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Cocooning und Nachhaltigkeit in der Zeitenwende

31. August 2022, 15:06

Neben der zunehmenden Digitalisierung unseres Alltags in der Coronapandemie, zum Beispiel durch virtuelle Meetings und steigende E-Commerce-Anteile in
fast allen Warengruppen, haben zwei weitere Trends bedeutenden Einfluss auf das Verhalten der Konsument*innen genommen: Cocooning und Nachhaltigkeit. Zwar trübten Rohstoffverknappungen und Lieferkettenprobleme das Konjunkturbild, das würde sich nach der Pandemie aber sicher wieder einpendeln, so die Hoffnung. Pustekuchen!

Dr. Timo Renz ist Managing Partner der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH. Er verantwortet den Bereich Konsumgüter & Handel und berät schwerpunktmäßig mittelständische und familiengeführte Unternehmen.

Es sich und seinen Liebsten zu Hause drinnen wie draußen schön zu machen, hatte vor allem in Lockdown-Zeiten Hochkonjunktur. Viele Reise- und Vergnügungsbudgets, die nicht ausgegeben werden konnten, wurden umgeschichtet und in ein „Wohlfühlzuhause“ gesteckt. Bau- und Möbelmärkte profitierten, es wurde sogar vom anstehenden „Jahrzehnt des Wohnens“ gesprochen. Dabei wurde nicht nur mehr für zu Hause gekauft, sondern auch qualitativ wertiger. Im Unterschied zu früher wurde hier neben Produktqualität, Funktionalität, Material und Design auch immer häufiger auf nachhaltige Aspekte geachtet: Klimaneutralität, Herkunft, Kreislaufwirtschaft, soziale und gesellschaftliche Verantwortung und gesundheitliche Auswirkungen rückten verstärkt in den Fokus der werteorientierten Kund*innen – auch im Bereich Baby- und Kindermöbel.

Bereits Ende 2020 zeichneten sich Rohstoffverknappungen und Lieferkettenprobleme ab, die damit einhergehenden Beschaffungspreissteigerungen schienen aber eher ein temporäres Problem zu sein. Doch leider hat sich dies nicht wie erwartet inzwischen wieder eingependelt.
Mit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine veränderten sich die Konsumvorzeichen dramatisch. Seitdem hören Konsument*innen in der Presse, was sie auch in ihrem Geldbeutel spüren: Explosion der Energiekosten, galoppierende Inflation, steigende Bauzinsen, weitere Probleme bei der Rohstoffversorgung und Lieferkette … Die damit einhergehende Unsicherheit, Angst und knapper werdende Konsumbudgets wirken sich bereits jetzt dramatisch auf das Kaufverhalten aus. Das Ifo Institut meldet: Konjunkturtiefstand.
Die Zeiten sind turbulent und durch hohe Unsicherheit gekennzeichnet. Häufig fällt der Begriff „Zeitenwende“, der das historische Ausmaß der Turbulenzen und Veränderungen im Vergleich zu den vergangenen Jahren verdeutlicht. Einerseits gelten weiterhin die langfristigen Mega-trends, wozu mit Sicherheit auch Cocooning und Nachhaltigkeit zählen. Andererseits beeinflussen und dominieren aktuelle Ereignisse das Geschehen und belasten die Konsumbereitschaft und -möglichkeiten, sodass gegebenenfalls Wertigkeits- und damit auch Nachhaltigkeitsaspekte punktuell an Priorität verlieren. Ein aktuell starkes Signal dafür ist zum Beispiel der inflationsbedingte Kaufrückgang bei Biolebensmitteln: Nachhaltigkeit muss man sich leisten können und wollen.

Noch sind die langfristigen Konsequenzen dieser Melange für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft nicht genau abzuschätzen. Im Unterschied zu den Boomjahren nach 2010 sind jedoch weder die Basis-annahmen unseres Handels (zum Beispiel Frieden, garantierte Energie- und Rohstoffversorgung, funktionierende Lieferketten, freier Welthandel, Geldstabilität) noch die Ziele (zum Beispiel Wachstum, Wohlstand, Sicherheit) gewährleistet – und das ist ein fundamentaler Paradigmenwechsel!

Die Bandbreite der Reaktionen auf diese Situation ist beachtlich: Während manche zu Fatalismus, gepaart mit Resignation neigen, verfallen wiederum andere in operativen, detailverliebten Aktionismus. Doch beide Verhaltensweisen passen nicht zur DNA von Familienunternehmen und Mittelstand. Denn schließlich zeichnen gerade sie sich auch in schwierigen Zeiten durch ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit, langfristiger Orientierung und aktiver Führung aus. Wer als CEO im Mittelstand vorangeht, muss wissen, wohin, beziehungsweise braucht einen „Kompass“, der hilft, das Unternehmen durch turbulente Fahrwasser zu manövrieren.

Klar ist: Das Manöver, das in ruhigen Gewässern und bei Rückenwind funktioniert hat, ist unter stürmischen Bedingungen größeren Risiken ausgesetzt und kann leichter scheitern. „Weitermachen wie bisher“ und nur Fahren auf Sicht wird kaum funktionieren. Darum braucht auch die CEO-Agenda in der Babybranche einen Paradigmenwechsel, der dem der Zeitenwende gerecht wird. Hierbei gibt es insgesamt zehn Punkte, die unternehmensindividuell bewertet und mit Prioritäten versehen werden müssen (siehe Grafik).
Es steht fest: Unternehmer*innen und Topmanagement setzen seit jeher gezielt Impulse für die Zukunftsausrichtung und -absicherung – immer gepaart mit einem gewissen Maß an Unsicherheit. Doch Risiken zu minimieren und die Robustheit des Unternehmens zu erhöhen, gewinnen in der Zeitenwende strategisch an Gewicht. Also: Ran an die Agenda!

Dr. Timo Renz

Zehn Punkte-CEO-Agenda und -Rollen

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