Lizenzen – Baumstarker Typ
Seit seiner Kindheit zeichnet und veröffentlicht Ralph Ruthe Cartoons, der große Durchbruch gelang ihm aber erst dank Social Media. Über zwei Millionen Menschen folgen ihm inzwischen auf YouTube, Facebook, Twitter und Instagram. Astrid Specht sprach mit ihm über seine Arbeit, seinen ersten Kinofilm und die Aktion „Einheitsbuddeln“, für die er sich mit viel Engagement einsetzt.
Herr Ruthe, wie sind Sie Cartoonist geworden?
Ich habe schon sehr früh diese Richtung eingeschlagen. Als ich acht Jahre alt war, habe ich den Herausgebern von „Mike“, dem Volksbank-Kundenheft für Kinder, einen Leserbrief geschrieben mit meinen Comics. Die beiden Verantwortlichen, Mali Beinhorn und Werner Büsch, antworteten mir und sagten, dass ihnen meine Ideen gut gefielen. Das war ganz wichtig für mich, da ich das Gefühl hatte, von Profis ernst genommen zu werden. Daraufhin habe ich ihnen regelmäßig Material zugeschickt. Als ich 14 war, erhielt ich das erste Mal einen Scheck dafür und das war vielleicht der Moment, in dem ich zum ersten mal begriff, dass ich mit lustigen Bildern Geld verdienen kann. Insgesamt habe ich dann rund 15 Jahre für die beiden als Autor gearbeitet. Später machte ich eine Ausbildung zum Mediengestalter und war als Autor und Zeichner tätig für das Satiremagazin MAD und als Texter für Käpt‘n Blaubär. Mein erstes eigenes Buch erschien, als ich 24 war. So richtig gelang mir der Durchbruch aber erst durch Social Media. Ich hatte bereits 2006 einen eigenen YouTube-Kanal. Dort bekamen meine Videos immer mehr Views. Später kamen dann Facebook, Twitter und Instagram dazu. Ich glaube, dass ich erst durch Social Media außerhalb der Comic-Fan-Szene so richtig bekannt geworden bin, davor war meine Arbeit noch mehr Nische. Inzwischen folgen mir insgesamt über zwei Millionen Menschen auf meinen Kanälen! Auf YouTube hatte ich zum ersten Mal auch die Möglichkeit, Bewegtbilder, also Videos zu machen – das war etwas, das mich schon immer interessierte. Irgendwann habe zusammen mit einem Animator begonnen, kurze Clips zu produzieren. Das war am Anfang noch etwas holprig, aber inzwischen sind die richtig gut!
Ralph Ruthe in seinem Studio
Ralph Ruthe mit Merchandise
Derzeit produzieren Sie mit Ratpack Film Ihren ersten Kinofilm. Was können Sie uns darüber verraten?
Leider noch nicht so viel. Es wird auf jeden Fall sehr sehr lustig (lacht). Letztendlich ist ein Kinofilm nach all den vielen YouTube-Clips eine logische künstlerische Weiterentwicklung für mich. Die Story selbst steht inzwischen und wir haben gerade die zweite Drehbuchfassung abgeschlossen. Wann der Film in den Kinos anläuft, wissen wir noch nicht genau, wir visieren aber Ende 2022 an. Klar ist, dass der Film nicht für Kinder gemacht ist. Die können den natürlich auch gucken, aber die Handlung und Themen sind eher für Erwachsene interessant. Und was mir auch noch wichtig ist: Der Film ist zwar voller Gags, hat aber auch eine Message.
Apropos: Viele Ihrer Cartoons sind sehr hintersinnig und Sie positionieren sich auch auf Social Media sehr klar zu aktuellen gesellschaftlichen und umweltpolitischen Themen. Das gefällt nicht allen Fans …
Zunächst einmal ist es so, dass meine Cartoons das widerspiegeln, was ich persönlich lustig finde. Ich mache mir in der Regel relativ wenig Gedanken darüber, wie politisch ein Thema ist und wie ich es auf möglichst subversive Art umsetzen oder wen ich damit kränken könnte. Mein oberster Maßstab ist tatsächlich die Frage, ob mich etwas zum Lachen bringt.
Nicht jeder muss meine Arbeit mögen, ebensowenig meine Statements zu bestimmten Themen, die ich immer wieder deutlich formuliere. Wir leben in einer freien Gesellschaft, in der sich jeder äußern darf – sowohl ich als auch meine Kritiker. Kritik muss ich aushalten können, aber ich lasse mir, um es mal ganz direkt zu sagen, nicht den Mund verbieten und werde auch in Zukunft meine Reichweite nutzen, um Gutes für unseren Planeten und unser Zusammenleben zu tun. So eine große Reichweite nicht auch dafür zu nutzen wäre fahrlässig.
Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?
Das ist aktuell der Klimawandel, aber auch der Rechtsruck in Deutschland. Unserer Gesellschaft ging es als Ganzes betrachtet noch nie so lange so gut wie heute. In Europa herrscht seit über 70 Jahren Frieden! Das gab es vorher nicht. Ich bin dankbar dafür, dass ich unter diesen Umständen aufgewachsen bin und möchte gern, dass das so bleibt – auch für meine Kinder. Das, was politisch in Deutschland, aber auch in anderen Ländern der Welt derzeit geschieht, gefährdet diese Stabilität und ich halte es für wichtig, dagegen etwas zu tun oder zumindest offen etwas zu sagen.
Was das Klima betrifft, sollte inzwischen jedem klar sein, dass das, was wir aktuell erleben – Trockenheit, Waldbrände, häufige und starke Unwetter und Überschwemmungen – nicht mehr normal ist. Wir müssen etwas tun. Das hat nichts mit einem Hype oder einem Personenkult um ein junges Mädchen zu tun – Greta Thunberg hat die Aufmerksamkeit nur auf einen wissenschaftlich belegten Fakt gelenkt, der schon lange klar war und macht den Leuten jetzt deutlich, dass wir dringend gemeinsam daran arbeiten müssen. Die Aufgabe mag riesig sein, aber resignieren ist einfach keine Option. Dafür steht zu viel auf dem Spiel.
Sie unterstützen die Aktion „Einheitsbuddeln“ des Landes Schleswig-Holstein. Worum geht es dabei?
Die Agentur Concept X kontaktierte mich im Juni und fragte, ob ich mich an der Aktion beteiligen und sie bekannt machen möchte. Dabei geht es darum, ab diesem Jahr eine neue Tradition für den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober zu etablieren. Jeder der mitmacht, pflanzt an diesem Tag einen Baum oder spendet Geld dafür, dass jemand anders für sie einen oder mehrere Bäume setzt. Oktober ist dafür der ideale Zeitpunkt. So hat der Setzling Zeit, sich über die dunkle, feuchte Jahreszeit zu entwickeln. Ich war sofort von der Idee überzeugt und habe gleich einen Post auf Facebook geschrieben. Die Resonanz darauf war überwältigend. Sogar die, die mit der Fridays for Future-Bewegung nichts oder nur wenig anfangen können, sind begeistert. Das Thema Bäume ist einfach so positiv aufgeladen – sie absorbieren CO2, geben Sauerstoff und sie bieten Lebensräume für Insekten und Vögel – weshalb ich glaube, dass deshalb die Reaktion so positiv ausfiel. Vor allem gibt es allen, die angesichts der überwältigenden Klima- und Umweltprobleme gerne selbst aktiv werden möchten genau dazu Gelegenheit! Und es bringt vielleicht Menschen zusammen, die momentan eher wenig miteinander zu tun haben wollen …
Wer kann sich an der Aktion beteiligen und wie funktioniert sie?
Jeder, der möchte: Alte, Junge, Schüler, Studenten, Privatpersonen, Vereine und Unternehmen. Man kann auf dem eigenen Grundstück selber einen Baum pflanzen. Damit der Baum in die offizielle Statistik eingeht, können die Beteiligten den Baum auf der Webseite einheitsbuddeln.de als „Pflanzversprechen“ registrieren. Auf der Webseite findet man auch eine Pflanzanleitung. Wer möchte, kann aber auch eine Pflanzparty organisieren oder an einer solchen Party teilnehmen – und so als Gruppe Bäume pflanzen. Das eignet sich zum Beispiel für Vereine oder Unternehmen. Auf der Aktionswebseite sind bereits öffentliche Pflanzpartys registriert. Die dritte Möglichkeit ist, für einen Baum zu spenden. Dafür gibt es eine eigens eingerichtete Spendenseite
(betterplace.org). Ein Baum kostet fünf Euro – im Preis ist auch die Pflege und Wildschutz inbegriffen. Wichtig zu wissen: Die Bäume werden in diesem Jahr nur in Schleswig-Holstein gepflanzt.
Werden Sie auch mitmachen?
Natürlich! Ich werde dieses Jahr mindestens zwei Bäume pflanzen und habe 500 Euro gespendet, damit noch 100 weitere Bäume gepflanzt werden. Außerdem werde ich ab jetzt jedes Jahr aktiv für die Aktion werben.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Ruthe!