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Es ist Zeit für METAVERSE

13. Juli 2022, 14:35

Auf dem Gebiet der Digitalisierung stößt man neuerdings immer wieder auf den Begriff „Metaverse“, ein virtueller Raum mit verschiedenen Welten. Warum es sich für Unternehmen lohnt diese Parallelwelt mitzugestalten, erläutert Ingo Keßler im nachfolgenden Interview mit Astrid Specht.

Herr Keßler, wenn man sich mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt, begegnet man dem Stichwort „Metaverse“ oder „Metaversum“ zur Zeit immer häufiger. Was genau ist das Metaverse?
Es kursieren verschiedene Definitionen und Vorstellungen davon, was genau das Metaverse ist. Allen gemein ist aber, dass es sich um einen virtuellen Raum handelt, der verschiedene „Welten“ beinhaltet, den Nutzer*innen mitgestalten können und in dem man gemeinsam lernen, arbeiten und spielen kann.

Das klingt nach weit entfernter Zukunftsmusik. Warum lohnt es sich für Unternehmen, beispielsweise aus der Spielzeugbranche, dieses Thema jetzt schon auf dem Schirm zu haben? Gilt dies für große Unternehmen wie Lego oder Playmobil gleichermaßen wie für mittelständische?

Es mag für manchen nach Zukunftsmusik oder ferner Vision klingen, ist aber tatsächlich für Millionen Kinder und Jugendliche schon heute Realität. Roblox ist ein solches Metaverse und wird von knapp einem Viertel der 8- bis 18-Jährigen in Deutschland genutzt, wie unsere repräsentative Studie mit dem Marktforschungstool Fact family ergeben hat. Auch in Minecraft, Fortnite und anderen Online-Spiele bewegen sich jugendliche Spieler*innen wie in einem Metaverse. Deshalb muss das Thema gerade bei Unternehmen aus der Spielzeugbranche jetzt auf der Agenda sein, ganz losgelöst von der Größe. Wer die junge Zielgruppe erreichen will, muss dort sein, wo sie sich aufhält.

Im Gaming-Bereich ist das Metaverse bereits Realität. Verschiedene Marken betreiben aktive Präsenzen, zum Teil sogar Stores, in den Online-Spielen Minecraft, Roblox oder Fifa 22. Können Sie uns erklären, welche Chancen (und Risiken) sich für Unternehmen bieten, die sich jetzt darauf einlassen?
Grundsätzlich bieten diese Plattformen die Chance, jugendliche Zielgruppen dort zu erreichen, wo sie ohnehin ausgesprochen viel Zeit verbringen. Zudem sind sie in diesen Umfeldern auch sehr offen dafür, sich auf Neues einzulassen, etwas auszuprobieren. Deshalb ist jetzt auch der perfekte Zeitpunkt für Unternehmen, im Metaverse zu experimentieren. Die Rahmenbedingungen sind für die meisten neu, es wird getestet was geht. Wer hier mitmacht, wird allein schon für den Versuch mit Respekt und Wohlwollen belohnt. Wichtig ist nur, dass man sich im Ton der Zielgruppe anpasst, aber dennoch seiner Identität treu bleibt: Verkürzt heißt das: Weder belehrend auftreten, noch pseudo-jugendlich. Wer sich authentisch in die Community einbringt, kann hier punkten.

„Wer die junge Zielgruppe erreichen will, muss dort sein, wo sie sich aufhält“

Wer sich als Unternehmen mit dem Metaverse nicht anfreunden will oder kann, kommt trotzdem nicht an der Tatsache vorbei, dass die eigene Zielgruppe (Kinder und Jugendliche in der Spielzeugbranche) dort abgeholt werden muss, wo sie sich aufhält, und das ist nun mal häufig im Netz. Wie können Marketing-Kampagnen aus der „echten“ Welt in die digitale und virtuelle Welt verlängert werden, um zu wirken? Oder funktioniert das eher umgekehrt? Und wie muss die Zielgruppenansprache aussehen, um erfolgreich zu sein?
Der Ansatz, Kampagnen aus der physischen Welt „digital zu verlängern“ ist leider grundfalsch, weil er der Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen widerspricht. Sie machen eine solche Unterscheidung nicht, ihr Alltag setzt sich aus physischen und digitalen Erlebnissen zusammen, wobei die Übergänge fließend sind. Wir entwickeln mit unseren Kunden deshalb grundsätzlich Kampagnenideen, die zunächst plattformagnostisch funktionieren und dann in verschiedenen Kanälen unterschiedlich zur Entfaltung kommen können. Wer junge Zielgruppen adressieren möchte, wird dabei vor allem auf digitale Plattformen und Social Media setzen müssen. Dafür ist es elementar wichtig, ein solides Zielgruppenverständnis aufzubauen. Wenn wir Verhaltensweisen und Erwartungshaltungen unserer Zielgruppen verstehen, können wir die richtigen Kanäle und Botschaften und letztlich auch die passende Tonalität identifizieren, um sie zu erreichen.

Kann man ernsthaft erwarten, dass das Metaverse eines Tages ganz selbstverständlicher Teil unseres Alltags ist? Oder handelt es sich hierbei nur um eine Spielerei, die man vielleicht als gedanklichen Fluchtversuch aus dem Pandemie-Alltag deuten könnte und die an Relevanz verliert, sobald Corona überwunden ist?
Das Metaverse ist ganz sicher keine Spielerei und wird auch nicht wieder verschwinden, genauso wie virtuelle Meetings und Videokonferenzen nicht vollständig verschwinden werden – was man übrigens auch als eine frühe Ausprägung des Metaverse im Arbeitskontext sehen kann. Die Frage ist längst nicht mehr ob, sondern nur wie das Metaverse Einzug in unseren Alltag nimmt. Je jünger die Menschen, desto sicherer ist das. Wer heute in kleinerem Ausmaß damit experimentiert, kann morgen zu den erfahrenen Experten gehören.

Ingo Keßler ist Strategy Director bei der Spezialagentur KB&B in Hamburg. Sie unterstützt Unternehmen mit exklusiven Daten und langjährigem Know-how, ­erfolgreich mit den Zielgruppen Kindern und Familien zu kommunizieren.