Lizenzen – (K)ein gutes Jahr
Wie alle Branchen hat auch die Lizenzbranche mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Der Zusammenhalt aller Beteiligten jedoch hat sie etwas erträglicher gemacht. Und sie hat uns ein paar Dinge gelehrt, die wir ohne Corona vielleicht nie in Frage gestellt hätten. Wie es danach weitergeht, wird man sehen, meint Peter Hollo.
Peter Hollo ist Inhaber von PH – International Consultants und berät Licensing International Inc. in den Bereichen Mitgliederbetreuung, Marketing, PR oder Kommunikation – peterhollo.net
„Und? Wie war 2020 im Licensing bisher?“ In diesen Tagen eine oft gehörte Frage. Ich denke, jeder der behauptet (einzelne Firmenkonjunkturen ausgenommen), 2020 sei bis hierher grandios gewesen, der stellt Politik vor Transparenz. Selbstverständlich hat Covid-19 die gesamte Licensing Industrie hart getroffen, wie soll es auch anders sein. Aber, und das ist die gute Nachricht, bei weitem nicht so hart wie andere Branchen – und wie wir alle befürchtet hatten. Insofern sind wir (auch hier wieder einzelne Firmenkonjunkturen ausgenommen) bisher noch sehr glimpflich davongekommen.
Geholfen haben uns dabei eine ganze Reihe von positiven Effekten und die Erkenntnis der jeweiligen Marktpartner untereinander, dass Zusammenhalten jetzt wichtiger ist, als das Pochen auf das letzte Komma in bestehenden Verträgen. Hier hat die überwiegende Mehrzahl von Lizenzgebern und Lizenznehmern einen sehr guten Weg gefunden. Und wer sich hier hartleibig zeigte, an den/die wird man sich erinnern. Denn wir sind auch eine Personenbranche.
Herausfordernd zeigt(e) sich die Lage für alle, die im Character- und Entertainment Licensing unterwegs sind. Die Verschiebung zahlreicher wichtiger Filmreleases hat ganz sicher nicht zur Entspannung beigetragen. Aber es wurden schnelle, kooperative und kreative Lösungen gefunden, das abzumildern. Gut zu wissen auch, dass eine Branche das Kino schon längst weit hinter sich gelassen hat. Während der weltweite Umsatz im Gaming 2019 bei etwa 146 MiIliarden USD lag, lag er im Bereich Kino bei „nur“ 43 Milliarden USD. Mobile Gaming und Konsolenspiele sind auch im Licensing „das wirklich große Ding“. Wenn jetzt noch das schnelle 5G Netz kommt, dann wird sich diese Entwicklung noch gewaltig beschleunigen. Wohl dem, der hier aufs richtige Pferd gesetzt hat.
Allen, die Toys related unterwegs waren/sind, hat die alte Erkenntnis geholfen, dass der Spielwarenmarkt immer eine sichere Bank ist. Ein Markt, der niemals dramatisch fällt und sich sogar antizyklisch verhält, wenn die Lage schwierig wird. Fingers crossed! Allen Unkenrufen zum Trotz sparen die Deutschen bei ihren Kindern erst ganz am Schluss.
Ein klein wenig ein Segen war und ist die Krise auch. Denn sie hat es uns allen ermöglicht, innezuhalten und einmal tradiertes, eingefahrenes und altbewährtes zu überdenken. Die hohe Akzeptanz des Home-Office auf allen Seiten und der Siegeszug von Online-Besprechungen. Ohne Covid-19 undenkbar (was uns aber nicht die Opfer vergessen lassen sollte). Oder die wirklich grandiosen Online-Formate, die als Ersatz für „echte“ Messen gelaufen sind – hier war die Krise ein echter Katalysator!
Insgesamt hat die Licensingbranche großartige Selbstheilungskräfte mobilisiert und man ist enger zusammengerückt. Und man hat sich am eigenen Schopf aus der Krise gezogen – dem gebührt Respekt.
Die 100 Millionen Dollar Frage wird nun sein, wie sich der Konsumentengeschmack nach der Krise verändert haben wird. Geht‘s weiter wie bisher? Ist noch an Themen, Franchises und Formaten erfolgreich, was vor Covid-19 erfolgreich war? Covid-19 ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern vor allem auch eine gesellschaftliche Zäsur. In ihrer Wirkmächtigkeit mit einem Krieg zu vergleichen, auch wenn selbstverständlich nicht 1:1 dasselbe. Der Heimatfilm der 1950er und 60er ohne den Zweiten Weltkrieg undenkbar. Und was wird der „Heimatfilm“ nach Covid? Wir werden‘s erleben.