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Im Spieleparadies – Spielwarenmesse in Nürnberg

20. März 2019, 11:23

Auch in diesem Jahr bot die Spielwarenmesse in Nürnberg eine riesige Plattform für Innovationen und Produkte aller Art. Und auch auf dem Spielesektor wurde manch Interessantes vorgestellt. Fazit: Auch 2019 gibt es wieder etliche reizvolle Spieleneuheiten.

Geschichtenerleben im Spiel. Seit dem Exit- und Escape-Boom lebt dieser Trend. So darf es nicht verwundern, dass die etablierten Linien fortgeführt werden. Bei Escape von Noris geht der Rätsler jetzt auf „Jumanji“-Jagd. Der neuste Exit-Clou bei Kosmos paart die Rätselaufgabe mit Marc-Uwe Kling: In Die Känguru-Eskapaden mischt sich noch eine gehörige Portion Humor. Und Abacus’ „Deckscape“-Reisen befinden sich aktuell Hinter dem Vorhang. Neue Formate fordern die Rätselfreunde. Sherlock bei Abacus ist eine neue Deduktionsspielreise stets auf der Suche nach dem Mörder. Etwas mysteriöser geht es bei Undo von Pegasus zu. Auch hier beginnt alles mit einer Leiche. Durch Zeitreisen in die Vergangenheit versuchen die Spieler, das Geschehen so zu manipulieren, dass es später nicht zum Todesfall kommt. Die Adventure Games bei Kosmos wurden schon im Messevorbericht (TOYS Nr. 2/19) erwähnt, nicht aber die Murder Mystery Parties, die ebenfalls bei Kosmos die Spieler in Rollen rätselnder Detektive schlüpfen lassen.

Birgit Wohlrab, Prokuristin bei NSV, stellt das Kartenspiel „Ohanami“ vor. An der Wand die spannende Wüfelspielneuheit „Knaster“

Karten- und Würfelspiele

Ohanami von NSV ist ein einfaches Karten-Draft-Spiel mit fernöstlichem Thema und einer ungewöhnlichen Punktwertung, die sich über drei Runden erstreckt. Bei Pearls von Abacus werden Perlen gesammelt und zu wertvollen Ketten aufgereiht. Alles verläuft schnell und einfach, hat aber überraschende Tiefe. Beim Ravensburger Heul doch! Mau Mau findet man auf den Karten Zwiebeln und Lauch und in der Schachtel ein Papiertaschentuch. Beim Kartenlegen gibt es die schöne Option, auch beim Nachbarn abzulegen, um selber nicht eine Malus-Kartenseite zu spielen, die letztendlich ganz raffiniert negativ zu Buche schlagen wird. Misty von Helvetiq spielt mit der netten Idee, dass beschlagene Fensterscheiben mit Fingerzeichnungen versehen werden. Und Oink überrascht mit dem ebenfalls unbesetzten Thema Strandgut in Flotsam Fight. Schätze müssen vom sinkenden Schiff in Rettungsboote bugsiert werden, bevor sie verloren im Wasser treiben und wertlos an Land geschwemmt werden.
Bei Würfelspielen ist Roll & Write der neue Trend. Nach Würfelwurf dürfen alle das Ergebnis auswerten und auf einem eigenen Block eintragen. Beinahe wäre eines dieser Spiele in 2018 zum „Kennerspiel des Jahres“ gekürt worden: Ganz schön clever von Schmidt. Autor und Verlag legen mit Doppelt so clever nach. Vom Würfelrhythmus ist das neue Spiel identisch, bei den Möglichkeiten, die Wurfergebnisse auszuwerten, ist es aber völlig anders. Knaster von NSV ist sehr simpel aber durchaus fordernd. Gewürfelte Zahlen müssen in einem Raster zu Zwillingen, Drillingen oder Straßen eingetragen werden und wer Werte einkreist, erheischt zusätzliche Gewinnpunkte. Bei Calavera von moses. werden gewürfelte Farben in Reihen mit Kreuzen übertragen, wobei es gilt, die Todeszone zu meiden. Diese wird bisweilen schneller erreicht als gewünscht.

Party- und Quizspiele

Der Phrasenfuchs von moses. lässt auf unterschiedliche Arten Sprichwörter erraten. Die Redaktion ist so gut, dass man gerne in Fallen tappt, weil man sich nicht ganz sicher ist. Nicht jeder ist ein Phrasendrescher. Der, Die, Das Deutsch! von Piatnik spielt ebenfalls mit der deutschen Sprache. In fünf Schwierigkeitsstufen kann man gegeneinander spielen, wobei der Grad des Könnens durch die Schwere der Fragen ausgeglichen wird. Das ist gut. Das Cover sieht allerdings wie aus einer alten Welt aus. Sehr modern im eleganten weißen Design ist What do you meme? von Hutter Trade. Aktuelle Bilder werden mit rasanten Sprüchen kombiniert und so zu einer witzigen Einheit verschmolzen, wie man es aus diversen Social Media-Plattformen kennt. Ein ganz normales Quizspiel ist Quiztopia von Kosmos mit der einen Ausnahme, dass hier kooperativ gespielt wird, was für Quizzeleien eher unüblich ist. Die Spieler profitieren von ihrem gemeinsamen Wissen und meistern so die gestellten Aufgaben. Ganz ungewohnt ist sicherlich Slow Motion von Hasbro. Die Spieler sind verpflichtet, in Zeitlupe einen Parcours abzulaufen. Wer sich zu schnell bewegt, wird durch einen Sensor, der am Stirnband steckt, zum Pausieren gezwungen. Die Gegensätze bereiten den Partyspaß: langsam der Erste zu sein! Subtext von Spielwiese (Vertrieb Pegasus) schließlich steckt voll intellektuellem Anspruch. Es gilt, nicht schön aber clever zu zeichnen, denn man muss aufgrund seiner Skizzen einen Partner finden, der gar nicht weiß, dass man sich ihm zeichnerisch anbietet.

Kinderspiele

sigikid bietet Plüschspielzeug schon für die Allerkleinsten. Dabei wird mit dem samtweichen Würfel (in Rosa oder Türkis) und den drei Kegelpinnen samt Wurfball, alles in weichem Plüsch, behutsam an erstes Regelspielen herangeführt. Auch Brettspielanbieter entdecken die Zweijährigen als Zielgruppe. Ab ins Bett von Haba lässt die Kinder ihre Lieblingstiere zu Bett bringen. Dabei müssen die Figuren auf passende Kissen gelegt und mit entsprechenden Deckchen zugebettet werden. Das entspringt sehr der Erfahrungswelt der kleinen Spieler. Hempels Sofa von Haba spricht Kindergartenkinder an. Es liegt unzählig Krempel im Hause Hempel. Hugo, eine Figur mit großer Schrittweite, muss sich zirkelgleich durch das Gewühl bahnen und darf dabei nicht auf die ausgewiesenen Tabu-Felder treten. Ein Spielspaß, der filigrane Fingerfertigkeit schult. Die Wühlmäuse von Drei Hasen in der Abendsonne wuseln im Blätterwald und erschnüffeln unter jedem Laub Kastanie, Schnecke oder Käfer. Das passende Getier muss zur richtigen Zeit entdeckt werden. Das schöne Laub-Material – es wird mit vielen Blättern im Schachtelboden gespielt – hat hohen Aufforderungscharakter. Einfach von der Zielsetzung aber sehr kindgerecht vom Thema ist Clouds von blue orange (Vertrieb Asmodee). In einer Auslage müssen stets zwei passende Wolkenkärtchen gesucht und gefunden werden, um zusammengesetzt ein komplettes Motiv wie Bär, Burg oder gar Einhorn zu ergeben. Wie beim realen Wolken-Beobachten reizt auch hier das passende Geschichtenerzählen.

Johann Rüttinger, Geschäftsführer bei den Drei Hasen in der Abendsonne, präsentiert die „Wühlmäuse“

Monsieur Carrousel ist ein kooperatives Memo-Spiel von Loki (Vertrieb Hutter). Alle Kinder müssen im Karussell sitzen, bevor der Regen einsetzt. Ein schönes, großes Holzgerät dreht sich in der Mitte des Plans und lädt zum freien Spielen ein.
Ring der Magier ist ein typisches Drei-Magier-Spiel. Wie von Geisterhand wird der magische Ring in die Luft katapultiert oder rotiert ein paar Mal um die Mittelsäule, bis er auf einem Wertungsfeld zu liegen kommt. Ein Starkmagnet verursacht die Effekte und schafft das verzauberte Ambiente. Der Zaubergarten von F-Hein-Spiele kommt mit weniger Effekthascherei aus, ist spielerisch aber genauso reizvoll. In einem Wasserteich – jeder hat einen eigenen – müssen bestimmte Blätter, Blüten oder Tiere mit einem beweglichen Zauberring eingefangen werden. Hokus Pokus Flipibus von Ravensburger überrascht durch einen kleinen Gimmick. Aus dem Suppentopf müssen Zutaten herausgeklaubt werden. Dabei hilft ein Zauberstab, der auf eine Schwammunterlage gedrückt wird und so die Plättchen aus dem Topf heraushüpfen lässt. Die hochspringende Zutat muss dann noch eingefangen werden. Etwas gruselig sind die Gespenster am Fenster von Huch! Des Nachts tauchen sie auf, und man muss an ihrem Umriss den Schattenwurf erkennen.
Im Kritzeln eine 1 XXL vom Eigenverlag Walter Hanel erinnert an Schule, weil mit Kreide auf Schieferimitat geschrieben wird. Bilder werden gekritzelt und müssen von den Mitspielern erraten werden. In der XXL-Box stecken die beiden Varianten „Malen“ und „ABC“. Ein ordentlicher Holzbaum steht in der Planmitte von Purzelbaum bei Zoch. Auf den Ästen stecken Blätter und Nüsse. Diese müssen aus ordentlicher Fallhöhe vom Zweig geschubst werden, um in Kuhlen am Waldboden zu landen. Während hier alles purzeln darf und muss, ist das bei Voll verwackelt von Queen Games absolut verboten. Die Figuren müssen im Kreis bewegt werden und bringen die Stellfläche ins Wanken, bis alles herunterrutscht.
Chaos auf der Koppel ist ein gelungenes Solitär für Kinder von Smart Games. Kuh, Schwein, Pferd und Schaf verdingen sich auf der Wiese und müssen sortenrein eingezäunt werden. Die tollen Figuren regen darüber hinaus zum freien Spiel an.

Familienspiele

Bei Familienspielen ist die Bandbreite recht groß. Je nach Altersangabe können jüngere Kinder mitspielen oder es wird eher der Jugendliche im Familienkreis angesprochen. Das merkt man dann am Thema und Spielanspruch. Und Klassiker sind immer wieder im Gespräch. Dazu gehört Monopoly für Millennials von Hasbro. Ganz anders als das Original wird auf Straßenkauf, Häuserbau und Hypotheken verzichtet. Dafür will die Nuller-Generation chillen und das Leben genießen. So geht es nicht um harte Währung, sondern um Erfolgspunkte, die hier letztendlich den Sieger bestimmen. Das alles spielt sich aber auf dem typischen Monopoly-Rundlauf ab, sodass keine Verwechslungsgefahr besteht. Ist Overload das neue Mensch ärgere dich nicht? Neuheit wie Klassiker sind bei Schmidt Spiele erschienen. Auf einem einfachen, abstrakten Kurs transportieren die Figuren Chips. Sie geben bei Überholmanövern eigene ab oder bekommen auch welche dazu. Wer sie ins Ziel bringt, sammelt Punkte. Wer seine Figur überlädt, muss alle Chips abgeben und von vorne beginnen.
Fassadenbau ist gleich zweimal angesagt. Bei Kensington von Piatnik und Kopenhagen von Queen Games müssen die Spieler Häuserfassaden zusammenstellen. Bestimmte Bedingungen erzielen Punkte. Das Auslegen der Fassadensteine erinnert an Tetris. Das dürfte kein Zufall sein, denn der Klassiker feiert sein 35. Jubiläum und wird bei Noris als Originalspiel Tetris Duell in einer soliden, abstrakten Machart angeboten. Overbooked von Jumbo spiegelt ein interessantes, unbesetztes Thema. Die Probleme von Fluggesellschaften, die ihre Flieger überbucht haben, werden hier simuliert. Das bringt Hektik ins Geschehen, wenn jeder seine Sitzreihen optimal bestücken möchte. Eine kongeniale Comicgrafik passt zum Geschehen. Wertiges Diebesgut ist das Ziel bei Caper von Jumbo. Beide Kontrahenten heuern eine Horde Diebe an. Diese schwärmen in ganz Europa aus, um lukrative Sammlungen als Beute zu erzielen.
Tricky Druids von Pegasus ist der Wettkampf pfiffiger Druiden. Jeder sammelt Zutaten, zieht diese aus einem Pool, darf sie aber nicht behalten. Das Trickreiche ist, den Konkurrenten die Wertigkeiten zu offerieren in der Hoffnung, dass sie abgelehnt werden. Dann hat man selber Gewinn. Beim Hexenhaus von Lookout Spiele (Vertrieb ASS) müssen Symbole auf dem eigenen Startfeld überpuzzelt werden, um Lebkuchen einzusammeln. Diese sind der Hexen liebster Erfolg. Red Peak von Ravensbuger ist die bedrohlich grollende Vulkan-Spitze im Norden der Insel. Plötzlich spuckt der Berg Lava und alle Spieler bemühen sich gemeinsam, durch den Dschungel das rettende Boot am südlichen Strand zu erreichen. Der Weg ist lang und leider gewinnt nicht immer die Gemeinschaft. In Ab durch die Mauer von Zoch spukt es. Gespenster schweben durch ein Labyrinth, das sich durch Dreh- und Schiebemechanismen ständig wandelt. Ziel der Geister sind die Kleiderkammern. Dort gibt es die Kostüme, die jedes Gespenst bei diesem bunten Treiben ergattern möchte. Für Irritation sorgt Blue Banana von Piatnik. Hier ist nicht nur die Banane blau, sondern auch der Flamingo grün, ein Blauwal schwarz, der Frosch pink. In diesem Farb-Wirr-Warr gilt es, sich blitzschnell zurechtzufinden. Wer gut ist, wird mit einem Handicap bedacht, sodass die Herausforderung immer ausgeglichen bleibt. Ein ähnliches Konzept, wenn auch nicht ganz so ausgefeilt, bieten Ratto Zacko von Drei Magier (Vertrieb Schmidt) und Color Addict Fruity von ASS. 

Rolf Mutter, Head of Games bei Game Factory, stellt cool die „Kuhlen Kühe“ vor

Aufmerksamkeit erheischt Kuhle Kühe durch den coolen Titel und eine coole Verpackung. In einer Milchtüte steckt das Kartenspiel und beim Wenden der Verpackung muht es aus dem Inneren. Durch Tausch- und Sammelaktionen werden Karten mit Kühen zusammengebaut und wenn die Muh-Glocke aktiviert wird, kommt es zum Kuhhandel.
Die Taverne im Tiefen Thal von Schmidt ist ein Gerangel um die meisten Kunden, die man in die Gaststätte locken möchte. Nach nötigem Umsatz wird in den Ausbau investiert und dann kommen vielleicht auch adlige Gäste. Treasure Island von Pegasus ist tatsächlich die berühmte Schatzinsel, auf der sich jeder auf die Buddelsuche begibt. Dabei bedient man sich Messlatten, Zirkel und anderer Hilfsmittel, die auf die Schatzkarte gelegt und Markierungen, die auf den Plan übertragen werden. So wird sukzessive der mögliche Fundort eingekreist. Natürlich sind alle Einzeichnungen abwischbar. Trutzige Mauern werden in Era von Eggertspiele (Vertrieb Pegasus) gebaut. Sie beschützen die Stadt, weshalb auf ihre Errichtung besonderer Wert gelegt werden sollte. Es sind 3D-Figuren, die jeden individuellen Plan bestücken und auch optisch viel hergeben. Thematisch ähnlich spielt sich Walls of York von Cranio (Vertrieb Asmodee). Auch hier kommen dreidimensionale Mauern auf den Plan, die Schutz vor Wikinger-Horden gewähren, denn diese stürmen marodierend herbei. Eine echte spielerische Herausforderung, auch thematisch, bietet Hadara von Hans im Glück (neu jetzt im Vertrieb von Asmodee). Eine Stadt wird aufgebaut, will regiert werden und der Blick in die Zukunft erwartet das Bündnis mit Kolonien. Eine komplette Zivilisation wird nachgespielt. Das will gelernt sein.