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Fokus / Focus: Elternzeit / Parental Leave

23. August 2024, 9:34

Elternzeit – kein Problem

Parental Leave –no Problem

Die Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 führte bei vielen Müttern zu längeren Auszeiten, was in den betroffenen Betrieben für größere Beschäftigungslücken sorgte. Dass sich den längeren Elternzeiten jedoch dauerhaft keine negativen Effekte auf Beschäftigung, Löhne und den Fortbestand der Betriebe ergeben, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Instituts für Bevölkerungsforschung (BIB).

The introduction of parental benefit in 2007 led to many mothers taking longer periods of leave, which resulted in larger employment gaps in the affected companies. However, a recently published study by the Institute for Employment Research (IAB) and the Institute for Population Research (BIB) shows that longer parental leave does not have any long-term negative effects on employment, wages or the continued existence of companies.

Einer der häufigsten Gründe für längere Abwesenheiten vom Arbeitsplatz sind Elternzeiten nach der Geburt von Kindern. Daraus entstehende Beschäftigungslücken können besonders für kleine und mittlere Betriebe herausfordernd sein. Während unter den Regelungen des Erziehungsgeldes etwa 40 Prozent der Mütter innerhalb von zwölf Monaten nach der Geburt in den Betrieb zurückkehrten, waren es unter den Regelungen des Elterngeldes nur 20 Prozent. In diesem Zeitraum ging infolge der längeren Abwesenheit der Mütter die Gesamtanzahl der Beschäftigten im Betrieb um drei Prozent zurück. Kurzfristige Beschäftigungslücken blieben aber ohne negative langfristige Konsequenzen wie dauerhaft niedrigere Beschäftigung oder häufigere Betriebsschließungen. „Überproportionale Belastungen für Betriebe durch längere Elternzeiten scheinen somit kein stichhaltiges Argument gegen diese wichtige familienpolitische Maßnahme zu sein“, erklärt Michael Oberfichtner, Leiter des Forschungsbereichs „Betriebe und Beschäftigung“ am IAB und Mitautor der Studie.

One of the most common reasons for longer absences from work is parental leave after the birth of children.The resulting gaps in employment can be particularly challenging for small and medium-sized companies.While around 40 percent of mothers returned to work within twelve months of giving birth under the parental allowance (Erziehungsgeld) regulations, this figure was only 20 percent under the parental benefit (Elterngeld) regulations. During this period, the total number of employees in the company fell by three percent as a result of the longer absence of mothers. However, short-term gaps in employment remained without negative long-term consequences such as permanently lower employment or more frequent company closures. „Disproportionate burdens for companies due to longer parental leave therefore do not appear to be a valid argument against this important family policy measure,“ explains Michael Oberfichtner, head of the „Companies and Employment“ research area at the IAB and co-author of the study.

Die Auswertungen der Studie beziehen sich auf Betriebe, in denen Angestellte zwischen Juli 2005 und Juni 2007 ein Kind bekommen haben. Damit lassen sich etwaige Effekte der Einführung des Elterngeldes auf den Wiedereintritt von Müttern in den Arbeitsmarkt untersuchen. Ein möglicher Ansatzpunkt, um bevorstehende Elternzeiten personell aufzufangen, sind Neueinstellungen. Diese steigen in den sechs Monaten vor dem erwarteten Geburtstermin deutlich an (siehe Abbildung 1). Im Durchschnitt wird gut ein Drittel aller aufgrund von Elternzeit ausscheidende Mütter durch neu eingestelltes Personal ersetzt (39 Prozent), davon der größere Teil (31 Prozent) durch Beschäftigte, die im gleichen Beruf arbeiten. Die Ausfälle werden also nur zum Teil durch Neueinstellungen ausgeglichen.

Bild 1: In den Monaten vor der Geburt steigt die Zahl der Einstellungen. // Image 1: In the months before the birth, the number of hires increases

The evaluations in the study relate to companies in which employees had a child between July 2005 and June 2007.This makes it possible to examine any effects of the introduction of parental benefits on the re-entry of mothers into the labor market.One possible starting point for absorbing upcoming parental leave in terms of personnel is new hires.These increase significantly in the six months before the expected date of birth (see Figure 1).On average, a good third of all mothers who leave due to parental leave are replaced by new hires (39 percent), the majority of whom (31 percent) are employees who work in the same profession.The losses are therefore only partially offset by new hires.

Mit der Einführung des Elterngeldes hat sich die Rückkehr von Müttern in ihren Betrieb um einige Monate verzögert. Dies zeigt der Vergleich von Müttern, deren erstes Kind zwischen Januar und Juni 2006 geboren wurde, mit Müttern, deren erstes Kind zwischen Januar und Juni 2007 zur Welt kam (siehe Abbildung 2). Die längere Erwerbsunterbrechung wirkte sich jedoch nicht negativ auf die weiteren Erwerbsverläufe der Mütter aus. Dies deckt sich mit den Forschungsergebnissen einer 2023 erschienenen Studie.

Bild 2: Vor und nach Einführung des Elterngeldes: Wann kehren Mütter nach der Geburt des Kindes in den vorherigen Betrieb zurück? // Image 2: Before and after the introduction of parental allowance: When do mothers return to their previous job after the birth of their child?

The introduction of parental allowance has delayed the return of mothers to work by several months.This is shown by a comparison of mothers whose first child was born between January and June 2006 with mothers whose first child was born between January and June 2007 (see Figure 2).However, the longer break in employment did not have a negative effect on the mothers‘ subsequent employment histories.This is consistent with the research findings of a study published in 2023.

Die verzögerte Rückkehr von Müttern wirkte sich allerdings auf die betroffenen Betriebe aus, die im Schnitt die während der längeren Elternzeit entstandene Beschäftigungslücke nicht vollständig geschlossen haben. Ein Effekt, der jedoch nur vorübergehend ist, mittel- und langfristig hat die Elterngeldeinführung keine Effekte auf die Beschäftigung in den betroffenen Betrieben.
Kompensieren aber Betriebe längere elternzeitbedingte Abwesenheiten nur teilweise, könnte sich dies wiederum generell negativ auf Beschäftigungsaussichten junger Frauen auswirken. Dabei ist es irrelevant, ob diese jungen Frauen tatsächlich später Kinder bekommen oder nicht.
Um zu untersuchen, ob diese „statistische Diskriminierung“ tatsächlich stattfindet, wurde das Einstellungsverhalten von Betrieben im Zeitraum von Juli 2007 bis Ende 2009 betrachtet. Demnach gibt es empirisch aber keinen Hinweis darauf, dass die Einführung des Elterngeldes negative Konsequenzen für die Beschäftigungsaussichten junger Frauen hatte.

However, the delayed return of mothers had an impact on the affected companies, which on average did not fully close the employment gap that had arisen during the longer parental leave. However, this effect is only temporary; in the medium and long term, the introduction of parental allowance has no effect on employment in the affected companies.
However, if companies only partially compensate for longer absences due to parental leave, this could in turn have a generally negative impact on the employment prospects of young women.It is irrelevant whether these young women actually have children later or not, and in order to investigate whether this „statistical discrimination“ actually takes place, the recruitment behavior of companies in the period from July 2007 to the end of 2009 was examined. According to the results, there is no empirical evidence that the introduction of parental allowance had negative consequences for the employment prospects of young women.

Fazit
Kurzfristig hatten die meisten Betriebe infolge der längeren Auszeiten, die mit der Einführung des Elterngeldes einhergehen, mit größeren Beschäftigungslücken umzugehen, die sie nur teilweise durch Neueinstellungen abgefedert haben. Die verbleibende Lücke hatte jedoch keine langfristig nachteiligen Auswirkungen auf die Betriebe. Die Einführung des Elterngelds führte auch nicht dazu, dass die Betriebe junge Frauen seltener
oder zu geringeren Löhnen eingestellt haben. Die von manchen geäußerte Befürchtung, dass das Elterngeld zu übermäßigen Belastungen der Betriebe und negativen Folgen für junge Frauen am Arbeitsmarkt führen würde, haben sich also im Großen und Ganzen nicht bewahrheitet.

Conclusion
In the short term, most companies had to deal with larger gaps in employment as a result of the longer periods of absence associated with the introduction of parental allowance, which they only partially cushioned with new hires.However, the remaining gap did not have any long-term detrimental effects on the companies. The introduction of parental allowance also did not result in companies hiring young women less frequently or at lower wages. The fears expressed by some that the parental allowance would lead to excessive burdens on companies and negative consequences for young women on the labor market have therefore not come true on the whole.


3 Fragen an …

… Prof. Dr. Michael Oberfichtner

Langfristig ergeben sich für Unternehmen keine negativen Konsequenzen aus der längeren Elternzeit. Zu diesem Ergebnis kam Ihre Studie. Welche Schlüsse können Unternehmerinnen und Unternehmer, aber auch Eltern aus dieser Erkenntnis ziehen?
Dass sich längere Elternzeiten von Müttern langfristig nicht negativ auf Betriebe auswirken, zeigt das Betriebe in der Regel mit längeren planbaren Abwesenheiten gut umgehen können. Insofern ist dieses Ergebnis eine gute Nachricht – für Unternehmerinnen und Unternehmer genauso wie für Eltern. Wenn wir davon ausgehen, dass sich die Ergebnisse auch auf Väter übertragen lassen, sollte das auch dazu beitragen, bei allen Beteiligten Sorgen über negative Folgen von Elternzeiten bei Vätern abzubauen.

3 Questions for …

… Prof. Dr. Michael Oberfichtner

In the long term, longer parental leave does not have any negative consequences for companies. This was the result of your study. What conclusions can entrepreneurs and parents draw from this finding?
The fact that longer parental leave for mothers does not have a negative impact on companies in the long term shows that companies can generally cope well with longer, plannable absences. In this respect, this result is good news – for entrepreneurs and parents alike. If we assume that the results can also be applied to fathers, this should also help to allay concerns about the negative consequences of parental leave for fathers.

„Ich würde niemandem empfehlen, zum früheren Erziehungsgeld zurückzukehren.“

Prof. Dr. Michael Oberfichtner ist Forschungsbereichsleiter im Bereich „Betriebe und Beschäftigung” am IAB (iab.de) und Professor für betriebliche Arbeitsmarkt- und Berufsforschung an der FAU Erlangen-Nürnberg (betriebe.rw.fau.de). Gemeinsam mit Dr. Susanne Kohaut leitet er das IAB-Betriebspanel (iab.de/betriebspanel), eine jährliche repräsentative Befragung von gut 15.000 Betrieben in Deutschland.

Prof. Dr. Michael Oberfichtner

„I wouldn‘t recommend anyone to go back to the former parental allowance.“

Prof. Dr. Michael Oberfichtner is head of the research department „Establishments and Employment“ at the IAB (iab.de) and professor of company-based labour market and occupational research at FAU Erlangen-Nuremberg (betriebe.rw.fau.de). Together with Dr. Susanne Kohaut, he heads the IAB Establishment Panel (iab.de/betriebspanel), an annual representative survey of over 15,000 establishments in Germany.

Aus Ihrer Studie geht auch hervor, dass mit der Umstellung vom Erziehungsgeld auf Elterngeld 2007 nur noch 20 Prozent der erwerbstätigen Mütter innerhalb der ersten zwölf Monate nach der Geburt in ihren Beruf zurückkehren, während es zuvor noch 40 Prozent waren. Mit welcher Zielsetzung wurde diese Umstellung beschlossen? Wäre es aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht besser gewesen, beim Erziehungsgeld zu bleiben, damit Frauen/Mütter möglichst schnell wieder in den Beruf zurückkehren?
Die Einführung des Elterngelds war eine umfassende, vielschichtige Reform und der Erfolg lässt sich nicht an einer Zahl festmachen. Zu den Zielen der Reform gehörten damals eine bessere finanzielle Absicherung von Familien in der Anfangszeit und eine größere Wahlfreiheit bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, insbesondere auch für Väter bessere Möglichkeiten, sich der Betreuung ihrer Kinder zu widmen. Letztendlich sollte das Elterngeld auf diesem Weg Familiengründungen erleichtern.
Ich würde niemandem empfehlen, zum früheren Erziehungsgeld zurückzukehren. Zur Einführung des Elterngelds gibt es eine Vielzahl von Studien, beispielsweise zu den Effekten auf Familiengründungen, zur Beteiligung von Vätern an der Kindererziehung und auch zur Erwerbstätigkeit der Eltern, wo sich später für bestimmte Gruppen auch positive Effekte auf die Karrieren von Müttern zeigen. In der Gesamtschau ist das Elterngeld daher deutlich besser geeignet, die genannten Ziele zu erreichen, als das frühere Erziehungsgeld.

Your study also shows that with the switch from parental allowance (Erziehungsgeld) to parental benefits (Elterngeld) in 2007, only 20 percent of working mothers return to work within the first twelve months after giving birth, compared to 40 percent previously. With what objective was this change decided? From an economic point of view, would it not have been better to stay with parental allowance (Erzierhungsgeld) so that women/mothers could return to work as quickly as possible?
The introduction of parental benefits was a comprehensive, multi-layered reform and its success cannot be measured by a single figure. At the time, the aims of the reform included better financial security for families in the early stages and greater freedom of choice when it came to combining work and family life, in particular better opportunities for fathers to devote themselves to looking after their children. Ultimately, parental benefits was intended to make it easier to start a family.
I would not recommend that anyone return to the previous parental allowance. There are numerous studies on the introduction of parental benefits, for example on the effects on starting a family, on the involvement of fathers in bringing up children and also on the employment of parents, where positive effects on the careers of mothers can also be seen later for certain groups. Overall, parental benefits is therefore much better suited to achieving the stated goals than the former parental allowance.

Angesichts der aktuellen Familienpolitik in Deutschland, die Familiengründung wenig attraktiv macht, stellt sich die Frage, inwieweit Unternehmen versäumte politische Entscheidungen langfristig kompensieren können und sollen?
Wir wissen aus früheren Studien, dass Mütter in Betrieben, die gezielt Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf anbieten, nach einer Geburt schneller zurückkehren. Davon profitieren mutmaßlich sowohl Betriebe als auch Eltern. Solche Angebote von Betrieben können damit auch dazu beitragen, den Fachkräftebedarf in Betrieben zu sichern und sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren.
Um das genauer zu verstehen, untersuchen wir im Moment in einem neuen Forschungsprojekt, welche Maßnahmen Betriebe zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf anbieten, wobei wir eine ganze Reihe von Möglichkeiten zur Unterstützung betrachten. Das reicht von der Kontaktpflege während der Elternzeit über Unterstützung bei der Kinderbetreuung, etwa durch Zuschüsse oder Betriebskindergärten, bis zur familienfreundlichen Gestaltung des Arbeitsalltags. Damit unsere Ergebnisse möglichst aussagekräftig werden, bei dieser Gelegenheit die herzliche Bitte, beim IAB-Betriebspanel mitzumachen!

iab.de

In view of the current family policy in Germany, which makes starting a family less attractive, the question arises as to what extent companies can and should compensate for missed political decisions in the long term?
We know from previous studies that mothers in companies that offer targeted measures to reconcile work and family life return to work more quickly after giving birth. This presumably benefits both companies and parents. Such offers from companies can therefore also help to secure the supply of skilled workers in companies and position themselves as attractive employers.
In order to understand this in more detail, we are currently conducting a new research project to investigate what measures companies offer to reconcile work and family life, looking at a whole range of support options. This ranges from maintaining contact during parental leave to support with childcare, for example through subsidies or company kindergartens, to the family-friendly organization of everyday working life. To ensure that our results are as meaningful as possible, we would like to take this opportunity to ask you to take part in the IAB Establishment Panel!

iab.de