Eco – Das Ändern Leben

22. November 2021, 14:51

Nachhaltigkeit, Rohstoffknappheit, Lieferkettenprobleme – mamalila Gründerin Vicki Marx wirft im Interview mit Astrid Specht einen Blick auf die aktuellen Herausforderungen in der Branche und gibt Denkanstöße, wie man ihnen begegnen kann.

Frau Marx, das Thema Nachhaltigkeit ist derzeit in aller Munde. Was genau bedeutet der Begriff für Sie persönlich und für mamalila?
Nachhaltigkeit bedeutet für uns in erster Linie, Ressourcen zu schonen – egal ob Boden, Luft, Wasser oder Rohstoffe. Um das zu erreichen, ist für uns Langlebigkeit besonders wichtig. Unsere Überlegung: Selbst wenn wir nachhaltige Materialien verwenden, um Schadstoffe und Abfall zu vermeiden – was wir ja tun, indem wir zum Beispiel Bio-Baumwolle oder recyceltes Polyester verarbeiten –, entsteht immer ein gewisser Material- und Energieverbrauch. Ein Produkt, das vom Konsumenten möglichst lange und möglichst viel getragen wird, nutzt diesen Ressourcenverbrauch optimal aus.

Wie sind Sie Ihrem firmeneigenen Verständnis von Nachhaltigkeit auf die Spur gekommen – das heißt welche internen (Denk-)Prozesse haben Sie durchlaufen, um den „mamalila-Weg“ zu finden?
Die Entwicklung dieses nachhaltigen Selbstverständnisses hat seinen Ursprung im Abgleich der Privatperson Vicki Marx mit der Unternehmerin Vicki Marx. Wenn ich privat versuche, etwa meinen Plastikverbrauch zu verringern oder Bio einzukaufen, dann muss ich diesen Anspruch als Unternehmen logischerweise erst recht haben, denn hier habe ich einen viel größeren Hebel.

Ich kann zum Beispiel als Hersteller die Entscheidung treffen, wie ich mein Produkt fertige oder verpacke. Das ist ein riesiger Gestaltungsspielraum, in dem ich Verantwortung übernehmen kann und einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und Umwelt habe. Und das macht Freude – im gesamten mamalila-Team. Dadurch kommen immer mehr gute Ideen auch aus dem Team.

Auf der Suche nach mehr Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen kann man an verschiedenen Stellen ansetzen, unter anderem bei der Lieferkette. Angesichts der aktuellen weltweiten Rohstoff- und Lieferkettenprobleme stellen sich einige Unternehmen jenseits dem Thema Nachhaltigkeit die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, die Produktionsstätten wieder nach Europa zu verlegen. Sind diese Überlegungen aus Ihrer Sicht sinnvoll? Weshalb oder weshalb nicht? 
Unbedingt. Kürzere Transportwege, flexiblere Produktionsmengen, engere Kontakte zu den Herstellern sind nicht nur aus Nachhaltigkeitssicht sinnvoll, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht. Gerade sehen wir sehr deutlich unsere Abhängigkeit vom weltweiten Liefernetzwerk und dessen Verletzlichkeit. Auch politische Überlegungen sollten eine Rolle spielen. Wo ich noch Schwierigkeiten sehe: Es wurden gerade in der Textilindustrie so viele Fertigungsschritte nach Asien verlegt, dass dort auch große Teile der Stofflieferanten produzieren. Auch diese Zulieferer müssten sinnvollerweise wieder verstärkt nach Europa kommen, um wirklich lokaler produzieren zu können. Damit einhergehende höhere Kosten könnten dann über niedrigere Logistikkosten, flexiblere Produktionsmengen und gegebenenfalls wertigere Ware aufgefangen werden.

Wie geht mamalila mit den Liefer- und Rohstoffproblemen um?
Vor allem die Logistik macht uns momentan zu schaffen, die Preise explodieren, gleichzeitig verlängern sich die Laufzeiten. Hier macht sich bezahlt, dass wir schon sehr lange mit den gleichen Herstellern zusammenarbeiten, so dass eine enge und auch mal unkonventionelle Abstimmung möglich ist, um die Ware so schnell wie möglich zu uns zu bringen. Gemeinsam suchen wir nach Lösungen. So schaffen wir es, die benötigte Ware doch mit akzeptabler Verspätung ins Lager zu bringen.

Auf welche Veränderungen bezüglich dieser Themen müssen sich Hersteller in Zukunft einrichten?
Ich denke, dass sich mehr Produktionskapazitäten nach Europa verlagern werden, wir sind jedenfalls dabei, dies intensiv voranzutreiben. Glücklicherweise fertigen wir ja schon immer Teile der Kollektion in Europa. Mit Rohstoff-Engpässen umzugehen bedeutet dann aber wiederum, doch längere Planungszyklen einzuführen oder in Alternativen zu denken. So fangen wir jetzt bei der Produktentwicklung an, Materialien vor allem in Europa zu sourcen. Dabei wird man sich auch daran gewöhnen müssen, dass nicht nur der allerbilligste Preis eine Rolle spielen kann, sondern auch Themen wie Nachhaltigkeit oder Qualität.

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