Markt für Konstruktionsspielzeug – Ein Platzhirsch behauptet sich

2. Dezember 2019, 14:42

Die meisten Spielzeuge konzentrieren sich auf eine bestimmte Zielgruppe – entweder geht es darum, welche Spielmöglichkeiten ein Spielzeug für das Kind bietet oder es geht darum, welche Lerneffekte das Produkt den Eltern verspricht. Konstruktionsspielzeug erfüllt beide Aspekte. Spielzeughersteller im Bereich Konstruktionsspielzeug konzentrieren sich oft ausschließlich auf den Spielaspekt des Kindes und vergessen dabei, wie wichtig es ist, auf den Entwicklungsaspekt des Produkts einzugehen, der für die Eltern oft eine große Rolle spielt. Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass dies ein fataler Fehler sein kann.

Lutz Muller ist Branchenexperte für die Spielwarenindustrie und war ab 1984 als CEO im Bereich Fertigung tätig. Sein Unternehmen Klosters Trading besteht bereits seit 1987, zu seinen Kunden zählen Führungskräfte von Spielwarenunternehmen sowie Finanzanalysten. Zweimal pro Monat veröffentlicht er auch Newsletter. Zu seinen Kontakten gehören Einkäufer der 30 größten Spielwarenhändler der 17 größten Märkte weltweit sowie zahlreiche chinesische Spielwarenproduzenten.

Konstruktionsspielzeug unterscheidet sich auch dadurch von anderen Spielzeugkategorien, dass es von einem einzigen Unternehmen dominiert wird. Lego ist der Platzhirsch – die namhaften Unternehmen Hasbro, Mattel und Spin Master haben versucht, sich zu behaupten, aber keiner konnte sich neben Lego einen Namen machen. Zwei Firmen haben schließlich bereits existierende Unternehmen gekauft, um sich Zutritt zum Markt zu verschaffen. Aber selbst das erwies sich als schwierig.
Playmobil wurde in diesem Vergleich außen vor gelassen, da das Unternehmen keine Bausteine im klassischen Sinne anbietet und daher eher mit Firmen wie Fisher Price in Konkurrenz steht, die ein traditionelles Produktsortiment für Vorschulkinder anbieten. Trotzdem hat Playmobil es in den USA geschafft, die Wal-Mart-Regale zu erobern – von den 15 gelisteten Artikeln waren zehn bis Ende August ausverkauft.
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch K‘Nex genannt, ein US-amerikanisches Unternehmen, gegründet im Jahr 1992, das als einziges noch in den USA produziert und seine Produkte auch nur dort vertreibt. Die Umsätze von K’Nex sind zu gering, als dass sie beim Vergleichen von Marktanteilen genannt würden. Das Unternehmen wurde 2018 von Basic Fun übernommen, jedoch hat diese Übernahme bisher keine weiteren Schritte nach sich gezogen.
Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der relevanten vier Unternehmen und wo sie heute stehen.

Lego

Das Unternehmen wurde 1932 in Dänemark gegründet und steht für den Beginn der Kategorie Konstruktionsspielzeug. Über die Jahre baute Lego diese Sparte alleine auf und hatte sich bis 1984 eine derart gute Marktposition erarbeitet, dass potenzielle Wettbewerber ins Spiel kamen. Dennoch wuchs das Unternehmen weiter und dominierte diese Spielzeugkategorie bis zur Jahrtausendwende. Dann beschloss das Management, dass zur Sicherstellung zukünftigen Wachstums eine groß angelegte Diversifizierung nötig sei. Leider war genau das Gegenteil der Fall und die Firma stand 2003 kurz vor der Insolvenz. 2004 fand ein Wechsel im Management statt, Jørgen Vig Knudstorp übernahm die Position des CEO. Seine Strategie, sich auf die Weiterentwicklung des Kernprodukts zu konzentrieren, ging auf – das Unternehmen bekam wieder Aufwind und steigerte seine Umsätze beziehungsweise die der gesamten Produktkategorie immer weiter. Knudstorp führte außerdem ein Lizenz-Programm ein, unter anderem mit Star Wars-Produkten.

Diese Strategie war außerordentlich erfolgreich und zugleich eine gute Möglichkeit, dem Innovationsauftrag der Spielzeugindustrie nachzukommen. Man kaufte einfach ein paar Filmlizenzen, produzierte einige Sets und schon hatte man eine Produktneuheit. Was Lego zu dieser Zeit noch nicht realisierte war, dass die Fokussierung auf Lizenzen immer mehr den Spielaspekt der Produkte in den Vordergrund rückte, und das auf Kosten des Lernaspekts.
Hinzu kam, dass die Actionfilme, auf denen die lizensierten Produkte beruhen, in immer kürzeren Abständen Fortsetzungen in die Kinos brachten, was zu einer Film-Müdigkeit führte. Das wiederum sorgte für schwächere Verkaufszahlen von Lego Produkten weltweit. Das Unternehmen passte seine Wachstumsziele nicht an diese Tatsache an, was dazu führte, dass der Handel mit Waren geflutet wurde, um die Umsatzrückgänge zu kompensieren. Der Einzelhandel allerdings akzeptierte nicht mehr Waren als nötig, was einen Rückgang der Umsatzzahlen im Jahr 2017 bewirkte. Lego reagierte darauf mit zweierlei Maßnahmen:

Grafik 1: Konstruktionsspielzeugmarkt USA

Grafik 2: Konstruktionsspielzeugmarkt Europa und Kanada

Zum einen wurde ein Kostensenkungsprogramm eingeführt, bei dem 1.400 Stellen gestrichen wurden. Zum anderen kam es im Bereich Produktinnovation zu einer Neuorientierung. Anstatt sich auf beliebte Kinofilme zu verlassen, setzte Lego wieder deutlich stärker auf die Entwicklung interner Produktneuheiten und rückte dabei den Lernaspekt seiner Produkte wieder mehr in den Fokus.
Ein Strategiewechsel, der Früchte getragen zu haben scheint – das Unternehmen ist heute wieder auf seinem gewohnten Erfolgskurs.

Mattel

2009 brachte Mattel eine Produktreihe namens Trio auf den Markt, die Lego sehr ähnlich war, jedoch erfolglos blieb. Einige Jahre später wurde sie wieder vom Markt genommen. 2014 übernahm Mattel dann die kanadische Firma Mega Bloks. Der einzige Konkurrent von Lego erzielte 2013 einen weltweiten Umsatz von etwa 300 Millionen US-Dollar (exklusive der Umsätze des Rose Art Bastelprodukts). Im Vergleich dazu verzeichnete Lego mit seinen Spielzeugen (ausgenommen Videospiele und ähnliches) im selben Jahr einen Umsatz von 3.300 Millionen US-Dollar.

2015 begann Mattel mit der weltweiten Markteinführung von Mega Bloks mit Lieferungen im Wert von 350 Millionen US-Dollar in diesem Jahr. Im darauffolgenden Jahr stieg dieser Wert auf 367 Millionen US-Dollar, allerdings spiegelte diese Zahl nicht die tatsächlichen Verkäufe wider – vielmehr war sie das Ergebnis einer aggressiven Erschließung neuer Verkaufsstellen, bei der die nötige Unterstützung durch Werbung fehlte, die normalerweise dafür sorgt, dass die Produkte auch tatsächlich verkauft werden. 2017 sanken die Lieferzahlen um etwa 27 Prozent und ein Jahr später um 28 Prozent. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass die Zahlen für 2019 wieder steigen werden, jedoch wird Mega Bloks im Bereich Konstruktionsspielzeuge in naher Zukunft keine Rolle mehr spielen.

Grafik 3: Konstruktionsspielzeugmarkt Asien-Pazifik und Afrika

Spin Master

Bis 2015 war Spin Master nicht im Bereich Konstruktionsspielzeuge aktiv, doch es war klar, dass diese Kategorie nicht nur sehr groß ist, sondern auch starkes Wachstumspotenzial besitzt. In der Monopolstellung, die Lego fast einnahm, sah man bei Spin Master die perfekte Gelegenheit für einen agilen Newcomer mit einem guten Produkt. So erschloss das Unternehmen den Markt 2015 mit der Übernahme von Meccano, einem französischen Hersteller, dessen Marke „Erector“ zwar einen guten Ruf in Europa genoss, in den USA aber weder Präsenz noch Markenbekanntheit hatte. Zur Zeit der Übernahme hatte Meccano ein geschätztes Umsatzvolumen von 40 Millionen US-Dollar.
Seitdem konnte Spin Master das Erector-Sortiment erfolgreich bei Toys‘R‘Us platzieren. Mit der Insolvenz des Spielzeugriesen im vergangenen Jahr kam diese Entwicklung allerdings komplett zum Stillstand. Spin Master schaffte es zwar mit der Präsenz bei Target einige der verlorenen Umsätze wieder reinzuholen, allerdings hat Erector dort nur eine sehr begrenzte Regalpräsenz. Momentan wird der weltweite Umsatz von Erector auf etwa 50 Millionen US-Dollar geschätzt.

Hasbro

Hasbro wagte 2011 den Eintritt in den Bereich Konstruktionsspielzeug mit Kre-O. Leider erfolglos, die Marke wurde 2018 wieder vom Markt genommen.

Globale Verteilung

Schaut man sich die Marktentwicklung im Bereich Konstruktionsspielzeug innerhalb der letzten Jahre an, sieht man anhand der Performance der verschiedenen Wettbewerber, wie stark die Unterschiede in der globalen Verteilung sind.