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Hygge – und dann? – Zwischen Nestbau, Cloud und Rückbesinnung

13. September 2019, 19:21

Mit fortschreitendem Alter wird den meisten von uns mehr und mehr klar: Die Welt unserer Kinder wird nicht so sein, wie die unsere. Viele Unsicherheiten pflastern unseren Weg. Viele Unwägbarkeiten erscheinen am Horizont. Solche Zeiten gab es immer. Und immer änderte sich durch dieses gesellschaftliche Gefühl auch der Umgang mit dem Neuen, dem Unbekannten.

Dem Technikhype steht der bewusst nachhaltige und pure Umgang mit den nötigsten Dingen gegenüber (Bild: Charliecraneparis.com)

Das beginnende 20. Jahrhundert beispielsweise war eine solche Zeit: Man suchte Antworten auf neue Fragen. Die Industrialisierung krempelte so ziemlich alles um: Wohnverhältnisse, Besitzverhältnisse, Konsumverhalten, ja sogar das Familienleben. Vielen ging das zu schnell. Sie suchten Wege, aus dieser Verrücktheit auszusteigen. Gründeten Nudistencamps, ernährten sich vegetarisch und propagierten als Wandervögel die Freiheit des Individuums, angesichts der automatisiert-maschinisierten Bedrohung der Industrie, die die gewohnten Strukturen wegfraß. Der Jugendstil war Ausdruck dieser Übergangsperiode: Eine gestalterische Antwort auf industrielle Massengüter. Ein Hochhalten bewährter Handwerkskunst im Donner der Stahlpressen und angesichts erster unheimlicher Elektroautomaten. Ornament schmückte alles. Natürlichkeit und floral-organische Formen kaschierten, was Angst machte. Rauschende Opulenz gegen erste Ideen der Rationalisierung und neuer Sachlichkeit. Doch es gab auch den Brückenschlag: Ernährungsgurus legten Grundsteine für noch heute erfolgreiche Cornflakes-Imperien, Naturtherapeuten propagierten Lichtkuren im glühbirnenbeleuchteten „Sonnenstuhl“.

Eine neue Zeit des Umbruchs

Für die letzten Generationen ging es nonstop voran. Es schien ein System erfunden, das global für ein permanentes Aufwärts sorgen kann. Und zwar für jeden, der mitmacht. Den Liegenbleibern blieben die Sozialsysteme. Diese Selbstverständlichkeit bekommt seit geraumer Zeit Risse: Wie global ist die Zukunft? Wie sicher das individuelle Wohlergehen? Wird es Einschränkungen geben – und wenn ja, auf wessen Kosten? Wird es Arbeit für jeden geben – und werden wir uns überhaupt über Arbeit im heutigen Sinne definieren können? Gewöhnen sich zu viele an die soziale Hängematte? Und ganz zentral: Wird die Welt für unsere Kinder ein lebenswerter Platz sein?

Und genau wie in Umbruchzeiten der industriellen Revolution bringt auch die digitale Transformation ein facettenreiches Bild an Handlungsformen ans Licht. Da gibt es die gadgetverliebten Technikgläubigen, die ihre Daten in die Cloud laden, Geräte vernetzen und Abläufe automatisieren. Und es gibt die kritische Gegenströmung, die Natürlichkeit propagiert. Die einen Ausstieg aus dem „immer schneller, immer mehr“ postuliert. Die versucht, Konsum einzuschränken, ihren Impact überdenkt und einen ausgleichenden Lebensstil mit der Umwelt fordert. Und natürlich gibt es auch die ganze Bandbreite dazwischen. Menschen, die Technik als Vehikel sehen, um Missstände zu beheben. Menschen, die Althergebrachtes schätzen und die dennoch an einer vernetzten Welt teilnehmen. Und Menschen, die sich von alledem überfordert fühlen, angesichts einer digitalen Welt, die man weder verstehen noch beeinflussen kann.

Der Weg in eine schöne Zukunft

Junge Eltern sehen sich dieser sehr breitgefächerten Realität gegenüber. Und natürlich möchten sie ihren Nachwuchs möglichst sicher, zukunftsgewandt und glücklich in eine nach Kräften schöne Zukunft entlassen. Die Mittel dazu sind individuell verschieden und reichen vom vernetzten Kinderzimmer nebst mobilen Accessoires wie Bewegungstracker oder Überhitzungs- und Sicherheitswarner für Autositze, bis hin zum bewusst nachhaltigen und puren Umgang mit den nötigsten Dingen: Möbel aus Echtholz mit Wachslasur gehören hierzu, genau wie Kautschukschnuller, lokal gefertigte Oeko-Tex-Klamotte und Mehrwegwindeln.
Die Beschaffung all dessen, ob nun hypermodern oder althergebracht, ist individueller als bisher: Hersteller kommunizieren und vermarkten direkt via Internet, Onlinestores sind nicht nur Beschaffungs-, sondern immer öfter auch Informationsquelle für Kunden, und bewährte Fachhändler sind ebenso Anlaufpunkt wie auch Discounter und Kaffeeröster, die Aktionsware und Oeko-Tex-Dauersortimente anbieten.

Die Welt positiv gestalten

Gestalterisch wird uns der „Hygge“- Trend noch ein wenig erhalten bleiben: Skandinavische Formgebung steht für modernen und sinnvollen Umgang mit Ressourcen. Sie entspricht einem Lebensgefühl, das in seiner Klarheit und Natürlichkeit Sehnsucht weckt. Sehnsucht nach Struktur, Überschaubarkeit und Beherrschbarkeit.
Neben diesem klaren Look etablieren sich jedoch nach und nach technische Helferchen. Diese lösen vermeintliche Probleme, und machen die gefühlte Geschwindigkeit des Alltags beherrschbarer. Sie nehmen Sorgen und übernehmen Verantwortung.
Als weiterer Trend wird sich mehr und mehr aber auch das beschriebene Infragestellen etablieren: Reduzierte Ausstattung, hochwertig, möglichst lokal produziert kennzeichnet einen bewussten Umgang mit Ressourcen. Kunden hierfür sind empfänglich für Geschichte und Geschichten. Solang sie ehrlich sind und keine PR-Blasen. Nachhaltiger Umgang mit der Umwelt ist Leitmotiv einer jungen Elterngeneration, die den Kindern vor allem das Wissen um die Fragilität der Systeme und Achtsamkeit mit auf den Weg geben kann. Und ihnen die nötige Bildung neben dem Schulsystem – auch gern ergänzt durch Lernspielware – angedeihen lässt, um aus der Welt eine möglichst positive zu gestalten.

Joerg L. Meister

Bewegungstracker, Überhitzungs- und Sicherheitswarner, Apps zur Überwachung, für technikaffine Eltern gibt es eine Menge Gadgets, die die Sicherheit ihrer Kinder gewährleisten