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Kommentar – Was will der Kunde nach Corona?

9. September 2020, 11:31

„Nach Corona“ bedeutet jedoch nicht, mit der Unternehmensstrategie dort anzusetzen, wo man „vor Corona“ aufgehört hat! Die Welt und damit auch die Märkte und Kunden werden sich deutlich verändern. Ein Kommentar von Dr. Johannes Berentzen, Mitglied der Geschäftsleitung bei Dr. Wieselhuber & Partner.

Aktuell stehen viele Unternehmen vor großen Herausforderungen: Das Geschäftsmodell ist zu rekonfigurieren, Prozesse sowie deren Skalierung sind neu zu justieren, die teilweise mit der Brechstange zwangsverordnete Digitalisierung in Bezug auf Heimarbeit muss für die Zeit nach der Krise sinnvoll fortgesetzt werden.
In vielen Märkten wird die Corona-Pandemie deutliche Spuren in den Kundeneinstellungen, -erwartungen und -verhaltensweisen hinterlassen. Vieles, was in der Zeit der Krise gut funktioniert hat, werden wir beibehalten. Beispielhaft werden auch die letzten hartgesottenen Online-Einkaufsverweigerer Amazon und Co. Umsätze bescheren. Die stationär häufig argumentierte Beratungsfunktion fällt häufig noch weitestgehend weg, auch die Informationssuche verlagert sich noch stärker ins Internet. Wird sich die Einstellung zu Fernreisen, Individualverkehr, Schulsystem, Versorgung, Außerhaus-Verzehr, Shopping, Umwelt und anderen Bereichen nachhaltig verändern? Nimmt die beschleunigte digitale Transformation der gesamten Gesellschaft Entwicklungen der Zukunft nur voraus oder feiern einige Branchen eine echte Renaissance, sobald die Pandemie beendet ist? Für die Unternehmen bedeuten diese Unsicherheiten in jedem Fall: Neubewertung von Marktvolumina, -segmenten, Vertriebskanälen und Ländermärkten einerseits und neue/veränderte Nutzenerwartungen der Kunden andererseits: Was will der Kunde zukünftig?
In einer digitalen Welt entstehen Wettbewerbsvorteile künftig vor allem durch bessere und schnellere Interpretation von Daten, durch größere Reagibilität, durch früheres Wissen und somit bessere Entscheidungen. Insofern ist es wichtiger denn je, sich methodisch sauber mit dem Kunden und seinen Bedürfnissen in der Tiefe auseinanderzusetzen und im Rahmen der Transformation das Leistungsangebot noch kundenzentrierter auszurichten. Ziele sind eine stärkere Kundenbindung sowie Neukundengeschäft und eine bessere Ausschöpfung der Kundenpotenziale. Gleichzeitig ermöglicht die genaue Kenntnis der Kundenprozesse die Steigerung der eigenen Effizienz, zum Beispiel durch gezielte Budget-Allokation und Entwicklungsarbeit. Ein probates Mittel für ein besseres Kundenverständnis ist die intensive Beschäftigung mit der Customer Journey des Kunden. Entlang der Kaufphasen werden die unterschiedlichen Berührungspunkte der Kunden mit dem Unternehmen analysiert und bewertet.

Dr. Johannes Berentzen ist Mitglied der Geschäftsleitung der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH und Leiter des Bereichs Handel sowie des Competence Centers Marketing

Entscheidend ist die Frage, wie sich diese Kundenschnittstellen zukünftig verändern und was das für die Unternehmensprozesse nach der Krise bedeutet. Welche persönlichen Berührungspunkte verlieren langfristig an Bedeutung, welche neuen beispielsweisen digitalen Berührungspunkte kommen hinzu oder müssen ganz bewusst geschaffen werden? Diese Veränderungen im Kaufverhalten und abgeleitet daraus in den Marktmechaniken zu erkennen und zu antizipieren, kann Unternehmen einen besonderen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Voraussetzungen hierfür sind neben einem sauberen Datenmodell und der richtigen Toolunterstützung, das institutionalisierte Erheben, Qualifizieren und Interpretieren von Kundendaten.
Insgesamt geht in der Krise persönlicher Kontakt verloren, Kreativität und das unmittelbare Feedback des Gegenübers leiden unter den digitalen Hilfsmitteln. Gleichzeitig schreitet die Digitalisierung mit großen Schritten voran und die Customer Journey verändert sich in vielen Branchen. Dadurch ergeben sich auch zahlreiche Chancen.
Viele Unternehmen sehen die Situation derzeit als Katastrophe. Die Herausforderung über kurzfristige Maßnahmen, Redimensionierung und Transformation das Unternehmen in eine neue Erfolgsposition zu führen, ist zweifellos gewaltig. Letztendlich wird die Nutzung aller Potenziale der Transformation die wirkungsvollste Methode sein, um den Rucksack der Corona-Pandemie loszuwerden und die für Markt und Wettbewerb notwendigen Freiheitsgrade zurückzugewinnen. Hierfür ist es notwendig, die künftigen Kundenprozesse und -bedürfnisse genau zu kennen und zu antizipieren. Daraus können dann sowohl Wachstum- als auch Effizienzvorteile abgeleitet werden.