Handel – Alles Baby!

9. September 2020, 10:15

Seit fast 70 Jahren bietet die Marke baby-walz all das, was während der Schwangerschaft und der ersten Lebensjahre eines Kindes benötigt wird. Der klassische Versandkatalog von einst hat sich zu einem Magalog weiterentwickelt, die baby-walz GmbH ist heute der führende Omni-Channel-Händler im Bereich Baby-Artikel.

Herr Dr. Roppel, Sie sind seit Juli 2018 Geschäftführer der baby-walz GmbH. Glücklich groß werden, dieses Motto haben Sie sich auf die Fahnen geschrieben. Vom reinen Versandkatalog für Babyartikel bis hin zu einem der führenden Omni-Channel-Händler rund ums Baby ist es vermeintlich ein weiter Weg. Haben Ihrer Meinung nach die frühe Spezialisierung und das baby-walz-Vertriebskonzept geholfen, diese Erfolgsgeschichte zu schreiben?
Spezialisierung ist für unsere Zielgruppen, werdende Eltern und Familien mit Babys, entscheidend, da ihre Bedürfnisse in vielerlei Hinsicht speziell sind. In der Regel ist für sie die Situation vollkommen neu und von starken Emotionen geprägt, das erste Kind bekommt man ja nur ein einziges Mal. Eltern wollen keine Fehler machen und für ihr Kind nur das Beste: Genau aus diesem Grund ist der Beratungsbedarf extrem hoch. Gerade in dieser Nische spielen deshalb Erfahrung und Glaubwürdigkeit, die durch Spezialisierung entstehen, eine große Rolle.
Wie in unserem ursprünglichen Vertriebskonzept legt baby-walz nach wie vor einen Schwerpunkt auf die Beratung bei der Erstausstattung und eine entsprechende Vorauswahl aus allen am Markt verfügbaren Produkten. Vielfach kaufen unsere Kunden nämlich nicht nur einen einzigen Artikel, sondern eine komplette Ausstattung.

Dr. Stephan Roppel steht als Geschäftsführer der baby-walz GmbH seit 2018 am Ruder

Für uns geht es dann darum, alle relevanten Artikel auch im Zusammenspiel gut verfügbar zu haben. Unsere zwei zentralen Vertriebskanäle haben dabei unterschiedliche Vorteile: In den Filialen beraten wir intensiver und persönlicher, im Onlineshop können wir hingegen eine noch größere Auswahl anbieten. Die Herausforderung besteht dann in der Kombination und im Austarieren beider Wege zum Beispiel durch ergänzende Online-Bestellung aus dem Laden heraus.

Früher war der Versandhandel der Feind des stationären Handels, dann kam der Discount, kamen SB und die Flächen. Wo sind heute im Babybereich Ihre Mitbewerber zu finden?
Im Babybereich kombiniert aktuell kein Wettbewerber so wie wir Präsenz in Ladengeschäften mit flexiblem Onlinehandel. Natürlich gibt es starke Onlinehändler, die allerdings Filialen nur punktuell betreiben. Und es gibt auch Anbieter mit großem Filialnetz, diese sind aber Online noch nicht voll leistungsfähig. Und Amazon beispielsweise ist bei weitem nicht so spezialisiert für die Bedürfnisse von Schwangeren und jungen Eltern wie wir, hat deshalb auch nicht die Bandbreite an Produkten und bietet erst recht keine persönliche Beratung an.

Warum haben in Ihren Augen Neckermann, Quelle & Co. sowie die großen Warenhauskonzerne so an Zugkraft verloren, auch für Spielware und Baby-Kleinkindartikel?
Es ist nicht einfach, in der heutigen E-Commerce geprägten Handelslandschaft mehr als eine Produktwelt gleichzeitig breit und exzellent anzubieten, denn die Qualitätsansprüche der Kunden sind heute so hoch, dass man sie kaum vollständig über viele Warengruppen befriedigen kann. Kaufhäuser sind zwar breit aufgestellt, bieten aber nur eine überschaubare Auswahl an Baby-Artikeln an. Entsprechend fehlen die Angebotstiefe und fundierte Beratung, die die Mehrheit junger Mütter heute erwartet.

baby-walz ist den umgekehrten Weg gegangen vom reinen Versand-/Online-Händler hin zu stationären Geschäften. Wie viele Filialen haben Sie heute?
Aktuell betreiben wir 28 baby-walz-Filialen, innerstädtisch und in Shoppingcentern – in Metropolen wie Berlin und Wien, aber auch in mittelgroßen Städten wie Leipzig, Graz oder etwa im schweizerischen Basel.

Wie stehen die Online-Offline-Konzepte umsatzmäßig zueinander?
Derzeit machen wir etwa zwei Drittel des Umsatzes online und ein Drittel über die Fachgeschäfte. Zwar wächst der E-Commerce-Kanal schneller, doch seitdem die Läden coronabedingt wieder öffnen dürfen, ist deren Entwicklung auch erfreulich.

Das baby-walz-Konzept ist ein Mix aus Marken und Eigenmarken. Wie ist der Anteil im Verhältnis zueinander?
Aktuell haben wir ein deutliches Über-gewicht bei den Markenanbietern. Für einige Produktgruppen, wie etwa Zubehör, planen wir aber, noch mehr auf
Eigenmarken zu setzen.

Stylish, klar und dennoch emotional – der stationäre Auftritt von baby-walz trifft den Nerv der Zeit

Welche bekannten Marken führen Sie und was sind Ihre Top-Seller bei Eigenmarken?
Wir arbeiten mit sehr vielen gängigen Baby- und Kindermarken zusammen. Erfolgreich sind wir zum Beispiel im Textilbereich mit Sterntaler, Feetje, Sanetta oder auch dem Klassiker Steiff. Die Marke Carters bieten wir in Deutschland im stationären Handel sogar als einziger an.
Mit dem Wachstum unserer Eigenmarken Bornino für Babymode und Textiles sowie dem Spielzeuglabel Solini sind wir ebenfalls sehr zufrieden. Mit Bornino bedienen wir den Kunden vor allem mit Basics und der Erstausstattung, trotz vier Kollektionen im Jahr liegt der Fokus tatsächlich eher im Noos-Bereich mit Bodies, Stramplern und Schlafoveralls.

Nach welchen Kriterien nehmen Sie Marken in Ihr Sortiment auf?
Aus Perspektive der Kunden spielen bei Produkten für Babys Qualität und ein gutes Preis-Leistungsverhältnis die wichtigste Rolle, und es sollte natürlich für unterschiedliche Geschmäcker und Preisvorstellungen jeweils etwas zu finden sein. Für uns als Unternehmen ist zusätzlich wichtig, dass uns Hersteller faire Konditionen bieten und professionell beliefern. Bevor wir Marken oder Produkte aufnehmen, fragen wir uns also zuerst: Erfüllen sie die Bedürfnisse von Eltern in puncto Sicherheit und Funktionalität, aber auch: Bieten sie etwas Besonderes? Design und Innovation spielen für junge Eltern eine immer größere Rolle, ein Kinderwagen oder Autositz soll heutzutage eben auch ästhetische Ansprüche erfüllen.

Wann macht eine Eigenmarke für baby-walz Sinn?
Investition in eine Eigenmarke ist dann sinnvoll, wenn das Angebot der Markenhersteller Lücken im Preis-Leistungsverhältnis aufweist. Dann prüfen wir, ob wir als zusätzlichen Mehrwert unsere langjährige Erfahrung aus der Beratung einbringen können. Durch den direkten Kontakt wissen wir recht gut, welche Bedürfnisse unsere Kundinnen haben. Aber man muss auch erkennen, dass in bestimmten Bereichen Aufwand, Risiko und Qualitätssicherung besser bei spezialisierten Markenprofis liegen sollten.

Nachhaltige Produkte werden heute besonders nachgefragt. Hat das ebenfalls Auswirkungen auf Ihre Sortiments- und Eigenmarkenstrategie?
Da unsere Kunden vermehrt nach nachhaltigen Produkten und auch natürlichen Fasern (Bio-Baumwolle, Wolle, Seide) suchen, richten wir auch unsere Sortimentsstrategie danach aus. Unsere Textil-Lieferanten etwa arbeiten vermehrt mit organic cotton und auch der GOTS Zertifizierung, einem sehr hohen Standard in der gesamten Produktions- und Lieferkette. Auch in unserer Eigenmarke Bornino bieten wir eine Noos-Kollektion an, die komplett GOTS zertifiziert ist und in Europa produziert wird. Grundsätzlich hat Bornino immer das Öko Tex-Siegel als Mindestanforderung. Darüber hinaus setzen wir auf eine eigene mehrstufige Qualitätssicherung im Haus – um die Erwartungen, die zum Beispiel mit dem TÜV-Siegel verbunden sind, noch zu übertreffen.

Hat sich Ihre Sortimentsbreite in den vergangenen Jahren generell in eine bestimmte Richtung entwickelt, und warum war das so?
Wir haben unser Sortiment in den letzten Jahren eher konzentriert als ausgebaut. Kunden erwarten von uns eine kritische Vorauswahl, denn kaum jemand will von einer Masse an Produkten überfordert werden. Wir bieten Mehrwert durch Sichtung des Marktes und Auswahl der Produkte. Dabei gilt, dass wir das Sortiment für die Läden strenger vorauswählen, aus Gründen der Übersichtlichkeit und der Logistik. Sind bestimmte Produkt-Varianten im Laden nicht vorrätig, können wir Alternativen aus dem Online- Shop direkt am Bildschirm zeigen und nach Hause oder in die Filiale bestellen. Diese Option ist übrigens ganz stark im Kommen.

 

Drei hochwertige Eigenmarken von baby-walz: der stylishe BabyCab-Kinderwagen

Drei hochwertige Eigenmarken von baby-walz: Das Modelabel 2hearts

Kommen wir zur Customer Journey. Werdende und junge Eltern sind Digital Natives. Die Millenials, die heute Eltern sind und werden, treffen ihre Kaufentscheidungen anders als Eltern-Generationen vor ihnen. Wie hat das Ihre Ziel- und Kundenansprache und Ihr strategisches Konzept verändert?
Klar, baby-walz hat früher ausschließlich Kataloge versendet. Bei den meisten Menschen, die heute Eltern werden, beginnt die Recherche schon lange vor einer konkreten Kaufentscheidung, oft online, und dabei häufig im Austausch mit anderen
Eltern oder Schwangeren. Entsprechend kommunizieren wir vor allem online – und in den digitalen Kommunikationskanälen ist so viel Bewegung, dass etwa klassisches absatzorientiertes Google-Marketing allein nicht mehr ausreicht. Wir nutzen also immer häufiger Plattformen wie Instagram, Pinterest oder Facebook und gehen dort auch in den Dialog mit unserer Zielgruppe. Ganz neu ist unser Personal Shopping Format, welches das traditionelle Kundengespräch mit digitaler Buchbarkeit verbindet: Eltern wählen online einen Termin aus, und wir empfangen sie dann zu einem ausführlichen und individuellen Beratungsgespräch in einem abgetrennten und mit verschiedenen Infomedien ausgestatteten Raum in der Filiale. Vorab fragen wir wichtige Informationen ab, etwa ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, ob der Kinderwagen eher auf dem Land oder in der Stadt genutzt werden soll und wie groß zum Beispiel der Kofferraum des Autos ist. Auf dieser Basis können wir dann Beratung und Angebote passgenauer zuschneiden.

Wie facettenreich muss ein Marketingkonzept heute sein, um möglichst viele Kunden anzusprechen und abzuholen?
Die Kaufentscheidung für einen Kinderwagen oder ein Kinderzimmer durchläuft im Vergleich etwa zu einem T-Shirt eine viel längere Phase mit vielen Touchpoints, von Schwangeren-Communities über Testplattformen bis hin zu Preisvergleich und Suchmaschine. Deshalb ist unser Marketing sehr facettenreich, da wir versuchen, überall dort präsent zu sein.

 

Wie beurteilen Sie Ihre Wachstums- und Expansionschancen mit baby-walz, auch in globaler Hinsicht?
Um Kunden für Artikel rund ums Baby zu erreichen, hat man ein im Branchenvergleich sehr enges Zeitfenster von nur zwölf bis 24 Monaten; in diesem Zeitraum sind Eltern allerdings außergewöhnlich stark an Beratung interessiert und auch sehr kaufbereit. Ihre aktuellen Bedürfnisse sind dabei sehr gut anhand der Lebensphase des Babys zu bestimmen. Je mehr wir also vom Kunden beziehungsweise den Babys wissen, desto besser können wir einschätzen, was benötigt wird, und diese Bedürfnisse zielgenau erfüllen. Die weitere Vertiefung der Kundenkenntnis und der darauf aufbauenden zielgenauen Ansprache sind das Ziel derzeitiger Initiativen bei baby-walz. Unter anderem deshalb erwarte ich, dass wir unser aktuelles Wachstum in Deutschland, Österreich und der Schweiz weiter fortsetzen können.

Kommen wir zum aktuellen Geschehen: Fast jeder Händler, der nicht nur stationär aufgestellt ist, konnte den Lockdown, der hinter uns liegt, einigermaßen gut verkraften. Wie haben Sie diese Zeit erlebt? Stiegen Ihre Online-Umsätze mit baby-walz signifikant?
Auch wir waren zunächst sehr besorgt über die coronabedingten Ladenschließungen und die damit verbundenen wirtschaftlichen Einbußen. Glücklicherweise nutzten viele unserer bestehenden, aber auch sehr viele neue Kunden sofort in verstärktem Maß unser Online-Angebot, sodass wir schließungsbedingte Umsatzeinbußen mehr als ausgleichen konnten. Doch nicht nur das: Unser Lager und Server liefen über mehrere Wochen unter Volllast, und unsere Teams haben prak-tisch an ihrer Kapazitätsgrenze gearbeitet. Das hat uns allen gezeigt, wie stark der Zusammenhalt im Unternehmen tatsächlich ist und was wir zu leisten im Stande sind. Dafür bin ich unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr dankbar.

Was wurde vor allem nachgefragt?
Während des Lockdowns registrierten wir unter anderem eine enorm hohe Nachfrage nach Spielzeug. Kurioserweise haben wir in den ersten Wochen auch viele tausend Fieberthermometer verkauft – ein Produkt von dem ich vorher gar nicht wusste, dass wir es im Sortiment haben.

Wie ist Ihre Umsatzprognose für den gesamten Baby-Fachhandel für 2020?
Glücklicherweise sind die Geburtenraten in unseren drei Kernmärkten stabil. Da Eltern auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten nicht an ihren Babys sparen, erwarten wir eine stabile bis leicht positive Entwicklung für unsere Branche.

Herr Roppel, ich bedanke mich für das aufschlussreiche und offene Gespräch!

baby-walz.de

Drei hochwertige Eigenmarken von baby-walz: die Textilmarke Bornino