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Handel – Spielwaren und Babyartikel – Erfolgreiche Ergänzungssortimente?

31. Januar 2020, 11:39

Trotz Kindertag, Halloween und temporärer Promotions mit verschiedenen Lizenzthemen lässt sich in einem reinen Spielwarenfachgeschäft der Umsatzverlauf und damit die Konzentration von rund 40 Prozent des Jahresumsatzes auf das letzte Quartal kaum beeinflussen. Es sei denn, man hat einen Standort in einer kinderaffinen Urlaubsregion oder man schafft weitere Frequenzen über bestimmte Events oder zusätzliche Sortimentsbausteine.

Schultaschen beanspruchen Platz im Laden, sind aber auch echte Frequenzbringer

Trotz vielfacher Investitionen der großen Ketten in dreistelliger Millionenhöhe zeigt sich, Kaufhauskonzepte passen nicht in die Zeit der Fachmärkte. Ein wesentlicher Grund, warum sich Konsumenten vom stationären Einzelhandel abwenden, ist nicht nur der „geile Preis“ im Internet. Es ist eine Frage des Convenience Shoppings, also des bequemen Einkaufens, das zu fast 70 Prozent die Kaufentscheidung pro virtuell beeinflusst. Ein weiterer Grund ist der Zugang zu den innerstädtischen Einzelhändlern, denn immer mehr Städte blockieren die Zufahrt zu den Zentren – durch Parkraumverknappung, roter, statt grüner Wellen auf den Magistralen, nicht nachvollziehbare Tempolimits und überzogene Parkgebühren. Im Spielwarenbereich zeigt sich dies besonders im Verkauf von Großpackungen, die immer häufiger von der Industrie entwickelt und nicht nur aus Preis-, sondern auch aus logistischen Gründen über das Internet verkauft werden.
Die Problematik des „Zugangs zur Ware“ haben die großen Betreiber von Factoryoutlets beispielsweise erkannt. Auf der grünen Wiese mit ausreichendem Parkraum und kompetentem Sortimentsmix reüssieren sie hauptsächlich im Textilsegment. Aber auch für Fachmärkte, zum Beispiel Getränke- oder Tierfutterfachmärkte, im LEH oder in Sport- und Elektronikfachmärkten, gibt es nachhaltig erfolgreiche Flächenkonzepte als Multichannellösung. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit seinen Bedarf als Konsument sofort befriedigen zu können ist ungleich höher, als in einer innerstädtischen Kleinfläche, auch wenn man dort die benötigten Artikel über ein Kiosksystem innherhalb einer Tagesfrist beschaffen kann.

Maßgeblich ist also die Sortimentskompetenz am PoS, um für den Endverbraucher als typischer Einkaufsort für eine spezielle Kategorie gesetzt zu sein. Es gibt Ausnahmesituationen für Nahversorger, die als „Bauchladen“ in strukturschwachen Gebieten funktionieren und den Grundbedarf decken, oder für kleinere Mehrbranchenhäuser, die über ihren Sortimentsmix, zum Beispiel in einer Urlaubsregion, als „One-Stop-Shopping“-Angebot, eine bestimmte Zielgruppe bedienen.

Frequenzen schaffen mit Aktionen

Abgeleitet auf den Handel mit Spielwaren oder Babybedarf bedeutet dies zunächst jeweils die Konzentration auf ein profiliertes und kompetentes Sortiment. Dies setzt zunächst eine Standortanalyse voraus, die soziodemographische Daten wie Altersstruktur, Kaufkraftindex et cetera berücksichtigt. Diese Informationen dienen als Hinweis auf die zu erwartende Ausgabenhöhe für bestimmte Warengruppen. Maßgeblich ist der Wettbewerbsvergleich, auch für die eventuell später zu treffende Entscheidung, welche Ergänzungs-/Zusatzsortimente für den Standort in Frage kommen, wenn die Fläche genügend Platz hergibt. Der Benchmark-Prozess gibt Hinweise, in welche Richtung sich ein Händler profilieren kann. Als Pure-Player etwa im Spielwarenbereich kann man sich auf kleineren Flächen profilieren, indem man kompetent eine bestimmte Kategorie ausbaut, um als typischer Händler für Spiele, Holzspielzeug oder anderes wahrgenommen zu werden. Neben einem ergänzenden Onlineauftritt und der Ausschöpfung regionaler und saisonaler Warengruppen, lassen sich zusätzliche Frequenzen auf beschränktem Raum tatsächlich nur in Form von Events generieren, entweder in Verbindung mit der Industrie oder als zentrale monatliche Aktion, zum Beispiel als TV-/Lizenz-Verkaufsförderungsaktion oder Sonderpreisangebot. Neben den klassischen Kaufanlässen gibt es natürlich je nach Profilierung Spiele-, Hobbyabende oder Geburtstags-Wunschboxen, die in gut geführten Läden einen nicht unerheblichen Umsatzanteil generieren. Mit diesen Maßnahmen wie auch mit platzsparenden Serviceangeboten kann man zusätzlich Frequenz schaffen und somit die hohe saisonale Abhängigkeit vom vierten Quartal mildern.
Das Ziel erhöhter Flächenproduktivität geht naturgemäß mit der Größe der Verkaufsfläche einher, einem weiteren Indiz für die Wichtigkeit der Sortimentskompetenz und einer wertorientierten Preispolitik im Fachhandel. In der Regel ist jedoch der Standort gegeben und selten besteht die Bereitschaft zur Veränderung, obwohl diese in vielen Fällen notwendig wäre.
Größere Flächen ermöglichen die Platzierung von Ergänzungssortimenten, um so über einen atypischen Saisonverlauf, das heißt durch Frequenzsteigerungen, im „Nichtweihnachtsgeschäft“ und durch zusätzliche Impulskäufe die Flächenproduktivität zu steigern.

 

Sportartikel entsprechen dem Zeitgeist und sollten in gut sortierten Fachgeschäften präsent sein

Die Qual der Wahl

Doch wie kann man sinnvoll an die Selektion eines Zusatzsortimentes herangehen? Voraussetzungen sind die Methoden der (Ziel-)Kundenstruktur-, Standort- und Wettbewerbsanalysen. Natürlich muss die Affinität des Händlers zur Ware passen und müssen sich die Ergänzungssortimente ansatzweise kompetent abbilden lassen. Problematisch wird es, und dies gilt nicht nur für die Facheinzelhändler, wenn es zu Fehleinschätzungen beim Sortimentsmix kommt. Dies betrifft die oft falsche Annahme, dass verschiedene Güter, hier Spielwaren und Babyartikel, von einem bestimmten Personenkreis, hier Kinder und Babys, genutzt werden und somit die vermeintliche Zielgruppe, besser die Empfänger- oder Nutzergruppe, identisch ist. Doch während für Säuglinge die Eltern und Großeltern Kaufentscheidungen treffen, sind beim Kauf von Spielwaren Kinder zu 88 Prozent in den Entscheidungsprozess involviert und bestimmen zu 65 Prozent (laut FH Bielefeld), was gekauft wird. Somit kann man die Verbindung Babyartikel und Spielwaren generell nicht empfehlen, wobei jedoch im Babyartikelfachhandel ein beschränktes Babyspielwarensortiment als Impulsartikel gut funktioniert. Dies hängt einerseits von der benötigten Flächengröße ab, um beide Sortimente kompetent abbilden zu können, andererseits ist es eine Frage der Wettbewerbsstruktur. Wo kein relevanter Wettbewerber ist, scheint es an einigen Standorten zu funktionieren oder es wird bei discount-orientierten Ketten auf größeren Flächen zur Sortimentsarrondierung mitgeführt. Im Ergebnis zeigen erfolgreiche Händler, dass sie durch die strikte räumliche Trennung von Baby-Hartwaren und Spielwaren, zum Beispiel durch zwei Fachmärkte, den tatsächlichen Zielgruppen und den Flächenanforderungen gerechter werden und somit am Ende erfolgreicher sind. Selbst die Industrie hat dies erkannt, wenn man sich die Entwicklung der „Cross-Over“-Aussteller auf den einschlägigen Fachmessen anschaut.

Sportartikel adressieren Kids

Ein Ergänzungssortiment ist eigentlich naheliegend, weil es bereits fragmentarisch in jedem gut sortierten Spielwarenfachgeschäft präsent sein sollte: Sportartikel. Seit Michelle Obama vor Jahren den Kinder- und Jugendsport als wichtigen Trend befeuert hat, ist auch hierzulande die Entwicklung in Richtung mehr Bewegung nicht mehr aufzuhalten, um der zunehmenden Tendenz von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken. Dies entspricht auch dem aktuellen Zeitgeist eines sportlichen, bewussten Lebensstils und gesunder Ernährung. Die „Line-Extension“, also die Verlängerung von Produktlinien, beispielsweise vom Kunststoff-Spielball zum Semiprofi-Lederball bedarf eines angemessenen Platzangebotes, um diese Sortimentssequenzen kompetent abbilden zu können. Ein bedeutender Aspekt dabei ist die Zielgruppenerweiterung in Richtung Kinder im Alter von zwölf bis sogar sechzehn Jahren. Mit der Erweiterung der Produktlinien von Sport-Spielzeug bis zu semiprofessionellen Produkten kann dies durchaus gelingen. Allerdings muss man sich mit einer kompetenten Sortimentsgestaltung, beschränkt auf wenige Sportarten, die beispielsweise aus dem regionalen Vereinsleben abgeleitet werden, profilieren. Neben der Zielgruppenerweiterung ergeben sich so zusätzliche Frequenzen und die Möglichkeit, Impuls- oder Verbundverkäufe zu generieren sowie aufgrund der ausgewogeneren Kalkulation insgesamt die Flächenproduktivität zu steigern. Um den „sportlichen“ Auftritt zu unterstreichen, sollte natürlich auf Süßwaren als Impulsartikel verzichtet werden. Ob margenträchtige Sporttextilien umfassend ins Sortiment aufgenommen werden, ist eine Platzfrage: Lassen sich Marken-Shops oder ein cooles Verkaufsmöbel-Design in die vorhandene Verkaufsfläche integrieren? Insgesamt hat sich im textilen Bereich, abgesehen von gelegentlichen Angeboten oder Cross-Selling-Aktionen mit Lizenzen, gezeigt, dass zum Beispiel Baby-Bekleidung aufgrund des Zielgruppenanspruchs vorzugsweise im Umfeld von Babyhartwaren vermarktet wird.

Ergänzungssortiment PBS

Ein weiteres Segment bietet das Sortiment „Malen & Kreativ“, wenn man es um die Produktlinie Schreibwaren/PBS verlängert. Dies erfordert weniger Platz als zum Beispiel Sportartikel, führt aber zu weiteren saisonalen Höhepunkten wie beispielsweise Schulanfangsaktionen. Wichtig für mehr Kundenbindung und Besuchsfrequenz wäre ein zusätzlicher Service wie das Angebot, Schulbücher zu beschaffen. Allerdings ist dies von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Zu den frequenzbringenden Events in diesem Bereich gehören Ranzenaktionen, allerdings benötigen Schultaschen genügend Platz, um sie kompetent platzieren zu können. Außerdem sind valide Informationen, welche Lizenzthemen gerade angesagt sind, erforderlich.

Aufmerksamkeit mit Lizenzen

Haushaltswaren und Geschenkartikel aus dem GPK-Segment liegen als Zusatzsortiment im Spielwarenhandel nicht vordergründig auf der Hand. Während bei Babyfachmärkten aufgrund der Listungen im Babyhartwarenbereich die Logik dieser Verbindung klar ist, tun sich viele Spielwarenfachhändler damit schwer. Dabei lassen sich in Cross-Selling-Aktionen mit Lizenzenthemen zusätzlich Geschirre, Trinkflaschen oder ähnliches in einer lizenzsortierten Präsentation vermarkten und sorgen für größere Aufmerksamkeit am PoS. Gerade an Standorten mit geringem Wettbewerb oder in Urlaubsregionen finden Geschenk- oder für die Region typische Deko-Artikel auf beschränkter Fläche ihren Raum und sorgen nicht nur für höhere Besuchsfrequenzen, sondern ermöglichen zusätzliche Impulsverkäufe.
Allen Entscheidungen für Ergänzungssortimente voraus gehen die beschriebenen Standort- und Wettbewerbsanalysen unter dem Aspekt Erhöhung der Frequenz, speziell außerhalb saisonaler Peaks, und damit einhergehend verbesserter, gleichbleibender Flächenproduktivität. Dem folgt ein striktes Sortimentscontrolling, um rechtzeitig Fehlentwicklungen entgegenzusteuern, womit die zwingende Notwendigkeit einer Warenwirtschaft mit MIS-Analysetools erkennbar wird. Um in Zusatzsortimenten erfolgreich operieren zu können, gilt es auch hier, die Kräfte zu bündeln, optimierte, erfolgreiche Flächenkonzepte zu multiplizieren, damit gegenüber der Industrie die fachhandelstypischen Bedürfnisse nach Exklusivitäten und Produktvorläufen, vor allem aber auch wettbewerbsfähigen Einkaufspreisen durchgesetzt werden können. Für den Einzelhändler bedeutet es auch mit „atmenden Flächen“ zu arbeiten, das heißt, in den Sommermonaten zum Beispiel mehr Sport- und Outdoorartikel, im Winter mehr Spiele, Basteln und Kreativ zu platzieren.

Fazit

Die Auswahl, ob ein Ergänzungssortiment wirtschaftlich gehandelt werden kann, hängt eindeutig von der Flächengröße und vor allem der Sortimentskompetenz im primären Kern- und Profilierungssortiment sowie vom Standort, seinem Wettbewerbsumfeld und im Wesentlichen der Zielgruppenstruktur in der Region ab. Denn Marketing bedeutet nach wie vor: „Der Kunde steht stets im Mittelpunkt aller unternehmerischen Überlegungen.“