Frühförderung: Von Herzschlag bis Lieblingslied
Neurowissenschaftler singen – buchstäblich! – schon lange ein Lied davon: Musik macht Menschen klüger, glücklicher und gesünder – und das bereits im Mutterleib! Eine Studie des US-amerikanischen Institute of Learning and Brain Sciences belegt, dass nach dem Hören von Musik bei Babys diejenigen Hirnregionen verändert aussahen, die für die Verarbeitung von Musik und Sprache zuständig sind. Und nicht nur das: Wenn kleine Kinder dabei spielerisch mit anderen interagieren, verstärken sich die positiven Auswirkungen von Musik sogar noch. Gefördert werden dann auch Persönlichkeitsmerkmale wie Hilfsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit.
Doch nicht nur das Hören von Musik unterstützt die Entwicklung des jungen Gehirns – die positiven Effekte sind noch stärker, wenn Säuglinge und Kleinkinder selbst musizieren oder, wenn sie älter sind, an Bewegungsspielen mit Rasseln oder Klanghölzern teilnehmen. Denn aktives Musizieren erfordert nicht nur eine gewisse Feinmotorik, etwa beim Greifen und Drücken von Gegenständen, sondern auch sprachliche und mathematische Fähigkeiten, wie das Zählen von Taktschlägen, auch wenn diese in diesem Alter noch nicht bewusst wahrgenommen werden. Zudem wird die Kreativität angeregt. Dadurch werden gleich mehrere Bereiche des Gehirns aktiviert. Musik kann also schon bei kleinen Kindern spielerisch dazu beitragen, die Verbindung zwischen den beiden Gehirnhälften zu fördern. So gelangen Informationen schneller und auf verschiedenen Wegen durch das Gehirn, wodurch Botschaften und Gefühle besser verarbeitet werden.

Unicef fasst die positiven Auswirkungen von Musik auf Babys und Kleinkinder so zusammen:
Musik kann …
- die Stimmung verbessern und kleine Kinder durch den Abbau von Stress stärken. Selbst das Hören trauriger Melodien kann gut sein, weil es den Kindern helfen kann, mit ihren Emotionen in Kontakt zu kommen.
- die Bildung von Stoffen im Gehirn wie Dopamin und Oxytocin stimulieren. Wenn diese freigesetzt werden, werden die Kinder ermutigt, Spielzeug zu teilen, sich in andere hineinzuversetzen und anderen zu vertrauen.
- Säuglinge und Kleinkinder beruhigen. Vor allem sanfte, vertraute Melodien helfen Kindern, sich zu entspannen.
- die Konzentrationsfähigkeit und Produktivität fördern.
- Lernfähigkeit und schulische Leistungen verbessern.
- die Entwicklung von räumlichem Vorstellungsvermögen unterstützen – eine wichtige Grundlage für Bereiche wie Mathematik, Ingenieurwesen, Informatik oder Architektur.
- den Wortschatz und die Kreativität fördern.
Singer-Songwriterin, Musikproduzentin und dreifache Mama Joanna Gypser kann die positiven Auswirkungen von Musik auf (Klein-)Kinder nur bestätigen. Seit über 15 Jahren bewegt sie sich in der Musikwelt mit Auftritten in Radio und Fernsehen. Sie produziert Kindermusik und Audio-Content für Kindermarketing mit Leidenschaft und betreibt ihr eigenes Tonstudio. Sie beschreibt, wie sie es erlebt, mit Kindern zu singen:
„Als jemand, der beruflich Musik für Kinder macht und mit ihnen im Studio arbeitet, kann ich die Bedeutung des Singens für die Entwicklung von Kindern nur unterstreichen. Studien haben gezeigt, dass Musik und Hörerlebnisse nicht nur die kreativen Regionen im Gehirn anregen, sondern auch Lernprozesse fördern können. Musik hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Entwicklung von Kindern. Beim Singen werden idealerweise beide Gehirnhälften aktiviert. Die rechte Gehirnhälfte ist zuständig für Kreativität, Musik, Gefühle und Intuition, während die linke Hälfte Sprache und Logik steuert. Durch das Singen wird das volle Potenzial des Gehirns entfaltet: Fantasie und Sprachentwicklung wird angeregt, neuronale Verbindungen werden geknüpft, die die Grundlage für Lernen und Entwicklung bilden, und sowohl die Sprachentwicklung als auch der Wortschatz wird gefördert und erweitert.
Aus meiner Erfahrung als Musikproduzentin lieben Kinder es zu singen. Jedes Mal, wenn ich mit Kindern im Studio arbeite, gehen sie mit einem breiten Grinsen, leuchtenden Augen und einer Portion Dopamin nach Hause. Es ist toll zu sehen, wie gerade Kinder, die mit dem Sprechen ein bisschen Probleme haben, beim Singen aufblühen. Daher: Lasst uns mehr mit Kindern singen und Musik machen!“
Wie bereits angedeutet, kann sich Musik auch schon vor der Geburt positiv auf das Babygehirn auswirken. Die Cochlea, in der sich das eigentliche Hörorgan befindet, ist ungefähr im dritten Monat der Schwangerschaft in ihrer Form ausgebildet, und erreicht ihre volle Größe in der 20. Schwangerschaftswoche. Wahrnehmen können die Babys ihre Umweltreize etwa ab der 23. Schwangerschaftswoche, wie zum Beispiel den Herzschlag der Mutter, den Blutkreislauf und ihre Stimme. Ab der 33. Schwangerschaftswoche zeigen Babys dann deutliche Reaktionen auf Musik, wobei tiefere Frequenzen besser wahrgenommen werden als höhere. Eine Studie zeigte sogar, dass Babys die Musik, die sie im Mutterleib hörten, in Erinnerung behielten. Nach der Geburt hörten 86 Prozent der untersuchten Säuglinge innerhalb von 20 bis 28 Sekunden auf zu schreien, wenn sie vertraute Geräusche wahrnahmen. Während einer weiteren Studie wurden Föten im sechsten, siebten und achten Monat eine kurze Flötenmelodie vorgespielt. Dabei wurde bei den Müttern eine Entspannung der Bauchmuskulatur durchgeführt, die für den Fötus angenehm sein soll. Die Studie zeigte, dass diese Melodie beruhigend auf die später geborenen Kinder wirkte.
Ob diese beruhigende Wirkung allerdings direkt von der Musik herrührte oder indirekt daher, dass sich die Mütter dabei auch entspannen konnten, ist noch nicht klar.
Für Martina Dames, studierte Sängerin und Gesangspädagogin, ist die Antwort ganz klar. „Alles, was der Mutter gut tut, ist auch gut für das Ungeborene.“ Dames lebt und arbeitet in Hamburg und leitet, neben eigenen Auftritten und Gesangsunterricht, „Musikgarten“-Kurse sowie einige Chorprojekte für Groß und Klein. Außerdem ist sie Autorin und Dozentin für das Konzept „BabyBauchTöne – Pränatales Singen für mich und dich“ für Kurse zum Singen und Tönen mit Schwangeren. Astrid Specht sprach mit Martina Dames über das Konzept „BabyBauchTöne“ und warum Musizieren Müttern und dem noch ungeborenen Nachwuchs gut tut.
Frau Dames, Sie leiten eine Reihe von Kursen für werdende Mütter und Eltern, aber auch für Kleinkinder. Was sind das für Kurse?
Unser Angebot ist vielfältig, aber mein Schwerpunkt liegt auf den musikalischen Programmen, insbesondere:
„Babybauch-Töne“ – ein Konzept für werdende Mütter, das ich 2018 gemeinsam mit Franziska Augustin für den Schott-Verlag entwickelt habe und „Musikgarten“ – ein Programm für Babys und Kleinkinder, das an „Babybauch-Töne“ anknüpfen kann. Außerdem unterrichte ich Musikalische Früherziehung und leite einen Kinderchor sowie eine Stimmbildungsgruppe für Jugendliche – und auch einen kleinen Erwachsenenchor.
Wer kommt zu Ihnen in die Kurse und welche Erwartungen oder Wünsche bringen die Teilnehmenden mit?
Unsere Kurse besuchen Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen – Mütter, Väter, Großeltern oder andere Bezugspersonen. Viele haben selbst erfahren, wie bereichernd Musik sein kann, und möchten diese Erfahrung an ihr Kind weitergeben. Andere spüren, dass Musik ihnen vielleicht gefehlt hat und möchten genau das ihrem Nachwuchs ermöglichen.
Musik begleitet uns von Anfang an: Babys reagieren schon früh auf Rhythmus, sei es durch das Schaukeln im Kinderwagen oder das sanfte Summen eines Liedes. Rhythmus gibt Struktur, und Struktur vermittelt Sicherheit.
Während einige Eltern oder Großeltern bereits musikalische Vorkenntnisse haben – sei es durch ein musikbetontes Gymnasium oder frühere Instrumentalerfahrungen –, sind andere einfach neugierig und auf der Suche nach neuen Impulsen. Neben der Musik steht in unseren Kursen auch die menschliche Begegnung im Mittelpunkt: eine kleine Auszeit vom Alltag, in der alle gemeinsam singen, spielen und zur Ruhe kommen können.
Warum ist Musik schon im Mutterleib so wertvoll für Babys?
Das Gehör entwickelt sich bereits im Mutterleib und braucht akustische Reize, um sich vollständig auszubilden. Babys hören nicht nur die Stimme der Mutter, sondern auch den Herzschlag, den Blutfluss und andere Geräusche im Körper. Schon vor der Geburt nehmen sie Sprachmelodien und Lieder wahr und können diese nach der Geburt wiedererkennen.
Musik wirkt beruhigend und gibt dem Kind eine vertraute Struktur, die den Übergang in die Welt erleichtert. Wenn die Mutter singt, spürt das Baby zusätzlich sanfte Vibrationen, die seine sensorische Entwicklung fördern. Besonders das wiederholte Hören von Melodien oder Rhythmen stärkt das Urvertrauen des Babys – es erfährt Sicherheit und Geborgenheit durch vertraute Klänge. Nach der Geburt kann diese früh erlebte Klangwelt helfen, das Kind in stressigen Momenten zu beruhigen und ihm ein Gefühl von Verlässlichkeit zu geben.
Was genau passiert in ihrem Kurs „Babybauch-Töne“?
Das Programm ist keine Frühförderung, sondern stellt das Wohlbefinden der werdenden Mütter in den Mittelpunkt. Durch Atem- und Entspannungsübungen sowie gemeinsames Singen finden sie innere Ruhe – eine Ruhe, die sich auch positiv auf das Baby überträgt. Besonders wichtig ist es, dass die Mutter ihre eigene Stimme bewusst wahrnimmt. Sie nimmt sich Zeit für sich selbst, während durch das Singen Glückshormone freigesetzt werden, die das Wohlbefinden steigern. Das Baby profitiert davon indirekt, indem es die Entspannung der Mutter spürt und sich selbst geborgen fühlt.
Und wie geht es nach der Geburt weiter?
Nach „Babybauch-Töne“ bildet eine schöne Anschlussmöglichkeit der „Musikgarten für Babys“, das erste Modul des „Musikgarten“-Programms. Viele Lieder aus der Schwangerschaft tauchen hier wieder auf und schaffen so eine vertraute Verbindung. Gleichzeitig kommen neue musikalische Impulse hinzu, die auf die Entwicklung der Babys abgestimmt sind.
Welche Instrumente werden im „Musikgarten“ eingesetzt?
Kinder lieben es, Musik mit allen Sinnen zu entdecken. Deshalb nutzen wir einfache, haptisch erfahrbare Instrumente wie: Rasseln, Klanghölzer, Trommeln, Glöckchen, Maracas. Auch Tücher kommen häufig zum Einsatz, etwa für Kuckuck- und Bewegungsspiele. Die Materialien sind bewusst so gewählt, dass sie die sensorische Wahrnehmung der Kinder fördern und spielerisch zum Musizieren anregen.
Der Voggenreiter Verlag bietet viele verschiedene Musik-, Klang- und Rhythmusinstrumente an, um Musik für Kinder verschiedenen Alters über die eigene Stimme hinaus noch besser erlebbar zu machen:
Was macht mehr Spaß, als zusammen mit Freunden zu rasseln und zu klingeln?! Mit diesem Set tobt die jüngste Precussion-Band der Welt durchs Kinderzimmer! Ab zwei Jahren.
Das innovative Schüttel-Ei mit den bunten Punkten liegt nicht nur fest und sicher in den Händen von Kindern ab sechs Monaten, es fördert zusätzlich die Entwicklung des Tastsinns. Sanft bewegt oder wild geschüttelt: Das unverwüstliche Ei ist der ideale Begleiter für kleine Rhythmus-Fans!
Die geschwungene Klangbrücke trägt acht hochwertige bunte Klangplatten aus Metall. Sanft gerundete Kanten und die schonende Wachsbehandlung machen dieses Glockenspiel zum echten Handschmeichler. Ab vier Jahren.