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Lizenzen: Interview mit Ute Stauss

25. März 2024, 9:34

Ute Stauss hat am 1. Februar die Rolle als Repräsentatin von Licensing International Germany übernommen. Sie ist für die Unterstützung der deutschen Mitglieder von Licensing International durch Netzwerkmöglichkeiten, Bildungsprogramme, erweiterte Einzelhandelsinitiativen und das Young Professionals Network (YPN) verantwortlich. Weitere Details erfuhr Astrid Specht im Gespräch.

Ute Stauss, Repräsentatin von Licensing International Germany

Frau Stauss, herzlichen Glückwunsch zur Ernennung als neue Repräsentantin für Licensing International Germany! Wie war Ihr Einstieg in die Rolle und worauf freuen Sie sich am meisten?
Zunächst einmal Danke für die Glückwünsche. Ich freue mich sehr, dass ich die Möglichkeit bekomme, in und mit dieser Rolle neue Impulse zu setzen, aber natürlich auch das Netzwerk weiterhin zu stärken und die international erfolgreichen Programme von Licensing International für den deutschen Markt zu adaptieren. Der Einstieg oder mein erster offizieller Arbeitstag war ja gleichzeitig mit der Spielwarenmesse und bot mir die Möglichkeit, unmittelbar mit bestehenden und ehemaligen Verbandsmitgliedern in Kontakt zu treten.

Sie waren rund 20 Jahre bei Disney und haben sich 2020 als Beraterin für Lizenzierung und Markenerweiterung selbstständig gemacht mit Schwerpunkt in den Bereichen Sports-Branding, Luxury Brands sowie Fashion & Lifestyle Textil/Apparel. Inwieweit werden Ihnen diese Erfahrungswerte in Ihrer neuen Rolle helfen? Welche Ihrer Stärken und Kompetenzen bringen Sie darüber hinaus noch in Ihre neue Aufgabe ein?
Durch meine langjährige Tätigkeit bei Disney habe ich ein umfangreiches Netzwerk in den von Ihnen genannten Bereichen aufgebaut und konnte es im Rahmen meiner Selbständigkeit noch durch die Bereiche Sports und Gaming erweitern. Dadurch wurde mir immer ein Einblick in alle Bereiche ermöglicht, von der Industrie über den Handel bis hin zur Agentur und zu (Top)Designern. Auch „cross category“ wie man so schön sagt, also nicht nur im Bereich Fashion, Home und Lifestyle, was einer meiner Kernkompetenzen ist. Das ist sicherlich ein großer Vorteil neben dem unternehmerischen Denken und meiner Leidenschaft für die Branche und die großartigen Produkte.

Ich darf an dieser Stelle ganz offen sein: Die Stimmung unter den Mitgliedern von Licensing International Germany ist aktuell nicht besonders gut und einige stellen den Nutzen einer Mitgliedschaft in Frage. Zudem gehören einige große Unternehmen schon längere Zeit nicht mehr zum Verband. Wie planen Sie, das Vertrauen in den Verband zu erneuern?
Unser wichtigstes Ziel ist es, dass man wieder gerne Mitglied in einem Verband ist, der seinen Mitgliedern echte Mehrwerte bietet. Und daran werden wir mit Hochdruck arbeiten! Ich kann noch keine konkreten Details nennen, aktuell verschaffe ich mir ein umfassendes Bild darüber, was sich unsere Mitglieder, egal ob kleine Unternehmen, Mittelständler oder Konzerne, wünschen und welcher Support vom Verband gebraucht wird. Ich möchte verstehen, was Unternehmen dazu bewogen hat, dem Verband das Vertrauen zu entziehen. Die Ergebnisse werden analysiert, in kurz- mittel- und langfristige Ziele kategorisiert und Schritt für Schritt umgesetzt. Wir müssen es schaffen, das Bestmögliche für unsere Mitglieder herauszuarbeiten, zusätzlich ist es unser Bestreben und natürlich eine unserer wichtigsten Aufgaben, unsere Mitglieder und deren Unternehmen im Lizenzgeschäft zu unterstützen und zu stärken.
Der internationale Lizenzmarkt ist riesig ($ 340 Milliarden Global Sales in 2023, +8,02 Prozent zu 2022), das Wachstum kontinuierlich. Das zeigt, wie spannend, vielfältig und einmalig unsere Branche ist, denn es kommen immer neue Marken, Kategorien, Firmen oder Charaktere dazu, so dass es unentwegt neue Ansatzpunkte für uns als Verband gibt.

Veranstaltungen wie der Tag der Lizenzen, der Licensing Market und die Award-Verleihung waren über viele Jahre Fixpunkte im Kalender der deutschsprachigen Lizenzbranche. Wird es diese Events weiterhin geben? Wenn ja, werden Sie die Formate anpassen und auf welche Weise? Falls nicht, welche neuen Eventformate planen Sie? Und: Wird es in diesem Jahr noch ein Event in Deutschland geben?
Eines gleich vorweg: Es wird auf jeden Fall dieses Jahr noch ein Event geben; wir haben dafür den November ins Auge gefasst. Wir werden rechtzeitig unsere Mitglieder, die Branche und auch die Presse mit Details und Informationen versorgen. Es ist uns als Verband und auch mir persönlich als Repräsentantin wichtig, die Branche und ihre Player zusammenzubringen und den Zusammenhalt wieder zu stärken. Welche anderen Formate es darüber hinaus noch geben wird, werden wir unter anderem auch aus den Gesprächen mit Partnern herausfiltern. Meine Licensing International-Kollegen in England und Frankreich initiieren einige sehr erfolgreiche Veranstaltungen, im Moment überprüfe ich, ob das eine oder andere Format gemäß dem Motto „Think global, act local“ auch für den deutschen Markt adaptiert werden kann.

Bei der diesjährigen Spielwarenmesse hat Licensing International mit der Brandmate eine Serie von Talks in der Licensing Lounge organisiert. Welche Bedeutung hat die Brandmate für den Verband und planen Sie mit den Veranstaltern auch in Zukunft zusammen zu arbeiten? Wenn ja, in welcher Kapazität und für welche Formate?
Die Brandmate hat sich bereits in ihrem nun dritten Jahr etabliert und Licensing International wird zukünftig noch enger mit Eva Stemmer und ihrem Team zusammenarbeiten. Wir können uns gut vorstellen, gemeinsam weitere Formate umzusetzen, dazu werden aktuell Konzepte erstellt und ausgearbeitet hinsichtlich Inhalte und Größenordnung.

„Eine bunte Vielfalt an Unternehmen, Erwartungen, Interessen und Zielen macht diese Branche einzigartig.“

Ute Stauss

Die Mitglieder haben an den Verband Erwartungen und verfolgen Interessen und Ziele, die so bunt und vielfältig sind wie die Lizenzbranche selbst. Da besteht die Gefahr, sich aufzureiben, weil man nicht allen gerecht werden kann. Wie wollen Sie dieser Herausforderung begegnen?
Die bunte Vielfalt an Unternehmen, Erwartungen, Interessen und Zielen der Lizenzbranche macht diese Branche erst so einzigartig. Sobald uns die Wünsche und Bedürfnisse unserer Mitglieder vorliegen, werden wir Prioritäten setzen müssen. Natürlich ist es unmöglich, alle Interessen immer zu 100 Prozent unter einen Hut zu bringen. Es werden jedoch Tendenzen und Dringlichkeiten sichtbar werden, um die wir uns kümmern. Und durch meine langjährige Branchenerfahrung und Expertise sehe ich unter anderem folgende Punkte für die Zukunft als die Key-Driver: LBE & Out-of-Home Entertainment, A.I./Technology, Sports & Outdoor, Family Entertainment sowie Sustainability.

Wie planen Sie, vor allem auch Kunden und Partner aus der Spielwarenbranche abzuholen?
Die Spielwarenbranche ist mit einem Anteil von zwölf Prozent ($ 42,8 Milliarden Global Sales) am globalen Lizenzmarkt neben dem Bereich Bekleidung die TOP Kategorie. Eines der Hauptziele von Licensing International ist es, weiterhin verlässliche, faktenbasierte statistische Daten und Studien bereitzustellen, um unsere Mitglieder im Bereich der Lizenzvergabe oder dem Lizenzeinkauf und bei der Planung für die Zukunft zu unterstützen. Akkurate Informationen sind wichtige In-strumente, um in diesem komplexen, vielfältigen Geschäftsfeld wettbewerbsfähig zu bleiben und auch um die richtigen Impulse zu setzen.

Das Thema Licensing, obwohl Erfolg versprechend, wird in Deutschland noch immer ziemlich stiefmütterlich behandelt im Gegensatz zu angloamerikanischen Ländern. So werden Partnerschaften unter großen und bekannten Marken/Unternehmen oftmals zentral aus den USA oder UK für den globalen Markt gesteuert. Woran liegt das Ihrer Meinung nach? Und was müsste sich hier in DACH ändern, damit Licensing als valide Form der Markenerweiterung anerkannt wird – und das von allen Beteiligten (also Lizenzgebern, Lizenznehmern, Händlern, Herstellern und Endverbrauchern)?
Dafür gibt es mehrere Gründe: Generell sind die USA, UK aber auch unsere Nachbarländer Frankreich, Italien und Spanien viel offener und aufgeschlossener für solche Businessmodelle. Sie sehen es eher als Chance ihr Business zu erweitern, neue Zielgruppen zu erreichen.
Das Business mit Lizenzen hat sich in den letzten Jahren verändert, neue IP‘s, neue Produktkategorien und neue Käuferschaften haben sich entwickelt. Veränderung bedeutet immer auch eine Chance. Man konnte den Erfolg von Lizenzprodukten gut während der Pandemie beobachten, viele Kategorien wie zum Beispiel Collectibles oder Home & Living verzeichneten immensen Zuwachs. Neue Themen und Trends wurden von Endverbrauchern schneller erfasst und erfahren eine rasche Beliebtheit. Ein gutes Beispiel dafür ist auch die NFL. Wer hätte gedacht, dass Deutschland außerhalb der USA der „core market“ ist? Und das mit den meisten aktiven Fans? Es gibt so viele „neue“ Bereiche wie zum Beispiel E-Sports, Manga und Gaming – da sind noch lange nicht alle Potenziale ausgeschöpft.

„Unser wichtigstes Ziel ist, dass man gerne Mitglied in einem Verband ist.“

Ute Stauss

Die Ableger von Licensing International scheinen in den USA oder in UK einen anderen Stellenwert zu haben. Das sieht man beispielsweise daran mit welcher Begeisterung die Licensing Awards zelebriert werden. Liegt das Ihrer Meinung nach an der oben erwähnten anderen Wahrnehmung und Bedeutung von Lizenzen ganz allgemein oder hat das andere Gründe?
Es liegt sicherlich ein bisschen mit an der Wahrnehmung der Industrie und vielleicht müssen wir einfach mal einen Gala-Abend mit Dresscode einführen, so wie er im Rahmen der BLE in London zelebriert wird!

Werfen wir zum Abschluss einen Blick in die Zukunft: Was wird sich bei Licensing International Germany in den nächsten zwei bis drei Jahren (idealerweise) verändert haben im Vergleich zu heute?
Idealerweise werden wir aufgrund der für Mitglieder optimierten Neuausrichtung einen kontinuierlichen Zuwachs an Unternehmen verzeichnen, uns das Vertrauen der Branche zurückgeholt haben und relevanter Player der Lizenzindustrie darstellen.

licensinginternational.org/germany