kompetenz immer seinem inneren Kompass

Da gibt es sicher eine ganze Menge. Denn in kaum einem Bereich hat sich so viel verändert wie im Vertrieb. Gerade Markenunternehmen mussten ihre Vertriebsstrategien in den letzten Jahren ständig auf den Prüfstand stellen und sich auf neue Herausforderungen einstellen. Sie waren fast 20 Jahre lang Vertriebsleiter bei Bruder Spielwaren, davor 15 Jahre bei Staedtler unter anderem verantwortlich für den Aufbau des SB-Geschäftes. Da sammelt sich viel Wissen an, man knüpft viele Kontakte …
Natürlich. Unsere Generation musste ganz schön viel stemmen. Die technischen Veränderungen waren ebenso vielfältig wie die im Markt. Telex, Teletex, Telebox, Mobiltelefone, Fax, Computer, Internet, Social Media … Die ganze Hartware des beruflichen Lebens hat man gemeistert, und in meinem Bereich musste man sich, wie Sie sagen, auch immer den veränderten Rahmenbedingungen stellen. Da bleibt man beweglich, ob man will oder nicht.

Was waren die größten Umbrüche und Challenges in dieser Zeit?
Das fängt bei den Begrifflichkeiten an: Vor 30 Jahren kannte niemand den Begriff Key Account oder Category Manager, dafür gab es Berufe, die heute ausgestorben sind. Evolution findet in allen Lebensbereichen statt. Familienbilder haben sich verändert, es gibt neue Formen des Zusammenlebens, daraus resultierend haben Kinder und Erwachsene neue Bedürfnisse entwickelt. All das muss man in meinem Beruf wissen. Der Handel hat sich professionalisiert, muss sich täglich neuen Herausforderungen stellen. Was uns allein die Digitalisierung abverlangt, ist enorm. Aber wenn wir die Lektion nicht lernen, haben wir verloren.