Lizenzen: Transparenz statt Farbenspiel
Trendig, farbenfroh, schnell und günstig zu haben. So ist Mode heute, zumindest wird das vor allem jungen Menschen suggeriert. Dabei geht jedoch unter, wie schädlich die modernen Produktionsprozesse der Mode- und Textilbranche für die Umwelt sind. Eine Tatsache, der sich auch die Lizenzbranche bewusst sein muss.
Problematisch sind vor allem die großen Mengen Wasser und die riesigen Anbauflächen für Baumwolle, die für die Textilherstellung benötigt werden. EU-Schätzungen zufolge werden für die Herstellung eines einzigen Baumwoll-T-Shirts circa 2.700 Liter Süßwasser benötigt, was der Menge Wasser entspricht, die eine Person in zweieinhalb Jahren trinkt. Insgesamt wurden nach Aussage der EU im Jahr 2015 in der weltweiten Textil- und Bekleidungsindustrie rund 79 Milliarden Liter Wasser verbraucht. Schätzungen der Ellen MacArthur Foundation zufolge liegt dieser Verbrauch inzwischen sogar bei über 93 Milliarden Liter Wasser – genug, um 37.200 olympische Schwimmbecken zu füllen. (Quelle: ellenmacarthurfoundation.org)
Doch nicht nur der Wasserverbrauch ist immens, auch die Verschmutzung des Wassers durch Textilfärbe- und Veredelungsverfahren stellt ein Problem dar. Die EU geht davon aus, dass 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung auf die Textilproduktion zurückzuführen ist. Hinzu kommt der CO₂-Fußabdruck: Die Modebranche ist für etwa zehn Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich – mehr als die internationale Luftfahrt und Seeschifffahrt zusammen. Doch damit noch immer nicht genug: Auch die Art und Weise, wie Menschen sich der Kleidung entledigen, die nicht mehr gefällt, hat sich verändert. Abgetragenes landet inzwischen viel häufiger auf der Mülldeponie als bei der Altkleidersammlung. So ist seit 1996 die Menge an Kleidung, die in der EU pro Person gekauft wird, infolge stark gefallener Preise um 40 Prozent gestiegen, was die Lebensdauer und Qualität der Kleidungsstücke verkürzt beziehungsweise stark herabgesetzt hat. Im Durchschnitt kauft jeder erwachsene EU-Bürger jedes Jahr fast 26 Kilogramm an Textilien, entsorgt davon aber nur elf Kilogramm per Kleiderspende. Ein großer Teil wird verbrannt oder landet auf Deponien. Weltweit betrachtet wird weniger als ein Prozent der Kleidung recycelt und zur Herstellung neuer Textilien verwendet. (Quelle: europarl.europa.eu/news)
Dieser Herausforderungen muss sich auch die Lizenzbranche bewusst sein gelten Lizenzprodukte, gerade auch in der Kategorie Fashion/Apparel fast schon als Umsatzgarant. Hier muss zwar gesagt werden, dass diese Kategorie nach Jahren des kontinuierlichen Wachstums seit Ausbruch der Coronapandemie empfindliche Verluste hinnehmen musste (-15,9 Prozent zwischen 2019 und 2021; Quelle: Licensing International, 2022 Global Licensing Study), diese Entwicklung war jedoch in erster Linie dem Rückzug der Menschen ins private Umfeld während der Pandemie geschuldet. Trotzdem ist Fashion auch jetzt die drittgrößte Lizenzkategorie und es ist anzunehmen, dass sich der Abwärtstrend nach Ende der weltweiten Corona-Infektionswellen wieder umkehren wird. Und auch wenn der Umsatzanteil lizenzierter Mode am Gesamtmarkt überschaubar ist, kann dies nicht als Freibrief dafür gelten, die Verantwortung für die Folgen der Textilproduktion auf die Umwelt an größere Unternehmen abzugeben und zu erwarten, dass diese die ersten sind, die etwas ändern.
Insbesondere Textilfärbeprozesse gehören zu den umweltschädlichsten und energieintensivsten Prozessen, die bei der Herstellung von Kleidung zum Einsatz kommen. Sie müssen dringend neu gedacht werden. Gerade das dürfte für Lizenzgeber aber eine Herausforderung sein, machen sie in ihren Styleguides doch sehr klare Vorgaben vor allem dazu, was die Farbdarstellung ihrer IPs betrifft. Die dürfen nämlich gerne bunt und leuchtend sein, was nur mit synthetischen Textilfarben erreicht werden kann. Doch genau die bringen problematische Konsequenzen für Mensch und Umwelt mit sich: Fast 75 Prozent des Wassers, das von Färbereien verbraucht wird, endet als ungenießbarer Abfall – eine giftige Suppe aus chemischen Farbstoffen, Salzen, Alkalien, Schwermetallen und Chemikalien.
Dabei gibt es inzwischen vielversprechende alternative Ansätze, um Textilartikel einzufärben, wie Jutta C. Breyer weiß. Sie ist die Geschäftsführerin von License Factory und verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Vermarktung und Herstellung von Textilien unter Berücksichtigung und Analyse globaler handels- und kulturspezifischer Rahmenbedingungen. Während eines Besuchs bei einem Textilzulieferer in Indien wurde offensichtlich, dass trotz all der hohen CSR Anforderungen an die Produktionsstätten (zum Beispiel BSCI, SA800) vor Ort, das bisherige Handeln der Industrie nicht genug war, um die durch das konventionelle synthetische Färben von Textilien angerichteten Umweltschäden und die sozialen Missstände in den Produktionsländern zu stoppen. Dass „Business as usual“ keine Option mehr sein würde, war für sie mehr als klar, und seitdem setzt sie sich dafür ein, die Vorteile von „Natural Dyes“, also das industrielle Färben mit natürlichen Farbstoffen und deren Produktionsanforderungen, in die Licensingbranche zu kommunizieren. Zum Beispiel verbraucht natürliches Färben 500 mal weniger Wasser als herkömmliche synthetische Färbetechniken, und es wird vollständig auf schädliche Chemikalien verzichtet. Zudem hat Jutta Breyer eine erste Natural Dye Collection „Liquid“ auf Basis natürlicher Farbsubstanzen ins Leben gerufen. „Motiviert durch die Ausführungen und wissenschaftlichen Erklärungen eines engagierten Textilingenieurs, konnte ich bestimmte Produktionsprozesse in unseren Partnerbetrieben umstellen und so kommen wir jeden Tag unserem Ziel einer CO2-neutralen Produktion von Textilien näher.“
Natural Dyes bieten eine nachhaltige zirkuläre Lösung für die immensen Klimaveränderungen auf der ganzen Welt und den zunehmenden Hunger aufgrund der immer weniger werdenden fruchtbaren Böden und Wasserressourcen. Natürliches Färben hat einen stark positiven Einfluss auf verbesserte Umweltbedingungen, auf die Arbeits- und Beschäftigungssituation und auf Gesellschaftsentwicklungen.
Jutta Breyer erläutert: „Um die Chance nicht zu verpassen, wirklich nachhaltige Produkte zu entwickeln und zu vermarkten, die die Umwelt und letztlich zukünftiges Leben respektieren, benötigen wir viel mehr substanzielle Verantwortung und nicht einen größeren Dschungel aus „Unbedenklichkeitszertifikaten“, die für mehr Verwirrung, Intransparenz und Unsicherheit beim Endverbraucher sorgen.“ Sie führt weiter aus: „Wir sehen eine positive Entwicklung dahingehend, dass es immer mehr Menschen gibt, die Zugang zu zuverlässigen, überprüfbaren und vergleichbaren Informationen fordern und umweltfreundliche Kaufentscheidungen treffen möchten. Wir freuen uns über verantwortungsbewusste und aufgeschlossene Verbraucher, Einzelhändler, Lieferanten, Lizenzgeber und alle, die ein wenig mehr Sorgfalt walten lassen wollen, um diese Welt zu einem besseren Ort zu machen.“
Das Fazit: Konventionelle Textilfärbeprozesse haben sich über Jahrzehnte etabliert, wirken sich aber stark negativ auf Mensch und Umwelt aus. Sie zu ändern würde viele Vorteile mit sich bringen, kostet aber Zeit, Geld, Engagement und Verantwortungsbewusstsein. Die Frage ist, wie Lizenzgeber, Lizenznehmer und Händler reagieren, jetzt da immer klarer wird, dass jeder einzelne Akteur für die dargelegten Probleme Mitverantwortung trägt?
Jutta C. Breyer & Astrid Specht