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Kein Kinderspiel

31. August 2022, 14:23

Welche Entwicklungen beeinflussen die Branche? Wie verändert sich der Markt für Kinderwagen & Co.? Und welche Produktfeatures werden uns überraschen? Antworten darauf gibt wie immer der Trendreport des Bundesverbands Deutscher Kinderausstattungs-Hersteller e. V. (BDKH). Nur so viel vorab: Das Geschäft mit dem Kinderkram ist zur Zeit alles andere als ein Kinderspiel.

Kreative Höhenflüge dank KI am Beispiel eines Regenbogenkinderwagens
Kreative Höhenflüge dank KI am Beispiel eines Regenbogenkinderwagens

Aus einer Krise wurden zwei

Noch zum Jahreswechsel war die Branche optimistisch. Aber statt endlich aus der Coronapandemie zu kommen, rutschen Konsumgütermärkte und Einzelhandel durch den Krieg in der Ukraine gleich in den nächsten Krisenmodus. Zu Lieferengpässen kommen massive Preissteigerungen, eine Inflation bis sieben Prozent und die Aussicht auf hohe Mehrkosten für Gas, Öl und Benzin. Auch Schwangere und junge Familien sind verunsichert und sparen bei verzichtbaren Ausgaben. Das Konsumklima ist spürbar gedämpft und stürzte im August auf ein Rekordtief. Der Einzelhandel hatte bereits im ersten Halbjahr mit starken Umsatzeinbrüchen zu kämpfen.
Gleichzeitig öffnen 2022 die Messeveranstalter wieder ihre Tore – bei zunächst zögerlicher Akzeptanz von Ausstellern und Besucher*innen. Diejenigen, die kommen, merken nach Monaten des Homeoffice und täglicher Zoom-Konferenzen, wie sehr sie den persönlichen Austausch vermisst haben. „Das Learning war, dass es nicht ohne Messe geht“, sagt Michael Neumann, Geschäftsführer des BDKH. „Klar ist aber auch, dass die Veranstaltungen im B2B- wie im B2C-Bereich nicht mehr so sein werden wie früher. Die digitale ‚Verlängerung‘ wird fester Bestandteil der physischen Messen sein.“

Das Jahr beginnt zunächst einmal mit guten Nachrichten: In Deutschland freut man sich über die höchste Geburtenrate seit einem Vierteljahrhundert. Für 2021 zählt das Statistische Bundesamt rund 795.500 Neugeborene. Vor allem in den westlichen Bundesländern ist die Geburtenziffer gestiegen. Allerdings wurden viele Babys wohl pandemiebedingt „vorgezogen“, Anfang dieses Jahres blieben mehr Wiegen als üblich leer. In Deutschland und weiteren europäischen Ländern geht der Klapperstorch erst mal in Kurzarbeit.
Interessant ist, dass die Neugeborenen des vergangenen Jahres vor allem zweite und dritte Kinder verheirateter Eltern sind. Möglicherweise deutet sich hier ein Trend an – die Rückbesinnung auf Familien mit (mehreren) Kindern. Die Entscheidung für das erste Kind dauert aber immer länger. Bei dessen Geburt waren die Mütter 30,5 Jahre und die Väter 33,3 Jahre alt. Durchschnittlich gebären Frauen zwischen 15 und 49 Jahren bei uns 1,58 Kinder. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs werden in Deutschland (Stand August 2022) rund 915.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert – überwiegend Frauen mit Kindern. Bereits 150.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche nehmen am Schulunterricht teil, Tendenz steigend. Sie tragen dazu bei, dass der Kinderanteil der deutschen Bevölkerung steigt.

Sehen und gesehen werden – in der Kinderwagenwanne Culla Gran Pagoda von Peg Perego
Sehen und gesehen werden – in der Kinderwagenwanne Culla Gran Pagoda von Peg Perego

Made in Europe

Hersteller werben wieder deutlicher mit ihrer Historie und den europäischen Standorten für Entwicklung und Produktion. Kinderwagen und Autokindersitze von Britax Römer werden in Deutschland und Großbritannien hergestellt. Peg Perego spricht als Familienbetrieb mit Stolz von in 70 Jahren gewachsenen italienischen Wurzeln. Träumeland betont auch aus ökologischen Gründen den Produktionsstandort Österreich und die damit verbundenen kurzen Lieferketten. Diese Strategie erweist sich im Krisenmodus als großer Vorteil.

Elternansprache ändert sich

Junge Eltern informieren sich mittlerweile sehr genau darüber, ob Marken und Unternehmen ihren Werten entsprechen. Die Frage, ob Unternehmen sich für Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Diversität einsetzen, ist für die Gen Z und Gen Alpha wichtig. Sie werden als erste Digital Native-Generationen die noch ohne Smartphone aufgewachsenen Millennials als Eltern verdrängen.
Der Fachhandel ist damit mehr denn je gefordert. Michael Neumann: „Er muss ein echtes Einkaufserlebnis und einen Mehrwert liefern; einen Ort, an dem sich die Kund*innen wohlfühlen und eine empathische Beratung bekommen. Sie wollen Produkte erleben und echte Innovationen sehen. Und hier kommen die Markenhersteller ins Spiel, die den Fachhandel dabei unterstützen.“ Wo dieses Zusammenspiel nicht funktioniert, nimmt die direkte Ansprache der jungen Zielgruppe durch die Hersteller zu, vorzugsweise über Smartphone und Social Media. Sprache und Bilder zeigen dabei heute die Diversität des modernen Familienlebens. Die neue Elterngeneration legt Wert auf ehrliche Informationen. Als glaubhaft empfunden werden zum Beispiel Gütesiegel und Empfehlungsmarketing durch unabhängige Plattformen wie hebammen-testen.de.

Do not track!

Im bereits kurzen Zeitfenster für die Ansprache junger Eltern wird es für Unternehmen der Kinderausstattungsbranche noch schwieriger, ihre Zielgruppe zu erreichen, denn der Schutz der Privatsphäre von Konsumenten erreicht ein Hoch. Neue Richtlinien, die sich Unternehmen wie Apple auferlegt haben, führen zu hohen Streuverlusten bei der Werbung über Social Media und Newsletter. Zudem kämpfen Facebook und Instagram mit einem Nutzerschwund zugunsten von TikTok.

Augmented Reality erreicht Händler-Webshops

Das Angebot dreidimensionaler Produktvisualisierungen steigt. Die von Fokus Kind Medien vorangetriebene Technologie ARkid Cloud erlaubt 3-D- und Augmented-Reality-Integrationen direkt am PoS und in den Online-Shops des Fachhandels. Die neue Form der Produktvisualisierung, die etwa tfk/Trends for Kids, Axkid oder BeSafe nutzen, vermittelt Konsumenten über die Distanz ein räumliches Verständnis der Produkte. Eltern erfahren bequem von zuhause aus, welche Farben, Funktionalitäten und welches Zubehör sie wählen können.

Der neue Kollege KI

Künstliche Intelligenz kommt vermehrt bei der Entwicklung und Vermarktung von Produkten zum Einsatz. Über Text-to-Image-KI werden binnen Sekunden Vorschläge für Produkte, Fotoshootings oder Stoffmuster gemacht. „Diese neuen Verfahren erlauben es, aus Texteingaben kreative Bildkompositionen zu generieren. Vor allem im Bereich der Produktentwicklung und im Marketing lassen sich so Ideen visualisieren, die Unternehmen der Branche dabei helfen, ihre Ziele schneller zu erreichen“, erklärt Stefan Eipeltauer, BDKH-Experte für digitale Innovation. Diese und andere Anwendungen von künstlicher Intelligenz entwickeln sich schnell weiter und werden künftig auch in den Bereichen Video und 3-D-Visualisierungen eingesetzt werden.

Second Hand und Mietmodelle

Der Sharing-Gedanke ist mittlerweile auch bei den Kinderwagen, Fahrradanhängern und Kinderfahrrädern angekommen. Statt für jedes Neugeborene einen eigenen Kinderwagen zu kaufen, plädieren etwa die kreativen Köpfe hinter dem Geschäftsmodell StrollMe dafür, die Kinderkutsche zu mieten und nur so lange zu nutzen, wie es nötig ist. Mit wachsenden Preissteigerungen und knapper Kasse wächst auch der Second Hand-Handel mit der Kinderausstattung. Dr. Alessandro Zanini, Vorstandsvorsitzender des BDKH und Director Product & Marketing bei Recaro Kids, rät aber gerade bei Sicherheitsprodukten wie Autokindersitzen vom Kauf gebrauchter Modelle ab.

Kreislaufwirtschaft & Klima

Weniger Trend, sondern schlichte Notwendigkeit ist die Umsetzung der globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. Hier sind die Hersteller von Kinderausstattung auch moralisch gefordert.
Besonders erfreulich sind daher Meldungen zu zertifiziert klimaneutralen Unternehmen in unserer Branche: dem Matratzenhersteller Träumeland etwa, der auch bei seinen Kund*innen ein wachsendes Interesse an ressourcenschonenden und nachhaltig hergestellten Produkten feststellt. In der Zentrale im österreichischen Hofkirchen wird nun genau analysiert und eingespart. Die unvermeidlichen Rest-Emissionen kompensiert der Hersteller mit der Förderung von Klimaschutzprojekten. Auf den Matratzen der Better Dreams Edition schlummern die Kids nun begleitet vom guten Gewissen ihrer Eltern. 2023 sollen hochwertige Schneidereste zu vollwertigem Kaltschaum geformt werden.
Lässig setzt sich in diesem Jahr gemeinsam mit Raddis Cotton für nachhaltigen und regenerativen Baumwollanbau in Südostindien ein. Aus der nachhaltigen Baumwolle entsteht eine kleine Swaddle-Kollektion.

Auf den Produkten der Little Mateys-Kollektion von Lässig tummeln sich alle möglichen Tiere.
Auf den Produkten der Little Mateys-Kollektion von Lässig tummeln sich alle möglichen Tiere.

Stoffe mit Zweitleben

Recycelte Stoffe sind segmentübergreifend mittlerweile ein großer Trend. Nach den Kinderwagen kommen Bezüge mit einem hohen Anteil an wiedergewonnenen Materialien auch bei den Autokindersitzen zum Einsatz. Bei Recaro Kids bestehen die Stoffe der Prime Kollektion aus mindestens 70 Prozent recycelten PET-Flaschen.
Bei der Kapselkollektion Black ReLux von Chicco hat sich das Designteam für einen GRS (Global Recycled Standard) zertifizierten Stofflieferanten entschieden, dessen Textilien zu 100 Prozent aus recyceltem Polyester bestehen. Das elegante Schwarz, verbunden mit edlen goldenen Details, verleiht dem Material, das ursprünglich auf dem Müll gelandet wäre, ein ganz neues Leben im Premiumbereich.

Für Eltern passend gemacht

Eltern wählen Kinderausstattung gemäß ihren individuellen Bedürfnissen. Entsprechend breit fächert sich das Produktangebot nach Funktionen und Features auf. Es gibt die Babytrage speziell für das erste Jahr, den Buggy mit Einhand-Klappmechanismus für Reisefreudige und die Zwillingswickeltasche.
Bei den Autokindersitzen werden gruppenübergreifende, also „mitwachsende“ Kindersitze immer beliebter. Der neue Recaro-Sitz Toria Elite ist bereits für Kinder ab 15 Monaten gedacht und kann bis zum zwölften Lebensjahr verwendet werden.
Modulare Systeme bei Autokindersitzen, bestehend aus einer Basis und meist zwei Sitzen, die je nach Alter eingesetzt werden, entsprechen dem Prinzip der Travelsysteme bei den Kinderwagen. Sie fördern die Bindung zum Hersteller und sind zudem eine sichere Sache – auch mit Blick auf die vielen Formen der Fehlbedienung (Misuse). Die rückwärtsgerichteten Modelle bei den Autokindersitzen setzen sich immer mehr durch, zumal hier innovative Produkte eine längere Nutzung ermöglichen. Die sogenannte i-Size-Norm bei den Sitzen ist für sicherheitsbewusste Eltern heute ein Muss.

Features gegen die Sonne

Die auch in Zukunft zu erwartenden Hitzewellen steigern die Bedeutung von Alarmsystemen für Autokindersitze. Sie warnen gedankenverlorene Eltern unverzüglich über ihr Smartphone, sollten sie ihr Kind länger im Auto sitzen lassen oder „nur mal schnell“ in den Laden gehen wollen. In Italien sind solche Sensoren schon länger vorgeschrieben.
Die Warnsysteme werden auch als mobile Einheit angeboten. Das Sicherheitspad Axkid Connect wird einfach im Autositz platziert und kann zwischen verschiedenen Fahrzeugen wechseln. Neue Autokindersitze sind häufig mit einem Luftzirkulationssystem ausgestattet, das aus Netzeinsätzen im Sitzbezug und Öffnungen an der Außenschale besteht. Auch bei den Kinderwagen ist eine gute Belüftung ein Muss.
Sehen und gesehen werden, dachte man sich bei Peg Perego. Mit der Kinderwagenwanne Culla Gran Pagoda ist auch jenseits von Miland und Rom Schaulaufen angesagt. Denn die geräumige Wanne erlaubt den Kleinsten über Sichtfenster nicht nur den Blick in den Himmel, sondern auch nach vorn und auf die Seite. Der Netzeinsatz sorgt im Sommer zudem für eine angenehm kühle Brise. Bei Wind und Regen werden die Fenster mit einem Reißverschluss blickdicht verschlossen. Der Bezug des Verdecks ist mit Lichtschutzfaktor UPF 50 + ausgestattet und blockt mehr als 98 Prozent der UV-Strahlung ab.

Jederzeit in Verbindung

Digital orientierte Eltern schätzen die „Connected Home“-Produkte von Maxi-Cosi. Die Produktreihe besteht aus See Babyphone, Breathe Luftbefeuchter,
Soothe Nachtlicht & Klang und Glow Unterbettbeleuchtung. Die smarten Kinderzimmerprodukte lassen sich über eine App oder per Sprachsteuerung über Alexa und Google bedienen und punkten mit individuell einstellbaren Funktionen.

Mitwachsende Kindersitze werden immer beliebter. Der Toria Elite von Recaro ist für Kinder bis zum zwölften Lebensjahr geeignet.

bdkh.eu