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Handel – Erfolg ist freiwillig, Misserfolg auch!

28. Januar 2022, 15:51

Verkaufen kann jeder. Das stimmt schon lange nicht mehr. Wer im Verkauf eine Zukunft haben will, muss besser sein als die anderen. Sibylle Dorndorf sprach mit dem Vertriebsexperten Christian Sickel darüber, wie einfach
Erfolg sein kann und warum man sich oft selbst im Weg steht.

Herr Sickel, Sie haben Ihren Claim von „Wir machen Vertrieb besser“ in „Simplify your Sales“ umgewandelt. Was denn nun: Besser machen, einfacher machen oder „einfach besser machen“?
Letzteres, denn wenn man die richtigen Dinge einfach machen kann, macht man sie auch besser. Gerade im Vertrieb. 

Können Sie das näher erläutern?
Gern, am besten an einem Beispiel. Ich habe vor einiger Zeit mal von einer Zigarettenmarke eine Anfrage auf dem Tisch gehabt. Das Unternehmen hatte sich vorgestellt, jeden Mitarbeitenden mit einer unglaublichen Anzahl von Themen und Trainingstagen innerhalb von drei Monaten „fit“ zu machen. Also die klassische „Themendusche“. Ich schlug vor, das Training auf das Wesentliche zu beschränken. Das stieß auf Unverständnis, weil man der Meinung war, viel hilft viel. An die Umsetzung hatte niemand gedacht und daran, genau zu definieren, was bei diesem immensen Aufwand konkret erreicht werden sollte, auch nicht. Es ist ja so: Wissen wird für Unternehmen nur produktiv, wenn es in Taten umgesetzt wird. Das erreichen Sie, wenn die richtigen Dinge für die Umsetzung einfach gemacht werden. Ansonsten können sie das vergessen.  
Das ist ein grundsätzliches Problem in unserer Branche: Viele Themen, viele Methoden, keine Ziele …

Sie setzen auf „quick & dirty“?
Es einfach machen, bedeutet nicht, es sich einfach zu machen. Wir machen die Dinge nicht komplizierter, als sie sind, weil wir Geld schinden müssen. Wir konzentrieren uns zunächst auf die 20 Prozent, die letztlich den Erfolg bringen. 

Christian Sickel ist ein bodenständiger Freigeist und couragierter Motivator mit Fingerspitzengefühl für Menschen. Als erfolgreicher Vertriebler renommierter Marken gründete er 2000 Sickel & Team.

Übersetzt heißt das ..?
Kunden sagen uns häufig: „Wir haben hier ein Thema xy“. Oder: „Wir haben eine Herausforderung xy“. Diese Aussagen werden reflexartig mit Trainingsthemen verknüpft. „Wir haben das Thema xy, also müssen wir … machen“. Diese Trainings sind meist im Ergebnis nicht so erfolgreich und es wird das nächste Thema nachgeschoben. Mich erinnert das immer an Diäten. Viele Menschen probieren eine Diät nach der anderen aus, ohne ein Gramm abzunehmen. Wir hingegen sprechen mit unseren Kunden zunächst über konkrete Ergebnisse, die sie erzielen wollen. Dann überlegen wir uns, wie wir diese Ergebnisse am besten erreichen und welche Personen im Unternehmen eingebunden werden müssen. Dann erstellen wir einen klaren Fahrplan innerhalb dessen alle genau das bekommen, was sie brauchen, um ihren Anteil am Gesamtergebnis beisteuern zu können.

Sie scheinen genügend Aufträge zu haben.
Daran mangelt es zum Glück nicht, aber es mangelt oft am Verständnis, wo man ansetzen muss, was die Perlen in den Unternehmen sind. Das sind nämlich die Menschen, die das Unternehmen repräsentieren. Diejenigen, die draußen an der Front sind, die verkaufen und diejenigen, die diese Menschen führen.

Und die Führungsetage? 
Ach, das ist ein heikles Thema. Oft ist es ein Schwellkopf oder, noch schlimmer, eine Hydra. Wenn ich höre, dass wir 500 Außendienstler*nnen trainieren sollen und ich weiß, dass die Führung außen vor bleibt, dann muss ich Überzeugungsarbeit leisten. Wenn das nicht funktioniert, lasse ich das. Und wenn mich jemand fragt, warum, dann sage ich: Da können Sie Ihr Geld gleich zum Fenster rauswerfen.

Sie sind aber auch nicht das einfachste Gegenüber, oder?
Das habe ich nie behauptet. In Deutschland ist es ja immer noch so: „Wenn Du die Wahrheit sagst, brauchst Du ein schnelles Pferd“. Allerdings bringt Wahrheit auch immer Klarheit. In meinem Job darf ich gar nicht bequem sein. Ich möchte meine Kunden ja erfolgreicher machen und da müssen wir offen reden können. Wir können keine Hierarchieebene, wie beispielsweise den Verkauf, schulen, ohne den Rest mit einzubeziehen.

Wie lange nach einer Schulung stellt sich denn im Idealfall Erfolg ein?
Spätestens nach einem halben Jahr sieht man schon Erfolge. 

So schnell? 
Ja. 

Und was kostet es?
Das ist die falsche Frage. 

??? 
Sie müssen fragen: Was bringt es?

O.K. „Was bringt es?“ 
Es bringt Mitarbeitende, die wissen, was sie leisten können und was man von ihnen erwartet. Und wenn sie das wissen, dann leisten sie es auch. 

Also machen Sie aus einem muffligen Verkäufer einen Charmebolzen?
So gefragt, nein. Wir müssen uns immer das große Ganze anschauen und eine Atmosphäre schaffen, in der Menschen gerne arbeiten. Zunächst reden wir mit dem Management.

Da gibt es sicher harte Knochen …
Ja. Nur nett sein ist der falsche Ansatz. Das kommt später von allein. Wir müssen bei der Motivation anfangen. Es gibt immer eine hohe Diskrepanz zwischen der eigenen Motivation und dem, was Mitarbeitende als motivierende Rahmenbedingungen und Stimmungen vorfinden. Wenn Verkäufer*innen motiviert sind, dann machen sie mehr Umsatz, wenn sie mehr Umsatz machen und dafür beispielsweise Anerkennung ernten, sind sie gut drauf und wenn sie gut drauf sind, sind sie automatisch nett.
 
Wenn das so einfach wäre, wären 80 Prozent der Verkaufstrainings für die Katz …
Zumindest 50 Prozent. Da werden Utopien an die Wand geworfen, dass einem ganz anders wird, Sachen versprochen, die nicht haltbar sind. Hauptsache es klingt schick. Mit Leadership werden zum Beispiel Mitarbeitende gequält, deren Aufgabe es ist, den Laden morgens auf und abends wieder zuzuschließen. Zwischendurch managen sie Zahlen und Mitarbeitende. Die haben aber ganz andere Sorgen. Und nur weil Führung jetzt Leadership heißt oder Verantwortung Ownership, muss es ja nicht besser sein. Ein Cowboy ist ja auch nur ein Kuhjunge…

Jetzt könnte ich schon wieder fragen „So einfach ist das“?
Ja, könnten Sie, und meine Antwort würde auch hier lauten: Ja. 

Sie haben es mit großen Playern im Handel zu tun, verstehen die die Botschaft?
Nein, erst mal nicht. Denn Händler sind Kaufleute, die kennen nur Zahlen. Wir sagen ihnen dann, dass es um Menschen geht. Und wenn sie das verstanden haben, dann können wir einen richtig guten Job zusammen machen. Zahlen kann man nicht führen. Menschen hingegen schon.

Woran erkennen Sie, ob eine Zusammenarbeit klappen könnte?
Das höre ich aus den ersten Worten, die ich mit meinen potenziellen Auftraggebern wechsle. 

???
Wenn zum Beispiel auf meine Vorschläge kommt: „Unser Unternehmen ist noch nicht so weit“, dann lasse ich es. Wenn ich gut gelaunt bin, frage ich allenfalls: „Woher wissen Sie das?“ Wenn dann kommt: „Wir haben nicht die richtigen Leute dazu“, dann weiß ich Bescheid. Dann muss ich es lassen. Denn dann sitzen wirklich nicht die richtigen Leute am Ruder.

Das ist ganz schön harter Tobak …  
Nein, das ist die Wahrheit. Wir können und müssen mit den Menschen arbeiten, die wir haben. Andere werden nicht vom Himmel fallen. Wir sind Trainerinnen und ich behaupte, wir gehören zu den Guten. Mir ist es egal, ob ich 450-Euro-Kräfte schule oder Top-Verkäuferinnen. Wir reden immer über Menschen. Und Menschen wollen wahrgenommen werden. Der Satz „Wir zahlen denen doch genug“ ist auch so ein K.O.-Kriterium. Darum geht es doch gar nicht. 

Um was denn?
Es geht um ganz konkrete Sachen, die man definieren muss in einem Job. Nichts, mit „die Welt neu erfinden“ oder so. Es geht um die ganz kleinen Rädchen, die man drehen muss. Einmal zum Beispiel reichte es, ein Team anders zu formieren, schon lief es.

Klingt nachvollziehbar …
Es ist manchmal so einfach, dass man sich das gar nicht zu sagen traut. Ein Beispiel, bekanntes Küchenstudio. Top-Marke, in jeder Großstadt mit mehreren Läden präsent. Als die Küchenplanung am Computer losging, haben die aufgerüstet, was das Zeug hielt, in der Meinung, der Computer würde nun Küchen verkaufen. Aber das tat er nicht. Die Verkäufer*innen wurden von den Führungskräften angerüffelt, ob sie Tarot spielen, wenn sie am Computer saßen und planten. Da hieß es dann: „Los, bring mal lieber den Müll raus. Und wisch mal in Koje 10 Staub.“ Der Umsatz ging nach unten. Erst, als begriffen wurde, dass mit dem Computerprogramm die Arbeitsabläufe anders sein mussten, ging der Umsatz wieder nach oben. 

Die Geister, die ich rief …
Wir haben jetzt die gleiche Situation. Alle reden vom Digitalisierungsschub im Handel und meinen, Digitalisierung verkauft.

Ist das nicht so ;-)?
Nein! Menschen verkaufen, sie machen den Umsatz und Kund*innen kaufen Dinge, die sie brauchen, bei Menschen, die sie mögen. Das, was im Handel gerade betrieben wird, ist Panikdigitalisierung.

Stichwort bedienen, das ist doch die Königsdisziplin im Verkauf, oder?
Ja, aber niemand weiß mehr, wie das geht. Da holt man sich schnell eine:n Trainer, der wird schon irgendwas Neues wissen oder irgendeinen Trick kennen, der aus einem Mauerblümchen am Regal eine Rakete macht. Völliger Blödsinn! Erfolgreich im Verkauf zu sein bedeutet, das 1 x 1 des Verkaufens konsequent anwenden zu können. Mehr braucht es nicht.

Wie lautet denn das Zauberwort?
Aufmerksam sein, so sprechen, dass mich die Leute verstehen.

Welche Fragen stellen Sie?
Welche Haltung habe ich zu meinem Job? Wofür bin ich zuständig? Nehme ich meinen Beruf ernst? Suche ich Fehler auch mal bei mir? Lasse ich mich durch Misserfolge beirren? Wie definiere ich wollen, können, dürfen? Bin ich klar in der Kommunikation?

Gibt es den/die geborene/n Verkäufer*in? 
Nein. Oftmals denkt man, wer gut reden kann, kann gut verkaufen. Aber das kann grundfalsch sein. Wer die Kundinnen totredet, verkauft nämlich gar nichts.

Wie bringen Sie diese Botschaft rüber?
Wir sorgen dafür, dass Verkäuferinnen selbst auf die Lösung kommen, das ist nachhaltiger. Im Gegensatz zu der langläufigen Meinung, ein Training oder Coaching sei erfolgreich, wenn es alle toll fanden und den/die Trainerin positiv bewerten, bin ich der Meinung, dass es erfolgreich war, wenn sich Teilnehmerinnen danach die Frage stellen: „Wozu haben wir das Coaching überhaupt gebraucht?“ Das tut zwar weh, bedeutet aber, dass Teilnehmerinnen selbst erkannt haben, wie sie erfolgreicher werden.

Das sind eine Menge heiße Eisen …
Ja. Aber wir müssen den Finger in die Wunde legen. 80 Prozent der Deutschen sind laut Theodor Adorno entscheidungsschwach. Bloß nichts falsch machen, das lernen wir schon in der Schule und in vielen Unternehmen wird diese „Denke“ auch noch gefördert. Also machen wir lieber gar nichts. Leute, gebt euch mal einen Ruck! Traut euch was! Die Gründer von IBM wurden einmal gefragt, wie sie so schnell wachsen konnten. Die Antwort: „Wir haben die Fehlerquote verdoppelt.“ Die wussten eben, dass man durch Fehler lernt.


Wer die Studie „Richtung Endstation: Wohin Manager den Handel führen?“ beziehen möchte, schreibe einfach eine Email an Christian Sickel:
c.sickel@sickel-team.com


Wer traut sich denn mehr, die kleineren Unternehmen oder die Großen?
Eindeutig die kleineren, die Familienunternehmen, da sind einige richtig fit und kundenorientiert. Bei den Großen erlebt man oft sein blaues Wunder. Peek & Cloppenburg zum Beispiel. Die werben mit „Wir haben 500 Marken“. Ja, und??? Zalando hat 1.500 Markenpartner. Und wenn ich mir bei Peek & Cloppenburg einen richtig teuren Mantel einer Premiummarke kaufe, dann bekomme ich den in eine billige P&C-Plastiktüte gestopft. Bestelle ich denselben Artikel beim Hersteller direkt, kommt er per UPS und der Artikel ist mit Dankschreiben versehen, in einer wertigen Tüte oder Karton und allem Zip und Zap verpackt. So einfach kann man Emotionen wecken.

Wie ist da der Online-Handel aufgestellt?
Da werden die gleichen Fehler gemacht, aber sie fallen nicht sofort auf. Wir eifern immer dem Online-Handel hinterher. Wir müssen unser stationäres Geschäft ausbauen. Im reinen Online-Handel können wir auf Dauer nur verlieren. Das Feld ist besetzt. Außerdem sollte sich der stationäre Handel angewöhnen, den Online-Handel nicht als die schwarze Pest, sondern als ganz normalen Mitbewerb zu betrachten. Jeder hat seine Stärken und Schwächen. Und wenn ich meine Stärken kenne, kann ich sie ausbauen und auf meinem Feld gewinnen.   

Spielwaren wurden während der Pandemie und den Lockdowns im LEH verkauft. Wird das so bleiben?
Ach Quatsch. Der LEH hat ein Jahr lang mehr Umsatz gemacht, weil viele Geschäfte schließen mussten. Aber er hat nichts gelernt. Er hat nicht die richtigen Fragen gestellt, die man stellen muss, wenn man diese Sortimente auf Dauer gut verkaufen will. 

Also haben unsere Händler noch eine Chance, ihre Kunden zurückzugewinnen und aus der Krise zu lernen?
Krise? Welche Krise? Ich habe in meinem ganzen Leben noch an keiner Krise teilgenommen. Es kommt doch vor allem darauf an, wie ich mit Situationen umgehe. Vogelstrauß oder Chance. Das ist die Frage. Und natürlich hat uns die Pandemie auch stark getroffen. Dann gehst du am besten eine Woche ins Bett und ziehst dir die Decke über den Kopf. Dann ist aber auch gut und es geht heiter heiter immer weiter! Man muss auch mal an sich selbst und seinen Erfolg glauben

Sie haben die Zeit der Pandemie genutzt, um eine Fallstudie zu machen. Hatten Sie zu wenig zu tun?
Im Gegenteil, langweilig war es uns nicht, aber wir machen das gern, das, was wir im Alltag erfahren, nochmal Revue passieren zu lassen und zu analysieren. Vielleicht interessiert sich ja der eine oder die andere dafür.

Worum geht es in der Studie?
Um das, was wir eben besprochen haben, nur vertiefter und ausführlicher. Der Titel ist: „Richtung Endstation: Wohin Manager den Handel führen?“ Viele Dinge, die bei den Mitarbeitenden im Verkauf nicht gut laufen, kommt gedanklich aus dem Management. Das wollten wir einmal aufzeigen.

Sind das Erfahrungsberichte?
Zu einem sehr großen Teil. Wir haben unsere Erfahrung aus vielen Projekten gespiegelt, Kunden befragt und zusammen mit dem Deutschen Institut für Marketing unter Leitung von Prof. Dr. Michael Bernecker die Ergebnisse zusammengefasst und kommentiert. 

Kann man die Studie kaufen?
Nein, wir verkaufen sie nicht. Wir stellen sie den Leuten, die sich dafür interessieren, kostenlos zur Verfügung. Einfach eine Mail an mich schreiben.

Wollen Sie damit kein Geld verdienen?
Nein. Ich habe ja einen Job. Was ich mit meiner Arbeit verdiene, reicht mir.

Ist Sickel und Team so dick im Geschäft?
Wir sind kleiner als Sie vielleicht denken. Ein cooler Haufen, keine Big Player, keine Egoshooter. Alles ehrliche, bodenständige Leute, die einen guten Job machen wollen, und können.

Ist es schwer für Sie, gute Mitarbeiter*innen zu finden?
Naja, es gibt einfach Leute, die passen nicht bei uns ins Team und zu mir als Auftraggeber. Wir haben nicht viele Trainerinnen auf unserer Homepage, nur um größer zu wirken als wir sind. Die Mitarbeiter*innen sind bei uns alle handverlesen und wissen ganz genau, was sie tun. Und ja, wir haben eine sehr gute Auftragslage.

Kann man Sie und Ihr Team trotzdem noch engagieren? 
Wir sind keine Aufreißer. Wir jagen nicht gleich den ganzen Laden in die Luft. Aber wer wirklich mit ehrlichem Willen und Engagement weiterkommen möchte, kann uns gern kontaktieren. Ein bisschen Mut zur Veränderung sollte er/sie auch mitbringen.