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Global / Märkte – Deutschland – das Tor zur Welt

2. Dezember 2019, 14:59

Mit mehr 1.200 Ausstellern feierte die Spiel ‘19 in Essen auch dieses Jahr einen neuen Rekord und sie wird immer globaler. 70 Prozent der Spieleverlage kommen inzwischen aus dem Ausland – aus ingesamt 53 Nationen, allen voran aus den USA, gefolgt von Frankreich, Großbritannien und Polen. Und sie haben ein gemeinsames Ziel: auf dem hart umkämpften deutschen Spielemarkt Fuß zu fassen. Kein leichtes Vorhaben.

Ignacy Trzewiczek ist nicht nur Chef der polnischen Firma Portal Games, sondern auch Erfinder des Brettspiels „Detective“, das bei der Spiel ‘19 in Essen ein großer Erfolg war

Verdächtige befragen und beschatten, zu Tatorten fahren, Indizien und Beweise kombinieren – unterstützt von einer eigens programmierten Datenbank und dem realen Internet: Das Krimi-Brettspiel „Detective“ durchbricht die Grenze von Spiel und Wirklichkeit. Fünf kartenbasierte Kriminalfälle machen „Detective“ zudem zu einer echten Krimi-Erzählung. Die kreative Neuheit war eine der Highlights auf der „Spiel ´19“, wurde als eines von drei Spielen für den Preis „innoSPIEL“ des Jahres für seinen innovativen Ansatz nominiert und landete auf Platz sechs der Top-Ten-Liste des Deutschen Spielepreises. Autor ist Ignacy Trzewiczek, Gründer und Inhaber von Portal Games aus Polen – ein Verlag, der in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag feiert und sich zu einem der ganz großen Player für anspruchsvolle, komplexe Spiele weltweit entwickelt hat.
Auf dem deutschen Markt setzt er auf einen deutschen Partner: Pegasus Spiele aus Friedberg. Bei dem Verlag, der für zahlreiche ausländische Anbieter den Vertrieb in Deutschland übernimmt, haben die Kollegen aus Polen eine ganz besondere Stellung. „Auf den Verpackungen von Portal Games steht zusätzlich auch unser Logo“, so Public Relations Manager Peter Berneiser. „Das zeigt den hohen Stellenwert, den das Unternehmen für uns hat. Bei einigen Spielen von Portal Games übernehmen wir auch die deutsche Redaktion.“

Doch während in Polen Gesellschaftsspiele zunehmend populärer werden, gelten sie in anderen Ländern immer noch eher als Zeitverschwendung – beispielsweise in Indonesien, berichtet Andre Muslim Dubari. Der asiatische Spielefan hat nicht nur das von ihm selbst verlegte Spiel „Coffee Crash“ nach Essen mitgebracht, sondern managte als Vorsitzender der indonesischen Brettspiel-Vereinigung den Pavillon des asiatischen Inselreichs, auf dem 20 Spiele ausprobiert und getestet werden konnten. „Aus logistischen Gründen ist es für uns sehr schwierig, unsere Spiele in Deutschland zu vertreiben“, beschreibt er die Problematik. „Deshalb suchen wir hier Lizenznehmer für Europa.“ Das ist seit 2017 zwar erst einmal gelungen, doch Dubari ist optimistisch und hofft, dass Gesellschaftsspiele auch in Indonesien kein Nischenprodukt mehr bleiben.
Während der indonesische Pavillon vom Staat gefördert wird, ist „Japon Brand“ ein privater Zusammenschluss von japanischen Spieleautoren, der in diesem Jahr zehn Jahre alt wird – und in Essen etwa zehn Spiele vorstellte. „Viele Firmen, die wir nach Essen brachten, haben inzwischen eigene Stände auf der Messe“, freut sich Direktor Nobuaki Takerube über den Erfolg der japanischen Spiele in Europa, die in Essen ebenfalls auf der Suche nach interessierten Verlagen sind, die sie in ihr Programm aufnehmen möchten.

Der indonesische Verleger Andre Muslim Dubari präsentierte im indonesischen Pavillon sein Spiel „Coffee Crash“

Nabuaki Takerube setzt sich für japanische Spiele und ihre Autoren ein

Max Hirschel hat einen ganz anderen Ansatz. Gemeinsam mit seinem Partner managt er Sunny Games, ein niederländischer Spezialist für kooperative Spiele – und hat einen großen Traum. „Wir möchten mit unseren Produkten unbedingt nach Deutschland. Wenn man es hier schafft, dann klappt es überall“, ist er überzeugt. Doch einen Distributor zu finden, ist für einen kleinen Verlag nicht so leicht. So denkt Hirschel derzeit über die Zusammenarbeit mit Spiel-direkt, einer Genossenschaft aus Dossenheim, nach, die sich auf den Vertrieb von Spielen kleinerer Verlage konzentriert. Der Nachteil: Das Marketing müssen die Firmen selbst übernehmen.
Auch für Matthias Etter war Deutschland das Tor zur Welt. Der CEO der Schweizer cuboro AG erfand ein hochwertiges Kugelbahnsystem, das er exklusiv in der Schweiz herstellt und vermarktet. Auch Brett- und Strategiespiele gehören zu seinem Angebot. „Mit unserem Spielsystem kamen wir 1986 auf den Markt und exportieren heute in 30 Länder. Der größte Markt ist Japan – gefolgt von Deutschland“, berichtet der Unternehmer. In Deutschland hat sich cuboro als Lehrmittel durchgesetzt. Doch das war nicht einfach. Los ging es 1992/1993 in kleinen Holzspielzeuggeschäften. 1996 folgte der erste selbstständige Besuch auf der Nürnberger Spielwarenmesse. Zu einem Problem, weiß Etter, kann sich für ein Schweizer Unternehmen jedoch die unterschiedliche Währung entwickeln.

Für Matthias Etter, Chef der cuboro AG aus der Schweiz, ist Deutschland heute der zweitwichtigste Markt nach Japan. / Peter Müller leitet in Bremen als Key Account Manager die deutsche Tochter des polnischen Trefl-Verlags

 „Bei der Eurokrise 2015 wurde unser Produkt in Deutschland 35 Prozent teurer – und unser Umsatz brach erheblich ein“, erinnert er sich. „Doch unter dem Strich ist Deutschland für uns ein Markt, auf dessen Player man sich verlassen kann – und der von einem hohen Qualitätsbewusstsein geprägt ist. Das sind für ein Unternehmen wie unseres die besten Voraussetzungen.“
Am Schluss noch einmal zurück zu einem polnischen Anbieter – die Firma Trefl, eine der ganz Großen in Polen und einer der ganz wenigen ausländischen Verlage, der vor drei Jahren eine Tochtergesellschaft in Bremen gegründet hat, um den deutschen Markt für sich zu erschließen. Bei Puzzles ist Trefl stark, aber Key Account Manager Peter Müller möchte auch bei Spielen die Wahrnehmung von Trefl als Marke vor allem im Fachhandel steigern. „Der Mehrwert einer eigenen Tochterfirma ist hoch“, so seine Überzeugung: „Man kann seine eigene Geschäftsstrategie verfolgen, steht als Ansprechpartner für den nationalen Handel zur Verfügung, und wir haben zudem ein eigenes Lager in Deutschland. So können wir auch bei geringeren Mengen problemlos liefern.“