Kein Richtig oder Falsch – Spielen mit den Kleinen

12. Juli 2016, 11:39

Brio baut jetzt Eisenbahnen schon für Kinder ab eineinhalb Jahren. Die wollen ganz andere Spielimpulse als die Größeren, erklärt Chef-Designer Daniel Mauritzson.

Herr Mauritzson, Sie sind Chef-Produktdesigner bei Brio in Schweden. Wie sieht denn Ihr Job genau aus?
Ich bin bei Brio hauptsächlich verantwortlich für den Bereich Eisenbahnen – und dafür, schöne Erinnerungen an die Kindheit zu schaffen.

Und wie schaffen Sie das?
Im Grunde fängt jedes neue Projekt mit einem leeren Blatt Papier an. Zusammen mit dem Warengruppen-Manager entscheiden wir, mit welchem Motiv wir in der kommenden Saison arbeiten wollen, abhängig von Trends, interessanten Themen und Ideen. Bei den Eisenbahnen für Kinder ab drei Jahren ist die Wirklichkeit meine Inspiration … genau wie bei den Kindern! Sie wollen mit dem spielen, was sie sehen und dadurch ihre Welt erkunden. In diesem Alter fangen sie an zu verstehen, dass sie Teil von etwas Größerem sind. Entsprechend groß ist ihre Neugier auf den Rest der Welt. Also erweitern wir jedes Jahr die Brio-Welt, von Freizeitparks, Häfen und U-Bahnen bis hin zu Reiterhöfen. Die Holzeisenbahn ist immer das Rückgrat, das alles miteinander verbindet.

Mit „Meine erste Brio-Bahn“ wollen Sie auch kleinere Kinder ab eineinhalb Jahren ansprechen – aber die spielen doch anders als die Größeren?
Wir haben zuerst Kinder mit eineinhalb Jahren beim Spielen mit ihren Lieblings-Spielsachen beobachtet und ihre Eltern befragt. Wir haben auch beobachtet, wie sie an Holzeisenbahnen herangingen – wir wollten herausfinden, wie wir sie in die magische Welt des Eisenbahn-Spiels führen können. Worauf reagieren sie? Was frustriert sie? Was interessiert sie, was nicht? Wir haben Erfahrungen mit Vorgänger-Modellen upgedatet und mit unseren Beobachtungen kombiniert. Es musste auf jeden Fall ein offenes System sein, mit großen Teilen, die leicht zu greifen sind.

Und was ist alles anders?
Wir haben festgestellt, dass Kinder mit eineinhalb Jahren sich alle auf die Fahrzeuge und Waggons stürzen, sie öffnen Türen und Klappen. Die Magnete zum Verbinden der Loks und Wagen sind auch eine große Sache, die etwas Magisches hat. Einige Kinder haben die neue Bahn zum Beispiel mit alten Puzzleteilen kombiniert, haben sie rein- und rausgesteckt. Die Schienen dagegen und das Zusammenbauen sind anfangs nicht so interessant. Eher die Rampen zum Hinauf- und Herunterfahren – Geschwindigkeit und Bewegung. Wir haben außerdem ein gutes Gleichgewicht zwischen Herausforderungen und Erfolgen ausgetüftelt, möglichst ohne Frustrationen, damit die Kinder am Ball bleiben. Daraus wurde „Meine erste Brio-Bahn“ 2015.

Haben Sie Beispiele für die Unterschiede zu den klassischen Eisenbahn-Sets?
Um zum Spielen anzuregen, haben wir interessante Fahrzeuge entwickelt, die einen Spielwert an sich haben. Diese Fahrzeuge wurden die Helden, mit denen alles beginnt. Deshalb haben wir auch kleine Fenster in die neuen Verpackungen integriert, damit man den Inhalt schon im Laden sehen kann. Die Waggons sollen die Sinne des Kindes anregen: Klang, Aussehen, Tasten und Bewegung – alles in hellen, frischen Farben.

Vieles ist auch einfacher.
Alle Fahrzeuge haben gelbe Zauber-Magnete, die in beiden Richtungen passen. Es gibt ein klar erkennbares Verbindungsteil zwischen den Fahrzeugen. Es gibt kein richtig oder falsch – frustrationsfreies Spielen eben. Ganz wichtig ist: Das Spiel beginnt sofort. Ein Beispiel ist die Tunnelbrücke im „Mein erstes Brio Bahn Spiel Set“. Die Fahrzeuge lassen sich gleich unten durch schieben, ohne dass der Tunnel mit Schienen verbunden wird. Nach und nach merken die Kinder dann, dass sie ja den Tunnel/die Brücke mit den Schienen noch erweitern können und damit zum Beispiel eine Brückenrampe zum Darüberfahren gebaut werden kann. Der Zug fährt darunter durch, darüber, und es kommen mehr und mehr Schienen dazu …

Sie haben auch die bisherigen Spiel-Erfahrungen des Kindes integriert.
Das Rampen-Set zum Beispiel besteht aus drei Puzzle-Teilen. Ist alles richtig zusammengesetzt wird daraus eine Rampe, auf der man den Klingelwagen hin- und her bewegen kann. Und schon hat das Kind seine erste Mini-Anlage gebaut. Aber die roten und grünen Rampen lassen dem Kind die Entscheidung, eine geschlossene Bahn-Anlage zu bauen oder frei mit den Einzelteilen zu spielen. Es ist ein Schritt-für-Schritt-Lernen hinein in die Eisenbahn-Welt, ganz im Tempo des Kindes.

Ist es leichter, für Kleinkinder oder für größere Kinder Eisenbahnen zu entwickeln? Zum Beispiel beim Thema Sicherheit?
Schwer zu sagen. Wenn es um Sicherheit geht, hält Brio sowieso einen sehr, sehr hohen Standard – egal für welches Alter. Kinder sind auf jeden Fall die schärfsten Kritiker, die sagen ganz klar ihre Meinung. Bei einer Eisenbahn ab anderthalb Jahren hat man als Designer ein bisschen mehr Freiheit bei Form und Ausdruck. Aber sich an die Wirklichkeit zu halten bei den Konzepten für ältere Kinder macht auch viel Spaß, wenn du es richtig hinkriegst.

Und was ist ihr Lieblings-Teil aus „Meine erste Brio-Bahn“?
Ich glaube, das große Ganze ist uns sehr gut gelungen. Es ist toll, zu sehen, wie das Produktsortiment bei „Spiel-Tests“ funktioniert. Wie unsere ganzen Theorien in den Händen aufgeregter Kinder zum Leben erweckt werden. Wir haben ganz sicher einen neuen Klassiker geschaffen, der – nicht zu kindisch oder kitschig – die Zeit überdauern wird und zu Brio passt, aber trotzdem etwas Neues auf den Markt bringt. Also, wenn ich ein Lieblings-Teil nennen soll, dann wäre es der gelbe Wagen mit Klingel aus dem Rampen-Set. Das war der erste Waggon, den ich für das Projekt entworfen habe.

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