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Kolumne – Haben wir jemanden vergessen?

20. Juli 2020, 13:00

Günter Morsbach, Jahrgang 1944 und über 40 Jahre als Unternehmer in der Medienbranche tätig, ist als Publizist aktiv. Er gibt die kostenlose Onlinezeitung „Reitender Bote“ heraus. (Infos unter reitender-bote.de). In seinem Buch „Kleingeld, Kies und Dachstuhlbrand“ hat er 80 Unternehmergeschichten veröffentlicht (zu beziehen unter kleingeldkies-buch.de). Außerdem schreibt er für die Huffington Post und diese regelmäßige Kolumne für TOYS.

Man meint ja, inzwischen war jede Branche mal dran mit dem Geldsegen, den es vom Himmel regnet. Zum Beispiel die Lufthansa. Bei Umfragen würden wahrscheinlich 98 Prozent der Deutschen (zwei Prozent haben panische Flugangst) die Rettung gutheißen. „Ohne Lufthansa würden die deutschen Flugverbindungen zusammenbrechen“, oder so. Die größten Fluglinien nach dem Krieg waren Pan Am und TWA. In alten Hollywoodfilmen sieht man noch die damaligen Flugbegleiterinnen mit ihren schicken Käppis und Halstüchern, passend zu den eng sitzenden, hüftbetonten Kostümen. Und dann? Pleite! Und dann? Dann kamen neue Airlines in den Markt, Delta, American Airlines, United Airlines beispielsweise. Und keiner trauerte den verblichenen Luftlinien nach, höchstens den Flugbegleiterinnen.
Hart gerungen wurde um eine Kaufprämie für Autos. Schließlich sind ja nicht genug auf unseren Straßen. Bravo, liebe Politik, da seid ihr mal klüger geblieben, als es die Gewerkschaften wollten. Aber vorher ging es rund, nur E-Autos oder auch moderne Diesel? Das ist heute eine Diskussion wie im 30-jährigen Krieg zwischen Reformatoren und Römisch-Konservativen. Ergebnis: Leichter Geländegewinn für die Stromkonzerne und Tesla, die jetzt schon erfolglose Kaufprämie wird nochmal aufgestockt. Bitte verzeihen Sie meinen Gedankenschwenk: Wenn schon Elektroautos, warum dann nicht auch Carrera?
Irgendjemanden werden wir bei der wundersamen Geldverteilung schon vergessen. Ein Schutzschirm für Schlachthöfe zum Beispiel? Ein Spielset von Playmobil oder Lego könnte doch unter dem Motto stehen: Heute lustiges Schweine-Schlachten! Nein, das muss nicht sein. Lieber ein Überfall von Tierschützern auf eine Tönnies-Fabrik mit Befreiung der Tiere. Ein Schutzschirm für Schweine!
Zu dem ganzen Rummel um Tönnies, Wirecard und Sonst-noch-wem habe ich auf Facebook einen Super-Spruch gefunden:

„Mir fehlen auch zwei Milliarden“

Das wird jetzt bei „XY ungelöst“ veröffentlicht, vielleicht hat ja jemand die Wirecard-Milliarden verschwinden sehen. Sofort nach der Sendung werden sich Warteschlangen vor dem Gütersloher Gesundheitsamt bilden. Als Finderlohn sind ein paar Schweinehälften von Tönnies ausgelobt. Sie sehen, es gibt für alles eine Lösung!

Ihr